Hallo Tilly,
geben tut es das durchaus. Ursache ist häufig die (unbewusste) Bildung einer Art „Notgemeinschaft“, die vor allem dann zum Tragen kommt, wenn die Beziehung zum fehlenden Elternteil massiv gestört oder gar traumatisch (z.B. durch Tod desselben) verlaufen ist/ verläuft.
Nach meiner Erfahrung sind meist alle daran beteiligt, sowohl die Kinder, als auch der verbliebene Elternteil. Man rückt instinktiv näher zusammen, um das Überleben zu sichern. Manchmal entstehen daraus richtiggehende Symbiosen, deren Auflösung sich dramatisch gestalten kann oder gar unmöglich wird.
Oft übernehmen alle Beteiligten in einem Maß Verantwortung füreinander, welches zu einer (unbewussten) Unterdrückung eigener Bedürfnisse führt. Wer streitet, gefährdet die „Sicherheit“ dieser Konstellation. Derartige Beziehungen sind nicht selten von auffälligem Körperkontakt untereinander geprägt, der in seinen Erscheinungsformen dem von Eltern und Kleinkindern gleicht (Sitzen auf dem Schoß, sich an der Hand halten…). Dieser findet auch mit völliger Selbstverständlichkeit in der Öffentlichkeit statt - wie eben auch der zwischen Eltern und Kleinkindern.
Wie gut ein solches Verhalten für die Entwicklung der Kinder ist, lässt sich pauschal nicht sagen. Ich kenne Fälle, in denen diese Symbiose bis weit ins Erwachsenenalter nicht aufgelöst werden konnte, was z.B. zur Folge hatte, dass die „Kinder“ keine dauerhaften Partnerschaften eingehen konnten oder diese durch die starken Familienbande immer wieder gestört wurden.
In anderen Konstellationen gelang es, die engen Bande aufzulösen, nachdem sie nicht mehr „gebraucht“ wurden, weil alle Beteiligten Verantwortung für sich selbst übernehmen konnten. Manchmal hat es hier oft heftiger Abnabelungsprozesse im Erwachsenenalter bedurft, eine Art nachgeholter Pubertät quasi.
Schöne Grüße,
Jule