Hat die Wissenschaft eine Chance?

Hallo Eli!

Darum geht es jetzt wiederum nicht. Du kannst nicht einfach
ein Aspekt rausgreifen, sondern musst schon alles zusammen
bewerten. Meine Frage war, ob die Menschen heute glücklich und
zufrieden sind. Ich sehe das nicht und daraus ergibt sich dann
bei einigen eine Sinnsuche und die Frage hier war, ob die
Wissenschaft darauf Antworten gibt und dieses habe ich aktuell
verneint, womit ich nicht gesagt haben will, dass sie es nicht
könnte.

Ok, jetzt habe ich verstanden, was du meinst. Dann darfst du aber nicht von „der“ Wissenschaft sprechen. Einzelne Disziplinen, wie etwa die Soziologie oder die Philosophie beschäftigen sich ja mit solchen Fragestellungen.

Ich gehe davon aus, du kennst die Bibel. Wenn ich nur mal als
Beispiel die Genesis herausnehme, dann hat dieses Weltbild
offensichtlich nichts mit dem zu tun, was Wissenschaftler über
Jahrhunderte über die Erde und das Universum herausgefunden
haben.

Kann man so sehen, muss man aber noch nicht einmal.

Im Gegensatz zu den Schriften der Bibel gibt es aber handfeste Anhaltspunkte, die nachprüfbar sind. Rational gesehen halte ich daher das „kann man so sehen“ für nachvollziehbarer.

Wie arrogant sind die Zweifler, bar jeglichen Wissens
über die Wissenschaft, dass sie einem geschriebenen Text, vor
vielen Hundert Jahren von Menschen verfasst, die noch dachten
die Erde wäre der Mittelpunkt des Universums, heute noch eine
Bedeutung zumessen.

Was hat das nun wieder mit Arroganz zu tun?

Ich möchte das Thema jetzt nicht wieder Richtung Evolution lenken, aber nach allem was ich in Zeitschriften und Dokumentationen über Kreationisten gelesen habe, scheinen die meisten, die die Evolutionstheorie verteufeln, sie gar nicht zu verstehen oder gar zu kennen. Daher ist es ziemlich arrogant sie als falsch hinzustellen.

Verglichen wie sich die Welt uns heute darstellt, ist das
Weltbild wie es in der Bibel dargestellt wird, geradezu
primitiv.

Ja? Was ist daran primitiv, dass alle Menschen gleich sind und
auch so behandelt werden sollen? Was ist daran primitiv
Menschen so zu nehmen wie sie sind? Was ist daran primitiv für
Gerechtigkeit zu sorgen, unabhängig von Ansehen etc.? usw.

Du sprichst nun aber von gesellschaftlichen Aspekten. Ich habe das zuvor von der Position aus gesehen, wonach ein durchschnittlicher Mensch von heute durch die wissenschaftlichen Erkenntisse und dem technischen Fortschritt bezüglich seiner Versorgungssicherheit, der medizinischen Versorgung, der Mobilität, der Kommunikation usw. ein besseres Leben hat als in vergangenen Zeiten. Das gesellschaftliche Probleme, die du ansprichst, trotzdem existieren steht völlig außer Frage, aber warum benötige ich für deren Beantwortung die Bibel?

Ja? Mag sein, dass das im Christentum so ist und auch der
Islam diese Idee vertritt, im Judentum ist mir dieses nicht
bekannt und hier wird lebhaft um den Text und die Sicht
gerungen.

Ich kenne das Judentum nicht gut genug um mir darüber ein Urteil zu erlauben, aber hier ging es ja um Grundsatzfragen, die im Prinzip alle Religionen betreffen. Möglicherweise ist Wissenschaft und Religion in letzter Konsequenz nicht vereinbar. Aus meiner Sicht folgt Religion keinen logischen Grundsätzen und in den Naturwissenschaften ist kein Schöpfer notwendig um unsere Beobachtungen zu erklären. Es gibt zu wenig Gemeinsamkeiten zwischen beiden Disziplinien.

Gruß

Michael

Huhu!

Ich glaube, dass die Religion nie aussterben wird, denn:

Ja, glaube ich ja auch nicht … ich wollte dem Ursprungsposting nur mal scharf widersprechen. Allerdings glaube(hoffe) ich, das der Glaube eine immer geringere Rolle spielen wird.

  1. Es wird immer Bereiche des Lebens geben, die die
    Naturwissenschaft nicht erklären kann oder erklären will, oder
    wo die Aussagen so sind, dass sie von dem Menge einfach nicht
    akzeptiert werden. (z.B. Was kommt nach dem Tod?
    Naturwissenschaft: „nix.“… irgendwie unbefriedigend.)
    –> es wird immer einen Bedarf an unwissenschaftlichen
    Erklärungen geben.

Stimmt.

  1. Die allermeisten großen Wissenschaftler waren und sind
    gläubig. Da ist zwar eine ziemlich abgefahrene Vielfalt der
    Glaubensrichtungen drunter, aber tief drin hat, glaub ich,
    fast jeder Mensch ein Verlangen nach einer Art von Trost, die
    einem die Naturwissenschaft nicht geben kann. (Und auch gar
    nicht will).

Ja, hast du wohl recht - allerdings hohle ich mir diesen Trost bei Freunden, oder aus schlauen Büchern (Watzlawik, z.B.). Ich brauche da keine Religion. Allerdings bin ich da wohl ziemlich auf mich alleine gestellt …

  1. Die Gesetze von Gott oder allgemein ethische Gesetze kann
    man brechen, Menschenrechte missachten. Man muss sie
    einhalten, wenn man ein guter Mensch sein will. Die Gesetzte
    der Naturwissenschaften *kann* man gar nicht mehr brechen. Wie
    soll man da wissen, ob man etwas Gutes oder etwas Böses getan
    hat?

Naja, reine Ethik kann man schlecht als „Religion“ bezeichnen.
Es gibt zwar durchaus religiöse Ethik, aber nicht alle Ethik ist religiös.

Und man kann schlecht sagen, das man ein böser Mensch ist, falls man es geschafft, die Gesetze der Physik zu brechen.

(Auch wenn das gar nicht geht - aber selbst wenn es gehen sollte, ist man dann kein böser Mensch. „Ich kann schweben!“ „Steinigt ihn! Er hat das Gesetz der Gravitation gebrochen!“ Öhm, ja.)

Bis dann!
Scrabz aka Philipp (aka Drache).
(Dem bei „was hat die Religion in letzter Zeit für uns getan“ hauptsächlich 9/11 einfällt.)

Hallo Eli,

Das Christentum ist da ja eher zurückhaltend bis Tolerant,

Mh, sind es nicht gerade immer wieder die Kirchen hierzulande
gewesen welche aktive bestimmte Forschungszeige bekämpft
haben? Ist es nicht gerade die christliche Tradition welche
hierzulande gegen Genmanipulation etc. eintritt?

Stimme ich zu, wobei ich es eine schwere Frage finde, inwiefern sich die Kirche (oder christliche Organisationen/ Gruppen) einmischen sollte (das soll hier nicht Thema sein). Ich denke, dass die Kirche einen Standpunkt vertreten sollte, immerhin beruehren Themen wie Gentechnik die Menschen direkt.

Ich weiss nicht was du jetzt dir genau unter einem Bekämpfen
vorstellst, aber Intoleranz, Aroganz und Arrgession bis Gewalt
sind an Universitäten und auch unter Forschern nicht so
selten. Auch wenn es nicht der Forscher ist, da dieses
meistens unbegründet und irrational daher kommt.

Als praktizierender Christ und Physik- Student muss ich dir zugleich Recht geben und auch wieder nicht. Bei manchen Kollegen muss ich mich rechtfertigen (auch gegen eher aggressive Anfragen wie man eigentlich so bekloppt sein kann), auch dass ich meine Zeit und Ferien mit so etwas wie dem Weltjugendtag „vergeude“. Das finde ich schade, denn ich bin der Meinung, dass man zumindest den anderen gegenueber Respekt zeigen kann. Ob mein Glaube mit Wissenschaft vereinbar ist, ist ja wohl meine Sache.
Auf der anderen Seite sind das wenige und insgesamt habe ich nicht den Eindruck, dass der Anteil der Intoleranten in den Naturwissenschaften hoeher ist. Vielleicht ist der Anteil der Nichtglaeubigen hoeher (obwohl ich auch da nicht sicher bin), aber eine offene Aggressivitaet gegen Kirche habe ich noch nicht entdecken koennen.

Und das die Naturwissenschaften wie allgemein Wisschenschaften
keinen guten Stand haben kann ich nur bestätigen, weil
selbiges in der Schule eigentlich überhaupt nicht gelehrt
wird, sondern nur die Ergebnisse der solchen. Wie diese aber
zustande kommen, welche Prozesse dabei ablaufen und welche
Qualität diese Ergebnisse haben, ist hier selten Thema. Das
führt dann zu Wissenschaftsgläubigkeit, welche genauso blind
ist und damit eben auch angreifbar und verführbar. Somit ist
aus meiner Sicht nicht der Angriff der Religiösen das Problem,
sondern die wenige Vorbereitung der wissenschaftlich Denkenden
dagegen.

Ich habe bis jetzt nicht begriffen, warum ich nach dem langweiligen Physikunterricht in der Schule Physik interessant finde. :smile: Aber jetzt im Ernst: Die von dir angesprochene Wissenschaftsglaeubigkeit finde ich auch schlimm, obwohl ich sie eher (immer relativ) noch bei Nicht- Naturwissenschaftlern finde. Die meisten Forscher die ich kenne (Physiker und Chemiker) koennen es sich gerade nicht erlauben, nur ihre Theorie zu sehen oder zu vergessen, dass es nur eine Theorie ist. Gerade hier passt eine Aussage wie „natuerlich gibt es gute Argumente fuer die Evolutionstheorie. ich kann sie mir als die Wahrscheinlichste vorstellen, aber es kann genausogut ganz anders sein.“

Wenn die Wissenschaft vermitteln kann, warum sie und ihr
Wissen wichtig sind und was dieses der Menschheit bringt.

Ich glaube Wissen ist immer wichtig um die Umwelt zu verstehen. Auch die damit verbundenen „Annehmlichkeiten“ unserer Zivilisation (z.B. bessere medizinische Versorgung) sind ein weiterer Punkt, der mich zu der Ueberzeugung bringt, dass Wissenschaft wichtig ist (alles kommt von Gott, warum nicht auch der Verstand).

Aber : Man darf dabei nicht denken, dass wissenschaftlicher Fortschritt alleine den Menschen gluecklich macht. Der Mensch kann nicht durch immer bessere Autos gluecklich werden. Auch sollte man nicht vergessen, dass der Mensch Grenzen hat, er wird nie gottgleich werden und sollte sich hueten, dies zu denken. Die immer besser werdende Medizin konnte nicht verhindern, dass letzten Herbst meine Mutter an ganz ordinaerem Brustkrebs starb. Jahrelang hatten Freunde und Bekannte nur gemeint, „ist heutzutage ja nicht mehr schlimm“. Fuer mich ist es ein Trost, dass wir nur ihren Koerper begraben haben, dieses Gefuehl kann mir die Wissenschaft nicht geben.

Fazit: Ich habe kein Problem, Glaube und Wissenschaft unter einen Hut zu bringen, meiner Meinung nach ist beides notwendig um dem ganzen Menschen gerecht zu werden.

Gruss
Kati

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Hallo Eli.

Nu, genauso einfach wie eben, die Wissenschaft hat bewiesen,…

Falsch! Kein seriöser Wissenschaftler hat gesagt oder würde sagen „es ist bewiesen“, sondern „alle beobachteten Dinge sprechen dafür“, „alle anderen Interpretationen der vorliegenden Beobachtungen, Messungen werfen zu viele andere Fragen auf“ o.ä.

dass die Erde so und so alt ist oder das wir vom Affen
abstammen (sic!)…

Evolutionslehre: „Die Menschen stammen nicht vom Affen ab, aber sie haben gemeinsame Vorfahren“. Das ist ein wichtiger Unterschied!

Ansonsten bleibt es bei trivalen Erklärungen wie der Schöpfungslehre.

tuw tuw
Stucki

Hallo Kati,

… Vielleicht ist der Anteil der
Nichtglaeubigen hoeher (obwohl ich auch da nicht sicher bin), …

Nach Untersuchungen in den USA (veröffentlicht in „Bild der Wissenschaft“, ich glaube Nov. 2001 oder 02) sind Wissenschaftler (nicht nur Physiker) unterdurchschnittlich gläubig. Spitzenwissenschaftler weit unterdurchschnittlich.

Gruss
Stucki

Hallo Stucki,

Nach Untersuchungen in den USA (veröffentlicht in „Bild der
Wissenschaft“, ich glaube Nov. 2001 oder 02) sind
Wissenschaftler (nicht nur Physiker) unterdurchschnittlich
gläubig. Spitzenwissenschaftler weit unterdurchschnittlich.

Danke fuer die Info. Habs mir gedacht, aber keine Daten dazu.

Gruß Kati

Hallo,

Du sprichst nun aber von gesellschaftlichen Aspekten. Ich habe
das zuvor von der Position aus gesehen, wonach ein
durchschnittlicher Mensch von heute durch die
wissenschaftlichen Erkenntisse und dem technischen Fortschritt
bezüglich seiner Versorgungssicherheit, der medizinischen
Versorgung, der Mobilität, der Kommunikation usw. ein besseres
Leben hat als in vergangenen Zeiten. Das gesellschaftliche
Probleme, die du ansprichst, trotzdem existieren steht völlig
außer Frage, aber warum benötige ich für deren Beantwortung
die Bibel?

Zumindest ich würde nicht behaupten, dass jemand für die Beantwortung gesellschaftlicher Fragen grundsätzlich die Bibel benötigt. Wer jedoch in einer Gesellschaft lebt, deren Werte biblisch beeinflusst sind, kann einen Blick dorthinein nicht schaden. Doch nicht nur das wäre wichtig, sondern auch die Frage, wie denn die Gesellschaft, in der man lebt, entstanden ist, welche religiöse, ideologische und allgemein philosophische Grundsätze formgebend gewesen sind. Wer das untersuchen will, sollte sich dabei einer geisteswissenschaftlichen Methode bedienen.

Ich kenne das Judentum nicht gut genug um mir darüber ein
Urteil zu erlauben, aber hier ging es ja um Grundsatzfragen,
die im Prinzip alle Religionen betreffen. Möglicherweise ist
Wissenschaft und Religion in letzter Konsequenz nicht
vereinbar. Aus meiner Sicht folgt Religion keinen logischen
Grundsätzen und in den Naturwissenschaften ist kein Schöpfer
notwendig um unsere Beobachtungen zu erklären. Es gibt zu
wenig Gemeinsamkeiten zwischen beiden Disziplinien.

Auch ich kenne das Judentum nicht gut genug, um mir ein Urteil zu erlauben.
Also zum Christentum: Es wäre wissenschaftlich (!), wenn man endlich aufhören würde, sich mit Hilfe einer kruden Bibelhermeneutik (die letztlich auch die der Kreationisten ist) eine Geschichtsunkenntnis zu gönnen, die zumindest ich im höchsten Maße unlogisch finde.
Zunächst: Religion ist keine wissenschaftliche Disziplin, sondern deren Erforschung. Eine grundlegende Gemeinsamkeit zwischen Religion und Naturwisenschaft ist allerdings ihre „Menschenbedingtheit“ und auch Ideologieanfälligkeit". Sobald nämlich ein naturwissenschaftliches Weltbild propagiert wird, das sich auf die Vernunft des Menschen bezieht, gilt für die Naturwissenschaft dieselbe Anfrage wie für jegliche Religion: Hat dann die Naturwissenschaft den Menschen wirklich Fortschritte gebracht? Die Barbarei der Nazis ist nicht denkbar ohne die Forschung rational denkender Menschen (Angefangen auch hier von der Genetik bis hin zur Chemie).
Insofern wäre es hier ein Ansatz unter vielen, sich die biblische Schöpfungsgeschichte als Grundlage eines sicherlich nicht rational begründbaren Lebensrechts aller Menschen anzuschauen (denn wie wollte ich rational die geselleschaftlichen Kosten Schwerstbehinderter erläutern?). Es kann auch weiterhin nicht schaden, sich zumindest darüber bewusst zu werden, dass auch jegliche sich humanistisch nennende moderne Philosophie diese Idee aus einer jahrhundertealten biblischen Tradition hat - wer heute die Kirche kritisiert, wenn es um die Frage von Abtreibungen geht, sollte sich zumindest darüber im Klaren sein, dass es ihr zu verdanken ist, dass es erst einmal im Römischen Reich die Idee gab, dass man Neugeborene (vornehmlich Mädchen) nicht einfach umbringen durfte. erfreulicher Weise hat sich diese Idee im Grundsatz durchgesetzt, finde ich jedenfalls ganz irrational.
Insofern hat mE. die Bibel kein primitives Weltbild, eine eher primitive Kenntnis abendländischer Geschichte und Traditionen haben diejenigen auf beiden Seiten der Diskussion, die ihr unterstellen sein zu wollen, was ihre Autoren in sie nicht hineinlegen wollten.

Grüße,
Taju