Hat Napoleon das Vergasen von Menschen erfunden?

Hallo, Wissende

Wurden die Aussagen von Claude Ribbe über Napoleon von Historikern bestätigt?

„… Dass Napoleon Bonaparte ein überzeugter Rassist war, der schwarze Franzosen vergasen ließ, rüttelt
an den Grundfesten der Grande Nation. …“

„… Claude Ribbe wirft Napoleon Rassismus und Völkermord vor. Denn der Kaiser der Franzosen hat
dereinst nicht nur die unter der Revolution abgeschaffte Sklaverei wieder eingeführt, sondern Tausende
von Schwarzen, die sich gegen seine Tyrannei auflehnten, niedermetzeln lassen. …“

„… Was am meisten schockiert hat an Claude Ribbes Buch, ist das Umschlagbild: Hitler in ehrfürchtiger
Pose vor Napoleons sterblichen Überresten im Invalidendom, am 23. Juni 1940, während seines kurzen
Paris-Besuches. Das Foto war kaum bekannt, vergessen von Historikern, denen der Anblick des Diktators
in solch eindeutiger Haltung vor einer der Kultfiguren der Republik lästig war. …“

Claude Ribbe: „Napoleons Verbrechen“ („Le Crime de Napoléon“, Éditions Privé

http://www.cicero.de/97.php?item=995&ress_id=6

Napoleon in die Nähe Hitlers zu rücken, geht das zu weit?

Mit Gruss & Dank
Adam

Hallo Adam,

da hat wohl wieder einer das Kind mit dem populistischen Bade ausgeschüttet.

a.) Hitler hat Napoleon bewundert. Das war nie ein Geheimnis. Napoleon, genauso wie Hannibal, waren als Feldherren Vorbilder, auch wenn ich persönlich zu bezweifeln wage, dass er sie wirklich verstanden hat, soweit es den strategischen Genius angeht.

b.) Die Sache mit dem Vergasen stelle ich mir schwierig vor. Erst so um 1926 wurde Zyklon B als Schädlingsbekämpfungsmittel entwickelt. Und andere Zyangase, die vorher in größeren Mengen produzierbar gewesen wären, gab es meines Wissens nicht. Auch Autoabgase fielen mangels Autos, sprich Motoren, aus. Sollte Napoleon also die Absicht gehabt haben, Leute in größerer Anzahl zu vergasen, wäre er wahrscheinlich auf nicht unerhebliche technische Probleme gestoßen.

c.) Natürlich war Napoleon geistig ein Kind seiner Zeit und diese Zeit achtete Farbige nicht gerade hoch. Selbst die, die wir heute als moralische Vorbilder der Zeit sehen hatten doch eher so etwas wie einen „liebe Neger“-Touch. Insofern können wir so ziemlich jeden, der in dieser Zeit lebte, als Rassisten definieren, vor allem wenn man den Kontext der Zeit ignoriert und stattdessen dei heutige neudeutsche Befindlichkeit als Maßstab nimmt.

d.) Die Aussage, er habe die Sklaverei wieder eingeführt, ist in dieser Form sicher auch nicht richtig. Man kann eventuell einige Vorschriften, die damals erlassen wurden, unter Weglassung des Kontextes so interpretieren, wenn man es nur genug will. Aber halten wir ruhig fest, dass Napoleon vom Wert menschlichen Lebens seine eigene Vorstellung hatte. Ich bin auf dem Schlachtfeld geboren, was bedeuten mir eine Million Leben oder so. Ich müsste das genaue Zitat wieder raussuchen.

Halten wir also ruhig mal fest, dass zwar die versuchte „Heiligsprechung“ Napoleons in der französischen Geschichtsschreibung löchrig ist, aber das Ding ist dann auch nicht richtiger.

Gruß
Peter B.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

da hat wohl wieder einer das Kind mit dem populistischen Bade
ausgeschüttet.

sehe ich grundsätzlich auch so.

d.) Die Aussage, er habe die Sklaverei wieder eingeführt, ist
in dieser Form sicher auch nicht richtig.

Ich denke doch. Am 16.07.1802 führte Napoleon die von den Jakobinern am 04.02.1794 abgeschaffte Sklaverei in den Kolonien (vor allem Haiti und Guadeloupe) wieder ein. Der schäbige und völkerrechtswidrige Verrat Napoleons am Führer der Schwarzen Toussaint l’Ouverture (man lockte ihn zu Friedensverhandlungen, nahm ihn trotz zugesicherten freien Geleits fest und ließ ihn in einem Kerker verhungern) ist einer der schwärzesten Flecken auf Napoleons ohnehin recht schmuddeligem Charakter.

Die ‚Vergasung‘, die Ribbe beschreibt, wurde übrigens auf Schiffen durchgeführt. Die Opfer wurden in den Schiffsrümpfen eingesperrt und mit alten Perücken, die mit Schwefel eingepudert und dann angesteckt wurden, begast. Zuverlässig war die Methode nicht - Überlebende bekamen ein Säckchen mit Sand um den Hals gebunden und wurden über Bord geworfen. Zwar ein Beispiel für einen besonders dreckig geführten Kolonialkrieg, aber als solches kein Einzelfall und sicher kein ‚Modell‘ für Auschwitz, zumal Hitler dieses Detail unbekannt gewesen sein dürfte.

Wie weit Ribbes Quellen tragfähig sind und wie weit seine Auswertung seriös ist, vermag ich nicht zu beurteilen.

Freundliche Grüße,
Ralf

2 Like

Hallo!
Irgendwie ist es erstaunlich, dass in den gängigen Quellensammlungen zum Wiener Kongress eines der wichtigen Themen, die damals verhandelt wurden, ausgespart ist: das Verbot des Sklaventransports zu Schiff.
Für die Bereinigung der politischen Landschaft nach Napoleon war das sicher ein wichtiges Thema.
Gruß!
Hannes

Hallo,

http://www.cicero.de/97.php?item=995&ress_id=6
Napoleon in die Nähe Hitlers zu rücken, geht das zu weit?

Naja, er wurde ja nur im übertragenen Sinne
in die Nähe Hitlers gerückt. Allerdings:

 ...
 Er ließ sie in Schiffsladeräume pferchen, 
 in denen Schwefel-[di]oxyd, das man norma-
 lerweise zum Töten von Ratten verwandte, 
 verbrannt wurde. Anschließend warf man die 
 Leichen ins Meer.“
 ...

… sind das nicht zu übersehende Parallelen.
„Schädlingsbekämpfung in Aktion“, hier
wie dort.

Grüße

CMБ

Hallo,

Napoleopn hatte genrell eine geringe Meinung vom Wert eines Menschen. Es machte ihm ja absolut nichts aus Millionen auf den Schlachtfeldern zu verheizen.
Dazu kam, daß die Europäer zu dieser Zeit genrell Farbige aller Art und überhaupt ihre Ganzen Kolonialvölker nicht als vollwertige Menschen sahen. Das betraf nun wirklich nicht nur Napoleon, das traf genbau so auf die Engländer in Indien zu, auf die USA (die schwarzen Sklaven und Indianer wurden ja in der Unabhängigkeitserklärung nicht mal erwöhnt) und auch auf die Spanier in Südamerika. Die Deutschen waren an dieser Stelle nur deshalb nicht dabei, weil sie keine Kolonien hatten und sich somit am Massenmord irgendwelcher Eingeborenen ein paar Jahrhunderte lang nicht beteiligen konnten - das war wohl der größte Vorteil der deutschen Kleinstaaterei: Wir blieben wenigstens einmal unschuldig.
Von daher tat Napoleopn nichts Ungewöhnliches, als er in Ägyten praktisch einen Massenmord beging, indem er seine moderne Armee gegen die mit Speeren bewaffneten EIngeborenen angreifen lies.
Tatsächlich hat die franz. Revolution die Sklaverei in den Kolonien erst einmal abgeschafft - auf dem Papier. Praktisch lies sich das aber kaum durchsetzen, weil die Plantagenbesitzer damit gar nicht einverstanden waren - die Plantagenwirtschaft der Kolonien fußte ja auf der Sklaverei. Insofern war Napoleons Wiedereinführung der Sklaverei wohl mehr ein Anerkennen der Fakten als etwas anderes - und ihm selbst in seiner menschenverachtenden Denkweise wahrscheinlich völlig egal.

Gezielter Massenmord an ganzen Völkern allerdings lag ihm fern - insofern ist er mit Hitler nicht zu vergleichen. Er lies politische Gegner in Massen abschlachten, das ja - da war er wie jeder Diktator. Aber er rottete keine Völker aus rassistischen Gründen aus - so wahnsinnig war er nicht. Das wäre für ihn vergeudeter Aufwand gewesen.

Hitler hat Napoleon in gewisser Weise bewundert - als Feldherr und Eroberer. Mehr aber auch nicht.
Übrigens: Der Code zivil, der u.a. ja auch den Juden die bürgerlichen rechte brachte war auch von Napoleon. Zumindest in dieser Richtung war der kleine Korse nun wirklich kein Vorgänger des größenwahnsinnigen Österreichers…

Gernot Geyer

Hallo,

Tatsächlich hat die franz. Revolution die Sklaverei in den
Kolonien erst einmal abgeschafft - auf dem Papier. Praktisch
lies sich das aber kaum durchsetzen, weil die
Plantagenbesitzer damit gar nicht einverstanden waren - die
Plantagenwirtschaft der Kolonien fußte ja auf der Sklaverei.

praktisch wurde die Sklavenbefreiung auf Haiti / Saint Domingue von den Sklaven (ca. 2/3 der Bevölkerung) selbst unter Führung des bereits von mir erwähnten ehemaligen Sklaven Toussaint l’Ouverture durchgesetzt. Spätestens 1801 hatte Toussaint l’Ouverture volle Kontrolle über die Kolonie und die haitianische Verfassung vom 08.07.1801 schrieb die Abschaffung der Sklaverei fest.

Da waren die ehemaligen Plantagenbesitzer längst außer Landes - soweit sie den Sklavenaufstand überlebt hatten. Die meisten hatten bereits 1793 zusammen mit dem Generalgouverneur Galbaud die Insel verlassen - etwa 10.000 Weiße mit einer Evakuierungsflotte von ca. 100 Schiffen.

Insofern war Napoleons Wiedereinführung der Sklaverei wohl
mehr ein Anerkennen der Fakten

Nein - sie ging im Gegenteil völlig an den Fakten vorbei. Es war ein Versuch der Restauration, der wegen der erbitterten Gegenwehr bereits 1803 scheiterte. Unter dem ehemaligen Sklaven Jean-Jacques Dessalines folgte am 01.01.1804 die Unabhängigkeitserklärung Haitis. Warum machst Du Dich nicht erst einmal sachkundig, bevor Du so etwas schreibst?

Freundliche Grüße,
Ralf

Wie weit Ribbes Quellen tragfähig sind und wie weit seine
Auswertung seriös ist, vermag ich nicht zu beurteilen.

Ribbes Hauptquelle dürfte die hier sein: http://ia340938.us.archive.org/2/items/haitiherhisto… - das Buch erschien bereits 1907. Laut Leger waren von der „Vergasungsaktion“ ca. 100 Personen betroffen. Eine ältere, weniger ausführliche Quelle ist James Barskett, History of the Island of St. Domingo: From Its First Discovery by Columbus to the Present Period (von 1824). Also durchaus keine neuen Fakten, die da vorgestellt werden.

Verantwortlich für die Kriegsverbrechen war der von Napoleon zum Generalgouverneur und Befehlshaber der Expeditionsstreitkräfte ernannte Donatien-Marie-Joseph Vicomte de Rochambeau, General und früherer Plantagenbesitzer auf Saint Domingue. Im November 1803 musste er vor l’Ouvertures General Dessalines kapitulieren. Auf der Heimfahrt fiel er den Engländern in die Hände und wurde bis 1811 interniert. 1813 fiel er in der Völkerschlacht bei Leipzig.

Freundliche Grüße,
Ralf

2 Like

Hallo Ralf,

das betraf Haiti, das ja sowieso die Unabhängigkeit erklärte. Insofern hat das Land zu dem zeitpunkt eigentlich noicht mehr viel mit Frankreich zu schaffen, da die Franzosen ja schon verjagt waren, wie Du selbst so treffend schreibst.
Nur bestand das französische Kolonialreich aber auch noch aus ein paar anderen Territirien. Von irgendwoher da (ich bin zu faul, da jetzt zu suchen) kam ja auch Napoleons 1. Frau Josephine, die entstammte einer solchen Plantagenbesitzerfamilie. Und genau dort gab es große Wiederstände - das ging so weit, daß die Gouverneure die Befehle der revolutionären Regierung zur Sklavenbefreiung sogar offen sabotierten (im Gouadeloupe und auf Martinique zum Beispiel).

Haiti ist da ein Sonderfall. Auch deshalkb, weil sich ja dort 3 Dinge vermischten. Da ging es ja nicht nur um die Sklavenbefreiung inzwischen. Dort ging es erstens um die Rache der vertriebenen Plantagenbesitzer, die sich ja um ihr Eigenetum gebracht sahen als auch um die Sicherung des französischen MAchtanspruches überhaupt.
So weit ging ja auch die recolutionäre Regierung vor Napoleon nicht mit. Die Sklavenbefreiung sah nicht automatisch eine Enteignung der Plantagenbesitzer vor - im Gegenteil. Der Schutz des privaten Eigentumes gehörte immer zu den Kernpunkten bürgerlichen Rechtes. Und schon gar nicht dachte man in Paris daran, irgendwelche Gebiete einfach an die Eingeborenen zu übergeben - die Sicherung des Umfangs der Grande Nation hat schlöießlich zu allen Zeiten das Volk Frankreichs mit seinen Regierenden geeint.
ES ist daher völlig unsinnig, in diesem Zusammenhang NApoleon Rassismus vorwerfen zu wollen. Er erfüllte schlichtweg die ihm gestellte Aufgabe: Die Sicherung des französischen Besitzes mit allen verfügbaren Mitteln. Er tat da nichts anders, als später die Engländer, als sie in Indien Aufständische vor die KAnonen banden und sie so erschießen liesen.

Gernot Geyer

Gernot Geyer

Hallo Gernot,

das betraf Haiti, das ja sowieso die Unabhängigkeit erklärte.

wie ich schon schrieb war das 1804 - nachdem Napoleons Restaurationsversuch gescheitert war. Toussaint l’Ouverture war französischer Generalgouverneur der Kolonie und bekämpfte - sehr erfolgreich - im Namen der französischen Republik die Engländer in der Karibik.

Insofern hat das Land zu dem zeitpunkt eigentlich noicht mehr
viel mit Frankreich zu schaffen, da die Franzosen ja schon
verjagt waren, wie Du selbst so treffend schreibst.

Insofern ist das Unsinn. Die verjagten Franzosen waren die Repräsentanten des Ancien Régime. Die verbliebenen Weißen, Mulatten und Schwarzen waren auch Franzosen.

Nur bestand das französische Kolonialreich aber auch noch aus
ein paar anderen Territirien.

Richtig. Wie sah denn das französische Kolonialreich um 1800 aus?

Im Indischen Ozean: Reunion, Mauritius und die Seychellen. Ein paar Fleckchen in Indien. Vor der kanadischen Küste Saint-Pierre und Miquelon und dann Französisch-Westindien mit Martinique, Guadeloupe, St. Lucia und einigen kleineren Antilleninseln. Zusammen etwa 9.200 km². West-Louisiana kann man eigentlich nicht zählen, da ohne wirtschaftliche Bedeutung. Es wurde erst 1800 (wieder) französisch und bereits 1803 an die USA verkauft.

St. Domingue alleine (seit dem Frieden von Basel 1795 war die Insel Hispaniola komplett in französischer Hand) hatte etwa 74.700 km². Mit anderen Worten - St. Domingue machte flächenmäßig etwa 90% des französischen Kolonialreiches aus.

Haiti ist da ein Sonderfall.

LOL - da sind doch wohl eher Martinique und Guadeloupe die Sonderfälle.

Gruß,
Ralf

Hallo,

da hat wohl wieder einer das Kind mit dem populistischen Bade
ausgeschüttet.

sehe ich grundsätzlich auch so.

d.) Die Aussage, er habe die Sklaverei wieder eingeführt, ist
in dieser Form sicher auch nicht richtig.

Ich denke doch. Am 16.07.1802 führte Napoleon die von den
Jakobinern am 04.02.1794 abgeschaffte Sklaverei in den
Kolonien (vor allem Haiti und Guadeloupe) wieder ein. Der
schäbige und völkerrechtswidrige Verrat Napoleons am Führer
der Schwarzen Toussaint l’Ouverture (man lockte ihn zu
Friedensverhandlungen, nahm ihn trotz zugesicherten freien
Geleits fest und ließ ihn in einem Kerker verhungern) ist
einer der schwärzesten Flecken auf Napoleons ohnehin recht
schmuddeligem Charakter.

Nun ja, auch das erfodert wiederum etwas Differenzierung.
a.) wie bereits dargestellt, bedeuteten Menschenleben nicht unbedingt viel für Napoleon. Das ist wahrscheinlich, was Du mit „schmuddeligem“ Charakter meinst.

b.) l’Overture war Führer eines Aufstandes auf damaligem französischen Staatsgebiet. Insofern war die Festnahme nicht völkerrechtswidrig. Man sollte auch festhalten, dass etliche hundert Plantagen in Flammen aufgegangen waren, dass die Weißen die gerade in der frühen Phase seines Aufstandes in die Hände der Sklaven gerieten, gnadenlos und auf bestialischste Weise abgeschlachtet worden waren und, das machte die Situation noch prekärer, eine reguläre Niderkämpfung des Aufstandes Truppenkontingente benötigt hätte, die man anderswo ja noch brauchte.
Andererseits hatte ja gerade Ouverture 1801 den spanischen Teil der Insel besetzt, wo die Spanier gerade die Sklaverei abgeschafft hatten und eine Landreform durchführten. Ouverture war also alles andere als ein unterdrückter Sklave. Im Gegenteil, mit dem Rang eines Generals der fanrzösischen Kolonialverwaltung und ab 1799 Gouvernuer der Insel Haiti, könnte man ihn durchaus zum Establishment zählen. Das waren auch die Möglichkeiten und Kenntnisse, die er benutzte, als er den Aufstand gegen Frankreich (für das er ja schon lange Zeit seine schwarzen Brüder unterdrückt hatte) entfesselte.
Ansonsten, ein kleines Detail am Rande. Der Führer der Truppen, die Napoleon entsandte war nicht Napoleon selbst. Es handelte sich Charles Leclerc, der auch für die Festnahme und das „wie“ dieser Festnahme zuständig war. Auch wenn ich mit nun vorstellen kann dass ein Napoleon darüber keine Träne vergoss (höchstwahrscheinlich war ein franz. General, der sich gegen Frankreich stellte für ihn sowieso so sehr das Letzte, dass die Hautfarbe schon keine Rolle mehr spielte), es bleibt der Fakt, die hier Napoleon zugeschriebene Tat wurde NICHT von Napoleon begangen.

c.) Der Beschluss des Nationalkonventes vom 4.2.1794 bezüglich der Aufhebung der Sklaverei war zwar formal ein großer Schritt, änderte jedoch an den tatsächlichen Verhältnissen in den französischen Kolonien nicht sher viel. Als Ouverture fünf Jahre später Gouverneur wurde (er hatte ja bereits als Teil der Kolonialverwaltung selbst daran mitgearbeitet), lebten die „ehemaligen“ Sklaven in totaler Abhängigkeit. Der Unterschied war, dass sie nicht mehr einer Halsgerichtbarkeit ihrer Herren unterstanden sondern das diese Funktion eben von der Kolonialverwaltung übernommen worden war. (vergl. Canfora bezgl. des Beschlusses der Nationalversammlung, vergl. Stuart: Toussaint l’Overture, Black leaders in struggle. Sie hat einerseits seinen Werdegang beschrieben, andererseits die Situation. Sie hat nur aufgrund der augenscheinlichen Zielsetzung ihres Buches vermieden, darauf hinzuweisen, dass O. an maßgeblicher Stelle in eben der Kolonialverwaltung saß, die sie so schön als Wurzel allen Übels malt). Man war also trotz des formalen Beschlusses 1799 von einer Befreieung der Sklaven de facto genauso weit entfernt wie vorher, wenn nicht weiter.

d.) 1802 führte Napoleon die Sklaverei, unter anderem auf Druck der Zuckerplantagenbesitzer, wieder ein. Die Plantagen waren immer noch im Wiederaufbau nach dem Aufstand Overtures, dazu kam, dass es in der Zwischenzeit andere militärische Anforderungen gab. Napoleon musste also zusehen, dass er sich die Einnahmen und Haiti als militärische Basis erhielt. Das war zwar nicht nett, aber nach inzwischen zwei Jahren, musste er zusehen, dass er wieder irgendwie Haiti befriedet bekam und er griff dabei (wie die meisten europäischen Politiker seiner Zeit) zu Druck und Rechteabschaffung. Das war aber im Prinzip auch nichts anderes als das, was die amerikanischen Fruit Companies oder die Engländer auch durchzogen. Die unterschiedliche Betrachtung dieser Tatsache in der Geschichtsschreibung liegt eher darin begründet, dass Napoleon am Ende seinen Krieg verlor. Da redet man dann nicht mehr darüber, dass alle sich schuldig gemacht haben, da ist es dann nur noch der Verlierer. Klar.

Toussaint l’Overture mag ein großer Mann gewesen sein. Er war zweifellos ein militärischer Genius. Allerdings hatte er lange vor dem Aufstand bereits eine schmutzige Weste und sie wurde nicht sauberer durch das, was während des Aufstandes geschah. Napoleon und die meisten seiner Generäle hatten ebenso schmutzige Westen. Und sie kümmerten sich doch ehrlich gesagt in ihrer Zeit genausowenig wie ihre Gegner darum. Das Problem besteht darin, dass wir einen nach unserem heutigen Verständnis idealisieren, den anderen verdammen. Beide waren Kinder ihrer Zeit, trugen die Verantwortung für viele Tote und können nach unserer Vorstellung als Massenmörder gewertet werden. Ich glaube diese einseitige Betrachtung so langsam zu einer Methodik populistischer Geschichtsreißer wird.

Die ‚Vergasung‘, die Ribbe beschreibt, wurde übrigens auf
Schiffen durchgeführt. Die Opfer wurden in den Schiffsrümpfen
eingesperrt und mit alten Perücken, die mit Schwefel
eingepudert und dann angesteckt wurden, begast. Zuverlässig
war die Methode nicht - Überlebende bekamen ein Säckchen mit
Sand um den Hals gebunden und wurden über Bord geworfen. Zwar
ein Beispiel für einen besonders dreckig geführten
Kolonialkrieg, aber als solches kein Einzelfall und sicher
kein ‚Modell‘ für Auschwitz, zumal Hitler dieses Detail
unbekannt gewesen sein dürfte.

Erlaube mir, Zweifel zu äußern. Ich höre ja so manche wirklich wilde Geschichte aus der Geschichte, aber nur selten zeigt sich, dass es nicht so gewesen sein kann, so deutlich in technischen Gründen, wie dieses Mal.
Zum Einen, Schiffe wurde damals aus abgelagertem Holz gebaut. Das brannte recht gut und nicht ohne Grund war Feuer im Schiff etwas, dass jeder Seemann mehr als Sturm und die ominösen Seeungeheuer aller Couleur fürchtete. Einen Schwelbrand absichtlich in einer Hulk im Hafen zu entfachen hätte dem Urheber wahrscheinlich schnell einen Strick eingebracht.
Zweitens waren Perücken ein nicht gerade unendlicher Markt mit unendlicher Versorgung. Die Dinger waren ein Schweinegeld wert. Selbst wenn also hier und da und dort mal alte Perücken aufliefen, dann wurde doch zumeist von den Perückenmachern eine Art Recycling verwendet, ganz einfach aus dem Grunde, dass die Perücken damals aus Menschenhaar gefertigt wurden, was erstens teuer und zweitens nicht in größeren Mengen ohne Wieteres beschaffbar ist. Wunderschöne Anleitungen dazu gabs mal auf einer Internetseite, die eine Unterabteilung zu historischen Perücken hatte. Muss ich mal wieder raussuchen, habe ich aber gerade nicht zur Hand.
Drittens, der Schwefel. Das Perücken geschwefelt wurden, war nicht so ungewöhnlich. Es gab damals noch eine erheblich größere Population aller möglichen Plagegeister, die Perücken liebten. Deren wurde man mit Schwefeldämpfen Herr. Vergast wurden also die Läuse. Und sicher auch nicht auf Schiffen. Tatsächlich galt Schwefel als ein Luxusartikel, den sich eben nur die Reichen (die sich ja auch die Perücken leisten konnten) kauften um dieser Unbequemlichkeit Einhalt zu gebieten. Das Gemeine Volk musste sehen wie es klar kam.
Soviel also zum Vergasen. Feuer auf Holzschiffen, geschürt mit unbezahlbaren Perücken und unbezahlbarem Schwefel. Die Quellen würde ich gerne sehen.
So, und dann die Sache mit den Sandsäcken. Sand gab es. Der wurde in französischen Schiffen oft als Ballast verwendet. Mal ganz abgesehen von der Frage, woher die vielen Säcke denn nun gekommen sein sollen, aber was meinst Du, wie viel Sand man da pro Ertränkung gebraucht hat und wie viel Sand so ein Schiff entbehren konnte, bevor es mangels Ballast kippte?
Solche Geschichte, in einer Zeit, in der es so viele einfachere Methoden gab, die ja bereits in großem Umfange erprobt waren, die billiger waren, die technisch machbar waren und für die alles zur Verfügung stand. Das erscheint mir wenig glaubwürdig.

Gruß
Peter B.

Hallo nochmal,

also nicht Leclerc sondern Rochambeau. Da hatte ich ja glatt zu Unrecht auf den ersten Befehlshaber getippt. Was ich aber jetzt nicht sehe ist, wo Leger die Sache her hat.

Gruß
Peter B.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

Die ‚Vergasung‘, die Ribbe beschreibt, wurde übrigens auf
Schiffen durchgeführt. Die Opfer wurden in den Schiffsrümpfen
eingesperrt und mit alten Perücken, die mit Schwefel
eingepudert und dann angesteckt wurden, begast. Zuverlässig
war die Methode nicht - Überlebende bekamen ein Säckchen mit
Sand um den Hals gebunden und wurden über Bord geworfen. Zwar
ein Beispiel für einen besonders dreckig geführten
Kolonialkrieg, aber als solches kein Einzelfall und sicher
kein ‚Modell‘ für Auschwitz, zumal Hitler dieses Detail
unbekannt gewesen sein dürfte.

Erlaube mir, Zweifel zu äußern. Ich höre ja so manche wirklich
wilde Geschichte aus der Geschichte, aber nur selten zeigt
sich, dass es nicht so gewesen sein kann, so deutlich in
technischen Gründen, wie dieses Mal.
Zum Einen, Schiffe wurde damals aus abgelagertem Holz gebaut.
Das brannte recht gut und nicht ohne Grund war Feuer im Schiff
etwas, dass jeder Seemann mehr als Sturm und die ominösen
Seeungeheuer aller Couleur fürchtete. Einen Schwelbrand
absichtlich in einer Hulk im Hafen zu entfachen hätte dem
Urheber wahrscheinlich schnell einen Strick eingebracht.
Zweitens waren Perücken ein nicht gerade unendlicher Markt mit
unendlicher Versorgung. Die Dinger waren ein Schweinegeld
wert. Selbst wenn also hier und da und dort mal alte Perücken
aufliefen, dann wurde doch zumeist von den Perückenmachern
eine Art Recycling verwendet, ganz einfach aus dem Grunde,
dass die Perücken damals aus Menschenhaar gefertigt wurden,

Das erscheint mir wenig glaubwürdig.

Schade, daß der Lesefluß Deiner ansonsten recht
interessanten Texte durch solche unausgegorenen
Hypothesen gebremst wird.

Natürlich war die „Schwefelung“ von Holzschiffen
eine übliche Variante, der Rattenplage Herr zu werden.
Und wenn der Übersetzer (oder auch Autor) des besagten
Werkes aufgrund mangelnder technischer Kenntnisse hier
verschiedene Begriffe durcheinanderwirft (peruke?),
sollte einen das nicht daran hindern, die Fakten wieder
hervorzuzaubern.

vgl z.B.:

 ...
 Namentlich in Fällen, in denen eine Abtötung sämtlicher 
 Ratten in bestimmten Räumen erreicht werden soll, ist 
 diese Methode unersetzlich geworden. Solche Fälle treten 
 z.B. ein, wenn pestverseuchte Schiffe in reine Häfen einlaufen, 
 wo es sehr darauf ankommt, das ganze Schiff in kurzer Zeit 
 von allen lebenden, zum Teil pestinfizierten Ratten zu 
 befreien, bevor diese Gelegenheit haben, von Bord zu entkommen 
 und die gefährliche Seuche unter den Ratten des Landes 
 weiterzuverbreiten. Zwei Gasarten kommen vornehmlich für die 
 R. in Betracht, das Kohlenoxyd und die schweflige Säure. 
 Letztere kann entweder in dem Raum selbst erzeugt werden, indem 
 man Stangenschwefel und Holzkohle schichtenweise in eiserne 
 Körbe bringt und das Material darin abbrennen läßt (Hamburger 
 Verfahren), oder sie wird außerhalb der Bäume erzeugt und in diese 
 unter Druck mittels Schläuchen eingeleitet.
 ...

( http://www.stub.bildarchiv-dkg.uni-frankfurt.de/Bild… )

s/kranke Ratten/kranke Neger

Grüße

CMБ

Hallo,

Die ‚Vergasung‘, die Ribbe beschreibt, wurde übrigens auf
Schiffen durchgeführt. Die Opfer wurden in den Schiffsrümpfen
eingesperrt und mit alten Perücken, die mit Schwefel
eingepudert und dann angesteckt wurden, begast. Zuverlässig
war die Methode nicht - Überlebende bekamen ein Säckchen mit
Sand um den Hals gebunden und wurden über Bord geworfen. Zwar
ein Beispiel für einen besonders dreckig geführten
Kolonialkrieg, aber als solches kein Einzelfall und sicher
kein ‚Modell‘ für Auschwitz, zumal Hitler dieses Detail
unbekannt gewesen sein dürfte.

Erlaube mir, Zweifel zu äußern. Ich höre ja so manche wirklich
wilde Geschichte aus der Geschichte, aber nur selten zeigt
sich, dass es nicht so gewesen sein kann, so deutlich in
technischen Gründen, wie dieses Mal.
Zum Einen, Schiffe wurde damals aus abgelagertem Holz gebaut.
Das brannte recht gut und nicht ohne Grund war Feuer im Schiff
etwas, dass jeder Seemann mehr als Sturm und die ominösen
Seeungeheuer aller Couleur fürchtete. Einen Schwelbrand
absichtlich in einer Hulk im Hafen zu entfachen hätte dem
Urheber wahrscheinlich schnell einen Strick eingebracht.
Zweitens waren Perücken ein nicht gerade unendlicher Markt mit
unendlicher Versorgung. Die Dinger waren ein Schweinegeld
wert. Selbst wenn also hier und da und dort mal alte Perücken
aufliefen, dann wurde doch zumeist von den Perückenmachern
eine Art Recycling verwendet, ganz einfach aus dem Grunde,
dass die Perücken damals aus Menschenhaar gefertigt wurden,

Das erscheint mir wenig glaubwürdig.

Schade, daß der Lesefluß Deiner ansonsten recht
interessanten Texte durch solche unausgegorenen
Hypothesen gebremst wird.

Und wie schade, dass Du mal wieder Äpfel mit Birnen vergleichst …

Natürlich war die „Schwefelung“ von Holzschiffen
eine übliche Variante, der Rattenplage Herr zu werden.
Und wenn der Übersetzer (oder auch Autor) des besagten
Werkes aufgrund mangelnder technischer Kenntnisse hier
verschiedene Begriffe durcheinanderwirft
(peruke?),
sollte einen das nicht daran hindern, die Fakten wieder
hervorzuzaubern.

Ja, also schön. Peruke waren eigentlich ausschließlich die langen Herrenperrücken. Was also so der spezielle Hinweis auf die alte Schreibweise? Teuer waren die Dinger trotzdem.

vgl z.B.:


Namentlich in Fällen, in denen eine Abtötung sämtlicher
Ratten in bestimmten Räumen erreicht werden soll, ist
diese Methode unersetzlich geworden. Solche Fälle treten
z.B. ein, wenn pestverseuchte Schiffe in reine Häfen
einlaufen,
wo es sehr darauf ankommt, das ganze Schiff in kurzer Zeit
von allen lebenden, zum Teil pestinfizierten Ratten zu
befreien, bevor diese Gelegenheit haben, von Bord zu
entkommen
und die gefährliche Seuche unter den Ratten des Landes
weiterzuverbreiten. Zwei Gasarten kommen vornehmlich für die
R. in Betracht, das Kohlenoxyd und die schweflige Säure.
Letztere kann entweder in dem Raum selbst erzeugt werden,
indem
man Stangenschwefel und Holzkohle schichtenweise in eiserne
Körbe bringt und das Material darin abbrennen läßt (Hamburger
Verfahren), oder sie wird außerhalb der Bäume erzeugt und in
diese
unter Druck mittels Schläuchen eingeleitet.

(
http://www.stub.bildarchiv-dkg.uni-frankfurt.de/Bild…
)

Tja, wer lesen kann, der hat mehr vom Leben. Die zitierte Quelle stammt von 1920 und bezieht sich teilweise auf eine ältere Quelle von 1905.
Ansonsten, es gab auch früher schon Ausschwefelungen. Im karibbischen Raum wurde das vorzugsweise praktiziert, als um 1800 Gelbfieber mal wieder eingeschleppt war. Wir wollen trotzdem festhalten, dass es sich um eine eher verzweifelte Maßnahme handelte, die benutzt wurde um zu retten, was zu retten war. Denn natürlich war ein Schiff noch teurer als Schwefel.
Wie schade also Semjon, dass Du bei Eins und Eins Drei rausgekriegt hast.

Gruß
Peter B.

Hallo,
wie schon angedeutet fehlen mir Zeit und Interesse, Ribbes Quellen auf ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen. Was die Plausibilität der Angaben angeht, wurde zur Verwendung von Schwefel schon das Nötige gesagt - es ist eben nicht richtig, dass so etwas wegen der Brandgefahr nicht plausibel gewesen wäre; es war im Gegenteil eine übliche Methode zur Entseuchung von Schiffen.

wilde Geschichte aus der Geschichte, aber nur selten zeigt
sich, dass es nicht so gewesen sein kann, so deutlich in
technischen Gründen, wie dieses Mal.

Eben nicht.

Was die Perücken angeht

Ja, also schön. Peruke waren eigentlich ausschließlich die
langen Herrenperrücken. Was also so der spezielle Hinweis auf
die alte Schreibweise? Teuer waren die Dinger trotzdem.

  • die waren während der Revolution so was von aus der Mode gekommen, dass die nicht ‚teuer‘ sondern schlicht unverkäuflich waren. Wer trug denn 1802 noch so etwas - und wie viele dürften da aus der Zeit vor 1789 noch in den Lagern herumgelegen haben? Es ist ohne weiteres vorstellbar, dass ein größerer oder kleinerer Posten, der mangels Nachfrage ohnehin nur noch als Mottenfutter taugte, für diesen Zweck verwendet wurde. Man hätte die ja nicht in großen Mengen gebraucht - es ging ja, wie schon erwähnt, nicht um eine Massenvernichtung sondern um die exemplarische Hinrichtung von *nur* ca. 100 Personen.

Wie gesagt - die Plausibilität der Angaben ist durch Deine Einwendungen alles andere als widerlegt.

Allerdings ging es ja um etwas völlig Anderes - nämlich darum, dass Du ursprünglich bestritten hattest, Napoleon hätte die Sklaverei wieder eingeführt. Dass er dies zumindest für die Kolonien tatsächlich getan hat, ist hier hinreichend mit Daten belegt worden. Daran ändern auch Deine Rückzugsgefechte und Ablenkungsmanöver nichts.

Richtig ist, dass Napoleon mit ziemlicher Sicherheit für die Kriegsverbrechen Rochambeaus nur mittelbar verantwortlich war (d.h. dass Rochambeau weitgehend freie Hand hatte). Richtig auch, dass die Hinrichtung durch Schwefelbegasung (im Unterschied zu den Nazi-Methoden) nicht sonderlich effektiv war. Sieht man sie freilich im Kontext mit anderen berichteten Kriegsverbrechen - langsames Ertränken durch Befestigung eines Sandsackes am Hals und der Einsatz eigens aus Kuba importierter, für die Menschenjagd abgerichteter Hunde zur Zerfleischung von Gefangenen (eine psychologisch äußerst wirksame Terormethode, die zumindest als Drohung noch in Abu Ghureib Verwendung fand), so ergibt sich ein bezeichnendes Muster. Es ging Rochambeau allem Anschein nach nicht um eine effektive Methode des Genozids, sondern darum, mit möglichst schreckenerregenden, ‚publikumswirksamen‘ Terormethoden die Aufständischen wieder zum Gehorsam und in die Sklavenrolle zurückzuzwingen. Es ging nicht um Vernichtung (insofern ist der Vergleich mit Hitler völlig abwegig), sondern um Disziplinierung durch Terror.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Ralf,

ging ja, wie schon erwähnt, nicht um eine Massenvernichtung
sondern um die exemplarische Hinrichtung von *nur* ca. 100
Personen.

Ich vermute mal, das es schlicht um die Entsorgung
einer „verdorbenen Ware“ ging (Pest?). Also in
anderen Worten: „Selektion“. Und das war imho
auch kein Einzelfall, da aus der Literatur bekannt
ist, daß man immer genau erkannte, wenn/ob man im
Kielwasser eines Sklaventransporters fuhr. Die
„verdorbene Ware“ wurde nach Möglichkeit „sauber
gehalten“ /1/.

der Einsatz eigens aus Kuba importierter, für die
Menschenjagd abgerichteter Hunde zur Zerfleischung von
Gefangenen (eine psychologisch äußerst wirksame Terormethode,

Wie ich die Passage verstanden habe, ging es um die
„technologische“ Verwendung von Menschenfleisch zur
Ernährung von Hunden. Das hat imho nur in zweiter
Linie etwas mit Grausamkeit zu tun. In erster Linie
nämlich damit, den „Neger“ als Rohstoff zu betrachten,
den man je auf wirtschaftlich vorteilhafte Weise
verwendet.

„Selektion und Rohstoff“. Das ist apokalyptisch. Das
ist „Auschwitz“ vorweggenommen.

Grüße

CMБ

/1/ Ingram, „Geschichte der Sklaverei“, ISBN:3826209028 Buch anschauen

Hallo,
wie schon angedeutet fehlen mir Zeit und Interesse, Ribbes
Quellen auf ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen. Was die
Plausibilität der Angaben angeht, wurde zur Verwendung von
Schwefel schon das Nötige gesagt - es ist eben
nicht richtig, dass so etwas wegen der
Brandgefahr nicht plausibel gewesen wäre; es war im Gegenteil
eine übliche Methode zur Entseuchung von Schiffen.

wilde Geschichte aus der Geschichte, aber nur selten zeigt
sich, dass es nicht so gewesen sein kann, so deutlich in
technischen Gründen, wie dieses Mal.

Eben nicht.

Wie bereits im Posting an Semjon richtig gestellt: Es handelte sich nicht um ein übliches Verfahren sondern um ein Verfahren, dass im Falle von Verseuchung eingesetzt wurde, d.h. wenn die Alternative nur darin bestanden hätte, das Schiff draußen auf Reede zu verbrennen. Erst später, als die Schiffe aus Metall gebaut wurden, wurde schwefeln zu einem „üblichen“ Verfahren. Man baeachte in diesem Zusammenhang das Datum der von Semjon angegebenen Quellen. 1905 (das Datum des Artikels ist 1920, aber sie bezieht sich auf eine Quelle von 1905) war bereits die Zeit der Eisenschiffe. Wir jedoch reden hier über die Zeit der hölzernenen Wälle.

Was die Perücken angeht

Ja, also schön. Peruke waren eigentlich ausschließlich die
langen Herrenperrücken. Was also so der spezielle Hinweis auf
die alte Schreibweise? Teuer waren die Dinger trotzdem.

  • die waren während der Revolution so was von aus der Mode
    gekommen, dass die nicht ‚teuer‘ sondern schlicht
    unverkäuflich waren. Wer trug denn 1802 noch so etwas - und
    wie viele dürften da aus der Zeit vor 1789 noch in den Lagern
    herumgelegen haben? Es ist ohne weiteres vorstellbar, dass ein
    größerer oder kleinerer Posten, der mangels Nachfrage ohnehin
    nur noch als Mottenfutter taugte, für diesen Zweck verwendet
    wurde. Man hätte die ja nicht in großen Mengen gebraucht - es
    ging ja, wie schon erwähnt, nicht um eine Massenvernichtung
    sondern um die exemplarische Hinrichtung von *nur* ca. 100
    Personen.

Zuerst mal der Punkt, in dem ich mit Dir konform gehe, es handelte sich nicht um Massenvernichtung á la Hitler. 100 Personen sind auch schlimm genug. Ich glaube auch durchaus, dass diese Leute umgebracht wurden, bzw durch die Behandlung zu Tode kamen. Die Methodik jedoch ist nach wie vor fragwürdig.
Zu den Details:
Perücken waren nicht während der Revolution aus der Mode gekommen. Die klassischen Perückenträger waren es. Es kamen neue auf. Robespierre und Danton findest Du fast auf keinem zeitgenössischen Gemälde ohne Perücke. Vom Comte d’Erlon existieren tatsächlich auch ein paar Bilder ohne, die meisten jedoch mit. Joseph Bonaparte trug Perücken auf den Festivitäten in Spanien genauso wie auch N.B. sie selbst zu solchen Anlässen gelegentlich trug. Als Marmont sich bei Salamanca absetzte, fiel ein großer Teil seines persönlichen Gepäcks in englische Hände, unter anderen seine Perücken (laut dem Johnny Kinkaid Tagebuch eine Kiste voll). Erlaube mir daher, Dich darauf hinzuweisen, dass die Zeit der Perücken wohl noch nicht vorbei war.
Auch Deine Vorstellung über die Mengen von Perücken, die produziert wurden, ist grob falsch. Die Perücken waren damals ein modisches Accessoir der Spitzenklasse. Die wurden nicht auf Lager produziert, das war Handarbeit auf Bestellung. Es hat also mit ziemlicher Sicherheit nie ein Lagerhaus voller unverkäuflicher Perücken gegeben.

Wie gesagt - die Plausibilität der Angaben ist durch Deine
Einwendungen alles andere als widerlegt.

Warum? Weil Du ein paar wilde Ideen gesteut hast, die schlicht und ergreifend falsch sind?

Allerdings ging es ja um etwas völlig Anderes - nämlich darum,
dass Du ursprünglich bestritten hattest, Napoleon hätte die
Sklaverei wieder eingeführt. Dass er dies zumindest für die
Kolonien tatsächlich getan hat, ist hier hinreichend mit Daten
belegt worden. Daran ändern auch Deine Rückzugsgefechte und
Ablenkungsmanöver nichts.

Ralf, wirklich, hast du schon den Dolch zwischen den Zähnen? Eine eher belustigende Vorstellung …
Ich habe das Verdikt von 1804 nicht angezweifelt. Allerdings habe ich darauf verwiesen, dass die TATSÄCHLICHE Situation der Sklaven durch die formale Aufhebung der Sklaverei nicht verbessert worden war. auch hatte ich darauf hingewiesen, dass die Sklaverei zu dieser Zeit nicht alleine ein französisches Problem war. Die einzige Nation, die bis 1804 nicht nur Sklaven freigelassen haate sondern ihnen auch die Möglichkeit gegeben hatte, ihren Unterhalt als freie Menschen zu verdienen, war Spanien gewesen. Und auch Spanien nur in einer Art Modellversuch, nämlich im spanisch kontrollierten Teil Haitis. Dort wurden Sklaven freigelassen und bekamen Land im Zuge einer Landreform. Dieses Experiment wurde allerdings bereits frühzeitig durch einen franz. Einfall beendet - unter der Führung des großen Sklavenbefreiers General l’Overture.

Geschichte, soviel als Anmerkung, entsteht nicht in dem Moment, in dem ein Stück Papier geschrieben wurde. Das Stück Papier entsteht als Konsequenz vorangegangener Geschichte. Einfach einen Wisch aus dem Kontext zu reißen gibt ein falsches Bild.

Richtig ist, dass Napoleon mit ziemlicher Sicherheit für die
Kriegsverbrechen Rochambeaus nur mittelbar verantwortlich war
(d.h. dass Rochambeau weitgehend freie Hand hatte). Richtig
auch, dass die Hinrichtung durch Schwefelbegasung (im
Unterschied zu den Nazi-Methoden) nicht sonderlich effektiv
war. Sieht man sie freilich im Kontext mit anderen berichteten
Kriegsverbrechen - langsames Ertränken durch Befestigung eines
Sandsackes am Hals und der Einsatz eigens aus Kuba
importierter, für die Menschenjagd abgerichteter Hunde zur
Zerfleischung von Gefangenen (eine psychologisch äußerst
wirksame Terormethode, die zumindest als Drohung noch in Abu
Ghureib Verwendung fand), so ergibt sich ein bezeichnendes
Muster. Es ging Rochambeau allem Anschein nach nicht um eine
effektive Methode des Genozids, sondern darum, mit möglichst
schreckenerregenden, ‚publikumswirksamen‘ Terormethoden die
Aufständischen wieder zum Gehorsam und in die Sklavenrolle
zurückzuzwingen. Es ging nicht um Vernichtung (insofern ist
der Vergleich mit Hitler völlig abwegig), sondern um
Disziplinierung durch Terror.

Und hier kommen wir der Sache näher. Das franz. Expeditionskorps war ja ursprünglich von Leclerc geleitet worden und erst nach dessen Tod von Rochambeau übernommen worden. Mir sind keine solchen Gwschichten von Leclerc bekannt. Und Napoleon? Sollte Rochambeau ihn um eine Meinung gefragt haben, dann konnte er das ja nur per Brief getan haben. Fast drei Monate hin, drei Monate zurück, macht ein halbes Jahr, bis dahin waren die Leute sowieso tot. Rochambeau, genau wie jeder General in Übersee musste einfach freie Hand haben weil er so weit von seinen Vorgesetzten entfernt war.
Um jetzt die Sache mit dem Terror auch noch zu behandeln: Wir reden hier definitiv von einer anderen Zeit. Da wurden Leute vor Kanonen gebunden (eine besonders dümmliche Idee der Engländer), l’Overtures Leute hatten sich zeitweilig angewöhnt, die Weißen, die in ihre Hände fielen lebendig auszuweiden, die Sache mit den Hunden war auch nicht neu (die Hunde die Rochambeau sich kommen ließ kamne nicht ihne Grund von Kuba) usw usw. Es sind Dinge, die uns heute grausam erscheinen und die es zweifellos auch waren - aber Dinge, die damals an der Tagesordnung waren. Das erlaubt natürlich, sich eine Person mit Reizwortcharakter rauszuziehen und darauf einen der bekannten populistischen Knaller aufzubauen.

Gruß
Peter B.

Hallo Ralf,

ging ja, wie schon erwähnt, nicht um eine Massenvernichtung
sondern um die exemplarische Hinrichtung von *nur* ca. 100
Personen.

Ich vermute mal, das es schlicht um die Entsorgung
einer „verdorbenen Ware“ ging (Pest?). Also in
anderen Worten: „Selektion“. Und das war imho
auch kein Einzelfall, da aus der Literatur bekannt
ist, daß man immer genau erkannte, wenn/ob man im
Kielwasser eines Sklaventransporters fuhr. Die
„verdorbene Ware“ wurde nach Möglichkeit „sauber
gehalten“ /1/.

Das wäre eine mögliche Erklärung. Wenn wir dann die Perücken weglassen, ergibt die Sache zumindest einen Sinn. Wobei „Pest“ nicht zwangsläufig die Boubonenpest gewesen sein musste, sondern diverse Fieber in Frage kamen. Dann jedoch muss man sich mal umschauen, wem das Schiff gehörte, denn dann war es eine Aktion des Eigners und die ganze Diskussion Rochambeau oder Napoelon ist schuld, ist hier sinnlos.
Wenn Du Ingramm komplett gelesen hast, der erwähnt übrigens auch den wirtschaftlichen Wert eines Sklaven. Da aber I. selbst einen zu großen Beweisdrang hat, schoß er wohl ein paar Mal etwas über das Ziel hinaus.

der Einsatz eigens aus Kuba importierter, für die
Menschenjagd abgerichteter Hunde zur Zerfleischung von
Gefangenen (eine psychologisch äußerst wirksame Terormethode,

Wie ich die Passage verstanden habe, ging es um die
„technologische“ Verwendung von Menschenfleisch zur
Ernährung von Hunden. Das hat imho nur in zweiter
Linie etwas mit Grausamkeit zu tun. In erster Linie
nämlich damit, den „Neger“ als Rohstoff zu betrachten,
den man je auf wirtschaftlich vorteilhafte Weise
verwendet.

Eher unwahrscheinlich, da Sklaven ja einen wirtschaftlichen Wert darstellten. Haiti war Plantagenkolonie, der Bedarf an Arbeitskraft war ungeheuerlich. Ich glaube, Du verrennst Dich in dem verzweifelten Versuch, etwas zu belegen in eine eher waghalsige Theorie.

„Selektion und Rohstoff“. Das ist apokalyptisch. Das
ist „Auschwitz“ vorweggenommen.

Na, da wissen wir ja auch schon, was Du beweisen willst …

Grüße

CMБ

/1/ Ingram, „Geschichte der Sklaverei“, ISBN:3826209028 Buch anschauen

Gruß
Peter B.