Haftung bei Schäden durch entmündigten Volljährigen

Stellen wir uns folgendes fiktives Szenario vor:

Ein geistig zurückgebliebener (ich hoffe, die Formulierung ist korrekt gewählt, bitte dafür nicht steinigen!) volljähriger Jugendlicher (18 oder 19 Jahre alt), ist auf Grund seiner anerkannten geistigen Behinderung „entmündigt“. Es gibt eine gerichtlich bestellte Betreuerin und er lebt bei seinen mit ihm verwandten Pflegeeltern (leiblicher Onkel und Tante).

Aus Frust und weil er sich nicht anders ausdrücken kann, verwüstet er den Keller des Miethauses durch Verteilen von Müll und uriniert dort widerholt, sodass diverse Sachen derart verunreinigt werden, dass sie entsorgt werden müssen. Der Schaden entsteht überwiegend an Sachen, die dem Vermieter gehören (Baumaterialien für die Kellersanierung) und am Objekt selber (starke Verunreinigung des Kellers durch Urin).
Die Verursacherfrage kann zeitnah geklärt werden, er gesteht gegenüber den Pflegeeltern und diese sagen zu, dass er den Schaden mit seinem Geld, welches er in einer Behindertenwerkstatt verdient, abzahlen würde.
Auf Grund dieser Zusage werden die verunreinigten Sachen entsorgt und neubeschafft (ca. 850€). Hinzu kommen noch Kosten für die noch ausstehende professionelle Reinigung und evtl. Aufbereitung des Keller-Fußbodens, da der Urin in den Estrich eingezogen ist und sich mit haushaltsüblichen Mitteln nicht entfernen lässt.
Die Pflegeeltern geben an, die Betreuerin müsse die Zahlung veranlassen, da das Geld verwalte und dem Gericht gegenüber die Zahlungen rechtfertigen müsse.

Die Betreuerin erhält die Rechnung etc. und teilt daraufhin mit, dass der Verursacher kein „Einkommen“ habe, da das Geld aus der Behindertenwerkstatt nur ein Taschengeld sei und ihm nicht abgenommen werden dürfe.
Das Pflegegeld, das an die Pflegeeltern gezahlt würde, sei ausschließlich für die Pflege des Pflegekindes bestimmt und daher dürfe auch damit der Schaden nicht gezahlt werden.
Ergo gäbe es keinen Weg, den Schaden zu erstatten, da natürlich auch eine Haftpflichtversicherung nicht bei Vandalismus greift.
Ein geplantes Hausverbot gegen den Verursacher zum Schutz des Objektes wird auch abgelehnt, da er zum Familienverband der Mieter gehöre, was dem Vermieter bis dato jedoch nicht bekannt war, da er vorher bei anderen Pflegeeltern war.
Der Vermieter müsse hinnehmen, dass der geistig behinderte Jugendliche das auch in Zukunft wieder tun könnte, wobei man ihm ins Gewissen reden wolle, um weitere Schäden zu vermeiden.
Von der Einschaltung eines Anwalts rät die Betreuerin ab, da auch diese Kosten dem Vermieter von niemandem erstattet würden.

Die Mieter/Pflegeeltern sind selber entsetzt, weil sie von der Zahlung ausgingen und keinen Ärger mit dem Vermieter haben möchten.
Selber können sie den Schaden nicht ersetzen, da sie sich in Insolvenz befindet und zu seinem Verdienst durch das Jobcenter aufgestockt wird. Aus diesem Grund wird auch das Pflegegeld nicht, wie von der Betreuerin angegeben, an sie gezahlt, sondern auf das Konto des Pflegekindes, worauf sie selber auch keinen Zugriff haben. Hierauf haben nur Pflegekind und Betreuerin Zugriff.

Ist es richtig, dass in dieser Konstellation niemand finanziell für den verursachten Schaden haftet? Oder will die Betreuerin nur verhindern, dass ein Anwalt eingeschaltet wird, weil dieser eben doch Möglichkeiten hätte, das Geld einzutreiben?
Hat der Vermieter tatsächlich keine Handhabe, ein Hausverbot gegen den Jugendlichen auszusprechen, trotz der mutwilligen nicht unerheblichen Schäden?
Sind die Pflegeeltern evtl. selber in die Pflicht zu nehmen, weil sie den Jungen regelmäßig unbeaufsichtigt in den Keller geschickt haben (Müll runterbringen) und über Wochen hinweg nicht einmal selber nachgeschaut haben, ob dort alles in Ordnung ist, was an sich auch zu ihren mieterlichen Pflichten gehören sollte.

Danke für Eure Antworten!
Gruß
Frau Schmitz

Hallo,
wie glaubhaft soll denn ein geistig behinderter ,entmündigter Volljähriger mit Pflegestufe vor Rechtsanwälten, bzw. vor Gericht sein, nur weil er sagt, er hätte den Schaden verursacht? Es gibt ja offenbar nicht mal Zeugen.
Zu Hause sind die Pflegeeltern für dessen Beaufsichtigung , Versorgung und Pflege zuständig,
in der Behindertenwerkstatt das dortige Personal.
Wieso wusste der Vermieter nichts vom zum Mieter gehörenden Behinderten?
Ist er dort gemeldet, oder wo?
LG, Mao

Danke für Deine Antwort.

Der Vermieter hat erst durch die schriftliche Stellungnahme der Betreuerin erfahren, dass der Entmündigte bei der Familie wohnt. Bis dato wurde er als Besucher dargestellt, der weiterhin bei seiner Oma (ehemalige Pflegemutter) wohnhaft sei.
Die Familie äußert sich bislang nicht konkret zur Meldeadresse bzw. „glaubt“, er sei bei der Betreuerin gemeldet, weil dort seine Post hingeht.
Einen Beleg bezüglich der Meldeadresse gibt es bislang auch nicht, da er seinen Personalausweis bei der Betreuerin hinterlegt hat und die Vermieterin bislang nicht versucht hat, eine Meldeauskunft zu beantragen, da sie nur den Namen hat, aber weder Geburtsdatum, noch ehemalige Meldeadresse und auch das wieder Kosten verursacht.
Die Familie ist ohne ihn im Mietshaus eingezogen und hat den Zuzug nicht gemeldet.

Der Familie und der Betreuerin waren die Probleme bezüglich des Frust-Urinirens auch bereits bekannt, da er das wohl auch schon in der Wohnung der Familie gemacht hat, vor allem um Sachen der leiblichen Kinder aus Eifersucht zu beschädigen.

Seine Entmündigung bezieht sich laut Aussage der Pflegeeltern auf Wahrnehmung medizinischer Termine, arbeitsrechtliches, finanzielles und Bearbeitung seiner Post, wofür seine Betreuerin Sorge trägt. Ob er damit bezüglich seines „Geständnisses“ komplett unglaubwürdig ist, ist eine gute Frage.
Im Gespräch ist er etwas langsam, kann aber auch erklären, warum er den Schaden angerichtet hat und dass er versteht, dass er ihn ersetzen müsste und wäre von sich aus auch bereit dazu.

Achja, eine Pflegestufe hat er nicht.
Das Pflegegeld dient nur zur normalen Versorgung (Essen, Kleidung) etc. da die Pflegeeltern dafür ja nicht selber aufkommen müssen.

jemand unter Betreuung kann vielleicht( sicher ?) gar keine „mutwilligen“ Schäden verursachen.
Und wer kein/geringes Einkommen hat, der kann rein praktisch nichts zahlen.
Das nennt man Lebensrisiko auch mal auf Schäden sitzen zu bleiben.

Das Taschengeld aus der Behindertenwerkstatt ist jedenfalls nicht pfändbar und das Pflegegeld (das geht ja an die Betreuer des Pfleglings) auch nicht.

Und wer hat denn eine Haftpflicht ? Pflegling oder Pflegeeltern ?
in jedem Fall hätte man den Fall unverzüglich melden müssen. Wenn man den Pflegeeltern zurecht ein Verschulden( Aufsicht) nachweisen könnte, so würde die VS schon zahlen müssen.

Und ob Vermieter kündigen könnte ?
Er könnte abmahnen und für den Wiederholungsfall schon kündigen. Wenn von dem Pflegling weitere Schäden zu befürchten wären, dann darf er dort nicht bleiben. Es wäre dem Vermieter nicht zumutbar.

MfG
duck313

Danke für Deine Einschätzung!

Wie im oberen Kommentar bereits beschrieben, kamn das Pflegeking klar äußern, warum er sich so verhalten hat, wenn es ihm in den Moment wohl nicht bewusst war, was er da anrichtet.

Die Meldung an die Haftpflichtversicherung der Pflegeeltern ist aber eine sehr gute Option!
Daran hatte ich noch nicht gedacht.

Entmündigung gibt es schon laaaaange nicht mehr. Es gibt jetzt gesetzliche Betreuung, die für verschiedene Bereiche ganz gezielt vergeben wird.
Unabhängig davon ob der Täter unter Betreuung steht, ist, ob er deliktfähig ist. Als Mensch mit geistiger Behinderung vielleicht eher nicht, auch das entscheidet ein Richter im Einzelfall. Ist er nicht deliktfähig, haben seine Pflegeleltern, Werkstattbetreuer oder war auch immer gerade für ihn verantwortlich ist die Aufsichtspflicht. Dann müssen sie auch für den Schaden einstehen - ganz besonders müssen sie verhindern, dass er einen schon bekannten Schaden wiederholt anrichtet.
Dafür sollten die Pflegeeltern eine Haftpflichtversicherung haben. Haben sie das nicht, und können den Schaden auch nicht bezahlen, kann es sein, dass man darauf sitzen bleibt. Man kann sie aber immer noch - besonders, wenn sich der Fall wiederholt - wegen Verletzung der Aufsichtspflicht belangen. Ein Hausverbot für den behinderten Sohn wird sich kaum durchsetzen lassen, wenn er dort wohnt.

Danke für Deine Einschätzung!

Entmündigung war hier umgangssprachlich gewählt. Mit ist bekannt, dass das Pflegekind für verschiedene, gezielte Bereiche eine Betreurin hat.

Die Frage nach der Deliktfähigkeit ist interessant. Dies wird wohl nur offiziell und gutachterlich eingeschätzt werden konnen. Ich denke, dass das auch dei Pflegeeltern selber nicht wirklich einschätzen können zumal das ja dann auch keine Rechtskraft hätte.

Deine Idee bezüglich der Aufsichtspflicht der Pflegeeltern und Ihrer Pflicht bezzüglich Verhinderung bereits bekannter schadhafter Verhaltensweisen ist, die auch duck313 schon hatte, finde ich einen sehr guten Einsatz und werde ich den Betroffenen unterbreiten!

Achja, dass ein Hausverbot nicht umgesetzt werden kann, wenn das Pflegekind tatsälich bei der Familie wohnt, ist schlüssig.
Diesbezüglich müsste aber zunächsteinmnal ein Beweis erbracht werden und da er dem Vermieter bislang zwecks Minderung der Nebenkosten verschwiegen wurde, ist das ein zusätzlicher Problempunkt.

Ich würde auch die Behauptung der Betreuung, das Entgelt aus der Werkstattbeschäftigung sei nur ein „Taschengeld“, mal auf den rechnerischen Wahrheitsgehalt überprüfen. Beschäftigte in WfbM werden mit hohem Anteil am Gesamtgewinn des Unternehmens pauschal und individuell an erbrachter Leistung berückdichtigt. Nur dann, wenn eine Beschäftigung in einer WfbM aufgrund der Behinderung nicht umsetzbar ist, bleibt es beim „Taschengeld“.
Das ändert natürlich nichts an der Verantwortung anderer Personen. Dennoch würde ich die Betreuung mal mit Fragen löchern.
LG

Laut Angabe der Pflegeeltern und auch nach eigener Aussage erhält das Pflegekind leistungsabhängig meist 40€ wöchentlich von der Behindertenwerkstatt.
Sowohl Pflegeeltern, als auch Pflegekind bezeichnen dies als „sein Gehalt“.
Die Betreuerin hat das Geld auch auf Anfrage nicht erwähnt, sondern nur auf das Pflegegeld verwiesen, was zweckgebunden ist. Darüber hinaus gäbe es keine Gelder, somit habe das Pflegekind kein Einkommen.
Die Bezeichnung „Taschengeld“ stammt wiederum von einem hier unbeteiligten Mitarbeiter einer anderen Behindertenwerkstatt, mit dem ich über die Sachlage gesprochen hatte. Ich sehe gerade, dass ich versehentlich im Eingangsext angegeben hatte, dass die Betreuerin das so formuliert habe.

Hier steht dann eine nochmal eine konkrete Nachfrage bei der Betreuerin an!
Danke für den Hinweis!

Ich wollte kein böses Blut säen. Nur, dass genauer hingeschaut wird… Wer den behinderten Jungen " Vertretendenn" hat vielleicht wann nicht genug Sorgfalt aufgewendet? Bei wem auch immer muss er zum Zeitpunkt seiner Untaten gegen Haftpflicht versichert gewesen sein. Vielleicht wäre es am Einfachsten, den Schaden der Haftpflichtversicherung der Pflegeeltern für ihn zu melden, weil diese Versicherung dann die Rechtsfrage klären wird (aus eigenem Interesse)…

Ich hab Deinem Kommentar nichts Negatives entnommen, also alles gut :slight_smile:

Die Frage zum „Taschengeld“ ist an die Betreuerin raus, mal sehen, was kommt.

Meiner Logik nach waren die Pflegeeltern zuständig, da er sich während der privaten Zeit in Ihrem Auftrag (Müll runterbringen) im Keller aufhielt und den Pflegeeltern bereits bekannt war, dass er durch Urinieren Druck ablässt, weil er bereits aus Eifersucht in der gemeinsamen Wohnung in die Betten der leiblichen Kinder und auf deren Spielzeug etc. uriniert haben soll.
Theoretisch hätten sie also damit rechnen können/sollen/vielleicht sogar müssen, dass er sowas tut, wenn er unbeaufsichtigt ist.

Die Option Haftpflichtversicherung wird umgehend in Angriff genommen.

So? Gibt es da eine Pflichtversicherung wie bei Autos oder Tieren?

Das müsste von Dir ja kommen. Es gibt halt so vernünftig naheliegende „Müssens“, die nicht gesetzlich verankert sind. Oder willst Du selber voll reguliert werden?

Du schriebst „er muss versichert gewesen sein“. Das ist nicht der Fall, wie Du siehst. Ob das für Dich und mich naheliegend ist spielt genau gar keine Rolle.

Ich beziehe mich auf das, was Du schreibst. Nicht auf das, was sein könnte oder wünschenswert gewesen wäre. Das kann und sollte man als Empfehlung geben, aber nicht einfach als gegeben voraussetzen.