Hallo,
Du persönlich hast mich auch gar nicht aufgebracht, nur diese Formulierung „an DEN Ehevertrag denken“, wie sie oft zu hören ist. Das ist wie „wir brauchen ein BERLINER TESTAMENT“, oder „ich brauche AGB“, …
Juristischen Laien muss nicht klar sein, was da im Detail im Einzelfall dahinterstehen könnte, aber ich bevorzuge es einfach eher von „man sollte prüfen, ob ein Ehevertrag Sinn macht“ oder „man sollte sich überlegen, ob ein Berliner Testament sinnvoll wäre“, … zu sprechen. Denn damit wird klar, dass das keine Standarddinge vom Abreißblock sind, die man wie ein Stück Butter kauft, sondern dass es darum geht, sich mit der individuellen Situation der Beteiligten auseinander zu setzen, und dann entweder zu dem Ergebnis kommt, dass die gesetzlichen Standards hier vollkommen OK sind, oder man bestimmte Regelungen in diesem konkreten Einzelfall braucht, weil die gesetzliche Regelung hier nicht zum gewünschten Ergebnis führen würde.
Leider - und da prangere ich bewusst den eigenen Stand an - läuft es aber oft so, dass der Kunde bekommt, was er haben will, und wofür er bezahlt. Bei mir schneien auch gelegentlich Leute rein, die „ein Berliner Testament“ wie ein Stück Butter haben wollen, und die dann oft sehr erstaunt sind, dass sie das von mir nicht einfach über den Schreibtisch gereicht bekommen, sondern ich erst mal darauf hinweise, dass dieses durchaus unterschiedlich aussehen kann, und in gewissen Fällen eine furchtbar dumme Idee wäre (z.B. bei großen Vermögen).
Und die lieben Kollegen schaffen dann eben die schon genannte Pseudosicherheit, kassieren dafür, und gerade was ungünstige Testamente angeht, die steuerliche Konsequenzen vollkommen außer Acht lassen, habe ich so meine Erfahrungen.
Was deine Beispiele angeht, so sind das durchaus Fälle für einen Ehevertrag. Aber noch ist die Patchworkfamilie oder der Jungunternehmer noch nicht der Normalfall. Und wenn wir uns den ansehen, dass zwei wirtschaftlich ähnlich (normalerweise schlecht) gestellte Menschen nach vergleichbarer Ausbildung mit dem Wunsch Nachwuchs haben zu wollen heiraten, Erziehungszeiten absehbar sind, in denen einer mehr und der andere weniger Geld nach Hause bringt (dafür aber seinen Anteil durch Familienbetrieb erbringt), dann ist die Zugewinngemeinschaft ein dafür durchaus brauchbares Modell, denn sie sorgt dafür, dass es einen automatischen Ausgleich des Vermögenszuwachses zwischen dem verdienenden und dem die Familie versorgenden Partner gibt (egal wer das wie lange macht).
Bei der Gütertrennung in deinem Beispiel bekomme ich hingegen schon wieder Bauchschmerzen. Denn es wird regelmäßig nicht bedacht, dass diese nicht nur Konsequenzen für den Fall einer Scheidung, sondern auch Konsequenzen für den Fall des Todes eines Partners hat. Schau Dir mal die gesetzlichen Erbteile / pauschalen Zugewinnausgleich / Möglichkeit des konkreten Zugewinnausgleichs / Abhängigkeit des Ehegattenerbteils von der Zahl der Kinder bei Gütertrennung und die entsprechenden Konsequenzen für ggf. sich ergebende Pflichtteilsansprüche der Kinder nach dem Erstversterbenden an. Normalerweise will man ja mit der Gütertrennung nur einen Schutz des Vermögens des Unternehmers für den Fall einer Trennung unter Lebenden. Man erreicht hiermit u.U. aber dann eben auch - unbewusst - eine Schlechterstellung des Überlebenden im Falle des Endes der Ehe durch Tod des Unternehmers. Und da man dies normalerweise nicht will, greift man heute in solchen Situationen normalerweise zum Modell einer „modifizierten Zugewinngemeinschaft“, die für den Fall des Endes der Ehe unter Lebenden die Folgen einer Gütertrennung vorsieht, bei Ende der Ehe durch Tod eines Ehegatten aber die Regeln einer Zugewinngemeinschaft Anwendung finden lässt.
Aber da sind wir eben wieder bei meinem Einstiegspunkt: Da kommen Leute zum Notar und wollen „Gütertrennung“ ohne genau zu wissen, was das überhaupt bedeutet, aber der Kollege macht dann einfach wie gewünscht, und zwei Jahre später dann der große Schock, wenn die Ehe durch Tod des vermögenderen Ehegatten endet.
Gruß vom Wiz