Hebräisch in der (christl.) Bibel

Hallo liebe Bibelexperten,
ich lese gerade „Ist die Bibel richtig übersetzt“ von Pinchas Lapide.

Ich finde die Betrachtungen zur Übersetzung der hebräischen Bibel sehr interessant, gerade auch die Erklärungen zu dem Hintergrund der einzelnen Begriffe, z.B. das im Deutschen mit „Gerechtigkeit“ wiedergegebene צדקה. Allerdings ist mir das Buch viel zu dünn und auch nicht „wissenschaftlich“ genug.

Auf der anderen Seite ist mein Hebräisch bei weitem nicht so gut und mir fehlt das Hintergrundwissen zu den Begriffen (was bedeuten/bedeuteten sie im Judentum?), so dass mir eine rein hebräische Bibel nicht weiterhilft.

Kann mir jemand einen Tipp geben, wo ich ähnliches finden kann, also nicht nur eine Bibelübersetzung mit Anmerkungen (wie z.B. die Stuttgarter Erklärungsbibel), sondern noch mehr am Original? Also vielleicht sowas wie eine Interlinearübersetzungen mit zusätzlichen Erklärungen zur Wortbedeutung? Es hilft mir wenig, wenn ich lese, dass תורה mit „Gesetz, Weisung, Gebot“ übersetzt wird, wenn ich nicht weiß, was der Begriff beinhaltet.

Kann auch eine englische Ausgabe sein.

Zum zweiten:
Außerdem werden in dem Buch Vermutungen angestellt, wo die Übersetzung im Neuen Testament wohl in die Hose ging, weil z.B. ein Buchstabe bei der Übertragung verschlampt wurde. Oder z.B. dass das übersetzte „am dritten Tag“ bei der Hochzeit zu Kaana wohl eher der Dienstag war.

In welcher Sprache wurde denn nun das Neue Testament aufgezeichnet? Ich dachte immer in Griechisch, in dem Buch heißt es „Sicher ist, dass die Frohbotschaft Jesu ursprünglich in seiner jüdischen Muttersprache formuliert wurde[…]“
Mir ist klar, dass Jesus wohl Hebräisch beherrschte, aber warum sollten die Evangelien in dieser Sprache ursprünglich niedergeschrieben worden sein, wenn es nicht die Umgangssprache war?

Wikipedia sagt: „Das Neue Testament ist in griechischer Sprache aufgezeichnet worden. Dabei handelt es sich um das sogenannte Koine-Griechisch. Die Hebraismen der eingeflossenen griechischen Sprache der biblischen Septuaginta nennt man Bibelgriechisch. Vereinzelt wird auch für möglich gehalten, dass das Neue Testament oder einige seiner Teile ursprünglich in Aramäisch (der Sprache Jesu und der ersten Christen) verfasst wurde.“

Wie kann Pinchas Lapide dann mit einem hebräischen Urtext argumentieren?
Oder verwechsle ich da die Niederschrift/Sammlung der Evangelien mit irgendwelchen Augenzeugenberichten, die es vielleicht gegeben hat und die dann später die Basis für die Evangelien bildeten?

Danke schonmal.

Viele Grüße
Kati

Hebräisch und Griechisch der Bibel
Hi Kati,

gerade auch die Erklärungen zu dem Hintergrund der einzelnen Begriffe, z.B. das im Deutschen mit „Gerechtigkeit“ wiedergegebene צדקה.

Das stimmt.zedakah hat einen ziemlich weitgefächerten Begriffsumfang.

Allerdings ist mir das Buch viel zu dünn und auch nicht „wissenschaftlich“ genug.

Diesen Anspruch hat der „Lapide“ ja wohl auch gar nicht.

Also vielleicht sowas wie eine Interlinearübersetzungen mit zusätzlichen Erklärungen zur Wortbedeutung?

Du könntest für das AT z.B.
Steurer:
ISBN 978-3775141079 Buch anschauen
oder Green:
ISBN 978-1565639775 Buch anschauen

in einer Bibliothek deiner Wahl benutzen und zugleich z.B. den „Gesenius“, der recht umfangreich die Wortfelder dokumentiert.

Und analog für das NT z.B.
Ditzfelbinger:
ISBN 978-3775109987 Buch anschauen

und dazu den „Liddell/Scott“. Das bringt dich schon mal ein Stück weiter.

Zum zweiten:
Außerdem werden in dem Buch Vermutungen angestellt, wo die
Übersetzung im Neuen Testament wohl in die Hose ging

Naja, „in die Hose ging“ ist leicht arrogant übertrieben, zumal es sich um Fragen handelt, die seit ca 1800 Jahren bekannt sind und diskutiert wurden:

z.B. ein Buchstabe bei der Übertragung verschlampt wurde.

„verschlampt“ wäre ebenfalls überheblich ausgedrückt. Damit ist doch wohl das homousios/homo i usios-Problem gemeint? Ja und ansonsten ist ein fehlendes oder geschriebenes Iota-subscriptum-Problem doch kein Wunder bei der Überlieferung der antiken akzentfreien Majuskel-Schrift

z.B. dass das übersetzte „am dritten Tag“ bei der Hochzeit zu Kaana wohl eher der Dienstag war.

Es besteht heute kein Zweifel mehr, daß das "i hēmeraii tritēi" in Joh. 2.1 nach vorhergehendem dreifachen „am folgenden Tag“ den „dritten Tag der Woche“ meint.

In welcher Sprache wurde denn nun das Neue Testament aufgezeichnet?

In Griechisch (Koinē). Es enthält allerdings zahlreiche Hebraismen und Aramäismen. Wie z.B. „Und er antwortete und sprach …“

Ich dachte immer in Griechisch, in dem Buch
heißt es „Sicher ist, dass die Frohbotschaft Jesu ursprünglich
in seiner jüdischen Muttersprache formuliert wurde[…]“
Mir ist klar, dass Jesus wohl Hebräisch beherrschte

Wohl kaum, denn Hebräisch war zu der Zeit gar keine Umgangssprache mehr. Hebräisch wurde nur in liturgischen Kontexten gesprochen. In der Zeit der römischen Besatzung waren die Umgangssprachen Griechisch und Aramäisch. Und es besteht kaum Zweifel, daß Jesus den samaritanisch-galiäischen Dialekt des Aramäischen sprach.

Wie kann Pinchas Lapide dann mit einem hebräischen Urtext argumentieren?

Das AT (bzw der Tanach) ist bis auf einige griechische Texte und einige aramäische Passagen hebräisch geschrieben.

Daß Teile des NT eine aramäische (sicher keine hebräische) Vorversion hatten, ist lediglich eine Hypothese einiger Historiker.

Gruß
Metapher

Hallo Metapher,
schonmal danke für deine Antwort.

Naja, „in die Hose ging“ ist leicht arrogant übertrieben,
zumal es sich um Fragen handelt, die seit ca 1800 Jahren
bekannt sind und diskutiert wurden:

Verzeih, das war meine etwas flapsige Ausdrucksweise. Klar, ich denke, dem Experten sind die Beispiele bekannt und so wie ich es sehe, in den neueren Bibeln auch anders übersetzt als in den alten Übersetzungen. Aber für mich als interessierten Laien ist es nicht immer klar, was jetzt momentaner Stand der Forschung ist und was persönliche Ansichten.

„verschlampt“ wäre ebenfalls überheblich ausgedrückt. Damit
ist doch wohl das
homousios/homo i usios-Problem
gemeint? Ja und ansonsten ist ein fehlendes oder geschriebenes
Iota-subscriptum-Problem doch kein Wunder bei der
Überlieferung der antiken akzentfreien Majuskel-Schrift

Es geht auch um andere Buchstaben. Z.B. in Mk 1,41 bei der „Heilung des Aussätzigen“. Das Buch ist schon älter, ich denke die jetzigen Bibelausgaben haben z.T. schon folgende Beispiele berücksichtigt (ich verwende mal seine Umschrift):
„voll Mitleid“(BE-CHEMLAH) statt „voll Zorn“ (BE-CHE-MAH) (Lamed vergessen)
„Möge es (Gott) wohlgefällig sein, dass du rein seist“ (RATSON JEHI TAHER) statt „Ich will, sei rein“ (RETZONI HITAHER) (falsch gelesen)
in Mk 5,13 „in Scharen“(BA’ALAFIM) statt „etwa zweitausend“(K’ALPAIM) (Bet und Kaf falsch gelesen)

Mir ist klar, dass Jesus wohl Hebräisch beherrschte

Wohl kaum, denn Hebräisch war zu der Zeit gar keine
Umgangssprache mehr. Hebräisch wurde nur in liturgischen
Kontexten gesprochen.

War blöd ausgedrückt von mir, ich meinte nicht als Umgangssprache, sondern als „religiöse Sprache“. Deswegen hat es mich eben verwundert, dass das NT zuerst auf Hebräisch niedergeschrieben sein soll.

Wie kann Pinchas Lapide dann mit einem hebräischen Urtext argumentieren?

Daß Teile des NT eine aramäische (sicher keine hebräische)
Vorversion hatten, ist lediglich eine Hypothese einiger
Historiker.

Gut danke, so etwas wollte ich wissen.

Viele Grüße
Kati