Heute mit 50 jünger als je ein 50jähriger zuvor;-)

Nuja, die Werbewirtschaft mag Euch ja auch …
Der Copytext einer Anzeige, mit der die ab Januar erscheinende neue Zeitschrift „Lenz … für die besten Jahre“ um Anzeigenkunden wirbt, die den konsumfreudigen und wohl situierten 50plus-Lesern was verkaufen wollen:

„Früher demonstrierten Ulrike und Horst gegen das Establishment. Heute sind sie fünffache Großeltern und wohnen im Reiheneckhaus. Gestern haben sie ein WAP-Handy gekauft. Im Dezember wollen sie Ski fahren in den Rocky Mountains. Big Brother lässt Ulrike und Horst kalt. Aber Lenz nicht. Lenz, die erste Zeitschrift mit den Storys und Informationen, die die Best-Age-Generation wirklich interessieren.- Lenz, das monatliche Livestyle-Magazin für die besten Jahre - Die Zeiten ändern sich, Lenz gibt den Ton an.“

Themen laut abgebildeter Titelseite der Zeitschrift:
Rente: Wie Sie jetzt mehr Geld bekommen
25 Versuchungen - Träume mit 50 verwirklichen
Reisen: Flamenco, Feuer des Lebens
Neue Studie: Wie Füße uns fit machen…

Aufgemacht ist das Ganze mit einem Hippie-Pärchen als Schwarz-Weiß-Foto, unten im Eck das Cover der neuen Zeitschrift, das ein weiß-bepullovertes Best-Ager Pärchen vom Typ Herr und Frau Prof. Brinkmann zeigt.

Die Zeitschrift „Das Beste aus Reader’s Digest“ fährt gerade eine ähnliche Kampagne, um ihre Werbekunden auf die hohe Reichweite unter den ex-68ern hinzuweisen.

Na denne, viel Spaß beim Lesen… *g*

solche „special interest“ Zeitungen sind mir ein Greuel. Gerade mal, wenn nichts besseres da ist, kann man sie beim Arzt (da war ich zuletzt mal vor ein paar Jahren), beim Friseur (muß noch hingehen, das Staubtuch zur Glatzenpolierung liegt im Supermarktregal) oder sonstwo lesen. Bei „Das Beste“ habe ich immer das Gefühl, Adenauer und Co lassen grüßen.

Der Schwachsinn daran ist…
… dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe ja noch lange nichts über die Einstellungen, Auffassungen und den Life-Style aussagt, die ein Individuum hat. Schließlich sind nicht alle 50plusser früher von einer Demo zur anderen gepilgert. Insofern ist es unsinnig, mit Alt-68er Motiven zu werben, wenn man Zeitschriften für Werbekunden interessant machen will, deren Leserschaft potentiell (Lenz) bzw. schon immer (Das Beste) in die Kategorie bürgerlich-konservativ gehören dürfte.

Ich vermute, dass die Entscheider, die man mit solchen Anzeigen ansprechen will, teilweise so jung sind, dass sie das Etikett „Alt 68er“ brauchen, um Eure Generation grob einsortieren zu können. Das ist so ähnlich wie mit den Retro-70er-Jahre-Klamotten, die jetzt bei vielen Jugendlichen angesagt sind: Die rennen oft krasser durch die Lande als die „Originale“.

NB: Bei der Zeitschrift „Lenz“ ist der große Haken, dass zwar 50plusser tatsächlich andere Leseinteressen sowie Konsumgewohnheiten haben als jüngere Zielgruppen - aber das bedeutet noch lange nicht, dass sie so angesprochen werden wollen.

Zum Beispiel sind ältere Autofahrern, wenn sie denn einmal dringesessen haben, von Autos wie die Mini-Vans Megane, Szenic, A-Klasse usw. ganz angetan. Weil man dort, da diese Autos etwas höher sind als andere, sehr bequem einsteigen kann, viel Kopffreiheit und eine erhöhte Sitzposition hat, die gute Rundumsicht erlaubt. Kommen deshalb die Hersteller auf die Idee, diese Autos als Seniorenkutschen zu vermarkten? Natürlich nicht! Solange man nicht nur die „Kind & Kegel-Tauglichkeit“ in den Vordergrund rückt, ist alles andere genauso gut geeignet.