Hallo Nadine,
nur als Bemerkung am Rande gemeint: vielleicht wäre Dir in ‚Philosophie‘ pointierter geholfen worden, handelt es sich doch um eine Methode die philosophische Ursprünge hat.
Der hermeneutische Zirkel ist erst einmal eine Beschreibung für einen Vorgang, den wir täglich mehrfach vollziehen: etwas verstehen wollen. Das kann von alltäglichen Situationen (der Autorfahrer vor mir bremst. Ich frag mich „warum bremst der?“ und sehe die rote Ampel etc.)
So richtig „hermeneutisch“ wird der Verstehensprozess dann, wenn es um Texte geht: Zeitungstexte, Romane, SMS etc.
Die Grundannahme hierbei sind folgende: a) jeder Text hat mehrere Aussagen und verschiedene Sinne und b) der Verständnisprozess ist nie abgeschlossen (läuft also immer weiter und weiter, je nachdem wieviel verstanden wird).
Stell Dir vor Du liest einen Zeitungsartikel in welchem vom Schnabeltier die Rede ist, Du hast aber allerdings noch nie ein Schnabeltier gesehen (Photo auch nicht). Dann kannst Du den Text rein sprachlich verstehen und auch annehmen, was er sagt, aber eben nur auf einer Ebene. Wenn Du dann im Netz ein Photo vom Tier siehst, bist Du schon auf einer weiteren Ebene usw.
Bei philosophischen (theologischen, mythischen etc.) Texten bekommen diese Sinnebenen noch einen wichtigeren Stellenwert. Nimm Platons Dialoge als Beispiel. Man kann diese Dialoge auch einfach als Theaterstück aufführen und sie als Literatur lesen. Man kann daraus aber auch eine Theorie lesen, was dann eine philosophische Ebene darstellt.
Nehmen wir an, Du möchtest nun einen Platon Text lesen. Dann sagt der erste Schritt im Hermeneutischen Zirkel, dass Du (meist bevor Du überhaupt zu lesen anfängst) ein Vorverständnis hast. Diese Vorvermutungen (wie beispielsweise das Wissen, wer Plato war, dass der Text XYZ als Titel hat, der irgendwann in der Antike geschrieben wurde etc.) stellen Dir quasi die Schienen vor, auf denen Du dann den Text verstehst. Das nennt man dann „vorauswerfen“, d.h. wenn man den Verstehensprozess als einen Weg annimmt, und Du stehst am Anfang dieses Weges, dann wirfst Du Dein Vorwissen bereits auf den Weg voraus, bevor Du ihn richtig abgegangen bist.
Wenn Du dann in einem weiteren Schritt faktisch zu lesen begonnen hast, wird sich Dein ursprüngliches Vorwissen verändern. Neue Dinge kommen hinzu und Dein Wissen erweitert sich. Voraussetzung für diese Erweiterung allerdings ist eine Offenheit gegenüber dem Text und dem, was er vermitteln will. Man mus also bereit sein das Vorwissen auch zu revidieren, falls nötig.
Da sich nun Dein Vorwissen vor der Lektüre des Textes von jenem nach Beginn der Lektüre unterscheidet, beginnt der Zirkel wieder von vorne. An sich endlos.
Ich hoffe das und die wikipedia Artikel helfen weiter.
Grüsse
Y.-