Handschriftliche Änderung im Vertrag - im Scan kaum erkennbar

Hallo,

wann sind handschriftliche Änderungen in einem Vertrag rechtskräftig?

Angenommen Dienstleister C setzt einen Vertrag für A und B auf, lässt ihn beiden vorab zukommen und bittet A diesen zu unterzeichnen und zurückzusenden. Dann schickt C eine (schlecht) eingescannte und von A unterschriebene Vertragsversion an B. B unterschreibt. Irgendwann tauchen Probleme auf und A verweist auf Informationen, die B gar nicht kannte. A hatte den Vertrag vor dem Unterschreiben handschriftlich geändert, dies jedoch nicht weiter kenntlich gemacht, Die Änderung ist eine „1“ in Form eines Strichs, der sich kaum vom Gekrissel des Scans unterscheiden lässt. Auch C hat vor dem Unterzeichnen von B nicht auf die geänderte Sachlage aufmerksam gemacht.

Ist ein solcher Vertrag samt der Änderung rechtskräftig? Hätte B das sehen müssen, nachfragen müssen? Oder gilt dies als Täuschung seitens von A?

Vielen Dank

Das ganze Hin und Her ist doch bereits seltsam genug. Auf keinem Schriftstück befinden sich gemeinsam die Originalunterschriften.
Und ob es hier um eine rechtsfähige elektronische Signatur geht ? Wer weiß das schon.
Wer hat denn den schlechten Scan angenommen , das war wohl B.
Was man nicht klar lesen kann unterschreibt man doch nicht.

Eine Täuschungsabsicht muss nicht vorliegen, A ging sicher davon aus, B erkennt die Änderung. Wenn man so etwas gemeinsam unterzeichnet gäbe es solche Probleme nicht, das ist dir wohl klat oder ?

B kann sich doch immer auf Irrtum berufen wenn er die Vertragsänderung nicht erkennen konnte und bei rechtzeitiger Kenntnis auch nicht hingenommen hätte.

MfG
duck313

Danke für die Rückmeldung.
Ja, das Leben ist nicht immer so ideal. Und so kommt es - aufgrund von Zeitdruck, räumlicher Distanz und auch Corona dazu, dass Verträge nicht an einem Tisch besprochen und unterschrieben werden.

Und genau das ist meine Frage: Hätte A auf diese schwer und nicht eindeutig erkennbare Änderung hinweisen müssen? B hat dies nicht als Änderung sondern als Fleck/Krissel im Scan erkannt, aber nicht als Änderung des Inhalts. Ist eine Unterzeichnung seitens B damit bindend?

VG

Auf Grund der spärlichen Informationen würde ich die Lektüre des §119 BGB samt einiger Urteile dazu empfehlen.

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__119.html
https://dejure.org/dienste/lex/BGB/119/1.html

Vielleicht ist auch das HGB anzuwenden - wer weiß.

Danke. §119 liest sich für mich als Laie sehr kryptisch und die Frage, wie würde ein Gericht im Zweifelsfall bei Nicht-Einigung zwischen A und B entscheiden bleibt offen, da alles daran zu hängen scheint, ob ein Gericht glaubt, dass B den Vertrag bei anderer Sachlage nicht unterschrieben hätte und was als „wesentlich“ erachtet wird.

Welche Informationen fehlen denn zur Bewertung für diesen hypothetischen Fall?

Die hier aufgeworfenen Fragen könnten komplizierter sein, als es auf den ersten Blick scheint.

„Vertrag“ ist ein anderes Wort für „Einigung“. Wenn sich die Parteien einig waren, dass sie einen Vertrag mit diesem oder jenem Inhalt schließen wollten, haben sie einen rechtsgültigen Vertrag geschlossen.

Welchen Inhalts dieser Vertrag ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Ein übereinstimmender Wille ist allerdings verbindlich und geht allen Auslegungen vor (Haakjöringsköd-Fall des Reichsgerichts). Ist ein übereinstimmender Wille nicht feststellbar, greifen Auslegungsmethoden, die man sich hier genauer ansehen müsste.

Ein Vertrag, der durch Irrtum (§ 119 BGB), falsche Übermittlung (§ 120 BGB) oder arglistige Täuschung oder Drohung (§ 123 BGB) zustande gekommen ist, ist anfechtbar. In den ersten beiden genannten Fällen muss die Anfechtung unverzüglich erfolgen (121 BGB), in den letzten beiden genannten Fällen binnen eines Jahres nach Entdeckung der Täuschung oder Ende der Zwangslage, spätestens aber nach zehn Jahren (§ 124 BGB).

Da wir die Rechtslage hier nicht verbindlich ermitteln können und unter Umständen eine Zwei-Wochen-Frist läuft, solltest du schleunigst einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin in deinen Dienst stellen.

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@Twedwr, vielen Dank! Das ist eine sehr hilfreiche Antwort! Um die Fristen wusste ich nicht. Dann steht morgen ein Anruf bei der Rechtschutzversicherung an…

Es wäre schon gut zu wissen, um was für einen Vertrag es sich hier überhaupt handelt, weil davon nicht ganz unwesentliche Besonderheiten abhängen können. Z.B. die Frage eines möglichen Widerrufs eines Fernabsatzgeschäftes, oder inwieweit hierbei Formvorschriften eine Rolle spielen.

Letztendlich geht es hier ansonsten um eine Beweisfrage: D.h. was wird ein Gericht in dem erkennen, was da auf dem Scan zu sehen ist, bei dem es sich um die handschriftliche Hinzufügung handeln soll? Ist für das Gericht die handschriftliche Änderung hinreichend erkennbar, wird der Vertrag Bestand haben, wenn keine besonderen Umstände aufgrund der besonderen Vertragssituation bestehen. Insoweit ist man hier „auf hoher See“, weil ein Richter bessere Augen haben könnte, als ein anderer.

Vielleicht. Aber gerade wegen dieser Gefahr finde ich es sinnvoll, die Möglichkeit einer Anfechtung zu bedenken. Und da wir es unter Umständen mit einer Zwei-Wochen-Frist zu tun haben und es hier im Brett kaum möglich ist, den Fall abschließend zu beurteilen, zumal in kurzer Frist, habe ich empfohlen, anwaltlichen Beistand zu suchen.

Abschließend wird man den Fall hier in der Tat nicht unbedingt klären können. Aber mit ein wenig mehr „Butter bei die Fische“ könnte man z.B. das Thema Fernabsatz oder sich aus einem bestimmten Vertragstyp ergebende Formvorschriften schon mal klären. Ansonsten ist der Hinweis auf den Anwaltskollegen selbstverständlich immer richtig. Die wollen schließlich auch leben :wink: (Und nein, ich bin hier nicht auf Mandatsfang)