Haben wir einen freien Willen?

Liebe Freunde von wer-weiß-was,

im Kollegenkreis unterhielten wir uns aus aktuellem Anlass über Selbstmordattentäter und ihre Beweggründe. Ich erwähnte, dass ich gehört habe, dass viele Attentäter die Auffassung vertreten, dass alles ohnehin vorherbestimmt ist und sie durch ihr Attentat ihr Schicksal erfüllen. Die Vorstellung, dass alles vorherbestimmt sei, stieß auf starken Widerspruch bei meinen Kollegen. Schon bald war nicht mehr das Attentat der Gegenstand des Gesprächs, sondern die Theorie, dass seit dem Urknall (oder besser gesagt, seit Beginn des Weltalls… denn das mit dem Urknall ist nur eine von vielen Theorien) alles Entstehen und Vergehen eine konsequente Folge der vorherigen Bedingungen sei.
Wenn man das weiterspinnt bis zu unserer heutigen „Zivilisation“ kann man zu dem Schluss kommen, dass auch das Denken und die Entscheidungen von Menschen nicht ein Ausdruck von freiem Willen sind, sondern nur die Ergebnisse aus Erfahrungen einschl. Erziehung, Wissen, etc.
Der Gedanke fasziniert mich und das sagte ich auch meinen Kollegen. Junge, was bekam ich für einen Gegenwind. Selbstverständlich hätte jeder einen freien Willen und dies hätte in kleinem wie in großem Maße Einfluss auf die Geschichte der Menscheit, sagten sie mir. Als Beispiel brachten sie das missglückte Attentat auf Adolf Hitler, welches bei einer sorgfältigeren Ausführung viel Elend den Menschen erspart hätte (halte ich auch nur für eine Theorie, denn die anderen Nazis hätten sicherlich ähnlich weiter gemacht).
Jedenfalls ist dieses Beispiel mit dem missglückten Attentat für mich eher ein Beleg meiner Theorie, dass alles nur eine Folge von vorherigen Ausgangsbedingungen ist. Dass die Auswirkungen globaler Art gewesen wären, ist irrelevant.
Jetzt rede ich schon von „meiner Theorie“… das passt nicht, denn sicherlich haben schon viele Denker seit Urzeiten diesen Gedanken gesponnen. Ich möchte auch nicht so gerne von „meiner Theorie“ reden, weil ich sie zwar faszinierend finde, sie aber ablehne, denn ich hätte gerne einen freien Willen.
Meine Kollegen konnten mich nicht überzeugen… aber vielleicht ihr.
Das ist sehr wichtig für mich, denn wenn wir zu dem Schluss kommen, dass es keinen freien Willen gibt, hätte dies für meine Weltanschauung doch Konsequenzen. Dabei möchte ich gar nicht unterscheiden über einer Vorherbestimmtheit durch den Ablauf von Dingen oder durch eine Vorherbestimmtheit durch ein höheres Wesen wie z. B. Gott, Allah, Manitu und andere.

Jetzt stellt euch doch mal vor, dass kluge Leute beweisen, dass tatsächlich alles konsequent abläuft durch vorherige Parameter.
Dann müsste man in vielen Bereichen des Lebens umdenken.

Beispiel Justiz: Einen Mörder müssten wir mit anderen Augen betrachten. Wir müssten zum einen klären, welche Parameter ihn zu der Tat bewegten und dann dafür sorgen, dass ähnliche Parameter bei anderen Menschen erst gar nicht auftreten. Statt Absitzen der Strafe für 15 Jahre müssten wir als Gesellschaft dafür sorgen, dass wir die maßgeblichen Parameter des Mörders ändern und ihm helfen, wieder ein vollwertiges und ungefährliches Mitglied unserer Gesellschaft zu werden. In Ansätzen wird das ja in Deutschland schon probiert, doch leider fehlen meines Erachtens hierfür die nötigen Gelder. Ganz traurig sieht es natürlich in Ländern aus, die noch die Todesstrafe haben.

Beispiel Religion: Ich glaube an Gott (und von Jesus bin ich ein Fan) und an ein Leben nach dem Tod. Ich versuche nach den Geboten zu leben und es klappt ganz gut. An die Hölle glaube ich nicht. Viele Menschen tun dies aber und führen nur deshalb ein gottgefälliges Leben. Wenn jetzt aber bewiesen werden würde, dass alles nur eine Abfolge von Geschicken ist, könnten sich viele Menschen ja sagen: „Was willst du Gott? Ich habe gerne und oft gegen deine Gebote verstoßen, aber du kannst ja nicht mich zur Verantwortung ziehen, denn meine Handlungen sind ja nur Folgen von mir unzuverantwortender Umstände.“ Gar nicht gut, diese Vorstellung, oder?

Zum Schluss zwei private Beispiele:
Am 16.08.84 entschloss ich mich aus Langeweile schwimmen zu gehen im Freibad. Dort lernte ich dann die Liebe meines Lebens kennen… meine liebe Frau Martina. Ich liebe sie sehr und brauche sie wie die Luft zum Atmen. Ist dies alles nur die Abfolge von Umständen gewesen? Was wäre gewesen, wenn im Fernsehen z. B. ein Live-Konzert der Rolling-Stones gelaufen wär? Sicherlich würde mein Leben jetzt anders aussehen.
Ebenso kann ich die Zeugung unserer Tochter als Beispiel nehmen. Wir können das Datum genau bestimmen, da wir zu der Zeit wegen Krankheit von meiner Frau und mir sehr wenig Sex hatten. Der Zeugungsakt wäre nicht vollzogen worden, wenn meine Frau nachmittags wie üblich zu ihren Eltern gegangen wär. Ist sie aber nicht, sondern in unsere Wohnung zu mir (und es war sehr schön). Ist also die Zeugung unserer lieben Tochter Natascha nur eine logische Konsequenz gewesen? Mir gefällt die Vorstellung nicht.

Mehr Beispiele brauche ich nicht zu bringen… ihr habt sicherlich verstanden, worum es mir geht.

Also, vielleicht habt ihr auch eine Meinung zu dem Thema. Ich würde mich sehr über ein feedback freuen.

Machts gut und bleibt vor allen Dingen gesund!

Euer Stefan

Hallo Stefan,

ich lehne die Vorstellung ab, dass alles vorherbestimmt sei. Sollte diese Theorie zutreffen, stellt sich die Frage, wer für die Vorherbestimmung verantwortlich ist. Da du an Gott glaubst, nimmst du vielleicht an, dass er die Verantwortung dafür trägt. Doch somit müsste dessen Existenz bewiesen werden, was ich für schwierig halte, aber nicht weil ich die Existenz Gottes generell ablehne. Vielmehr denke ich, dass sie weder bewiesen noch widerlegt werden kann. Zwar ist bewiesen, dass Gott das Universum nicht geschaffen hat. Aber man könnte argumentieren, dass er die Ursache dieser Entstehung sei. Sollte das auch widerlegt werden, könnte er sozusagen die Ursache für die Ursache sein.
Da ich annehme, dass sich Gott im Falle der Existenz jenseits des physischen Seins befinden würde, glaube ich, dass sie auch nicht bewiesen werden kann.

Schon bald war nicht mehr das Attentat der

Gegenstand des Gesprächs, sondern die Theorie, dass seit dem
Urknall (oder besser gesagt, seit Beginn des Weltalls… denn
das mit dem Urknall ist nur eine von vielen Theorien) alles
Entstehen und Vergehen eine konsequente Folge der vorherigen
Bedingungen sei.

Der Urknall soll meines Wissens nach bewiesen worden sein. Aber auch scheinbar offensichtliche Beweise worden ja bereits später widerlegt.

Wenn man das weiterspinnt bis zu unserer heutigen
„Zivilisation“ kann man zu dem Schluss kommen, dass auch das
Denken und die Entscheidungen von Menschen nicht ein Ausdruck
von freiem Willen sind, sondern nur die Ergebnisse aus
Erfahrungen einschl. Erziehung, Wissen, etc.

Aber wenn man erzieht und Wissen vermittelt, geschieht das doch ebenfalls auf Grund des freien Willens, oder?

Der Gedanke fasziniert mich und das sagte ich auch meinen
Kollegen. Junge, was bekam ich für einen Gegenwind.
Selbstverständlich hätte jeder einen freien Willen und dies
hätte in kleinem wie in großem Maße Einfluss auf die
Geschichte der Menscheit, sagten sie mir. Als Beispiel
brachten sie das missglückte Attentat auf Adolf Hitler,
welches bei einer sorgfältigeren Ausführung viel Elend den
Menschen erspart hätte (halte ich auch nur für eine Theorie,
denn die anderen Nazis hätten sicherlich ähnlich weiter
gemacht).

Das ist allerdings kein Beweis dafür, dass wir keinen freien Willen hätten. Freier Wille muss nicht heißen, dass unser Vorhaben auch gelingt. Aber es gibt verschiedene Optionen, für die man sich entscheiden kann. Das verstehe ich unter freiem Willen.

Dabei möchte ich gar :nicht unterscheiden über einer Vorherbestimmtheit durch den :Ablauf von Dingen oder durch eine Vorherbestimmtheit durch ein :höheres Wesen wie z. B. Gott, Allah, Manitu und andere.

Wie definierst du Vorherbestimmtheit durch den Ablauf von Dingen?

Jetzt stellt euch doch mal vor, dass kluge Leute beweisen,
dass tatsächlich alles konsequent abläuft durch vorherige
Parameter.
Dann müsste man in vielen Bereichen des Lebens umdenken.
Beispiel Justiz: Einen Mörder müssten wir mit anderen Augen
betrachten. Wir müssten zum einen klären, welche Parameter ihn
zu der Tat bewegten und dann dafür sorgen, dass ähnliche
Parameter bei anderen Menschen erst gar nicht auftreten.

Wenn alles vorherbestimmt ist, kann es möglich sein, dass diese Parameter auftreten müssen, sodass wir sie nicht verhindern könnten.
Sollte unsere Verhinderung dieser Parameter vorherbestimmt sein, so würde das nicht aus unserem freien Willen geschehen.

Beispiel Religion: Ich glaube an Gott (und von Jesus bin ich
ein Fan) und an ein Leben nach dem Tod. Ich versuche nach den
Geboten zu leben und es klappt ganz gut. An die Hölle glaube
ich nicht. Viele Menschen tun dies aber und führen nur deshalb
ein gottgefälliges Leben. Wenn jetzt aber bewiesen werden
würde, dass alles nur eine Abfolge von Geschicken ist, könnten
sich viele Menschen ja sagen: „Was willst du Gott? Ich habe
gerne und oft gegen deine Gebote verstoßen, aber du kannst ja
nicht mich zur Verantwortung ziehen, denn meine Handlungen
sind ja nur Folgen von mir unzuverantwortender Umstände.“
Gar nicht gut, diese Vorstellung, oder?

Da muss ich dir Recht geben.

Zum Schluss zwei private Beispiele:
Am 16.08.84 entschloss ich mich aus Langeweile schwimmen zu
gehen im Freibad. Dort lernte ich dann die Liebe meines Lebens
kennen… meine liebe Frau Martina. Ich liebe sie sehr und
brauche sie wie die Luft zum Atmen. Ist dies alles nur die
Abfolge von Umständen gewesen? Was wäre gewesen, wenn im
Fernsehen z. B. ein Live-Konzert der Rolling-Stones gelaufen
wär? Sicherlich würde mein Leben jetzt anders aussehen.
Ebenso kann ich die Zeugung unserer Tochter als Beispiel
nehmen. Wir können das Datum genau bestimmen, da wir zu der
Zeit wegen Krankheit von meiner Frau und mir sehr wenig Sex
hatten. Der Zeugungsakt wäre nicht vollzogen worden, wenn
meine Frau nachmittags wie üblich zu ihren Eltern gegangen
wär. Ist sie aber nicht, sondern in unsere Wohnung zu mir (und
es war sehr schön). Ist also die Zeugung unserer lieben
Tochter Natascha nur eine logische Konsequenz gewesen? Mir
gefällt die Vorstellung nicht.

Auch das beweist keine Vorherbestimmung. Es könnte genauso gut Schicksal sein.

Liebe Grüße

Stefanie

Auch das beweist keine Vorherbestimmung. Es könnte genauso gut
Schicksal sein.

Ich meine natürlich, es könnte genauso gut Zufall sein. Von Schicksal haben wir ja gesprochen

Lieber Stefan,

das ist, um es mit den Worten einiger Philosophen zu sagen, (Kant, Carnap, Wittgenstein) mehr oder weniger sinfreies Vermuten und Glauben.
Das hat mit konkretem Wissen nichts zu tun, ist metaphysisch und somit abzulehnen.

Oder wie mein Prof in Physikalischer Chemie gerne zu kontern pflegte, wenn man die Antwort auf eine seiner Fragen mit ‚Ich glaube…‘ begann
Paperlapapp, glauben können sie in der Kirche.

Wissen kann man darüber nichts , damit entzieht es sich der ernsthaften Betrachtung.

Gandalf

Der eine mehr, der andere weniger
Hallo Stefan

Der Zeugungsakt wäre nicht vollzogen worden, wenn
meine Frau nachmittags wie üblich zu ihren Eltern gegangen
wär. Ist sie aber nicht, sondern in unsere Wohnung zu mir (und
es war sehr schön). Ist also die Zeugung unserer lieben
Tochter Natascha nur eine logische Konsequenz gewesen?

Nö, das würde ich so nicht sagen. Da mussten ja schon mehrere Bedingungen und Impulse zusammen kommen und eine Art bewusster oder unbewusster „Vereinbarung“ zwischen euch geschlossen werden.
„Du, lass mal, jetzt nicht, ich hab Kopfschmerzen“ oder „Im Moment is mir nicht anach“ oder „Aber verhüten müssen wir auf jeen Fall - ich will zur Zeit kein Kind“, wären z.B. Einwände gewesen.
Selbstredend spielen auch viel unbewusste Impulse mit hinein. Freud sagte ja damals schon treffend „Das Ich ist nicht Herr im eigenen Hause. Es spielt eher die Rolle des dummen August im Zirkus.“ Ich denke, das sollte immer auch berücksichtigt werden.
Gruß,
Branden

Hallo!

Dies ist das erste Mal, dass ich mich hier zu Wort melde, also seid bitte nachsichtig!
Ich glaube nicht, dass wir einen freien Willen haben, weil jede unserer Entscheidungen, von Erfahrungen, Kenntnissen, Stimmungen, Charakter usw. abhängt.
Irgendwo glaube ich mal gelesen zu haben, dass Kant gesagt hat: „Wenn ich wollte, könnte ich all mein Vermögen den Armen schenken, aber ich kann das nicht wollen!“
Andererseits glaube ich aber auch nicht, dass dadurch das Schicksal der Welt vorherbestimmt ist.
Da scheint mir eher das Chaos, der Zufall zu herrschen! Weil ganz einfach zu viele Faktoren in die Entscheidungen des einzelnen mit hineinspielen. Wenn ich, wodurch auch immer guter Laune bin, werde ich, zumal bei Kleinigkeiten, wahrscheinlich anders entscheiden, als wenn ich schlechter Laune bin. Eine kleine Entscheidung bei mir, kann aber, über welche Umwege auch immer, große Ereignisse auslösen.
Der Flügelschlag eines Schmetterlings…usw.
Wenn man aus der Gegenwart in die Vergangenheit schaut, sieht natürlich alles folgerichtig und vorherbestimmt aus.
Wenn ich damals nicht auf die Kirmes gegangen wäre, hätte ich meine Ex nicht kennengelernt, gäbe es heute weder meine Kinder, noch meine Enkel usw.
Das heißt aber nichts für die Zukunft!
Bleibt die schwierige Frage, ob man z.B. einen Mörder für seine Tat verantwortlich machen kann.
Im eigentlichen Sinne sicher nicht, weit eher die Gesellschaft in der er aufgewachsen ist. Dennoch muss er bestraft werden, weil dadurch eben auch die Gesellschaft beeinflusst wird.

mfg Nemo.

Guten Tag,

Mehr Beispiele brauche ich nicht zu bringen…

Nein

ihr habt sicherlich verstanden, worum es mir geht.

Nein

Also, vielleicht habt ihr auch eine Meinung zu dem Thema.

Ich finde das Thema nicht

Machts gut und bleibt vor allen Dingen gesund!

Ich versuch’s

gargas

Hallo Stefan,

… was bekam ich für einen Gegenwind.
Selbstverständlich hätte jeder einen freien Willen
und dies hätte in kleinem wie in großem Maße Einfluss
auf die Geschichte der Menscheit, sagten sie mir.
Als Beispiel brachten sie das missglückte Attentat auf
Adolf Hitler, welches bei einer sorgfältigeren Ausführung
viel Elend den Menschen erspart hätte (halte ich auch
nur für eine Theorie, denn die anderen Nazis hätten
sicherlich ähnlich weiter gemacht).

  1. Zu Hitler. Ein geglücktes Attentat hätte die
    SS oder das Militär an die Macht gebracht und
    möglicherweise an der Ostfront die Sowjets gestoppt -
    also das bestehende System konserviert.

  2. zum freien Willen. Letztlich iss es (IMHO) ein
    semantisches Problem (wie die meisten anderen
    „philosophischen“ Fragen auch) - nämlich, was
    meinen wir mit „frei“ und „Willen“.

Der Radikalist wird herleiten, dass es überhaupt
keinen „Willen“ im landläufigen Sinne geben kann,
dies ist bereits ein „Zusammenfassen von Effekten“,
welche wir im Einzelnen nicht verstehen.

Der Polizist wird abstellen auf die „psychologische“
Notwendigkeit des „Glaubens an den freien Willen“,
weil dadurch seiner Meinung nach eine Stabilisierung
des sozialen Gefüges erreicht wird.

Der Biologe wird dem Polizisten Recht geben und
einen Fortpflanzungsvorteil einer Sozietät aufweisen
wollen, die über den „Glauben der Konstituenten“
an den freien Willen effizienter in Hinsicht auf
die Selbstkontrolle bezüglich der Anweisung der
Anführers wird.

usw.

Grüße

CMБ

Hallo Stefan,

landläufig ist „der freie Wille“ das, was mich nach Abwägen oder auch spontan (aber bewußt) zwischen mehreren Alternativen eine auswählen lässt. Keine Frage, dass in diesem Sinne „freier Wille“ existiert und empirisch beobachtet wird.

Das Problem entsteht dadurch, dass der Determinismus der Atome, Teilchen und Neuronen aus denen der Körper besteht mit der „Freiheit“ des Willens nicht vereinbar zu sein scheint.

Ich denke, das Problem ist in erster Linie ein semantisches, wie Semjon auch unten schreibt. Der Freiheitsbegriff ist nämlich prinzipiell nicht auf den Mikrokosmos anwendbar - Atome haben nun einmal keinen freien Willen, und wenn ja, welches meiner Atome würde „meinen Willen“ repräsentieren? Ob der Mikrokosmos determiniert ist (klasssisch) oder Gott immer mal würfelt (quantenmechanisch) ist vollkommen unerheblich für den freien Willen. Der beschreibt nämlich etwas auf einer ganz anderen Ebene, auf Persönlichkeitsebene - hier kann man etwas „frei“ oder „unter Zwang“ oder „unter Manipulation“ tun.

Man könnte das mit dem Phänomen der gerichteten Zeit vergleichen: Auf mikroskopischer Ebene gibt es keine bevorzugte Zeitrichtung, erst bei genügend vielen Teilchen bekommt die Zeit eine Richtung (Entropiezunahme). Wie Zeit eine emergente Eigenschaft von Vielteilchensystemen ist, ist der freie Wille eine emergente Eigenschaft einer Ebene, die Gehirn, Bewußtsein und Persönlichkeit voraussetzt. Auf dieser Ebene gibt es auch Moral, Vergeltung, Gesetz und man kann Straftäter auch bestrafen.

Fazit:
Obwohl das ganze Universum vorausbestimmt sein kann, ist das kein Widerspruch zum „freien Willen“.

Hallo Stefan,

Beispiel Justiz: Einen Mörder müssten wir mit anderen Augen
betrachten. Wir müssten zum einen klären, welche Parameter ihn
zu der Tat bewegten und dann dafür sorgen, dass ähnliche
Parameter bei anderen Menschen erst gar nicht auftreten. Statt
Absitzen der Strafe für 15 Jahre müssten wir als Gesellschaft
dafür sorgen, dass wir die maßgeblichen Parameter des Mörders
ändern und ihm helfen, wieder ein vollwertiges und
ungefährliches Mitglied unserer Gesellschaft zu werden.

Das sehe ich anders, denn wenn alles vorher bestimmt ist dann auch die Strafen die Mörder bekommen - sei es Todesstrafe oder Freispruch.

Beispiel Religion: Ich glaube an Gott (und von Jesus bin ich
ein Fan) und an ein Leben nach dem Tod. Ich versuche nach den
Geboten zu leben und es klappt ganz gut. An die Hölle glaube
ich nicht. Viele Menschen tun dies aber und führen nur deshalb
ein gottgefälliges Leben. Wenn jetzt aber bewiesen werden
würde, dass alles nur eine Abfolge von Geschicken ist, könnten
sich viele Menschen ja sagen: „Was willst du Gott? Ich habe
gerne und oft gegen deine Gebote verstoßen, aber du kannst ja
nicht mich zur Verantwortung ziehen, denn meine Handlungen
sind ja nur Folgen von mir unzuverantwortender Umstände.“
Gar nicht gut, diese Vorstellung, oder?

Auch dann gilt, dass Alles vorherbestimmt ist und ganz analog zum Verbrecher bekommen wir Sünder unsere Strafen von Gott weil es so bestimmt ist.

Grundsätzlich hat es für uns Menschen überhaupt keine Konsequenzen ob alles bestimmt ist oder nicht. Wenn es einen Unterschied macht dann wäre ja nichts vorherbestimmt: ein Widerspruch.

Mal abgesehen von der Frage, ob ALLES vorherbestimmt ist meine ich, dass unser Wille schon irgendwie frei ist, aber halt nur begrenzt denn unser Wille wird ganz sicher durch unsere Physis beeinflusst: Wer friert der will nicht mehr den Weltfrieden sondern sich wärmen. Wenn wir Sex wollen, ist das nicht unbedingt unser freier Wille obwohl wir es dann wollen. Ausserdem ist es kaum möglich willentlich aufzuhören zu atmen bis man stirbt. Einigen Menschen mag es gelingen sich bewusstlos zu machen durch willentliches nichtatmen aber umbringen auf diese Art „weil ich es will“ kann ich nicht und ich will es auch nicht wollen.

Ist aber alles letztendlich egal.

Gruß Udo

Ich denke schon… Ich empfinde mich ja selbst als frei… Und Fesseln, die ich nicht spüre sind keine Fesseln…

MfG

Chris

Hallo Stefan

Deine Frage wird hier immer mal wieder diskutiert. Meine Standpunkte findest du hier dargstellt:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Gruß, Tychi