Mich interessiert die Frage, ob es in Norddeutschland „richtige“ Quellen gibt, aus denen die kleineren Flüsse entspringen. Im besonderen bin ich an der Ilmenau interessiert, da ich in Lüneburg wohne.
Nach meiner bisherigen Vorstellung lässt der sandige Boden in Norddeutschland es nicht zu, dass sich unterirdische Flussläufe (Wasseradern) bilden, die dann an einem bestimmten Punkt an die Oberfläche sprudeln, um dort so etwas wie eine Quelle zu bilden.
Meine Vermutung ist also, dass die meisten norddeutschen Flüsse so gut wie ausschließlich regenwassergespeist sein müssten. Trifft dies zu?
Vielen Dank für eine Antwort!
Hallo Henry,
Quellen sind Orte eng begrenzter Grundwasseraustritte. Das Bild der unterirdischen Flussläufe trifft so (wie ich es deinen Sätzen nach verstanden habe) nicht zu. Natürlich fließt das Grundwasser, aber eben auch eher großflächig.
Sogar der Quellaustritt ist nicht immer an einen festen Punkt gebunden.
Auch in sandigen Gebieten bildet sich Grundwasser, nur eben mitunter tiefer als in anderen Gebieten. Der Untergrund ist auch in Norddeutschland keine homogene Masse und so gibt es immer Schichten, an denen sich Grundwasser stauen kann und Orte, an denen es austrten kann. Der norddeutsche Untergrund besteht nicht nur aus Sand, sondern auch aus Mergel, Lehm usw.
Der sandinge Untergrund hat jedoch einen Einfluss auf die Gewässerdichte, soll heißen, je durchlässiger der Untergrund, um so weniger Bäche und Flüsse gibt es.
Quellen können sich also auch in Nordeutschland bilden, da das Land nicht so „flach“ ist wie oft angenommen wird (hast du ja sicher schon gemerkt ).
Ob eine Quelle so richtig schön „sprudelt“, wie du es ausdrückst, hängt von der Quellschüttung ab - wie viel Liter Wasser pro Sekunde ausgeschüttet werden. Das wiederum hängt von der Größe des Einzugsgebietes, von den unterirdischen Speichereigenschaften und von der Größe der Grundwasserneubildung (u.a. abhängig von der Niederschlagsmenge) ab.
Zu beachten ist auch, dass sich größere Bäche und Flüsse erst durch das Zusammenfließen kleinerer Quellflüsse bilden. Die Festlegung einer einzigen bestimmten Quelle für einen Fluss ist nicht immer möglich.
Einen Überblick über das Einzugsgebiet der Ilmenau-Quelle findest du hier: http://www.nlwkn.niedersachsen.de/live/live.php?navi…
Ich hoffe, ich konnte wenigstens ein klein wenig helfen.
B.
Vielen Dank für die ausführliche Antwort!
Ich fass deine Antwort mal so zusammen, wie ich sie verstanden habe: Auch in Norddeutschland sind die Flüsse zu einem Teil grundwasser-gespeist, auch wenn es nicht so offensichtlich aus einzelnen Quellen in großem Umfang „sprudelt“…
Wie schätzt du denn das Verhältnis (nur so grob) zwischen Regenwasser- und Grundwasseranteil in einem typischen Flachlandfluss?
Viele Grüße,
H.
Beim genauen Anteil bin ich überfragt. Aber da sich ja das Grundwasser zu einem großen Teil aus Niederschlag bildet, kann man sagen, dass Flüsse immer, wenn auch indirekt, zu einem großen Teil aus Niederschlägen gespeist werden. Durch Schneeschmelze und stärkeren Oberflächenabfluss ist der direkte Niederschlagseinfluss im Gebirge eher höher als im Flachland. (Also genau andersherum zu dem von dir vermuteten.) Im Sandboden versickert das Wasser eher und wird zu Grundwasser als z.B. auf felsigem Untergrund, wo das Wasser dann schnell oberhalb abfließt oder, wenn vorhanden, in Spalten versickert.
Zu welchem prozentualen Anteil der Niederschlag (also direkt in den Fluss) den Fluss speist, hängt von der Jahreszeit und der Niederschlagsmenge ab. Je weniger es regnet, um so größer ist der Anteil des Grundwassers.
Wie gesagt, Zahlen kann ich dir leider nicht liefern.
Grüße
B.
Hallo Henry,
Quellen sind in der Regel dort, wo ein Grundwasserleiter (zum Beispiel Sand, Sandstein, Kalkstein), der nach unten hin abgedichtet ist (meistens durch Ton) zu Tage tritt. Ist der Grundwasserleiter horizontal gelagert oder nach unten geneigt (d.h. der Austrittsort ist der tiefste Punkt) sickert oder fließt das Wasser dort hinaus - fertig ist die Quelle. Damit das Wasser aus dem Boden sprudelt, braucht es eine so genannte „artesische Quelle“, bei der der Grundwasserleiter auch noch nach oben abgedichtet ist, ein so genannter „gespannter“ Grundwasserleiter. Ist dieser geneigt, steht das Wasser darin unter Druck. Je tiefer man kommt, desto größer ist der Druck. „Sticht“ man so einen Grundwasserleiter irgendwo unten an, dann sprudelt das Wasser hinaus. Hierzu gibt es im Wikipedia-Artikel „Quellen“ eine schöne Skizze.
Diese beiden Arten von Quellen brauchen Berge oder zumindest einen Hang, aus dem das Wasser sickern kann. Du hast also völlig Recht, dass es so etwas im flachen Norddeutschland eher nicht gibt. Die meisten kleinen Flüsschen dort (zum Beispiel die Jade oder die Geeste) entstehen als kleine Entwässerungsgräben (die auch natürlichen Ursprungs sein können) irgendwo in den Feldern. Sie sind also auch von Grundwasser gespeist wie andere Quellen. Das sprudelt aber nicht irgendwo hervor, vielmehr gibt es einen Graben oder eine kleine Mulde oder so etwas, das unterhalb des Grundwasserspiegels liegt und deshalb voll läuft.
Für die Ilmenau kann ich dir leider nicht genau sagen, wie es dort aussieht. Um das rauszufinden, könntest du mal auf eine topographische Karte (am besten eine 25.000er) schauen und die Quellen suchen. Oft kann man aus der Karte schon einiges erkennen. Oder, wenn es dich wirklich interessiert und du mal einen Tag Zeit und ein Auto zur Verfügung hast, fährst du hin und schaust es dir an (so würde es der Geologe machen ). Das könnte allerdings etwas dauern, da die Ilmenau, wenn ich das recht in Erinnerung habe, durchaus einige Zuflüsse hat.
Ich hoffe, ich konnte dir wenigstens etwas weiterhelfen
Gruß,
malte
Hallo Henry,
die Ilmenau selbst wird durch ihre Quellflüsse Stederau und Gerdau gespeißt.
Die Gerdau entspringt aus einem Moor in der Lüneburger Heide, die Stederau entspringt als Bokeler Bach ebenfalls in der nähe eines Moores, der Bullenkuhle, einem vermoorten See im Landkreis Gifhorn.
Die Bullenkuhle entstand in einer Doline.
Diese entstehen, wenn durchs Zechsteinmeer entstandene unterirdische Salzansammlungen durch Wasser gelöst und wegtransportiert werden und sich dadurch große Hohlräume unter der Erde bilden, welche einstürzen.
Bei der Bullenkuhle dürfte es sich also um ein Kesselmoor handeln, welches durch Regenwasser gespeist wird.
Bei der Gerdau weiß ich leider nicht, ob es sich vielleicht um ein Quellmoor handelt, welches durch Grundwasser gespeist wird, oder vielleicht auch um ein durch Regenwasser entstandenes.
Ich hoffe, es war wenigstens einigermaßen aufschlussreich :o)
Liebe Grüße, Lisa
Vielen Dank an euch alle!
Ich bin auf jeden Fall schlauer als vorher!
Henry