Herzog-Kommission

Hi!

Kann mir mal einer was aufdröseln?

„Nach dem Pauschalprämienmodell der Kommission sollen ein leitender Angestellter und eine Krankenschwester den gleichen Beitrag in die Krankenversicherung zahlen. Der soziale Ausgleich soll künftig über Steuern und nicht über die lohnbezogenen Beiträge geleistet werden.“

aus: FTD 30.9.2003

Der leitende Angestellte und die Krankenschwester zahlen beide 264 Euro in die Krankenkasse ein. Dafür zahlt der L.A. dann mehr Steuern als die Krankenschwester. Wieso reden die dann von „nicht lohnbezogene Beiträge“? Ist das nicht eine simple Verschiebung der Lohnabzüge von der KV in die Lohnsteuer?

Grüße
Heinrich

Hallo

Der leitende Angestellte und die Krankenschwester zahlen beide
264 Euro in die Krankenkasse ein. Dafür zahlt der L.A. dann
mehr Steuern als die Krankenschwester. Wieso reden die dann
von „nicht lohnbezogene Beiträge“? Ist das nicht eine simple
Verschiebung der Lohnabzüge von der KV in die Lohnsteuer?

Meiner Meinung nach ist es einfach viel transparenter wenn jeder den gleichen KK-Beitrag zahlt …dann wissen die Krankenkassen wenn sie x-hunderttausend Mitglieder haben, steht z.B 264EUR x „x-hunderttausend“ zur Finanzungen der Heilkosten der Mitglieder zur Verfügung.
Nur dann weiß man ob die einzelnen Krankenkassen wirklich effizient wirtschaften können. ***Wenn das System nicht viel geändert wird (oder eine Bürgervers. basiert auf einem %-satz aller Einkommensarten) eingeführt wird, dann könnten wir auch mit einer einzigen KK auskommen - wie in vielen anderen europ. Ländern.***

Diejenigen die „zu wenig“ verdienen, um den KK-Beitrag zu bezahlen, würden steuerfinanzierte Zuschüsse vom Staat bekommen. Da die steuerfinanzierten Zuschüsse hauptsächlich von den gutverdienenden bezahlt werden …durch Steuern (außer wenn die Zuschüsse über die MWST finanziert werden würde), wäre es für die Geringverdiener wahrscheinlich ein Nullsummenspiel. Bevor man dem Thema „Kopfpauschalen“ eine Absage erteilt, müßte man wissen u.a. 1) wie die Politker die Zuschüsse finanzieren wollen (i.e. MWST-Erhöhung, „Solidaritätszuschlag“ nur bei Gutverdienenden, Steuererhöhung für alle, etc.) und 2) wem die Zuschüsse zustehen würden (u.a. Einkommensgrenze).

Sarah

Hi!

Meiner Meinung nach ist es einfach viel transparenter wenn
jeder den gleichen KK-Beitrag zahlt

Transparenter? Ich finde das recht verwirrend, insbesondere auf der Steuerseite. Mir ist z.B. nicht klar, wie dieser Steuerausgleich funktionieren soll. Per Antrag? Monatlich oder erst mit der Einkommensteuererklärung, wenn der Familie mangels Geld die Wohnung gekündigt wurde? Wie bekommt man die Zuschüsse - Reduktion der monatlichen Einkommensteuer auf Minus-Beträge? Zahlt irgendein Amt auf das Gehaltskonto oder wickelt das der Arbeitgeber ab? Und dann allein der ganze finanzbehördliche Verwaltungsaufwand bei jeder Gehaltserhöhung. Was das alleine kostet! 50 Euro mehr beim Brutto, und schon müssen alle staatlichen Zuschüsse neu berechnet werden, und zwar kurzfristig binnen vier Wochen, d.h. Beamte müssen arbeiten, und zwar schnell!

Wie sieht das mit den Fixbeträgen für die KV/PV bei Teilzeitkräften aus? Zahlt jemand mit 50%, 60%, 80% der Tarifarbeitszeit auch die vollen 264 Euro KV zzgl. 66 Euro PV? Oder wird da doch variiert (schon ist der Traum der einfach zu berechnenden Einkünfte der Krankenkassen zum Teufel).

Ich habe mal (ganz grob) zwei Fälle durchgerechnet:

Fall 1:
Ein Ehepaar mit einem Kind. Ein Ehepartner arbeitet für 2.500 Euro brutto, ein Ehepartner ist im Erziehungsurlaub.

Bei 2.500 Euro waren das bei etwa 8% KV- und PV-Arbeitnehmeranteil eine Belastung von 200 Euro im Monat.

Nach der Neuregelung laut Herzog zahlt die Familie künftig 660 Euro (264 Euro KV plus 66 Euro PV, macht 330 Euro, die für jeden Ehepartner fällig werden). Macht 460 Euro mehr als bisher. Das soll laut Plan durch Steuervergünstigungen (Einkommensteuer?) ausgeglichen werden.

Fall 2:
Ein Ehepaar mit einem Kind. Ein Ehepartner arbeitet für 3.825 Euro brutto (das ist die derzeitige KV-Obergrenze), ein Ehepartner ist im Erziehungsurlaub.

Bei 3.825 Euro waren das bei etwa 8% KV- und PV-Arbeitnehmeranteil eine Belastung von 306 Euro im Monat.

Nach der Neuregelung laut Herzog zahlt die Familie künftig 660 Euro. Macht 354 Euro mehr. Dazu kommt eine zusätzliche Belastung durch die Einkommensteuer, weil ja die 460 Euro der Familie aus Fall 1 ausgeglichen werden müssen. Hat die Familie 2 jetzt also eine Höherbelastung von 800 Euro? Die werden sich dann aber bedanken!

Transparenz?

Diejenigen die „zu wenig“ verdienen, um den KK-Beitrag zu
bezahlen, würden steuerfinanzierte Zuschüsse vom Staat
bekommen. Da die steuerfinanzierten Zuschüsse hauptsächlich
von den gutverdienenden bezahlt werden …durch Steuern (außer
wenn die Zuschüsse über die MWST finanziert werden würde),
wäre es für die Geringverdiener wahrscheinlich ein
Nullsummenspiel. Bevor man dem Thema „Kopfpauschalen“ eine
Absage erteilt, müßte man wissen u.a. 1) wie die Politker die
Zuschüsse finanzieren wollen (i.e. MWST-Erhöhung,
„Solidaritätszuschlag“ nur bei Gutverdienenden, Steuererhöhung
für alle, etc.) und 2) wem die Zuschüsse zustehen würden (u.a.
Einkommensgrenze).

Ich habe das Gefühl, dass da die „Politikis“ ausgebrochen ist: Planung voll am realen Leben vorbei.

Grüße
Heinrich

Ist das nicht eine simple
Verschiebung der Lohnabzüge von der KV in die Lohnsteuer?

ist doch im Prinzip wurscht. Fakt ist, dass die Masse danach in summe schlechter dasteht, ansonsten wäre es keine „Reform“.

Grüße
Heinrich

dito
Frank

ist doch im Prinzip wurscht. Fakt ist, dass die Masse danach
in summe schlechter dasteht, ansonsten wäre es keine „Reform“.

Nicht Wurscht, denn der Verwaltungsaufwand
steigt.

Gruss, Marco

aus der FAZ vom 09.10.03 „Soziale Mythen“

„…kommt es nach dem Willen von Merkel und Merz zu pauschalen Prämien im Gesundheitssystem, würden dadurch Tausende von Menschen zu Sozialtransferempfänger, denn sie erhielten einen steuerfinanzierten Zuschuß (Transfer), um ihre Prämien zu bezahlen. Tatsächlich aber sind heute schon die „kleinen Leute“ im Gesundheitssystem Transferempfänger. Nur sieht man das nicht. Denn die einkommensbezogene Finanzierung der Krankenkassenbeiträge besagt nichts anderes, als daß die Besserverdiener die Gesundheitsleistungen der Geringverdiener subventionieren. Merkel und Merz sind für Transparenz dieser Solidarität, nicht für den Systemwechsel. Umverteilung, sagen sie mit Recht, gehört ins Steuersystem. …“

Zwei Fragen: warum sollen nur die gutverdienenden gesetzlich Krankenversicherten die „Niedrigverdiener“ in der gesetz. KK subventionieren? Ist das nicht eine gesamt gesellschaftliche Aufgabe?

Sarah

Aber dieses ganze rumgewurschtel loest doch kein Problem. Das Krankenversicherungsystem wie es heute ist, ist nicht bezahlbar. Wenn ich jetzt die Beitragssaetze anderst festlege oder Leistungen aus dem Katalog nehme, dann verschiebe ich den Kollaps vielleicht um einige Zeit, aber ich verhindere ihn nicht. Das einzige das langfristig hilft, ist das System so umzubauen, das es mit den eingesammelten Beitraegen auskommt, und das wird von keiner der vorgeschlagenen Reformen in Angriff genommen. Also werden in ein paar Jahren noch mehr Zuzahlungen dazukommen, noch mehr Leistungen rausgenommen etcpp. Wo ist denn da die Reform???
Ralph