Handaufzucht spät kastrieren lassen?

Huhu!

Ich habe eben in einem Beitrag des Themas unter mir die Anmerkung gefunden, dass eine Tierärztin empfohlen hat, Handaufzuchten verhältnismäßig spät zu kastrieren, da sie sonst evtl zu „kindisch“ bleiben. Ich schreibe ein neues Thema um den anderen Threat nicht zu verwässern.

Ist an der oben genannten These was dran? Ich hab eine Handaufzucht hier. Der Kleine entwickelt sich prächtig (wer sich erinnert, ich hatte hier mal geschrieben, weil er eine Art Anfall hatte - das ist nie wieder vorgekommen) und Nachbarskater übernimmt wie beauftragt ein wenig die Sozialisation. Er hat auch noch etwas Zeit bis zur Kastration, aber man informiert sich ja gern früh.

Hat da jemand Erfahrungswerte?

Liebe Grüße
Lockenlicht

Hallo,

das hatte ich geschrieben. Die Tierärztin hat mir damals erklärt, dass der Kastrationszeitpunkt eine Art Glaubensfrage sei - manche würden sagen, kann man ruhig sehr früh machen, andere raten auf einen späteren Zeitpunkt.
Ihre Argumentation war: Wenn man dem Kater eine reguläre Pubertät gestattet, würde man seine Chancen steigern, in der freien Natur später sich gegen andere Kater durchzusetzen. Durch eine frühe Kastration hätte man ein ewiges Katzenkind. Sie hat das noch weiter ausgeführt, aber so genau erinnere ich mich nicht. Allerdings kam ihre Argumentation mir damals sehr schlüssig vor.
Ich habe gewartet bis meine Handaufzucht schon deutlich roch. Er war wirklich sehr normal, im Sinne von: Fing Mäuse, kam mit anderen Katzen und Katern klar und wusste, sich zu verteidigen. Gut war auch, dass er um die Zeit der Geschlechtsreife rum seine letzten Babymacken aufgab (er nuckelte gerne an Fingern). Auch Unarten wie plötzliches Beißen gab er auf.

Vielleicht findet sich noch jemand, der sich besser auskennt, aber das waren meine Erfahrungen.

Viele Grüße

PS: Wobei man auch nicht zu lange warten darf, sonst verursacht man bald die neuste Katzenschwemme mit. Außerdem darf man nicht vergessen, dass nicht kastrierte Kater eine deutlich kürzere Lebenserwartung haben.

Hallo Lady,

Also ich finde es nicht schlimm, wenn Katzen ein kindliches Schema behalten, falls an der Theorie was dran sein sollte.
Mein Kater wurde mit 4-5 Monaten kastriert.
Wir nennen ihn auch „Babyface“, weil er sehr „kindliche“ Züge im Aussehen und Charakter. Er tretelt auch wie doof. Wiegt trotzdem stolze 5kg.

Sein Bruder dagegen, wurde auch im selben Alter kastriert, er ist ein ausgewachsener Kater durch und durch, der alles verkloppt, was ihm zu nahm kommt, und verteidigt sein Revier.

und das, obwohl er vor der Geschlechtsreife kastriert wurde.

Wie Karlsson schont meint, es ist eine Glaubensfrage.
Ich denke, dass es bei einer Wohnungskatze nicht so die Rolle, aber ein Freigänger? Mmmh bevor ich aber ungewollte Kitties produziere, weil mein potenter Kater sich durchsetzen soll im Freigang, würde ich trotzdem kastieren.

LG
Wölkchen

Hallo

Unsere beiden handaufgezogenen Kater (Brüder) wurden mit knapp sieben Monaten kastriert. Es sind reine Wohnungs- und Balkonkatzen. Inzwischen sind sie über eineinhalb Jahre alt und immer noch sehr verspielt. Der eine wurde zu einem grossen 6kg-Muskelpaket, ist vom Charakter her recht ruhig und ausgeglichen, und ich denke, wenn er rauskönnte und sich dies gewohnt wäre, hätte er das Sagen in seinem Revier. Der andere ist fein, langgliedrig und mit ein bisschen Babyface, sehr liebesbedürftig, gleichzeitig aber richtig kätzisch launisch.

Die beiden haben sich also sehr unterschiedlich entwickelt. Bei beiden habe ich den Eindruck, dass vor allem das noch jugendliche Alter sowie aber vor allem der Umstand, dass sie nicht nach draussen können auf ihr Verhalten Einfluss hat. Beide sind nicht übermässig kindlich, aber beide wären „erwachsener“, wenn sie nach draussen könnten.

Ein dritter Bruder sowie die zwei Weibchen aus dem Wurf sind bei einer Freundin von mir. Wegen der Weibchen wurde der Kater sicherheitshalber bereits mit fünf Monaten kastriert. Ich kann in seinem Verhalten keinen generellen Unterschied sehen zu meinen Katern.

Aufgrund dieser alles anderen als repräsentativen Stichprobe würde ich davon ausgehen, dass der individuelle Charakter mehr ins Gewicht fällt als der Zeitpunkt der Kastration. Ist es ein Wohnungskater und besteht damit die Möglichkeit, erst etwas später zu kastrieren, würde ich wohl „sicherheitshalber“ auch eher zuwarten.

Gruss
Qu.

Ich würde nein sagen
Hallöchen,

dass eine Tierärztin empfohlen hat,
Handaufzuchten verhältnismäßig spät zu kastrieren, da sie
sonst evtl zu „kindisch“ bleiben.

Was heißt „verhältnismäßig spät“?
Nach dem, was man so beobachtet hat, würde ein signifikanter Unterschied nur auszumachen sein, wenn das Tier zum Zeitpunkt seiner Kastration den Großteil seiner Frühentwicklung tatsächlich abgeschlossen hat. Das würde bei Katzen bedeuten, die Kastration dürfte i.d.R. nicht vor einem Alter von 1 Jahr statt finden. Wenn man mal alle anderen Aspekte außer Acht lässt, stellt sich mir schon allein die Frage, wie verantwortungsvoll es ist, einen Freigänger ein Jahr lang unkastriert durch die Gegend rennen zu lassen. In meinen Augen ist das absolut nicht vertretbar, von daher käme für mich nur eine Kastration zu einem frühen Zeitpunkt in Frage, im Klartext: eine sogenannte Frühkastration (beim Kater). Dafür muss das Tier freilich schon einen entscheidenden Schritt in seiner Entwicklung gegangen sein um einfach rein körperlich schon Kastrationsbereit zu sein (abgesenkte Hoden). Da Handaufzuchten in ihrer Entwicklung immer ein Stück hinterher hinken, kann also der Zeitpunkt für eine Frühkastration später sein. Das muss ein kompetenter Tierarzt regelmäßig beurteilen. Einen nachvollziehbaren Grund, eine Frühkastration abzulehnen, aber das Tier dann mit ein paar Monaten kastrieren zu lassen gibt es nicht.
Dagegen spricht, dass man das Tier zunächst einem Hormoncocktail aussetzt, um es dann wieder auf Entzug zu setzen (Menschen in der Pupertät oder in den Wechseljahren werden besser nachvollziehen können, ob das wirklich erstrebenswert ist). Das Endergebnis ist aber mehr oder minder das gleiche… ein kastriertes Tier mit entsprechend veränderten Bedürfnissen/Verhalten. Bei der einen Variante kommt man nur schneller dort an, bei der anderen dauert es etwas länger. Bei einem 3 jährigen Tier wird man den unterschied aber nicht mehr ausmachen können.
Ich selbst habe meine drei Kaninchenjungs frühkastrieren lassen. Obwohl sie Brüder waren, und bereits im Alter von 3 Wochen zu mir kamen, also absolut gleiche Erfahrungen und Vorraussetzungen hatten, haben sie sich völlig unterschiedlich entwickelt. Das ist in meinen Augen einfach eine Charaktersache. Hätte man nur meinen Rumo gesehen, hätte man vermuten können, die Frühkastration hat ihn mickern lassen. Er war der zierlichste der drei und auch das rangniedrigste Tier, zutraulich und ließ sich auch streicheln. Aber in Wahrheit habe ich mich zuerst in ihn verliebt, weil er von Anfang an der Kümmerling unter seinen geschwistern war. Die anderen beiden haben sich sowohl körperlich als auch charakterlich völlig unterschiedlich entwickelt. Joker hasst es zum Beispiel angefasst zu werden, ist dafür fast ein Kilo schwerer und insgesamt kräftiger als Rumo.
Das ist einfach eine Charakter- und Veranlagungsfrage.

Also, soll der kleine ein Freigänger werden? Dann erübrigt sich die Frage in meinen Augen eigentlich, weil es nur eine verantwortungsvolle Variante gibt.
Soll er Wohnungskater sein? Dann kann man darüber nachdenken, muss die Für und Wider aber für sich selbst abschätzen. Aber als Wohnungstier wäre im Prinzip auch egal, ob er kindlich ist oder nicht.
Die Meinung, Frühkastrationen wären nicht artgerecht, weil keine natürliche Entwicklung gewährleistet würde kann ich persönlich nur ansatzweise nachvollziehen. Die Haltung in Menschenhand ist auch nicht natürlich, Fortpflanzung in aller Regel nicht gewünscht. Selbst wenn es tatsächlich signifikante charakterliche Auswirkungen gibt, wer sagt eigentlich, dass das Tier erst eine Sexualität entwickeln muss, die es niemals ausleben kann? Ist das dann wirklich tiergerechter?
Das ganze Gemunkel zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen konnte bisher nie bestätigt, aber immer mal wieder recht überzeugend widerlegt werden. Von daher überzeugen mich Argumente in diese Richtung auch nicht.

Ich persönlich würde immer zur Frühkastration tendieren, weil in meinen Augen die Vorteile überwiegen.

mal noch was zum Lesen für dich, wenn du magst (ist eher auf der Pro Frühkastrationsschiene)

die Studie der Feline Foundation: http://www.lakesides.de/fruehkastration.htm
und ein privater Erfahrungsbericht einer Katzenzüchterin
http://www.du-palais-d-hiver.de/webseiten/studie_fru…

Meine Meinung ist freilich sehr subjektiv geprägt, schau, welche Argumente du für dich da rausziehen kannst, oder was du anders siehst. Ich denke, eine eindeutig richtige oder falsche Antwort gibt es erstmal nicht dazu.

liebe Grüße
Aj