Heimweh in der Beziehung

Hallo,

meine Freundin und ich haben ein Problem. Wir sind seit gut zwei Jahren zusammen, sie kam vor vier Jahren des Studiums wegen nach Leipzig (sie stammt aus einer Kleinstadt im Schwäbischen), wir lernten uns kennen, solange sie noch studiert hat, wohnten wir beide in WGs und hatten nun nach dem Ende des Studiums beschlossen gehabt, in eine gemeinsame Wohnung in Leipzig zu ziehen.

Soweit so gut, das ganze ist nun ein knappes halbes Jahr her, allerdings hat sich seitdem einiges zum Negativen entwickelt. Sie hatte ein paar schwierige Monate mit einer komplizieren, teils aussichtslosen Jobsuche, die zwar erstmal erfolgreich beendet ist, aber ihren Wohlfühlfaktor in der Stadt nicht gerade erhöht haben. Hinzu kommt, dass ihre Freunde vom Studium die Stadt fast alle bereits verlassen haben und sie keinen großen Anschluss hier hat. Wir unternehmen zwar viel mit meinen Freunden, die mag sie auch, aber es sind eben meine Freunde, und wenn ich nicht da bin, macht sie natürlich nichts mit denen.

Schon in der Jobsuch-Phase kam von ihrer Seite öfters die Frage, ob wir nicht umziehen könnten in ihre Heimat. Zunächst war das Argument meist, dass sie dort bessere Jobchancen hätte. Fakt ist aber, das Jobproblem ist gelöst, das Heimweh ist noch da und sie macht immer mal wieder deutlich, dass sie irgendwann schon gern zurückwöllte und sich hier nicht „zu hause“ fühlt. Das macht mich dann traurig, denn ich hatte mir erhofft, dass diese Wohnung unser erstes gemeinsames Zu hause sein würde, zumal vor dem Zusammenzug noch keine Heimwehanstalten zu spüren waren.

Die Stadt zu verlassen, kann ich mir wiederum kaum vorstellen. Ich hab mir hier meinen Freundeskreis in den vergangenen Jahren aufgebaut, habe eine gute Arbeit und fühle mich wohl.

Habt ihr schon einmal ähnliche Erfahrungen gemacht? Habt ihr Tipps, wie ich am besten mit ihren Heimatgefühlen umgehen sollte? Würde mich freuen.

Hallo Robert.

Nach zwei Jahren Beziehung ist die, mehr oder weniger blind machende, Verliebtheit wohl vorbei und andere (ältere) Gefühle melden sich zurück.

Und Heimweh kann ein sehr starkes Gefühl sein, vor allem dann, wenn man in seiner momentanen Lage mehr oder weniger unzufrieden ist.

Von daher müsstest du alles tun, um deiner Partnerin das Leben, das sie jetzt führt angenehm zu machen.

Aber, wenn es sie so mit Macht nach Hause zieht, dann lass sie einfach ziehen. Erst mal nur für ein paar Wochen, vielleicht kommt sie zurück.

Ich selbst hatte vor etlichen Jahren so starkes Heimweh, dass ich alle paar Nächte träumte, ich wäre wieder am Ort meiner Kindheit. Dabei ging es mir da wo ich war nicht einmal schlecht.

Es dauerte lange, aber schließlich gelang es mir doch, meine Heimat wieder zu besuchen. Und siehe da, das Problem war gelöst.
Sicher, es war noch der gleiche Ort, die gleiche Landschaft, die gleichen Häuser, aber die Situation war anders, die Menschen hatten sich verändert. Und ich natürlich auch.

Es steckt im Heimweh, wenigstens dann, wenn einige Jahre vergangen sind, immer auch eine gehörige Portion Nostalgie und von der wird man unmissverständlich geheilt, wenn man zurück kommt.

Die Heimat nach der wir uns sehnen, gibt es, wenn wir etliche Jahre in der Fremde waren, nur noch in unserem Gedächtnis.

Das zu erkennen, ist manchmal schmerzlich, aber oft auch sehr heilsam.

Gruß, Nemo.

Hi

Fahr mit ihr doch mal nach Hause… zu ihr. Dann kann sie sich wieder „aufladen“. Mir hat’s immer geholfen. Hab 4 Jahre gebraucht mich nach dem Umzug in der neuen Stadt heimisch zu fühlen… Freunde wurden da sehr wichtig… darum… wenn sie kaum noch Freunde hat das auch angehn.

Wie man Freunde findet wurde hier vor kurzem mal behandelt.
Guck mal ins Archiv.
Man besten Einheimische die auch nicht vorhanden wieder weg zugehn.

Ich hatte einen an meinem Arbeitsplatz gefunden, einen in einem VHS Kurs den ich besuchte… zwei über’s Internet die lustigerweise in meiner Stadt wohnten… xD Und noch 2 von oben aufgelisteten Freunden (waren iwelche Freunde von Freunden).

MfG
Lilly

Hi,

Die Stadt zu verlassen, kann ich mir wiederum kaum vorstellen.
Ich hab mir hier meinen Freundeskreis in den vergangenen
Jahren aufgebaut, habe eine gute Arbeit und fühle mich wohl.

Na dann müsstest Du Deine Freundin doch bestens verstehen!

Habt ihr schon einmal ähnliche Erfahrungen gemacht?

Ja. Bin mit gerade 20 von Frankfurt nach Stuttgart gezogen und hab gelitten wie Sau. Dann wurde aber mein erster Sohn geboren und ich hatte eine Aufgabe, die mich so beschäftigt hat, dass das Heimweh dahinter zurückstand. Es hat mich nie ganz verlassen, aber wir sind halt oft „nach Hause“ gefahren und es wurde immer besser, je mehr wir neue gemeinsame (!) Freunde fanden.

Habt ihr
Tipps, wie ich am besten mit ihren Heimatgefühlen umgehen
sollte?

Mit Respekt vor ihrem Gefühl! Schließlich beschreibst Du ja, dass Du selbst aus den gleichen Gründen nie von Leipzig wegziehen würdest.

Lass ihr Zeit. Unternehme auch mit ihr allein was, nicht nur mit „Deinen“ Freunden. Schaffe eine Situation, wo ihr gemeinsame neue Freunde kennenlernen könnt. Und plant den nächsten Kurz-Urlaub in ihrer Heimatstadt.

Lecker Häppchen halt …

Gruß,
Anja

Hallo,

die Frage ist doch: Was würde deine Freundin heute für ein Leben in ihrer Heimatstadt haben? Könnte sie tatsächlich da anknüpfen wie es war, als sie dort weggegangen ist? Oder hat sich die Situation dort nicht inzwischen auch grundlegend geändert. Wieviele Freunde von früher leben da noch, sind noch in einer vergleichbaren Lebenssituation wie damals (klar, auch mit jungen Eltern trifft man sich „mal“, wenn man zu Besuch ist, aber die hängen auch nicht mehr jeden Abend in der Eckkneipe wie zum Ende der Schulzeit)? Wie erstrebenswert ist es wirklich, die Familie nicht mehr nur an den Festtagen, sondern ständig in der Nähe zu haben?

Vielleicht beantwortet sich deine Freundin diese Fragen am besten selbst, wenn sie in der kommenden Zeit möglichst oft in die alte Heimat kommt, und es dann nicht mehr die große Ausnahmesituation ist, für die sich dann alle Freunde einen Abend frei nehmen, in der man mit Begeisterung einmal die Geschäftsstraße rauf und runter geht, und dann bei den Eltern zum Kaffee und Abendessen genug Themen der vergangenen Monate hat, um die Zeit kurzweilig zu finden.

Ich habe ja auch so einige frühere Wohnorte, von denen einer aufgrund ansässiger Famile, Dauer und Zeitpunkt des Aufenthalts irgendwie Heimat sein müsste, und einer wirklich gefühlte Heimat ist, obwohl das nur ein paar Jahre Grundschulzeit waren. In ersten komme ich alle paar Wochen, und das ist auch immer „ganz nett“, da mal die Fußgängerzone rauf und runter zu gehen, aber wenn ich da einmal im Jahr jemand auf der Straße treffe, ist es viel, und von den alten Freunden wohnt da niemand mehr/man hat sich ohnehin über die Jahre auseinander gelebt. Da ist für Verklärtheit also gar kein Platz, weil die Realität jederzeit erlebbar ist. Rückkehr vollkommen ausgeschlossen. Und an den anderen Ort komme ich nur alle paar Jahre, mache da ein paar Tage Urlaub, fühle mich richtig zuhause, treffe aber auch da niemanden mehr, und bin Realist genug, dass ich weiß, dass sich dieses Erleben schlagartig ändern würde, wenn man wirklich wieder dort vor Ort leben würde, obwohl es ganz objektiv da viele positive Dinge gibt. Rückkehr daher ebenfalls nicht wirklich eine Option (ganz abgesehen von der eigenen familiären und beruflichen Situation mit tollem Haus am heutigen Wohnort).

Gruß vom WIz

Hallo Robert!

Wenn ein Mensch sich etwas wünscht, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis er es sich selbst erfüllt. Die Frage ist dann, ob er dann auch wirklich glücklich wird, wenn er sich diesen Wunsch erfüllt hat. (es ist eigentlich immer so, dass wenn sich wer einen Wunsch erfüllt hat, ein neues Problem kommt).

Bekannte von mir wollten unbedingt aufs Land ziehen, dort wo sie die Frau aufgewachsen war und die Familie der Frau lebte. Sie stellte sich das so schön vor. Jetzt ein Jahr später wäre sie wieder lieber in der Stadt.

Wenn meine Lebensgefährtin den Wunsch hätte auf das Land zu ziehen, dann würde ich ihr sagen, dass ich das schön finde und gerne dabei helfe. Sie hat auch den Wunsch geäußert, sich eine eigene Wohnung kaufen zu wollen. Ich habe ihr gesagt, dass ich das gut finde. Seit dem ich das gesagt habe, ist ihr Wunsch danach, nahezu bei 0. Sie meinte, dass sie es wohl erst in 30 Jahren machen wird.

Wenn sich ein Mensch zwischen seiner Heimat und einem anderen Menschen entscheiden muß, macht ihn das nicht so wirklich glücklich.

Ich bin hier jemand der einen anderen Menschen nicht als sein Eigentum sieht. Ich möchte niemanden gegen seine innere Überzeugung festhalten. Wenn er gehen will, dann soll er. Meistens entscheidet er sich dann übrigens zum bleiben, weil der Hintergedanke im Kopf „ich kann gehen wann immer ich will“ ihm schon genug Freiheit ist.

Liebe Grüße

Martin

Wenn meine Lebensgefährtin den Wunsch hätte auf das Land zu
ziehen, dann würde ich ihr sagen, dass ich das schön finde und
gerne dabei helfe. Sie hat auch den Wunsch geäußert, sich eine
eigene Wohnung kaufen zu wollen. Ich habe ihr gesagt, dass ich
das gut finde. Seit dem ich das gesagt habe, ist ihr Wunsch
danach, nahezu bei 0. Sie meinte, dass sie es wohl erst in 30
Jahren machen wird.

Interessanter Gedanke, der mir auch schon aufgefallen ist. Im Frühherbst wollte meine Freundin sich/uns unbedingt eine oder mehrere Katzen zulegen. Ich mag Katzen, war aber unschlüssig, der Verantwortung und auch der neuen Möbel wegen. So ging das mehrere Wochen, bis ich mich schließlich auch für die Katzen entschieden hab. Just in dem Moment wurde meine Freundin unsicher. Bis heute haben wir keine Katzen.

Nur was kann ich für das Heimweh-Problem daraus schließen? Ich kann nicht sagen, ich brech jetzt hier alles ab und komme mit. Zwar besteht die Möglichkeit, dass sie dann auch die Lust daran verliert, aber wenn in diesem Fall nicht, müsste ich ja zu meinem Wort stehen und dieses Wort kann ich nicht geben. Das ich ihr erlaube, allein zurückzukehren, ist kein Thema. Das hab ich ihr schon angeboten und eine Fernbeziehung vorgeschlagen und gemeint, wir würden das schaffen. Sie will aber nicht ohne mich gehen. Schwierig.

Hallo!

Während der Jahre in Leipzig hat sich auch in Ihrer Heimat alles verändert. Die alten Freunde sind weggezogen / verheiratet, die Aktivitäten zur Schulzeit, die sie vermutlich vermisst, sind unwiederbringlich verloren. Aber man sieht das erst, wenn man zurückgeht und die Ernüchterung sich einstellt.

Ich habe ähnliche Erfahrungen und mittlerweile gelernt, dass das Wichtigste meine Familie ist. Mit ihr kann ich überall auf der Welt leben.
Dies zu erkennen bedurfte allerdings auch erst der Rückkehr „nach Hause“, wo ich nun auch immer noch lebe. Aber das, was mich zurückgezogen hatte, existierte nicht mehr. Ich fühle mich trotzdem wohl, aber das liegt v.a. an Menschen, die ich auch bei einem Umzug nicht verlieren würde.

Dass Dir das nun nicht weiterhilft, weil Du ja nicht umziehen möchtest, verstehe ich.
Vielleicht hilft es, wenn Ihr mal 4 Wochen Urlaub in ihrem Heimatort macht.

Gruß,
M.

Hallo Robert

Danke für die Antwort

Du hast ganz recht. Eine Beziehung leidet, wenn sie gegen ihren Willen in der Stadt wohnt genau so, wie wenn Du gegen Deinen Willen am Land wohnst.

Übrigens glaube ich, dass nicht nur bezüglich Wohnort, ihr beide in der Beziehung nicht die sein könnt, die ihr wollt. Das hat jetzt nichts mit der Partnerwahl zu tun, sondern mit dem jeweils eigenen Verhalten in der Beziehung.

So wie ich das hier heraus gelesen habe, versucht ihr beide unbewußt gegen den Partner zu arbeiten. Meiner Erfahrung ist das meist dann der Fall, wenn man bewußt zu Nahe am Partner dran ist. Dann kann das Unterbewußtsein versuchen, wieder mehr Eigenständigkeit zu erlangen.

Liebe Grüße

Martin

Hallo Martin,

danke für Deine analyse. Alles ist mir aber auch noch nicht klar:

Übrigens glaube ich, dass nicht nur bezüglich Wohnort, ihr
beide in der Beziehung nicht die sein könnt, die ihr wollt.
Das hat jetzt nichts mit der Partnerwahl zu tun, sondern mit
dem jeweils eigenen Verhalten in der Beziehung.

woraus konkret schließt du das? ich kann weder abstreiten noch bestätigen, dass es so ist, mich würde aber interessieren, wie du darauf kommst.

So wie ich das hier heraus gelesen habe, versucht ihr beide
unbewußt gegen den Partner zu arbeiten. Meiner Erfahrung ist
das meist dann der Fall, wenn man bewußt zu Nahe am Partner
dran ist. Dann kann das Unterbewußtsein versuchen, wieder mehr
Eigenständigkeit zu erlangen.

Solang das unbewusst oder gar unterbewusst ist, kann ich auch das weder bestätigen noch abstreiten. Aber glaubst du, dass es sich dabei um ein grundsätzliches Problem bei uns handelt, oder gibt es Mittel, Denkweisen und Wege, wie wir damit umgehen und es ggf. sogar lösen können.

Vielen Dank.
R.