Hallo!
Mein Mann und ich möchten gerne ein renovierungsbedürftiges
Haus (Baujahr 1957) bald unser Eigen nennen.
Zunächst Anmerkungen zu Begrifflichkeiten: Unter Renovierung sind Arbeiten ohne Eingriffe in die Bausubstanz zu verstehen. Die in der Hauptsache eingesetzten Werkzeuge sind Schleifpapier, Pinsel und Tapeziertisch, Teppichmesser etc. Es geht also um Arbeiten an den Oberflächen, um Farben, Tapeten, Bodenbeläge, letztlich Dekoration. Ein neu gefliestes Bad kann man auch noch zur Renovierung zählen. Renovierungsarbeiten brauchen keine Baugenehmigung und können in aller Regel von handwerklich geschickten Laien durchgeführt werden.
Was über eine mehr oder weniger regelmäßig fällige Renovierung hinaus geht, fällt in den Bereich der Sanierung und ist deutlich tiefgreifender und kostspieliger als eine Renovierung. Neue E-Anlage, neue Heizungsanlage, Abwasser- und Wasserleitungen, Trockenlegung und thermische Isolierung fallen unter Sanierung. Die Arbeiten erfordern fachlich geschultes Personal und/oder müssen von Meisterbetrieben mit besonderen Zulassungen durchgeführt werden. Bei Sanierungsarbeiten, die mehrere Gewerke umfassen, ist die Einschaltung eines planenden, ausschreibenden und bauüberwachenden Architekten zwar nicht vorgeschrieben, aber zur Vermeidung von Fehlern und Pfusch sowie zur Kosteneinsparung zu empfehlen.
Bei einem Haus aus den 50er Jahren ist es ganz sicher nicht mit einer Renovierung getan, vielmehr wird es auf eine umfassende Sanierung hinauslaufen.
Der Verdacht liegt nahe, dass auch eine umfassende Sanierung nicht reichen wird. In den 50er Jahren herrschte Mangel an Wohnraum und Baumaterial. Es wurde eiligst hochgezogen und gespart, wo immer es ging und auch an Stellen, wo es eigentlich gar nicht ging. Von nie ganz nüchternen Handwerkern, die durchweg für den eigenen Bedarf Baumaterial abzweigten, wurde in heute unvorstellbarer Weise gepfuscht. Mit der Aussage tue ich niemandem unrecht, weil es in den 50ern und 60ern überall so zuging. Außerdem wurden die Häuser natürlich für die damaligen Lebensverhältnisse und Bedürfnisse gebaut. Das waren von der heutigen Zeit doch sehr verschiedene Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten, was sich u. a. an der damals üblichen Raumaufteilung zeigt. Viele winzige Zimmer (für viele Kinder), steile Stiegen, enge Gänge, alles klein und piefig. Das war eben so. Aber wenn man so ein Haus heute zeitgemäß und mit zeitgemäßen Betriebskosten nutzen möchte, muss einer Sanierung in aller Regel die Entkernung vorausgehen. Dabei bleibt von der Hütte weniger als der Rohbau übrig. Es läuft beinahe auf einen Neubau hinaus.
Jetzt willst du Handwerker beauftragen. Das Vorhaben muss ohne Sachkenntnis ganz furchtbar teuer in die Hose gehen. Die Auftragsvergabe ist ohne Sachkenntnis nicht zu machen. Das liefe nämlich darauf hinaus, Handwerker nach Gutdünken murksen zu lassen. Vergiss das Ganze! Hat einfach nicht Hand und Fuß.
Erst einmal muss eine Planung her, welche Arbeiten insgesamt und en détail durchzuführen sind. Erst danach sind Ausschreibung und Auftragsvergabe möglich. Jeder Laie ist damit überfordert. Dafür braucht’s einen Architekten. Aufs Sparen bedacht, kommst du natürlich nicht auf die Idee, einen Architekten zu beauftragen. Ist doch bestimmt sehr teuer und für sein Honorar bringt er nichts Handfestes zustande - nur Pläne und Papier. Wenn du dagegen irgendeinen Handwerker beauftragst, siehst du für dein Geld schon nach wenigen Stunden etwas … Und der Handwerker hat gepfuscht (merkst du als Laie nicht, jedenfalls nicht rechtzeitig), das Material taugte nichts, das Arbeitsverfahren war an der Stelle ungeeignet, die Kosten laufen aus dem Ruder, du beauftragst (und bezahlst) Rechtsanwälte, bist irgendwann pleite und lebst auf einer Baustelle, die nie fertig wird, wo alles aus Halbheiten und teurem Murks besteht. Genau so wird es enden. Zwangsläufig.
Damit es nicht so endet, brauchst du zunächst weder Material noch Handwerker. Statt dessen brauchst du einen Architekten. Am besten schon, bevor du das Haus kaufst. Das ist eine reine Sparmaßnahme. Möglicherweise bewahrt dich der Architekt nämlich vor dem Kauf eines Hauses, dass man besser wegschiebt, aber nicht saniert. Falls das Haus sanierungsfähig ist, lässt du den Architekten die Sanierung planen, die Beauftragung geeigneter Handwerker durchführen und die Baumaßnahmen überwachen. Unter dem Strich kannst du mehr gar nicht sparen.
Ein knappes Budget ist kein Einzelfall. Es ist ganz normal, dass nicht alles sofort realisierbar ist. Der oft übliche Weg mündet in Provisorien, die zur dauerhaften Behelfslösung mutieren und in denen ein Haufen Geld nutzlos versenkt wurde. Zu den Klassikern planloser Laienmachwerke gehören neue Fenster, die für die später vorgesehene Fassadendämmung in der falschen Wandebene sitzen (was übrigens viele Handwerker gar nicht bemerken, wenn nicht ein Architekt genau vorschreibt und überwacht, was zu tun ist). Wenn man in Bauabschnitten vorgehen muss und dabei neben den Finanzen die kontinuierliche Bewohnbarkeit während späterer Maßnahmen zu beachten hat, ist besonders akribische Planung erforderlich.
Gruß
Wolfgang