Herz als Gehirn

Hallo allerseits,

laut ominösen Studien eines McCraty ist unser Herz eine Art kleines Gehirn:

http://www.sein.de/geist/weisheit/2010/das-herz–uns…
http://www.heartmath.org/research/science-of-the-hea…

Das scheinen mir nicht sehr anerkannte Forschungen zu sein, denn nach einiger Suche hat scheinbar kein Nachrichtenmagazin, geschweige denn ein wissenschaftliches Magazin darüber berichtet.

Welche der dort angegebenen Daten sind denn überhaupt korrekt? (Es werden vermutlich nicht sehr viele sein, fürchte ich.)

Schöne Grüße,

Mohamed.

Hallo!

Das ist ja ein hübsches Machwerk. Da werden altbekannte Tatsachen als neue Entdeckungen hingestellt, noch ein bisschen was dazu erfunden, falsche Zusammenhänge hergestellt und schon haben wir eine Revolution der Physiologie vor uns.

Nehmen wir mal den Artikel auseinander:

„Wusstest Du zum Beispiel, dass im Herzen eine neuronale Struktur angelegt ist, die der in unserem Gehirn ähnelt?“

Ja. Jeder Bio-Student weiß spätestens im 2. Semester, dass der Herzmuskel seine eigene Steuerzentrale enthält, die so komplex wie ein Nervensystem aufgebaut ist und weitgehend unabhängig vom Gehirn agiert. Das heißt aber nicht, dass es dem Gehirn ähnelt.

„Dass das Herz unsere Gehirnfunktionen beeinflusst? Dass vom Herz ein Magnetfeld ausgeht, dass 500-5000 Mal stärker ist als das unseres Gehirns?“

Das ist kaum überraschend, weil das Gehirn selbst kaum ein Magnetfeld erzeugt.

„Ein Magnetfeld, welches das Nervensystem anderer Menschen beeinflusst und noch mehrere Meter vom Körper entfernt messbar ist?“

Ob es „mehrere Meter“ entfernt noch messbar ist, weiß ich nicht. Aber dass es andere Menschen beeinflusst, wäre mir neu. Dann bräuchten wir nämlich irgendwelche Organe, die Magnetfelder aufspüren können. Und sowas haben vielleicht Brieftauben, aber bestimmt wir Menschen nicht.

„Das Herz scheint buchstäblich ein zweites Gehirn zu sein. Denn zum Erstaunen vieler Forscher enthält das hoch komplexe Nervensystem des Herzens etwa 40.000 Neuronen, …“

Was sind 40.000 Neuronen im Herzen verglichen mit etwa 20.000.000.000 Neuronen allein in der Großhirnrinde?

„Interessant ist dabei, dass das Herz-Gehirn offenbar völlig eigenständig „denkt“ - unabhängig von Gehirn und Nervensystem.“

Wie gesagt: Ein alter Hut.

„Dieses Herz-Feld pulsiert und sendet komplexe rhythmische Muster durch den ganzen Körper, …“

Ui, was ganz Neues! Seit Jahrzehnten verwenden die Mediziner das EKG. Endlich verstehen sie, wie es funktioniert.

_"Das Herz-Feld könnte damit das synchronisierende Signal für den ganzen Körper bereitstellen, auf das wir uns bewusst einstimmen können, um sozusagen in Harmonie mit dem Herzen zu schwingen.

Wenig überraschend ist es da, wenn die Forscher am Institue of Heart Math berichten, dass negative Emotionen ein sehr gestörtes rhythmisches Muster hervorrufen, während, Liebe, Freude und andere positive Emotionen sehr harmonische und gleichmäßige Felder erzeugen, wie man anhand von einer Spektralanalyse des Herz-Feldes nachweisen konnte."_

Mir ist nicht klar, wie man „Felder“ einer Spektralanalyse unterziehen will. Das macht man üblicherweise mit Strahlung. Die Begriffe „Feld“ und „Strahlung“ mögen zwar für Laien ähnlich klingen, bedeuten in der Physik aber unterschiedliche Dinge. Mit viel Wohlwollen könnte man vermuten, dass der Autor eine Fourier-Analyse der Wechselfelder meinte. Das geht aber aus dem Artikel nicht hervor.

Aber davon ganz abgesehen: Hier wird einfach Ursache und Wirkung vertauscht: Der Autor behauptet, dass das Herz (und nicht das Gehirn) den emotionalen Zustand eines Menschen steuert, was man ja auch an den veränderten Herzfeldern sehen könne. In Wirklichkeit werden die Emotionen durch das Gehirn gesteuert, und dass das Herz darauf reagiert, ist selbstverständlich, denn schließlich gibt es ja über das vegetative Nervensystem eine „Standleitung“ vom Gehirn zum Herzen.

„Welche Bedeutung hat das für unsere Beziehungen? Schließlich wurde nun schon mehrfach nachgewiesen, dass sich auch die Gehirne von Menschen während eines tiefen Gesprächs soweit synchronisieren, bis die Gehirnwellen völlig identische und deckungsgleiche Muster aufweisen.“

Diese Behauptung klingt so fantastisch, dass ich sie ohne Literaturbeleg einfach für eine Lüge halte. Und alles was danach kommt ist daher nicht der Rede wert.

Der Artikel ist typische esoterische Propaganda: Durch fachmännisch wirkende Halbwahrheiten und Gemeinplätze (reißerisch neu verpackt, versteht sich), wird versucht, eine Aura der Seriosität aufzubauen, um den allergrößten Schwachsinn besser unter die Leute bringen zu können.

Michael

Moin,
autsch.
Hier werfen Esos mal wieder alles durcheinander was durcheinander zu werfen geht.
Gestern war’s noch der Darm, heute das Herz, morgen dann der rechte große Zeh…:frowning:

Wenn ich schon solche Sätze lese:
"_Denn zum Erstaunen vieler Forscher enthält das hoch komplexe Nervensystem des Herzens etwa 40.000 Neuronen, die ein eigenständiges und vom Gehirn und unserem autonomen Nervensystem unabhängig agierendes Netzwerk bilden, das jedoch über vielfältige Wege in Kommunikation mit unserem Kopf-Gehirn steht. Über unterschiedliche afferente Nerven sendet das Herz fortwährend Informationen an das Kopf-Gehirn und beeinflusst dadurch unsere Wahrnehmungen und mentalen Vorgänge.

Die Nervenbahnen aus dem Herzen erreichen das Kopf-Gehirn an der Medulla, laufen dann weiter bis in die höheren Zentren im Gehirn und haben offenbar großen Einfluss auf die Amygdala - ein wichtiges Zentrum für Instinkte, Emotionen und Angst._
"
Mich erstaunt, dass es solange gedauert hat, bis das in der Szene angekommen ist. 1906 wurde Sinusknoten und ‚Aschoff-Tawara-Knoten‘ vom Herz beschrieben, Knoten des ‚Reizleitungssystems des Herzens‘ und das ist in der Tat bis zu einem bestimmten Punkt auotonom. Und wer hätte es jetzt gedacht! es steht mit dem Hirn in Verbindung! Und die tauschen Daten aus!

So gut wie alle Zellen des Körpers haben eine Art ‚Gedächtnisfunktion‘. Allerdings darf man sich hier nicht ‚Gedächtnis‘ im Sinne von ‚Ich weiß was du letzten Sommer getan hast‘ vorstellen. Unser Gehirn ist auch unser Körper und es gibt immens viele zyklische Prozesse und Leben hinterlässt in Zellen ‚Spuren‘
Und dann mit dem armen kleinen Prinzen zu wedeln - der würde sich wahrscheinlich noch im Grab rum drehen. Also das Herz ‚sieht‘ gar nicht. Lichtempfindliche Zellen wurden weder da, noch in den Kniekehlen gefunden.
Dass wir unser Herz bei Aufregung fühlen, wir ‚Schmetterlinge im Bauch haben‘ oder wir rot werden wenn wir verlegen sind liegt an Neurotransmitterkaskaden die in Kerngebieten des Gehirns ablaufen und die einzelnen Organe unterschiedlich beeinflussen - sie z.B. auf Flucht oder Verteilung vorbereiten. Und ja, man kann lernen mit Stress umzugehen, dann trainiert man Verhaltensweisen und versucht just die verantwortlichen Kerngebiete zu beeinflussen.

Du Schelm, … so schnell owt
.

Hallo

Michael Bauer hat ja schon angedeutet, worum es geht.
Rein praktisch geht es aber nach meiner Meinung um Folgendes:

Das Herz ist eimal das Objekt des guten Menschens, des Schenkens. Man soll z.B. etwas kaufen oder spenden. Vielleicht aber auch allgemein ein guter Mensch sein. Das letztere bezieht sich wahrscheinlich direkt auf den Artikel selbst. Andere schreiben ja auch Gedichte usw…

Rein praktisch teilen sich das Gehirn und das größere Kontaktpad auf dem Herz nenn ich es mal, verschiede Aufgane, die ich nicht alle kenne.
Auf jeden Fall gibt es aber nicht zu wenig oder zuviel Nervenzellen irgendwo.

Rein zwischenmenschlich ist es bezüglich „Magnetfeld“ so, das eine, ich nenn es neugierige auch kindliche Zuneigung, dazu führen kann, ein Ohr auf die Brust des anderen zu legen, um es klopfen zu hören.
„Magnetfeld“ betrifft auch den etwas schrägen Satz: „Herz ist die ultimative Survival Nahrung…“(Zitat).

Im allgemeinen geht es in dem Artikel nach meiner Meinung auch um eine poetische Umschreibung von etwas, was man sonst nicht gut beschreiben kann.

Ein Herz haben ja auch schon Tiere mit relativ wenig Gehirn, weswegen ich eine Art von Atavismus vermute. Suggerierter Atavismus könnte deswegen der Vorbereitung auch z.B. politischer Inhalte dienen.
Andererseits hilft meiner Meinung eine gewisse Ursprünglichkeit oftmals wie eine Medizin.

MfG
Matthias

Hi

Natürlich gebe ich meinen Vorpostern Recht :wink:

Für mich ist aber das zweite Gehirn des Menschen der Darm!

Es ist mehr als das Herz dem Gehirn ähnlicher, finde ich, und Nahrungsaufnahme hat mehr mit der Seele zu tun, als der Herzschlag.

Aber alles in allem sind wir doch ein großes Ganzes und alles beeinflusst sich irgendwie gegenseitig.

Grüße

Karana

Moin,

laut ominösen Studien eines McCraty ist unser Herz eine Art
kleines Gehirn:

wenn die Autarkie und die Komplexität das Kriterium sind, dann ist unser Darm tatsächlich unserem Hirn ähnlicher als das Herz es ist.
http://de.wikipedia.org/wiki/Enterisches_Nervensystem

Gandalf

Hallo,
ich bin zwar nur miL , (medizinisch interessierter Laie), aber dennoch begeistert.
Vor etwa dreißig Jahren hatte ich mal einen Zeitungsartikel in der Hand, da war beschrieben, daß der gesamte Bauchraum mit Nervenzellen gefült sei. Und bei jeder ganz normalen OP, also gerader Schnitt, würde das Geflecht krass gestört.
Dazu kommt, dass ich einen Arbeitskollegen hatte, der mit gerade mal 25 Jahren ein neues Herz bekam. Er lebt heute noch. Aber seit der OP war er ein ganz anderer Mensch. Hatte plötzlich ganz andere Umgangsformen, hat seine Hobbys gewechselt. Und auch seine Frau.
Ich kann nicht sagen ja oder nein, ich kann nur diesen Beitrag ablassen.
Zeulino