Haftreibung, beschleunigende Kraft (lang)

Hallo!

Ich versuche hier gerade, mir noch vor dem Studium wenigstens ein paar Grundlagen der Physik anzueignen und bin hier auf einige Sachen gestoßen, die mir unklar sind. Es geht generell um das Thema „Kraft und Masse“.

Dazu ein paar Aufgaben, in denen diese Schwierigkeiten aufgetreten sind:

  1. Ein Intercity-Zug hat eine Elektrolok der Masse 115 t und 12 Wagen mit der Gesamtmasse 500 t.
    a) Bei der Geschwindigkeit 200 km/h werden alle Räder des Zuges gebremst, wobei sie nicht blockieren. Nach 1,05 km steht der Zug. Berechnen Sie die Reibungszahl für die Reibung zwischen Rad und Schiene.
    Lösungshinweis: Die Bremskraft, die auf ein Rad übertragen wird, wirkt am Auflagepunkt des Rades auf der Schiene. Dort hat ein rollendes Rad bezüglich der Schiene die Relativgeschwindigkeit null, es haftet an der Schiene. Die den Zug bremsende Kraft ist die Haftreibungskraft aller Räder des Zuges.
    b) Berechnen Sie die maximale Kraft und die maximale Beschleunigung, mit der die Lok den Zug aus dem Stillstand heraus beschleunigen kann, wenn die Haftreibungszahl 0,150 beträgt.
    Lösungshinweis: Die Lok beschleunigt maximal, wenn ihre Räder rollen und nicht durchdrehen. Wie beim Bremsen haftet dann der Auflagepunkt des Rades an der Schiene und die Reibungskraft ist größer als beim durchdrehenden Rad.

Hierzu schon meine ersten Fragen.
Ich verstehe nicht, warum die Relativgeschwindigkeit zwischen Rad und Schiene null sein soll, wenn sich das Rad doch entlang der Schiene bewegt. Und warum muss man bei Aufgabenteil a) alle Räder des Zuges als bremsend betrachten, wären bei Teilaufgabe b) nur die Räder der Lok berücksichtigt werden? Sowieso ist mir die Lösung von b) ein wenig schleierhaft. Es wird angegeben, dass die maximale den Zug beschleunigende Kraft F die Haftreibungskraft Fr der Räder der Lok sei. Diese Kraft wird dann nur unter Berücksichtigung der Masse der Lok ausgerechnet, während man dann zum Berechnen der Beschleunigung diese Fr nimmt sowie die Gesamtmasse des Zuges. Wie kommt man denn nun darauf, wann welche Masse verwendet werden soll?

Von dieser Aufgabe schon etwas entmutigt, ging ich dann zur nächsten weiter:

  1. Bei einem Auto mit Vorderradantrieb kann man annehmen, dass die Gewichtskraft auf die Vorderachse die Hälfte der Gesamtgewichtskraft ist. Die Haftreibungszahl zwischen Reifen und Straße ist 0,80. Berechnen Sie die kürzestmögliche Zeit, in der das Auto von null auf 100 km/h beschleunigen kann.
    Lösungshinweis: Das Auto beschleunigt maximal, wenn die Räder rollen und nicht durchdrehen. Bei einem rollenden Rad wirkt im Auflagepunkt eine Haftreibungskraft.

Nun dachte ich doch, nach der letzten Aufgabe könne mir diese ja nicht mehr so schwer fallen und machte mich an die Lösung:
Fmax = Fr
Nun denke ich, die maximal beschleunigende Kraft kommt ja allein aus dem Vorderantrieb, also nehme ich dafür die Hälfte der Gesamtmasse des Autos, während die Reibung bei allen Rädern auftritt:
0,5ma = 0,8mg
Na ja, und da habe ich wieder den Salat. In Wirklichkeit soll es umgekehrt sein - die maximal beschleunigende Kraft bezieht sich auf die Gesamtmasse des Autos, während die Haftreibungszahl sich nur auf die Vorderräder bezieht. Wo ist denn hier die Logik? Ich verstehe es nicht.

Nachdem bei diesen beiden Aufgaben die maximal beschleunigende Kraft jeweils gleich der Haftreibungskraft war, habe ich mir gedacht, das könne ich auch auf die folgende Aufgabe anwenden:

  1. Auf einer Gefällestrecke mit 8,5% Steigung fährt ein Fahrradfahrer ohne zu treten. Die Reibungszahl für das Fahrrad ist 0,080. Berechnen Sie die Beschleunigung des Radfahrers.

Dann denke ich mir wieder: Fmax=Fr, aber Pustekuchen, diesmal ist Fmax=Fh-Fr, also die Differenz zwischen Hangabtriebskraft und der Reibungskraft. Wenn ich mir das zeichnerisch darstelle, erscheint das ja auch logisch, denn die Haftreibungskraft wirkt immer der „Kraft nach vorne“ entgegen, muss aber natürlich kleiner sein als diese (vom Betrag her). Nur - wieso ist das bei Auto und Zug anders?

Ich danke allen, die sich das Ganze überhaupt durchgelesen haben und bin schon gespannt auf Antworten. :smile:

Gruß,

eine verwirrte
Anja

Hallo Anja!

Ich verstehe nicht, warum die Relativgeschwindigkeit zwischen
Rad und Schiene null sein soll, wenn sich das Rad doch entlang
der Schiene bewegt.

Weil das Rad nicht über die Schiene rutscht, sondern rollt. Das Rad berührt die Schiene immer mit einem anderen Punkt, aber der momentan die Schiene berührende Punkt bleibt wo er ist, er bewegt sich nicht über die Schiene, ist ortsfest.

Und warum muss man bei Aufgabenteil a)
alle Räder des Zuges als bremsend betrachten, wären bei
Teilaufgabe b) nur die Räder der Lok berücksichtigt werden?

Weil die Bremse an allen Wagen bremst, aber nur die Lok einen Motor hat, der die Kraft für die Beschleunigung liefert.

Sowieso ist mir die Lösung von b) ein wenig schleierhaft. Es
wird angegeben, dass die maximale den Zug beschleunigende
Kraft F die Haftreibungskraft Fr der Räder der Lok sei. Diese
Kraft wird dann nur unter Berücksichtigung der Masse der Lok
ausgerechnet, während man dann zum Berechnen der
Beschleunigung diese Fr nimmt sowie die Gesamtmasse des Zuges.
Wie kommt man denn nun darauf, wann welche Masse verwendet
werden soll?

Die Lok kann maximal beschleunigen, solange IHRE Räder nicht rutschen. Was der Zug dahinter macht, ist dafür nicht ausschlaggebend. Die Kraft, die die Lok erzeugt, hängt nicht davon ab, ob sie keinen, 5 oder 50 Waggons hat.
Wenn die erzeugte Kraft aber dann in Beschleunigung umgewandelt wird, hängt die erreichbare Beschleunigung natürlich von der gesamten zu beschleunigenden Masse ab, das heißt hier muß die Gesamtmasse des Zuges angesetzt werden.

Klarer?

Gruß Kubi

Von dieser Aufgabe schon etwas entmutigt, ging ich dann zur
nächsten weiter:

  1. Bei einem Auto mit Vorderradantrieb kann man annehmen, dass
    die Gewichtskraft auf die Vorderachse die Hälfte der
    Gesamtgewichtskraft ist. Die Haftreibungszahl zwischen Reifen
    und Straße ist 0,80. Berechnen Sie die kürzestmögliche Zeit,
    in der das Auto von null auf 100 km/h beschleunigen kann.
    Lösungshinweis: Das Auto beschleunigt maximal, wenn die Räder
    rollen und nicht durchdrehen. Bei einem rollenden Rad wirkt im
    Auflagepunkt eine Haftreibungskraft.

Nun dachte ich doch, nach der letzten Aufgabe könne mir diese
ja nicht mehr so schwer fallen und machte mich an die Lösung:
Fmax = Fr
Nun denke ich, die maximal beschleunigende Kraft kommt ja
allein aus dem Vorderantrieb, also nehme ich dafür die Hälfte
der Gesamtmasse des Autos, während die Reibung bei allen
Rädern auftritt:
0,5ma = 0,8mg
Na ja, und da habe ich wieder den Salat. In Wirklichkeit soll
es umgekehrt sein - die maximal beschleunigende Kraft bezieht
sich auf die Gesamtmasse des Autos, während die
Haftreibungszahl sich nur auf die Vorderräder bezieht. Wo ist
denn hier die Logik? Ich verstehe es nicht.

Nachdem bei diesen beiden Aufgaben die maximal beschleunigende
Kraft jeweils gleich der Haftreibungskraft war, habe ich mir
gedacht, das könne ich auch auf die folgende Aufgabe anwenden:

  1. Auf einer Gefällestrecke mit 8,5% Steigung fährt ein
    Fahrradfahrer ohne zu treten. Die Reibungszahl für das Fahrrad
    ist 0,080. Berechnen Sie die Beschleunigung des Radfahrers.

Dann denke ich mir wieder: Fmax=Fr, aber Pustekuchen, diesmal
ist Fmax=Fh-Fr, also die Differenz zwischen Hangabtriebskraft
und der Reibungskraft. Wenn ich mir das zeichnerisch
darstelle, erscheint das ja auch logisch, denn die
Haftreibungskraft wirkt immer der „Kraft nach vorne“ entgegen,
muss aber natürlich kleiner sein als diese (vom Betrag her).
Nur - wieso ist das bei Auto und Zug anders?

Ich danke allen, die sich das Ganze überhaupt durchgelesen
haben und bin schon gespannt auf Antworten. :smile:

Gruß,

eine verwirrte
Anja

Hallo Kubi!

Klarer?

Ja, schon, danke für Deine Antwort. :smile: Das mit der Lok klingt schon logisch.
Das einzige, was mich noch ein bisschen stutzig macht, ist das mit dem Rad, weil sich ja auch der momentane Auflagepunkt des Rades bezüglich seinem Berührungspunkt an der Schiene trotzdem weiter nach vorne bewegt…

Gruß,
Anja

Hallo Anja,

Das einzige, was mich noch ein bisschen stutzig macht, ist das
mit dem Rad, weil sich ja auch der momentane Auflagepunkt des
Rades bezüglich seinem Berührungspunkt an der Schiene trotzdem
weiter nach vorne bewegt…

ganau das ist nicht der Fall. Stell Dir einfach vor, es wäre jedesmal ein neuer Berührungspunkt, der gegenüber dem alten ein wenig verschoben ist…

Gruß
Axel

Ist ganz einfach:

1a.) Reibungszahl = Reibungskraft/Normalkraft = (m*a)/(m*g) = a/g
a=v/2s, also Reibungszahl = v/(2*s*g); g = Erdbeschleunigung.

1b.) Mges*amax = Reibungszahl*MLock*g = mü*MLock*g
amax = mü*g*MLock/Mges; Fmax = amax*Mges = mü*g*MLock

2.) mü=(m*a)/((m/2)*g); amax = mü*g/2;L tmin = v/amax = 2v/(mü*g)

3.) tan(alpha) = 0,085; m*a = m*g*sin(alpha)-mü*m*g*cos(alpha)
a = g(sin(alpha)-mü*cos(alpha)) = ungefähr 0,005g

das wars. Ich hoffe ich habe keinen Fehler gemacht.

Grüße

Gunter

Hi,

Das einzige, was mich noch ein bisschen stutzig macht, ist das
mit dem Rad, weil sich ja auch der momentane Auflagepunkt des
Rades bezüglich seinem Berührungspunkt an der Schiene trotzdem
weiter nach vorne bewegt…

Nö. Nimm doch einfach mal irgendwas rundes und roll es über den Tisch. Langsam, am besten dabei festhalten. Dabei beobachtes Du genau den Auflagepunkt. Der ist immer mit dem Tisch verbunden und rutscht nicht.

Liebe Grüße,

Max