Haushaltshilfe und unbezahlter Urlaub

Hallo,

Nach einer ambulanten/häuslichen Entbindung kann ja z.B. ein Papa sechs Tage lang Haushaltshilfe machen und bekommt dann von der Krankenkasse eine Art Verdienstausfall.
Die Kasse meinte das liefe als unbezahlter Urlaub.
häh?
Verstehen tu ich das nicht ganz und es würde mich auch interessieren ob ein Angestellter ein Recht drauf hat diese sechs Tage dann auch zu bekommen (den Termin weiss man ja meist vorher nicht genau, das läuft also spontan) und wie und was genau er beim Arbeitgeber beantragen muss.

Gruss
M.

Hallo,

dieser Aussage liegt eine Entscheidung des BSG zugrunde, in der ein Vater unbezahlten Urlaub genommen und anschließend durch das BSG sein entgangenes Netto erstattet erhalten hatte.

http://www.wernerschell.de/web/00/charta_fuer_kinder…

Arbeitsrechtlich ist aber noch gar nicht gesagt, dass das eine unbezahlte Freistellung sein muss, es kann auch ggf. ein Anspruch auf Bezahlung bestehen. Denn für Entbindungen sehen sowieso die meisten mir bekannten Sonderurlaubs-Regelungen bezahlte Freistellungen vor, allerdings nicht 6 Tage.

Erst wenn klar ist, dass der AN keinen Anspruch auf bezahlte Freistellung nach § 616 BGB bzw auf Grund anderer Rechtsgrundlagen hat, stellt sich die Frage, inwieweit der AG dazu verpflichtet ist, den AN für die Wahrnehmung privater Interessen (unbezahlt) von der Arbeitsverpflichtung freizustellen.

Einigen kann man sich natürlich immer, § 311 BGB, aber es geht ja um einen Anspruch.

Grundsätzlich hat die vertragliche Verpflichtung, den Arbeitsvertrag zu erfüllen und die danach geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, § 611 Abs. 1 BGB, privaten Interessen des AN an „Sonderurlaubsgewährung“ vor, so dass kein „allgemeiner“ („einfach so, auch ohne triftigen Grund“) Anspruch auf Freistellung besteht.

Zum Teil existieren tarifliche Regelungen, die den AG unter bestimmten Voraussetzungen verpflichten, dem AN unbezahlten Sonderurlaub zu gewähren, sofern betriebliche Belange nicht entgegenstehen. Im Einzelfall können sich Freistellungsansprüche aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben, wenn der AG in der Vergangenheit bei vergleichbaren Fällen mit anderen AN Freistellungsvereinbarungen getroffen hat. Denkbar sind auch Ansprüche aus betrieblicher Übung. Ein Freistellungsanspruch des AN kann in Ausnahmefällen aus den Rücksichtnahmepflichten des AG, §§  241 Abs. 2, 242 BGB, oder aus der Unmöglichkeit nach § 275 BGB hergeleitet werden.

Der AN kann sich auf ein Leistungsverweigerungsrecht nach §  275 Abs.  3 BGB berufen, wenn ihm die Erbringung der Arbeitsleistung auf Grund konkurrierender Pflichten nicht zugemutet werden kann. Beruft er sich darauf, entfällt nach §  326 Abs. 1 der Anspruch auf Arbeitsentgelt. Zu beachten ist, dass die Leistungspflicht nicht kraft Gesetzes entfällt, sondern in Form einer Einrede geltend gemacht werden muss. Es gelten strenge Maßstäbe, der Vater müsste sich in einer unvermeidbaren Zwangslage befinden. Zudem erfolgt im Rahmen des §  275 Abs.  3 BGB eine Gesamtabwägung, in die auch einfließt, ob die durch Fehlzeiten entstehenden Beeinträchtigungen betrieblicher Interessen für den AG noch hinnehmbar sind.

Solche familiären Gründe (Betreuungsperson nötig und niemand anders als der Mann verfügbar) können grundsätzlich eine Pflichtenkollision begründen. Das BAG hat sogar schon einmal ein Leistungsverweigerungsrecht auf Grund einer Pflichtenkollision im Fall einer Arbeitnehmerin, die eine achtwöchige Ausbildung am Heimdialysegerät zur Versorgung des schwer erkrankten Ehepartners absolvieren wollte, bejaht. Verneint wurde hingegen ein Leistungsverweigerungsrecht im Falle einer Arbeitnehmerin, die der Arbeit wegen der Betreuung ihres (gesunden) Kindes fernblieb.

Das BAG hat sehr deutlich gemacht, dass eine Berufung auf eine Pflichtenkollision wegen der Personensorge gem. §  1627 BGB nur in Betracht kommt, wenn eine unverschuldete Zwangslage vorliegt. Da hatte die Arbeitnehmerin nicht ausreichend dargelegt, dass sie sich rechtzeitig um eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit für ihr Kind bemüht hatte, obwohl die Situation für sie vorhersehbar war. Zudem war nicht absehbar, wann sie die Arbeit wieder aufnehmen würde.

Bei einer Entbindung ist die Situation nun sehr vorhersehbar, vielleicht nicht genau der Tag, aber Vorkehrungen kann man treffen. Von daher wird das gegen den Willen des Arbeitgebers nicht funktionieren.

VG
EK

Hallo,

Vielen Dank für Deine Ausführungen.

Als ich von dieser „Haushaltshilfenregelung“ erfuhr dachte ich erst einmal daran, dass das ähnlich laufen würde wie wenn ein Elternteil zur Betreuung eines kranken Kindes von der Arbeit fern bleiben muss.
Schliesslich braucht sowohl ein Neugeborenes als auch in vielen Fällen eine frisch entbundene intensivere Pflege. Im krankheitsfall hätte das dann wohl ein Arzt entschieden.
Dass hier für die Betreuung mit dem Arbeitgeber gefeilscht werden muss finde ich seltsam.

Vielleicht frage ich mal bei der Hebamme nach inwiefern sie diese Regelung genauer kennt. In meinem konstruierten Fall sei so etwas in der Firma des Vaters noch nie beantragt worden, keiner kenne sich damit aus und es gäbe weder ein besonderes Tarifrecht noch einen Betriebsrat.
Eine Geburt lässt sich nicht genauer vorhersagen. Man weiss zwar einen voraussichtlichen Entbindungstermin, aber zwei Wochen davor und zwei Wochen danach gelten als normal, so dass das schon sehr unsicher planbar ist.

Gruss
M.