Halbe Weltreise aus 1921 rekonstruieren - möglich?

Hallo zusammen,

ich bin dabei, die Geschichte meiner Familie zu rekonstruieren, was ziemlich schwer ist, da die beteiligten Personen alle schon tot sind und ich auf keine eigenen Daten und Dokumente zugreifen kann (alles in den Kriesgwirren verloren gegangen), sodass ich mich nur auf das berufen kann, was ich aus den Erzählungen innerhalb der Familie weiß.

Mir geht es im Moment darum, ein bestimmtes Ereignis möglichst lückenlos zu rekonstruieren. Und zwar ist die Familie meiner Urgroßmutter am 12.02.1921 mit dem Schiff Adriatic von Southhampton startend in New York angekommen. Sie wollten in die USA auswandern, eine Tante meiner Uroma wohnte zu der Zeit schon in Chicago.

Das Manifest des Schiffs liegt mir vor, hier geht es schon los mit den ersten Schwierigkeiten, weil da 3 handschriftliche Eintragungen sind meine Familie betreffend, die ich nicht entziffern kann. Hier ist das Manifest:
http://freenet-homepage.de/russell/manifest-adriatic…
Es betrifft die handschriftlichen Eintragungen zu Passagieren Nr. 17 (= mein Urururgroßvater), 24 (= ein Urgroßonkel) und 28 (= ein weiterer Urgroßonkel). Kann jemand von Euch entziffern, was da geschrieben steht? Das Einzige, was ich lesen kann, ist der Name meiner damals schon in den USA lebenden Ururgroßtante „Marie Spies“. Wäre Klasse, wenn jemand noch mehr da lesen kann! :smile:

So, dann war es so, dass meine Familie das Schiff gar nicht verließ sondern wieder damit zurückfuhr, denn 2 Brüder meiner Uroma (die beiden mit den handschriftlichen Eintragungen schätze ich mal) waren verwachsen und durften nicht einwandern, und so fuhren sie alle (= meine Urururgroßeltern mit Sohn, Schwiegertochter, Tochter + 7 Enkeln) wieder zurück. Kann man eigentlich heute irgendwie nachvollziehen, wie sie überhaupt nach Southampton gekommen sind damals und wie wieder zurück in ihre Heimat (= Uljma im ehem. Jugoslawien, damals ein deutsches Dorf dort im Banat)? Ich möchte diese Reise gern so genau wie möglich rekonstruieren, aber ich weiß einfach nicht, wo ich da nach Daten suchen kann, soll. Habt Ihr Erfahrungen oder Tipps?

LG und danke schön schon mal!!

Claudia

Hallo Claudia,

im Großen und Ganzen kann ich alte Handschriften ganz gut lesen.

Aber hier muss ich passen.

Keine Ahnung. Einzelne Buchstaben, ja, aber nicht mal ganze Wörter. Und da ich auch keinen Schimmer habe, was es heißen könnte, kann ich nicht mal raten.

Einzig was fest zu stehen scheint, ist, dass es Notizen in englischer Sprache sind. Vielleicht setzt Du es mal in LEO ins Forum? Dort sind sehr viele Muttersprachler Englisch. Vielleicht können die Dir weiterhelfen.

ratlose Grüße

Alexander

Über den Reiseweg kann ich nichts sagen. Aber die Passagierliste verstehe ich teilweise. Die wurde bei den amerikanischen Einwanderungsbehörden eingereicht, damit diese die Zulässigkeit der Leute beurteilen konnten. Um besser zu verstehen habe ich mit dieser Ausschrift einer ähnlichen Urkunde verglichen: http://www.immigrantships.net/v8/1900v8/novascotia19… .

Die handschriftlichen Eintragungen rechts sind wahrscheinlich kurzgefasste Diagnosen des Arztes, der die Einwanderer untersucht hat. Ich kann nicht alles verstehen, nur bruchweise. Die Notizen waren auch nicht, glaube ich, für Archivierung bestimmt, aber dienten nur zur Entscheidung an der Grenze. Nummer 17 hatte „senility“ und „hernia inguinal“, war also laut dem Arzt senil und hatte Leistenbruch. Nummer 24 hatte „paralysis“, Lähmung. Mehr kan ich nicht entziffern. Um alles zu verstehen, braucht man ärztliche Fachkenntnisse. Vermutlich/möglicherweise wurden die Einwanderer wegen ihres Gesundheitszustandes nicht eingelassen.

Hallo und danke für deine Antwort.

Zu den Gesundheitszuständen kann ich vielleicht mehr Licht ins Dunkel bringen, von dem, was ich von meiner Uroma weiß:

Nr. 17 ist der Opa meiner Uroma, er war daals 68 Jahre alt, sie erzählte, er durfte nicht in die USA einwandern, weil er schon zu alt war. Das mit dem Leistenbruch ist ein interessantes Detail, das ich noch nicht kannte.

Nr. 24 war der älteste Bruder meiner Uroma, damals 20 Jahre alt. Er hatte als Kind einen Unfall (Treppensturz) und war dadurch verwachsen im Bereich des Brustkorbs, der wölbte sich nach außen hinten und vorn, wodurch er auch vergleichsweise kleinwüchsig blieb. Das war auch der Ablehnungsgrund für die Einreise.

Nr. 28 war der jüngste Bruder meiner Uroma, damals 7 Jahre alt. Er hatte als Baby Kinderlähmung gehabt, weshalb seine Füße deformiert waren, er lief z.B. bei einem Fuß auf dem Rist statt auf der Sohle, das war der Ablehnungsgrund für die Einreise.

LG
Claudia

Mit diesen Auskünften kann ich etwas mehr verstehen. Zu 24 steht u.a. Deformity chest curvature, was sich auf die Brustverwachsenheit bezieht. Zu 28 steht Part paralysis oder Post paralysis, was sich auf die Nachwirkungen von der Kinderlähmung beziehen muss. Da lese ich auch „clubfoot“, der englische Name von solchen Fussdeformierungen.

Es scheint, die Notizen bringen nichts neues in die Familientradition, bestätigen aber, dass diese Gesundheitszuständen der Grund für die Abweisung waren.

Übrigens: „Senility“ by Nummer 17 bezieht sich nicht notwendigerweise auf Dementia Senilis. Mehr als hoher Alter muss nicht gemeint sein.

Super, danke, das hilft mir trotzdem schon sehr weiter, denn ich wusste vorher nicht mehr, welcher Bruder welche Behinderung hatte, und das habe ich nun mit diesem Dokument eindeutig belegt bekommen (die Namen stehen zwar nicht mit drauf aber darüber habe ich eine andere Auflistung gefunden).

Es ist schon faszinierend, was man alles so im WWW findet! :smile:

Hallo ich weiß nicht, ob es dir schon vorher klar war, aber mir scheint, dass alle zwischen 17-28 zur selben Familie gehörten, zumindest sind sie wohl alle bei Marie Spies untergekommen
do als Abkürzung für Dito?

zumindest die 22 wo MArie Spies explizit dabeisteht gehört noch zur Sippe.

Ansonsten zu den Medizinischen Angaben kann ich weniger was sagen, da die Schrift doch arg eng ist. Aber das wesentlichehast du ja schon. Wenn du aber noch fragen hast zum Medizinischen kannste mich auch anmailen.
Gruß Susanne

Hallo Susanne,

ja, das sind alles meine Verwandten von 17 bis 28, das hatte ich auch schon erstaunt herausgefunden durch dieses Dokument (vorher dachte ich, nur die Pos. 23 - 28 wären aus meine Familie auf diesem Schiff gereist). Es handelt sich hier um die Großeltern mütterlicherseits meiner Urgroßmutter, ihren Onkel mit Frau und Tochter und ihre Mutter mit 6 Kindern (ihr Vater war kurz vorher gestorben). Durch so ein Dokument wird das Erzählte plötzlich greifbar, das ist schon bewegend.

LG
Claudia