Ein Berliner AfD-Landespolitiker hat einen Posten im Abgeordnetenhaus verloren, weil er vor einigen Wochen einen Haftbefehl zum Tötungsdelikt von Chemnitz im Netz weiterverbreitet hatte. Vertreter aller Fraktionen außer der AfD stimmten heute dafür, Ronald Gläser als Vorsitzenden des Datenschutzausschusses abzulösen.
[…]
Er löschte den Tweet später und erklärte, er habe nicht gewusst, dass das als Straftat gewertet werden könne.
Da stellen sich mir spontan zwei Fragen:
Hält die AfD diese mögliche Straftat tatsächlich nicht für sanktionswürdig?
Und wie kann es sein, dass jemand, der Vorsitzenden des Datenschutzausschusses nicht weiß, dass so etwas strafbar ist? Mit der Personaldecke der AfD ist ja offenbar nicht weit her…
Wer hätte es hier gewußt? Hat es der Justizbeamte im Vollzug gewußt, der den Haftbefehl zuerst verbreitet hat? Und was hat der Paragraph mit Datenschutz zu tun? Nix.
Eben. Er wußte es nicht - nehme ich zu seinen Gunsten mal an. Warum sollte es also ein Abgeordneter wissen, Der Abgeordnete ist gelernter Betriebswirtschaftler und war als Journalist tätig. Dafür, daß der Mann sich nicht in den Untiefen des Strafrechts ausgeht, habe ich durchaus Verständnis. Daß man das schon im Hinblick auf den gesunden Menschenverstand nicht hätte machen sollen, steht außer Frage. Aber in der AfD ist der gesunde Menschenverstand ja anscheinend ohnehin nicht so verbreitet und gewiß keine Voraussetzung für die Parteimitgliedschaft.
Er wusste also, dass er etwas Falsches macht, hat aber offenbar die Tragweite unterschätzt. Zum Glück gilt ja vor Gericht die alte Weißheit "ignorantia legis excusat
Ich habe den Antrag der FDP zwar nicht vorliegen, aber es gibt einige Wortmeldungen dazu:
„Es gibt keine minderschweren Fälle“, sagte Bernd Schlömer. Und weiter: „Er macht Unterschiede in der Herkunft der Menschen und wie der Rechtsstaat damit umgehen soll“, kritisierte er. Gläser verstoße in „eklatanter Weise“ gegen grundlegende Datenschutzrechte und sei als Ausschussvorsitzender nicht mehr tragbar.
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„Wer Gesetze missachtet und damit genau das infrage stellt, was er eigentlich schützen soll, hat seine Glaubwürdigkeit völlig verspielt“, sagte der Fraktionsvorsitzende Burkhard Dregger.
Aber nur damit ich es richtig verstehe: Du siehst also für den Datenschutz kein Problem damit, wenn Politiker Dokumente veröffentlichen, auf denen man den Namen und andere sensible Daten klar lesen kann?
Na wenn das so ist, weißt du ja auch, dass du dich mit dem Paragraphen brausen gehen kannst…
Selbst wenn:
Unwissenheit schützt nicht vor Strafe. „Hab ich nicht gewusst“ funktioniert da nirgendwo.
Ausserdem hätte es ihm seine Lebenserfahrung sagen müssen. Bei einem Beamten (oder beamtenähnlicher Beschäftigung) sollte man sowas voraussetzen können.
(Man veröffentlicht nicht einfach und weltweit zu lesen irgendwelche Papiere aus irgendwelchen Akten, die personenbezogene Daten enthalten.
Auch wenn über dem Gesetz nicht „Datenschutz“ steht, beschäftigt sich dieser Paragraf schon damit. Datenschutz ist mehr als einzig und allein im Datenschutzgesetz steht,
Doch, natürlich, nur hat das nichts mit der Strafbarkeit der Handlung zu tun.
Na wenn das so ist, weißt du ja auch, dass du dich mit dem Paragraphen brausen gehen kannst…
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Verstehe ich nicht. Du sprichst im Ausgangsartikel von der Strafbarkeit der Handlung, interessierst Dich aber nicht für den Straftatbestand. Ergibt irgendwie keinen Sinn.
Ist schon logisch. Nur geht’s in der Ausgangsfrage, sofern das überhaupt eine Frage sein sollte, nicht um die datenschutzrechtlichen Aspekte, sondern um den Straftatbestand.
Auch wenn über dem Gesetz nicht „Datenschutz“ steht, beschäftigt sich dieser Paragraf schon damit. Datenschutz ist mehr als einzig und allein im Datenschutzgesetz steht,
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In § 356d StGB geht’s nicht um den Datenschutz, sondern um etwas ganz anderes, übergeordnetes:
Deswegen ist ja auch die Anrufung des Datenschutzes bei der Abberufung Gläsers nur vorgeschoben. Dabei handelt es sich nur um eine politische Retourkutsche.
Auch wenn es überflüssig ist, muß ich wohl doch betonen, daß ich die Handlung Gläsers für falsch und verwerflich und natürlich für strafbar halte. Ändert aber nichts daran, daß die Rumreiterei auf dem Datenschutz Bullshit ist.
Naja, vor kurzem sind (nach zweifelhaften Angaben des Veranstalters) 240.000 Menschen auf die Straße gegangen, um sich aktiv dagegen einzusetzen, dass Leute wie dieser
in seine Heimat auf nimmer Wiedersehen abgeschoben werden. Sie wollen unbedingt, dass solche Leute bei uns bleiben, und regen sich jetzt wahrscheinlich unheimlich auf. Und in Zeiten, in denen solche Leute sich über einen angeblichen Rechtsruck aufregen, kommen dann komischerweise Rufe nach Beobachtung durch den Verfassungsschutz, Verweigerung der Wahl zu einem Bundestagsvizepräsidenten, obwohl man in der eigenen Fraktion dieses Amt gerne in Anspruch nimmt, Abwahl von Ausschutzposten usw.
In Bayern haben gerade 60 Prozent gegen die Masseneinwanderung votiert, während zusammengerechnet kaum 30 Prozent, von denen viele ein hohes Einkommen und einen akademischen Abschluss haben, sodass ihre Jobs durch die Masseneinwanderung kaum bedroht sind, den Verantwortlichen für die unverantwortliche Politik grünes Licht gegeben haben.
Hatten wir uns nicht gerade geeinigt, dass es bei der Absetzung um eine politische und nicht juristische Entscheidung ging?
Richtig, aber da ging es um die Eignung von Gläser. Ich habe hier lediglich darauf hingewiesen, dass ich es lächerlich finde, wenn Gläser zu seinem Schutz behauptet, nichts davon gewusst zu haben. Im Gegensatz zu dir bin ich (und so ziemlich jeder andere Mensch auf diesem Planeten) der Meinung, dass Unwissenheit eben nicht vor Strafe schützt.
Du hast selbst geschrieben, dass Gläser Betriebswirtschaftler ist und so getan, als ob das irgendwas entschuldigen würde. Zum Vergleich: Schlömer ist Kriminologe; Dregger und Kohlmeier sind Rechtsanwälte, wie auch sein potentieller Nachfolger Vallendar.