Hallo vandersauf17,
Kann mir jemand den Ablauf der Herzmuskelerregung erklären?
das Herz hat mehrere, einander untergeordnete autonome Zentren, die spontan mit einer bestimmten, mit absteigender Hierarchie fallenden Frequenz Erregungen erzeugen. Jede Erregung eines übergeordneten Zentrums hemmt die Autonomie des nächst untergeordneten Zentrums. Diese „Schrittmacher“ haben folgende Hierarchie (v.o.n.u.):
- Sinusknoten (60-80 pro Minute)
- AV-Knoten (40-60 pro Minute)
- Purkinje-Fasern (20-40 pro Minute)
Die Erregung des Herzens hat folgenden typischen Verlauf:
-
Sinusknoten: Das ist der primäre Schrittmacher. Er befindet sich am rechten Vorhof und feuert in Ruhe mit einer Frequenz von 60-80 pro Minute. Seine Erregung läuft über spezielle, reizleitende Muskelfasern die Vorhofwände entlang zum AV-Knoten. Dabei kontrahieren sich die beiden Vorhöfe, die Ventilebene hebt sich und das Blut wird in die Kammern gedrückt (genau genommen gesogen). Im EKG sieht man die sog. P-Welle:
P
_____/\
-
AV-Knoten: Das ist der sekundäre Schrittmacher. Wenn er von Sinusknoten keinen Input erhält, feuert er mit einer Frequenz von 40 bis 60 pro Minute. Wenn von oben aber Erregungen in ausreichend hoher Frequenz ankommen, wird das blockiert. Stattdessen werden die Signale des Sinusknotens zeitlich etwas verzögert, bevor diese weitergegeben werden. Im EKG sieht das dann so aus:
P
____/__
-
His-Bündel und Tawara-Schenkel: Die Erregung wird nach der Verzögerung durch den AV-Knoten an das His-Bündel weitergegeben und auf die Tawara-Schenkel verteilt. Im EKG sieht man die Q-Zacke:
P
____/__
/
Q
-
Purkinje-Fasern: Sie sind der tertiäre Schrittmacher. Sie feuern mit einer Frequenz von 20 bis 40 pro Minute. Diese autonomen Erregungsbildung wird aber durch einkommende Erregungen von oben blockiert, die vom AV-Knoten stammen. Die Purkinje-Fasern verteilen schließlich die Erregung über beide Herzkammern, die sich daraufhin kontrahieren und das Blut in den Kreislauf ausstoßen. Im EKG sind das die R- und S-Zacken:
R
|
P | |
____/__ | | _
/ /
Q S
Im Anschluss daran findet die Repolarisation der Kammern statt, was dann schließlich die T-Welle im EKG bewirkt:
R
|\
P | | \_\_T
\_\_\_\_/\_\_ | | \_\_/ \_
\/ \/
Q S
Gelegentlich findet man noch eine kleine U-Welle. Deren Bedeutung ist unklar, es könnte sich um ein Nachpotential der Kammererregung handeln (diese Info ist schon etwas älter, möglicherweise weiß man das jetzt genauer). Das sieht im folgenden schematischen EKG etwas falsch aus, denn U ist schwächer als P und oft gar nicht zu sehen:
R
|\
P | | \_\_T U
\_\_\_\_/\_\_ | | \_\_/ \_/\_
\/ \/
Q S
Zusammenfassend entspricht die P-Welle also der Vorhof-Erregung und Vorhofkontraktion, der QRS-Komplex entspricht der Kammer-Erregung und Kammerkontraktion, die T-Welle der Repolarisationsphase. Nach einer Weile wiederholt sich das Ganze:
R R
|\ |\
P | | \_\_T U P | | \_\_T U
\_\_\_\_/\_\_ | | \_\_/ \_/\_\_\_\_\_\_\_\_/\_\_ | | \_\_/ \_/\_\_\_\_...
\/ \/ \/ \/
Q S Q S
Was genau sind Systole und Diastole
Systole ist die Kontraktion der Herzkammern. Diastole ist die Zeit zwischen zwei Kammer-Kontraktionen, in der der Herzmuskel wieder erschlafft und sich dehnt. Das Verhältnis Systole zu Diastole beträgt etwa 1:5. Der Herzmuskel hat zwar den Ruf, ständig zu arbeiten, aber in Wirklichkeit arbeitet er nur 1/5 unseres Lebens, ist also ein heimlicher Faulenzer. 
Hin und wieder werden die Begriffe Systole und Diastole fälschlicherweise für den systolischen und diastolischen Blutdruck gebraucht. Was das ist, wurde ja bereits erklärt. Die Blutdruckspitze, die in den Arterien während der Kammerkontraktion erreicht wird, ist der systolische Druck. Den Druck, auf den der Blutdruck nach der Kammerkontraktion wieder hinabfällt und der nicht unterschritten wird (also mindestens immer vorhanden ist), nennt man den diastolischen Druck. Darum wird der Blutdruck immer mit zwei Werten angegeben, z.B. 120/80, 140/75 etc. Weil der diastolische Druck immer herrscht, ist eine Erhöhung des diastolischen Drucks auch gefährlicher als eine Erhöhung des systolischen Drucks, der ja nur kurz herrscht. 140/95 ist also auf Dauer schlimmer als 160/75.
was Puls und Erregung?
Puls ist die mit den Fingern tastbare, elastische Dehnung der Arterien (durch den systolischen Druck), die sich wellenförmig nach jeder Herzkammerkontraktion in den Arterien vom Herzen aus in die Peripherie ausbreitet. Typische Pulsmessstellen sind: die Speichenarterie (A. radialis, daumenseitig am Unterarm), die Halsarteire (A. carotis communis) und die Leisten- bzw. Oberschenkelarterie (A. femoralis), seltener auch die Ellenarterie (A. ulnaris), die Oberarmarterie (A. brachialis), die Schläfenarterie (A. temporalis superficialis) und die Fußrückenarterie (A. dorsalis pedis, nicht zu verwechseln mit der A. dorsalis penis *fg*). Da gibt’s die unmöglichsten Stellen. 
Der Weg der Erregungsleitung wurde ja bereits erklärt. Die Erregung selbst ist die lokale Depolarisation der reizleitenden Fasern und der Muskelfasern, welche einerseits die Depolarisation benachbarter Bereiche (und somit ihre eigene Weiterleitung) bewirkt und andererseits die Kontraktion der Muskelfasern verursacht.
Die spürbare Pulswelle ist zur Systole zeitlich etwas verzögert. Wenn man beispielsweise den Puls fühlt und gleichzeitig das EKG anschaut oder das Herz abhört, stellt man fest, dass die Pulswelle etwas später am Unterarm ankommt, als der Herzschlag zu sehen bzw. zu hören ist. Gelegentlich gibt es Kammererregungen, die keine Auswurfleistung haben und deshalb auch keine Pulswelle verursachen (aus unterschiedlichen Gründen). Dann spricht man von „Pulsdefizit“.
Warum wird einem manchmal komisch und fast sogar schon schwarz
vor Augen wenn man schnell aufsteht nach dem liegen?
Das nennt man „orthostatische Dysregulation“. Das muss erst mal nichts Schlimmes sein. Das haben häufig Leute mit etwas zu niedrigem Blutdruck, oder wenn sie am Tag zuvor etwas zu tief ins Glas geschaut haben. Dabei sinkt der Blutdruck nach einem Lagewechsel (sitzen-stehen, liegen-sitzen, liegen-stehen, also irgendwie aus der Waagerechten in die Senkrechte) kurz ab, weil einerseits kurz der venöse Rückstrom zum Herzen verringert ist und andererseits die Arterien etwas länger brauchen, um sich durch Engstellung (und somit Erhöhung des peripheren Widerstands) an die neuen Verhältnisse anzupassen. Das lässt sich durch kurzes tippeln auf beiden Füßen (Aktivierung der Muskelpumpe) oft leicht beseitigen. Das kann selbstverständlich auch pathologische Ursachen haben und sollte abgeklärt werden, wenn es dauerhaft vorkommt, oder wenn man gar deswegen in Ohnmacht fällt.
LG
Huttatta