Hallo,
zunächst zu Elimelechs Posting: Aus einer - meinetwegen christlichen - Werthaltung heraus gegen Genmanipulationen einzutreten, halte ich in keinem Fall für einen Beweis der Intoleranz einer Religion / Ideologie oder was auch immer. Nach Dürrenmatt geht die Physik die Physiker an, ihre Auswirkungen alle Menschen. Wenn ich aus einer wertbestimmten Grundhaltung nichts mehr zu einer gesellschaftlichen Entwicklung sagen darf, dann zeichnen sich die, die das fordern, als intolerant aus (und was für eigenartige Werte haben die dann). Alle, die hier das immer wieder vorkommende historische Versagen von Religionen ankreiden, dürften das dann auch nicht mehr tun.
Die Naturwissenschaft auf der anderen Seite belächelt die
„religiösen Spinner“, und wenn ich auch einige kenne, die eine
Vorstellung von „Gott“ oder von einem übernatürlichen Wesen
ablehnen, so kenne ich keinen Naturwissenschaftler, der eine
Glaubensgemeindschaft aus der naturwissenschaftlichen Haltung
heraus bekämpft.
Ehrlich gesagt, einen „echten“ Naturwissenschaftler, der das tut, kenne ich auch nicht. Es gibt aber eine Menge von Idioten (im ursprünglichen Sinne des Wortes), die schon derart fanatisch an ihre eigene Vernunft glauben, welche wiederum einseitig naturwissenschaftlich definiert wird (als nachweisbar), und von diesem Standpunkt aus mit einer eigenartigen Aggression gegen alles kämpfen, was sie für nicht rational halten. Irrationaler Weise tun sie dies meist im Umwissen sowohl geistes- als auch naturwissenschaftlicher Zusammenhänge. Gerade dieses Forum beweist, dass Intoleranz weit verbreitet ist, bei den Gläubigen und denjenigen, die sich selbst für nicht gläubig halten.
Hat die meist religiös desinteressierte und nur objektive
Wissenschaft eine Chance gegen den aktiven und sehr
subjektiven Kampf der Religionen?
Anzunehmen, dass irgendeine Wissenschaft „objektiv“ ist, heisst nicht zu bedenken, dass Wissenschaft von Menschen betrieben wird. Es gibt keine objektive und interessensfreie Wissenschaft.
Ansonsten ist zum Verhältnis von NAturwissenschaft und Theologie/Philosophie bzw. allgemein Geisteswissenschaft schon vor (!) deren wissenschaftstheoretischen Trennung von christlich-abendländischer Seite alles gesagt, was es zu sagen gibt. Und das ausgerechnet vom ollen Augustin:
Aug., Gn.litt. I 19 (CSEL 28,1, 28,16–29,2): Plerumque enim accidit, ut aliquid de terra, de caelo, de ceteris mundi huius elementis, de motu et conversione vel etiam magnitudine et intervallis siderum, de certis defectibus solis ac lunae, de circuitibus annorum et temporum, de naturis animalium, fructicum, lapidum atque huiusmodi ceteris etiam non christianus ita noverit, ut certissima ratione vel experientia teneat. turpe est autem nimis et perniciosum ac maxime cavendum, ut christianum de his rebus quasi secundum christianas litteras loquentem ita delirare audiat, ut. quemadmodum dicitur, toto caelo errare conspiciens risum tenere vix possit. et non tam molestum est, quod errans homo deridetur, sed quod auctores nostri ab eis, qui foris sunt, talia sensisse creduntur.
„Oftmals nämlich kommt es vor, dass auch ein Nicht-Christ etwas über die Erde, über den Himmel, über die übrigen Elemente dieser Welt, über Bewegung und Umlauf oder auch über die Größe und Abstand der Sterne, über bestimmte Verfinsterungen von Sonne und Mond, über den Kreislauf von Jahren und Zeiten, über die Naturen der Lebewesen, Sträucher und Steine und über die übrigen derartigen Dinge so herausfindet, dass er es durch sicheres Wissen oder durch Erfahrung kennt. Schändlich jedoch ist es, über alle Maßen gefährlich und am meisten muss man sich davor hüten, dass jemand einen Christen, der über diese Dinge angeblich gemäß der christlichen Schriften spricht, derart faseln hört, dass er sich kaum vor Lachen halten kann, weil er ihn [= den Christen], wie man sagt, sich im ganzen Himmel verirren sieht. Und es ist nicht so peinlich, dass der irrende Mensch verspottet wird, sondern dass bezüglich unserer Autoren von denen, die außerhalb sind, angenommen wird, sie hätten derartiges gemeint.“
Das sei allen ins Gedächtnis gerufen, die sich entweder Vorurteile gegen das Christentum gönnen oder aber einer fatalen, offensichtlich mindestens 1600 Jahre überholten Hermeneutik anhängen.
Grüße,
Taju