Herabgruppierungsmöglichkeiten im Tarifrecht

Hallo,
ich bin Studentin und im Rahmen meines Studiums absolviere ich ein Praktikum in einem mittelständischen Unternehmen(Metall- und Elektroindustrie, vergütet nach Tarif). Für dieses Unternehmen habe ich ein Projekt zur Aufgabenbeschreibung durchgeführt. Genauer gesagt ging es um eine Aktualisierung der Aufgabenbeschreibungen, da das Unternehmen vor 5 Jahren ERA eingeführt hat. Nach der Aktualisierung hat sich herausgestellt, dass es Arbeitsaufgaben gibt, die mittlerweile niedriger bewertet werden bzw. sich in der Beschreibung geändert haben. Daraus resultiert die Entgeltgruppeänderung. Für viele Mitarbeiter bedeutet es weniger Gehalt. Da die Personaler die betroffenen Mitarbeiter nicht direkt herabgruppieren wollen-was auch der Tarif zulässt, wurde ich damit beauftragt, nach den Möglichkeiten der Gehaltskürzung zu suchen. Kennt sich jemand damit aus, wie die Personalkosten gesenkt werden können ohne Personalabbau im Fall einer Herabgruppierung?? Was kann man da machen, damit die Mitarbeiter nicht gleich um eine oder zwei Entgeltgruppen herabgestuft werden??

Danke schon mal im Voraus für Eure Hilfe.

Viele Grüße

Hallöchen,

so generell kann man meiner Auffassung nach diese Frage nicht beantworten. Denn die Mitarbeiter haben einen Anspruch auf Beschäftigung nach ihrem Arbeitsvertrag. Ist in diesem die Vergütungsgruppe festgelegt, so muss der Arbeitgeber eine Stelle in dieser Vergütungsgruppe anbieten. Hat er diese Stelle nicht oder aufgrund neuer interner Bewertungsrichtlinien nicht mehr, so ist das nicht das Verschulden der Arbeitnehmer, die seither diese Arbeit erledigt haben. Eine Herabgruppierung ohne Berücksichtigung des Arbeitsvertrages ist daher rechtlich nicht zulässig und aus personalvertretungsrechtlicher Sicht auch nicht durchfürbar. Bei Neueinstellungen sieht die Sache dann schon anders aus, hier greifen ohne Probleme die neuen Richtlinien - sofern explizit im Arbeitsvertrag darauf hingewiesen wird.

Freundliche Grüße

A.Walther

Hallo,
nach meinem Eindruck Du wirst missbraucht um als Praktikantin finanziellen Sozialabbau zu rechtfertigen, oder zu betreiben. Eine unangenehme Rolle, der sich die Leute praktisch entziehen, die eigentlich für diese Aufgaben entsprechend bezahlt werden…und das oft nicht schlecht.

Du wirst wahrscheinlich diese multible Ambivalenz für Dein Gefühl nicht zufriedenstellend lösen können. Gibt es einen Betriebsrat an den Du Dich wenden könntest? Gibt es eine Gewerkschaft oder sonstige Arbeitnehmerorganisation die Dich eventuell beraten könnte? Oder gibt es für Dich eine Karrierechance für Dich?
Ich wünsch Dir in jedem Fall eine glückliche Lösung für Dich und Dein Herz…Gruß Malook

Danke erstmal für schnelle Antwort.

Da dieses Unternehmen nach Tarif vergütet, greift somit auch die Regelung zur Herabgruppierung, im Tarif steht es nämlich, dass die Mitarbeiter die länger als 6 Monate eine niedriger bewertete Tätigkeiten ausüben, sollten nach unten umgruppiert werden.
Jetzt stellt sich nur die Frage, ob diese Herabgruppierung etwas sanfter durchgeführt werden kann. Wenn ja, welche Methoden stehen da zur Verfügung.

Viele Grüße

Hallo,
Danke erstmal für schnelle Antwort.
Mit Ihrer Einschätzung meiner Aufgabe in diesem Unternehmen haben Sie ins Schwarze getroffen.
Ich habe schon mit der zuständigen Gewerkschaft telefoniert, sie konnten mir aber auch nicht weiter helfen, weil sie leider auch keine sanfteren Methoden der Herabgruppierung wussten. Der Betriebsrat zieht sich momentan zurück und der letzte Versuch etwas zu diesem Thema zu erfahren war -wer weiß was-.
Ich hoffe, ich finde bald eine Lösung für meine Aufgabe.
Viele Grüße

…Das mag ja sein - aber hier klopft mein Herz als Betriebsrat und man kann das Unternehmerrisiko nicht auf die Mitarbeiter runterbrechen. Gibt es denn eine Kommentierung zum Tarifvertrag, in dem die unterschiedlichen Möglichkeiten einer geringer wertigen Tätigkeit aufgeführt sind ? Eine Herabgruppierung aus einer laufenden Beschäftigung heraus wegen plötzlich geringer bewerteter ursprünglicher Tätigkeit ist sicherlich gesondert kommentiert und schon vor irgendeinem Arbeitsgericht behandelt worden. Leider kann man diese Konstellation - wie schon in meiner ersten Mail beantwortet - nicht allgemein verbindlich beantworten. Im übrigen gilt der Arbeitsvertrag vor Tarifvertrag, solange dieser keine Schlechterstellung beinhaltet. Es muss doch sicherlich eine Gewerkschaft geben, die diesen Tarifvertrag ausgehandelt hat - mein Tipp: hier mal nachfragen.

Schönen Abend noch und Grüße

A.Walther

Hallo,

ich schließe mich im Grundsatz meinen Vorrednern an.
Wenn der Betrieb unbedingt eine „Herabgruppierung“ möchte, diese aber sozialverträglich sein soll, könnte man u.U. ja folgenden Deal vorschlagen: Herabgruppierung ja, aber Zahlung einer individuellen Zulage in Höhe der Differenz zum jetzigen Gehalt, die dann mit zukünftigen Tariferhöhungen abgeschmolzen wird, bis das Niveau der korrekten Entgeltgruppe erreicht ist.
Aus meinem Bereich kenne ich eine Herabgruppierung aber sowieso nur dann, wenn der Mitarbeiter sich explizit auf eine geringer bewertete Stelle bewirbt. Wenn sich aufgrund eines veränderten Arbeitsablaufs oder Aufgabenzuschnitts eine geringere Bewertung einer Stelle ergibt, so geht dies nicht zu Lasten des Arbeitnehmers und kann nur durch Umsetzung abgebaut werden oder man verändert den Aufgabenzuschnitt erneut so, dass Wertigkeit und Entgeltgruppe wieder zusammenpassen.
Gruß

Sorry, da kann ich leider nicht weiterhelfen…
Ich organisiere nur die Betriebsratswahlen…

Hoffe, du findest noch Möglichkeiten…

LG

Hallo,
danke für Ihre schnelle Antwort.
Leider kann es auch zu Lasten der Mitarbeiter gehen. §3 TV EGS „Ändern sich die Anforderungen an einem Arbeitsplatz durch technischen u/o organisatorische Änderungen auf Dauer und verringert sich dadurch das Entgelt, so hat der Beschäftige Anspruch auf Weiterzahlung seines bisherigen Entgelts für die Dauer von 12 Moanten.“ Danach kann es zur Entgeltsenkung kommen…

Ich versuche es aber mit dem Deal. Vielleicht ist es wirklich einzig vernünftige Lösung für alle.

Viele Grüße

Hallo,
tut mir leid, da kann ich leider nicht viel helfen.

Gruß M.

Hallo, wenn ich zu den von Gehaltskürzungen betroffenen gehören würde, würde ich versuchen mich individualrechtlich zur Wehr zu setzen. Grundlage für eine Klärung vor einem Arbeitsgericht wäre mein Arbeitsvertrag. Bei Neueinstellungen kann der AG natürlich nach dem geltenden Tarifrecht und aktuellen Tätigkeitsbeschreibungen eingruppieren. Änderungskündigungen unterliegen den gleichen Bedingungen wie andere Kündigungen. Rechtliche Beratung/Vertretung scheint mir für die einzelnen AN sofern sie von Herabgruppierung betroffen sind unumgänglich. Du könntest sie darin emotional bestärken einen solchen Konflikt sachgerecht zu bewältigen. Gruß Malook