Heilpraktiker vs. Ärztetum

Hi,

ich habe kürzlich gelernt, daß man um Heilpraktiker zu erden keine systematisierte ausbildung nachweisen muss, sondern lediglich die nötige prüfung erfolgreich ablegen muss…

Der stoff, der in dieser prüfung verlangt wird, wird durch das medizinstudium ebenfalls abgedeckt.
Wie verhält es sich also nun für approbierte ärzte? Dürfen diese, durch ihre qualifikation automatisch auf die bezeichnung „heilpraktiker“ führen?

Die zweite frage wäre: Was würde einen arzt hindern nicht einfach auch eine heilpraktiker prüfung abzulegen, um ein zweites (privatliqiudierbares) Standbein zu schaffen???

LG Alex:smile:

Hallo Max bzw. Alex,

ich habe kürzlich gelernt, daß man um Heilpraktiker zu erden
keine systematisierte ausbildung nachweisen muss, sondern
lediglich die nötige prüfung erfolgreich ablegen muss…

Richtig.
Durchführungsrichtlinie 6 des Heilpraktikergesetzes sieht vor:
„Für die Zulassung zur Ausübung des Berufs einer Heilpraktikerin oder eines Heilpraktikers ist weder eine medizinische Ausbildung noch eine berufsqualifizierende Fachprüfung erforderlich; der Nachweis einer Fachqualifikation muss nicht erbracht werden; dementsprechend findet eine Fachprüfung nicht statt. Die Überprüfung hat sich vielmehr darauf zu erstrecken, ob die antragstellende Person so viele heilkundliche Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, dass die Ausübung der Heilkunde durch sie nicht zu einer Gefahr für die Volksgesundheit wird.“

Die Überprüfung ist darüber hinaus nicht einheitlich geregelt.

Der stoff, der in dieser prüfung verlangt wird, wird durch das
medizinstudium ebenfalls abgedeckt.
Wie verhält es sich also nun für approbierte ärzte? Dürfen
diese, durch ihre qualifikation automatisch auf die
bezeichnung „heilpraktiker“ führen?

Nein, denn der Herilpraktiker ist jemand, der nicht „bestallt“ ist, heisst, er darf nicht approbiert und damit in der Ärztekammer „bestallt“ sein.

Die zweite frage wäre: Was würde einen arzt hindern nicht
einfach auch eine heilpraktiker prüfung abzulegen, um ein
zweites (privatliqiudierbares) Standbein zu schaffen???

Dies ist gesetzlich unzulässig, denn nach § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes heisst es:
„Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.“

Viele Grüße,
Sam

Hallo Alex

Die zweite frage wäre: Was würde einen arzt hindern nicht
einfach auch eine heilpraktiker prüfung abzulegen, um ein
zweites (privatliqiudierbares) Standbein zu schaffen???

Hierzu kann ich Dir ganz pragmatisch etwas vorschlagen:
Es gibt ja seit längerer Zeit die Möglichkeit, für uns Ärzte die Zusatzbezeichnung „Naturhelverfahren“ zu erwerben. Ich habe dieselbe damals in den 80er Jahren erworben und war -ebenfalls in den 80ern - in eigener Praxis tätig als: Arzt / Naturheilverfahren
Mehr brauchte auf dem Schild nicht zustehen (außer dem Namen und den Sprechzeiten natürlich).
Zur Erlangung dieser Bezeichnung war ich ein Vierteljahr auf der Naturheilkundlichen Abteilung eines großen Krankenhauses (damals Rudolf-Virchow-Klinik in Berlin)und habe versch. Kongresse für Naturheilverfahren besucht.
Gruß,
Branden

Lieber Max Power,

Die Tätigkeit als Arzt und die Tätigkeit als Heilpraktiker schließen sich berufsrechtlich gegenseitig aus. Im Arztrecht steht sogar, daß die ZUSAMMENARBEIT von Arzt und Heilpraktiker (z.B. in gemeinsamen Praxis-Räumen) verboten ist!

Ich selbst war mit 23 Jahren Diplom-Psychologe.
Um juristisch gesehen therapeutisch tätig werden zu dürfen, erwarb ich mit meinem 25. Geburtstag (man muß nämlich laut Gesetzgeber mindestens 25 Jahre alt sein, um die Heilkunde ausüben zu dürfen) den sogenannten „kleinen Heilpraktiker“-Schein, also die Bezeichnung Heilpraktiker für Psychotherapie (heute ist das durch das neue Psychotherapeutengesetz formal wieder anders geregelt).

Als ich Jahre später auch noch Arzt wurde, mußte ich mit dem Tag, an dem ich meine ärztliche Approbation erhielt, die Heilpraktiker-Genehmigung „ruhen“ lassen!
Es gibt ältere Ärzte, die z.B. mit Mitte/Ende 60 ihre ärztliche Approbation und Kassenzulassung zurückgeben und danach noch ein paar Jahre lang als Heilpraktiker tätig sind.

Wie gesagt, der entscheidende Punkt ist, daß berufsrechtlich eine klare Grenze zwischen beiden Berufen gezogen wird und man nicht gewissermaßen in „Personalunion“ tätig sein darf!

Gespannt bin ich, was sich diesbezüglich alles durch EU-Recht noch ändern wird, denn meines Wissens gibt es eine „Behandlungsgenehmigung“ per „heilpraktiker“-Status in den anderen europäischen Ländern nicht.

Ich hoffe, daß hiermit Ihre Fragen beantwortet sind.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. med. Stefan Müschenich
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Diplom-Psychologe

Thx für die schnellen antworten (owt) **
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