Heizkostenabrechnung: Kein Anfangs- und Endbestand

Hallo liebe Leute im Forum.

Ein Mieter hat eine Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2007 erhalten. Eine separate Heizkostenabrechnung gibt es nicht, genausowenig wie eine Verbrauchserfassung. Unter dem Punkt „Heizoel“ findet der Mieter lediglich zwei Summen für Heizoeleinkäufe im Jahr 2007, die zusammengerechnet und nach Größe der Wohnfläche auf die Mieter umgelegt wurden.

Meine Fragen hierzu lauten nun:

  1. Darf ein Vermieter entgegen der Heizkostenverordnung nicht verbrauchsabhängig abrechnen?

  2. Darf der Verbrauch an Heizoel abgerechnet werden, ohne den Anfangs- und Endbestand anzugeben?

  3. Handelt es sich bei der Nichtangabe des Anfangs- und Endbestandes um einen formalen oder um einen inhaltlichen Mangel?

  4. Was kann der Mieter tun, wenn sich Anfangs- und Endbestand nicht mehr ermitteln lassen? Kosten kürzen, und wenn ja, um wieviel?

Der Mieter ist sehr gespannt auf die Antworten.

Viele Grüße

Andreas

  1. Darf ein Vermieter entgegen der Heizkostenverordnung nicht verbrauchsabhängig abrechnen?

Nein - die Anwendung der HeizkV ist zwingend (siehe § 1) > es sei denn es liegt einer der genannten Ausnahmefälle vor (§§ 2, 11)
http://www.gesetze-im-internet.de/heizkostenv/index…
Gegenfragen:

  • Wie wird geheizt? (Zentralheizung, Einzelöfen?)
  • Wohnt der Mieter in einem „Gebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen, von denen eine der Vermieter selbst bewohnt“? (§ 2 HeizkV)
  • Waren bei Anmietung Verbrauchsmesseinrichtungen vorhanden? Welche?
  • Falls „nein“: hat der Mieter den Vermieter darauf angesprochen?
  • Was wurde zur Umlage/Abrechnung der Heizkosten vereinbart?
  1. Darf der Verbrauch an Heizoel abgerechnet werden, ohne den Anfangs- und Endbestand anzugeben?

Für eine korrekte Berechnung der im Abrechnungszeitraum verbrauchten Brennstoffmeng sind Anfangs-/Endbestand zu berücksichtigungen, soweit diese nicht gleich bzw. annähernd Null waren.
Bzgl. der Kostenermittlung hat der BGH klargestellt, dass auch eine Kostenermittlung nach dem Abflussprinzip i.d.R. nicht zu einem Mangel der Abrechnung führt.
http://www.anwalt-mietrecht.de/aktuelles/abrechnungs…

  1. Handelt es sich bei der Nichtangabe des Anfangs- und Endbestandes um einen formalen oder um einen inhaltlichen Mangel?

Die Nichtangabe an sich ist noch kein Mangel - s.o.
Anzugeben sind Gesamtverbrauch und Gesamtkosten der im Abrechnungszeitraum verbrauchten Brennstoffmenge, wobei die Gesamtkosten entweder nach Leistungsprinzip oder nach Abflussprinzip berechnet sein können. Fehlen diese Angaben liegt ein formeller Mangel vor. Sind die Angaben falsch berechnet handelt es sich um einen inhaltlichen Mangel.

  1. Was kann der Mieter tun, wenn sich Anfangs- und Endbestand nicht mehr ermitteln lassen? Kosten kürzen, und wenn ja, um wieviel?

Über die Jahre gleichen sich nicht berücksichtigte Anfangs-/Endbestände i.d.R. aus. Von daher ist der Mieter i.d.R. nicht wirklich mit (kürzbaren) Mehrkosten belastet.

Rudi

Hallo Rudi.

Vieln Dank für deine differenzierte Antwort zu den gestellten Fragen. Der Mieter ist dafür sehr dankbar.

Zu den offenene Fragen:

  1. Darf ein Vermieter entgegen der Heizkostenverordnung nicht verbrauchsabhängig abrechnen?

Nein - die Anwendung der HeizkV ist zwingend (siehe § 1) >
es sei denn es liegt einer der genannten Ausnahmefälle vor (§§
2, 11)
http://www.gesetze-im-internet.de/heizkostenv/index…
Gegenfragen:

  • Wie wird geheizt? (Zentralheizung, Einzelöfen?)

Das Haus wird per Oelzentralheizung mit Wärme und Warmwasser versorgt.
Wann das Haus gebaut wurde, weiß der Mieter leider nicht.

  • Wohnt der Mieter in einem „Gebäuden mit nicht mehr als zwei
    Wohnungen, von denen eine der Vermieter selbst bewohnt“? (§ 2
    HeizkV)

Nein, in dem Haus wohnen vier Mietparteien

  • Waren bei Anmietung Verbrauchsmesseinrichtungen vorhanden?
    Welche?

Bei Anmietung waren keine Verbrauchsmesseinrichtungen vorhanden

  • Falls „nein“: hat der Mieter den Vermieter darauf
    angesprochen?
  • Was wurde zur Umlage/Abrechnung der Heizkosten vereinbart?

Das ist etwas kompliziert zu beantworten. Im Grunde lautet die Antwort Jein.

Vermieter der Wohnung ist ein Ehepaar. Vor Beginn des Mietverhältnisses wurde der Mieter vom inzwischen verstorbenen Ehemann der heutigen Vermieterin gefragt, ob er damit einverstanden sei, dass die Betriebskosten - entgegen der Vereinbarung im Mietvertrag (anteilige Umlage nach qm) - nicht abgerechnet werden würde. Dieser Vereinbarung hat der Mieter zugestimmt, jedoch versäumt, dieses schriftlich zu fixieren. Acht Jahre wurden die Betriebskosten auch nicht abgerechnet. Erst für das Jahr 2007 wurde nun eine Abrechnung erstellt und die Vermieterin, will von der mündlichen Vereibarung nichts (mehr) wissen und beruft sich auf die mietvertraglichen Vereinbarungen. Der Mieter kann das Gegenteil leider nicht beweisen und ein diesbezüliches Gerichtsverfahren hätte nach Ansicht des Mieters keine Aussicht auf Erfolg.

Mit der mündlichen Vereinbarung über die Nichtabrechnung der Betriebskosten war die Frage nach Verteilung der Heizkosten kein Thema und wurde vom Mieter deshalb nicht weiter verfolgt.

Viele Grüße

Andreas

Hallo Andreas

Mit der mündlichen Vereinbarung über die Nichtabrechnung der Betriebskosten war die Frage nach Verteilung der Heizkosten kein Thema und wurde vom Mieter deshalb nicht weiter verfolgt.

Der Mieter scheint ja recht vernünftig - und auch unterscheiden zu können, wo es ggf. keinen Sinn macht „draufrumzureiten“.
Die Vereinbarung einer Heizkostenpauschale ist zudem gem. HeizkV nicht rechtswirksam möglich und selbst eine wirksam vereinbarte z.B. „Frisch-/Abwasserkostenpauschale“ könnte der Vermieter unter Nachweis der tatsächlichen Kostensteigerung erhöhen. Da bekanntlich sämtliche Kosten in den letzten 8 Jahren zum Teil immens gestiegen sind (Energie, Brennstoff), wird sicher grundlegend Verständnis dafür bestehen, dass der Vermieter zukünftig die Mehrkosten nicht mehr aus eigener Tasche zahlen will.

Der Beispielfall ist tatsächlich nicht ganz einfach - aber nicht der fehlende Anfangs-/Endbestand ist das Problem, sondern die bereits bei Anmietung nichtvorhandenen Verbrauchsmesseinrichtungen.

Ich fasse mal die Sachumstände zusammen:
Mehrfamilienhaus, Öl-Zentralheizung, bei Anmietung keine erkennbaren Verbrauchsmesseinrichtungen vorhanden (also erkennbar keine Verbrauchsabrechnung möglich)
Bisher (8 Jahre) erfolgte entgegen mietvertraglicher Vereinbarung keine Abrechnung der kalten Betriebskosten sowie Kosten der Beheizung/Warmwasserbereitung
(großer Unterschied wäre: der Mieter akzeptierte 8 Jahre eine nicht-verbrauchsabhängige Abrechnung und rügte in diesem Zusammenhang bislang NICHT das erkennbare Nichtvorhandensein von Verbrauchsmesseinrichtungen = Unmöglichkeit einer verbrauchsabhängigen Abrechnung).

Gemäß HeizkV § 4 ist der Vermieter zur verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten von Heizung/WW-Bereitung verpflichtet; "(4) Der Nutzer ist berechtigt, vom Gebäudeeigentümer die Erfüllung dieser Verpflichtungen zu verlangen."
http://www.gesetze-im-internet.de/heizkostenv/__4.html
Der Mieter kann sein Recht aber nur für zukünftige Abrechnungszeiträume ausüben - alles andere wäre m.E. „wider Treu und Glauben“ und rechtsmissbräuchlich > http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsmissbrauch

Damit wären wir dann bei HeizkVO § 12 Kürzungsrecht des Mieters bei nicht-verbrauchsabhängiger Abrechnung, d.h. "hat der Nutzer das Recht, bei der nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten den auf ihn entfallenden Anteil um 15 vom Hundert zu kürzen."
Da der Vermieter entgegen Mietvertrag/Heizkostenverordnung bisher keine Abrechnung erstellt hat, ist es womöglich nicht rechtsmissbräuchlich, das Kürzungsrecht schon bei dieser erstmaligen, nicht-verbrauchsgerechten Abrechnung auszuüben.
Womöglich könnte der Vermieter aber auch eine Ausnahme nach HeizkV § 11 vorbringen (wo ggf. das Baujahr eine Rolle spielt).

Egal, ob mündlich/schriftlich etwas anderes vereinbart ist:
Für zukünftige Abrechnungszeiträume kann der Mieter immer sein Recht nach HeizkV § 4 geltend machen und verbrauchsabhängige Abrechnung = Einbau von Verbrauchsmesseinrichtungen verlangen.
Allerdings dürfte es dann zukünftig für alle Mieter teurer werden, da die Kosten der Verbrauchserfassung/-abrechnung gemäß Betriebskostenverordnung zu den umlagefähigen Betriebskosten gehören > unter 4, 5 oder 6 Kosten der Beheizung/WW-Bereitung
> ca. 15-20 Euro zzgl Mwst/Jahr je Heizkörpermessgerät/Wasserzähler + Ablese-/Abrechnungsgebühren - bei 4 Parteien dürften sich dadurch die umlegbaren Kosten Heizung/WW-Bereitung schätzungsweise um mind. ca. 900 Euro erhöhen …
http://www.gesetze-im-internet.de/betrkv/__2.html

Der Vermieter könnte aber auch gegen den Wunsch der Mieter seiner Verpflichtung zur verbrauchsabhängigen Abrechnung von Heizung/Warmwasser nachkommen - z.B. weil er den vom Mieter beanspruchten 15%-Abzug auf seine Kosten vermeiden will und weil die ordnungsgemässe verbrauchsabhängige Abrechnung letztlich dem Vermieter keine Mehrkosten verursacht.

Vernünftige Vermieter + Mieter würden sich daher womöglich zu beiderseitigem Vorteil darauf verständigen, ihre beiders bestehenden Rechte nicht auszuüben und entweder die jeweils FÜR den Abrechungszeitraum (Leistungsprinzip) oder die IM Abrechnungszeitraum (Abflussprinzip) entstandenen Heizkosten nach m²-Wohnfläche umzulegen …

Rudi