Heilpraktiker dürfen operieren?

Guten Tag,

ist es wahr, dass Heilpraktiker operieren dürfen, weil es ihnen lt. Heilpraktikerordnung nicht verboten ist?
Nach dem Motto: was nicht verboten ist - das ist erlaubt.
Was wäre dann mit einer Betäubung oder Narkose?
Und stimmt es auch, dass Heilpraktiker die Geschlechtsorgane untersuchen dürfen?

Gruß vom
Wackelpudding

Hallo Carolin,
es gibt keine Heilpraktikerordnung.
Es gibt ein Heilpraktikergesetz und das sagt nur das in Deutschland jemand entweder Arzt oder Heilpraktiker sein muß um Heilen zu dürfen und wie man HP wird.
In verschiedenen anderen Gesetzen stehen aber so Sachen drin, wie das und das Tun ist Ärzten vorbehalten.
Beispiele dafür sind z.B. Behandlung und Diagnose von Mund-, Zahn- und Kieferkrankheiten; die Behandlung von bestimmten festgelegten Infektionskrankheiten usw.
Unter anderem ist uns der Umgang mit Betäubungsmitteln verboten.
Nirgendswo steht, daß wir nicht invasiv tätig werden dürfen. Invasiv bedeutet eben die Hautschranke durchbrechen. Also dürfen wir Akupunktur machen, Blut abnehmen und Spritzen geben und eben auch operieren.
Im Zusammenhang mit dem Verbot der Benutzung von Betäubungsmitteln wird das aber wohl schwierig.

Was das untersuchen von Geschlechtsteilen angeht ist das so.
Bis ca. 2001 gab es ein Gesetz zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten in dem stand u.a. das nur Ärzte primäre Geschlechtsorgane untersuchen dürfen. Dieses Gesetz und einige andere sind ca. 2001 vom Infektionschutzgesetz abgelöst worden. Dabei ist diese Klausel weggefallen.
Das heißt wir dürfen zum Beispiel eine gynäkologische Untersuchung durchführen. Was wir - wieder aus anderen gesetzlichen Gründen - nicht dürfen ist einen Abstrich machen, denn wir dürfen keine Krankheitserreger vermehren bzw. mit ihnen umgehen. Außerdem dürfen wir keine sexuell übertragbaren Krankheiten behandeln.

Aber du hast schon recht, im Grunde gilt:
Was nicht verboten ist, ist erlaubt.
Wobei es gesetzliche Einschränkungen gibt und welche die etwas mit Einschätzung zu tun haben. Nämlich mit der Frage, kann ich etwas gut genug um dem Patienten gegenüber sorgfältig zu sein, wenn ich das tue. Wenn nicht, dann sollte ich es nämlich lassen.

Schönen Tag
Kerstin

hi Kerstin,

ein Sternchen von mir, weil Du ohne „ich kann alles, ich bin besser als alle Ärzte“ das vermittelt hast, was Wacckelpudding wissen wollte. Ach, wären doch alle HP so wie Du… :wink:)
Mach weiter so
wünscht Synapse

Hallo Kerstin,
vielen Dank für diesen wirklich sachlichen und guten Beitrag. Eine Frage hätte ich aber dazu:
Du schreibst:

Was wir - wieder aus anderen
gesetzlichen Gründen - nicht dürfen ist einen Abstrich machen,
denn wir dürfen keine Krankheitserreger vermehren bzw. mit
ihnen umgehen.

Wenn Du einen Abstrich nimmst befindet sich zwar Verdachtsgemäß der eine Infektion verursachende Erreger auf diesem Abstrich. Aber damit gehst Du per Definition mit diesem Erreger ja noch nicht um. Der Umgang bezieht sich doch eigentlich auf den Umgang mit Kulturen dieses Erregers?!? Auch die Vermehrung findet ja erst in der Mikrobiologie statt, wenn die Kulturen angelegt werden. Insofern müsste es den HP doch eigentlich erlaubt sein, Abstriche zu nehmen und an mikrobiologische Labore einzusenden.

Ich frage deswegen nach, weil m.E. die Durchführung von Abstrichen bzw. die Entnahme von Untersuchungsmaterial für die mikrobiologische Diagnostik viel zu selten von Ärzten durchgeführt wird, ich andererseits diese „Abstriche“ aber für außerordentlich wichtig halte.

Viele Grüße, Oliver

Hallo Kerstin,
Du hast das sehr gut dargestellt, aber erlaube mir bitte eine kleine Ergänzung.
Die Sache mit der Narkose ist im Prinzip kein Problem.
Es gibt Narkoseärzte, die ihr Handwerk quasi im Umherziehen ausüben, also z.B. bei verschiedenen Zahnärzten gelegentlich tätig sind, wenn dort größere Eingriffe gemacht werden, oder besonders ängstliche Patienten eine Anästhesie verlangen.
Du könntest also theoretisch auch einen Anästhesisten
mieten.
Ist natürlich alles rein hypothetisch, denn wer von uns käme schon auf die Idee einen Patienten aufzuschneiden.
Gruß
KH

HP und Abstriche
Moin Oliver,
ja du hast recht.

Bei der Entnahme von Abstrichen und die Einsendung an ein Labor hat es noch keine Kläger und Richter gegeben, das ist uns also wahrscheinlich erlaubt, genau aus dem Gedankengang heraus den du auch hattest.
Was ich meinte und unklar ausgedrückt habe, war: das selbstständige Untersuchen des Abstrichs, wie es ja z.B. der Frauenarzt macht um nach einer Candidose zu suchen.
Außerdem ist schon geklärt (mit dem Robert-Koch-Institut und verschiedenen Amtsärzten), daß der Streptokokken-Schnelltest - im Grunde auch ein einfacher Abstrich, bei dem dann geguckt wird, ob etwas reagiert (ich kenn den nicht im Einzelnen, wegen… ist ja klar), den dürfen wir nicht machen. Dabei wäre der gerade ungemein praktisch. Streptokokkus pyogenes-Infektionen, wie eine Angina des Scharlachs dürfen wir nämlich nicht behandeln, andere Anginen schon.

Alles in allem ist unsere Tätigkeit ein nicht sehr reglementiertes Feld, das hat Vor- und Nachteile.
Wir sollten halt wissen, was wir dürfen und was nicht und allerlei passiert dann auf der politischen Ebene zu der Frage, was bekommen wir an Erweiterungen und was an Einschränkungen in unserer Tätigkeit.

Gruß
Kerstin

Danke und ich werd ganz rot - owT
.

Zusammenarbeit von HP und Arzt
Moin KH

Du hast das sehr gut dargestellt,

Danke!

aber erlaube mir bitte eine
kleine Ergänzung.
Die Sache mit der Narkose ist im Prinzip kein Problem.
Es gibt Narkoseärzte, die ihr Handwerk quasi im Umherziehen
ausüben, also z.B. bei verschiedenen Zahnärzten gelegentlich
tätig sind, wenn dort größere Eingriffe gemacht werden, oder
besonders ängstliche Patienten eine Anästhesie verlangen.
Du könntest also theoretisch auch einen Anästhesisten
mieten.

Ist das so?
Meine letzte Info war, daß die Ständeordnung den Ärzten verbietet mit und für HP tätig zu werden. Das sie bei Zuwiderhandlung im Prinzip aus ihrem Stand vertrieben werden können und dann nicht mehr als Ärzte arbeiten.
Hat sich das geändert?
Das wäre ja ein Fortschritt!

Nicht das ich mir einen Anästhesisten mieten wollte, aber wenn Ärzte und HP zusammen Praxen eröffnen dürften wäre das schon eine deutliche Verbesserung für dieses Land.

Ist natürlich alles rein hypothetisch, denn wer von uns käme
schon auf die Idee einen Patienten aufzuschneiden.

Sag ich ja.

Gruß
Kerstin

Gruß
KH