Hexenverbrennung

Ich hab mal eine ganze dumme Frage:

Wie lange kann ein Mensch im Zustand des Verbrennens eigentlich leben?
Ich meine, auf einem richtigen Scheiterhaufen, der lichterloh brennt.
Solange die Leute leben, müssen die Schmerzen ja entsetzlich unerträglich sein. Es tut ja schon so furchtbar weh, wenn man sich nur mal den kleinen Finger brennt, aber in dem Fall brennt ja der ganze Körper. Das müssen ja Schmerzen sein, die man sich von der Intensität her nicht mal im entferntesten vorstellen kann.
Oder stirbt man da ganz schnell.
Ich denk einen schlimmeren Schmerz als Verbrennen gibts kaum mehr.

Es gab ja auch z. b. Foltermethoden des „langsamen Verbrennens“, da wurden Menschen auf glühenden Kohlen langsam gegrillt, das muß ja noch entsetzlicher sein, unvorstellbar!

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Todeszeitpunkt Scheiterhaufen
Hallo Tommi,
[…]
Ich vermute, dass niemand auf einen lichterloh brennenden Scheiterhaufen gefesselt wurde. Dann wird teilweise eine Bewusstlosigkeit durch Rauchgase eingetreten sein.
Ab einer gewissen Schmerzgrenze verfällt man in einen Schock und spürt nichts mehr. Aber da können die Mediziner sicher mehr berichten.
Grüße
Ulf

[Team: Hinweis auf passenderes Brett nach Verschiebung entfernt]

Hallo Tommi,

über die Haut erfolgt die für die Funktion der Organe unerlässliche Wärmeregulierung. Wenn also durch gewaltsame Einwirkung von außen nämliche Haut zu Schaden kommt, also in deinem Beispiel mittels Brand, kommt es unweigerlich zu einem multiplen Kollaps der Körperfunktionen, vulgo Tod.

Dies ist spätestens bei 30% der zerstörten Hautoberfläche der Fall (bei Brandopfern, denen sofort maximale Intensivtherapie zuteil wird, auch erst bei wesentlich großflächigen Verbrennungen, aber danach hattest du nicht gefragt).

Wann der Verlust der Hautoberfläche sein zum Tod führendes Stadium erreicht hat, hängt im Wesentlichen von der Intensität der Hitzeeinwirkung ab. Je mehr Brandbeschleuniger, desto stärker die Hitze, desto schneller tritt der Tod ein. Kann u.U. sehr lange dauern.

Die auf diese entsetzliche Weise Hingerichteten verloren zuweilen durch Rauchvergiftung vorher das Bewußtsein, aber nicht immer.

Du hast schon recht, es ist die qualvollste Art und Weise, jemanden vom Leben zum Tode zu befördern, aber genau das war im Sinne des Erfinders.

Gruß Awful Annie

Man war lange vor dem eigentlichen Verbrennen tot.

Damals war diese Todesart allgemein bekannt und die Opfer wußten, dass sie sofort den Rauch tief einatmen müssen. Damit waren sie schon meistens tot, bevor es warm wurde.

Hallo Tommi,

es ist auch heute so, daß bei Bränden die meisten Menschen durch die Rauchgase ums Leben kommen und nicht durch Verbrennungen.

Der Tod auf dem Scheiterhaufen trat recht schnell durch Ersticken ein.

Bei Folterungen ist das natürlich etwas anderes. Dort treten keine oder weniger Rauchgase auf und dazu kann ein ‚geschickter‘ Folterer die Schmerzen so dosieren, daß das Opfer bei Bewustsein bleibt und keine Desensibilisierung eintritt.

Gandalf

Hallo Annie,

Du hast schon recht, es ist die qualvollste Art und Weise,
jemanden vom Leben zum Tode zu befördern, aber genau das war
im Sinne des Erfinders.

An dieser Stelle muss ich zweimal widersprechen. Die wahrscheinlich qualvollste Todesart haben ausgerechnet diejenigen erfunden, auf die der moderne Rechtsstaat zurückgeht: die römische Kreuzigung.

Der Sinn des Verbrennens lag durchaus nicht in der qualvollen Art zu sterben, das wurde oben ja schon korrigiert, sondern im Verbrennen an sich. Dahinter stand die Vorstellung des Purgatoriums, des Fegefeuers, das - so pervers das heute schein, dem Deliquenten eher helfen sollte.

Andreas

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Hallo,

Jac de Molay, der letzte Großmeister der Templer, wurde 1314 durch Verbrennen auf der Isle de la Cité hingerichtet. In seinem Fall kam offensichtlich das langsame Grillen zur Anwendung. Laut Berichten der Zeitgenossen wurde er am Vormittag über den Scheiterhaufen gebunden, aber die Menge am Ufer wurde erst am späten Nachmittag, nach Molays Tod, aufgelöst. Es scheint also länger gedauert zu haben.

Gruß
Peter B.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

hallo zusammen

was nun auch immer unangenehmer sein mag (da fehlt mir zum Glück die Erfahrung), im zweiten punkt stimm ich zu!

Du hast schon recht, es ist die qualvollste Art und Weise,
jemanden vom Leben zum Tode zu befördern, aber genau das war
im Sinne des Erfinders.

Der Sinn des Verbrennens lag durchaus nicht in der qualvollen
Art zu sterben, das wurde oben ja schon korrigiert, sondern im
Verbrennen an sich. Dahinter stand die Vorstellung des
Purgatoriums, des Fegefeuers, das - so pervers das heute
schein, dem Deliquenten eher helfen sollte.

Es ging also um die Reinigung! Und das fand gar nicht mal immer in Form einer lebend-Verbrennung statt. Nicht selten sind die Verurteilten schon vorm Verbrennen umgebracht worden. Auch wenn der Schau-Effekt sicherlich großartig war… die Motivation war ne andere.

Grüße von Kati

Andreas

Hallo Tommi,
wenn man manche Antworten hier - insbesondere die von Conrad M. - liest, könnte man fast glauben, es handle sich um eine besonders humane Art der Hinrichtung. Das ist natürlich kompletter Stuss. Dass vor Eintritt des Todes durch die Verbrennungen eine Bewusstlosigkeit eintrat, macht diese Art der Hinrichtung nicht weniger grauenhaft. Gelegentlich wurde dem Rechnung getragen, indem man die Delinquenten knebelte, um ihre Schreie zu unterdrücken - was das von Conrad empfohlene ‚tiefe Einatmen‘ nicht gerade erleichert haben dürfte. Es war im Gegenteil für den Delinquenten wünschenswert, wenn das Abbrennen des Scheiterhaufens durch kräftigen Wind beschleunigt wurde, so dass möglichst schnell eine Bewusstlosigkeit durch Sauerstoffmangel eintrat. Das geht schneller, als eine Rauchvergiftung. Man möge einmal versuchen, wie lange man die Luft anhalten kann, ohne bewusstlos zu werden und sich vorstellen, während dieser Zeit auf einem brennenden Reisighaufen zu stehen …

Bei der spanischen Inquisition entstand mit der Zeit die mildtätige Praxis, den Delinquenten, den man „in die Freiheit“ entließ (natürlich mit der Empfehlung an die weltliche Obrigkeit, ihn nach Gebühr zu bestrafen, „debita animadversione puniendum“), der Barmherzigkeit der Henker zu empfehlen. Das bedeutete konkret, dass er unmittelbar vor dem Verbrennen am ‚Schandpfahl‘ garottiert (erdrosselt) wurde oder dass man ihm einen Pulverkragen um den Hals legte, um seine Qual abzukürzen. Vorausgesetzt, der Delinquent äußerte vor der Hinrichtung Reue. Eine kleine Spende für karitative Zwecke half da natürlich im Zweifelsfall auch …

Einen Schritt weiter in Richtung ‚Humanisierung des Strafvollzugs‘ ging man in Deutschland, etwa bei der durch Bischof Philipp Adolf von Ehrenberg betriebenen Hexenverfolgung in Würzburg. Dort ist ein Verzeichnis von 160 Personen erhalten, die zwischen 1627 und 1629 „mit dem Schwert gerichtet und hernacher verbrannt worden“ - in 29 öffentlichen Veranstaltungen. Die vorherige (öffentliche) Hinrichtung mit dem Schwert war allerdings nur die Regel, die Liste vermerkt akribisch auch 4 Ausnahmen, wo die Delinquenten lebendig verbrannt wurden. Adligen ersparte mn die Demütigung einer öffentlichen Hinrichtung, sie fand idR am Vortage der Verbrennung statt („Ein Edelknab von Ratzenstein, ist Morgens um 6 Uhr auf dem Catzley-Hof gerichtet worden und den ganzen Tag auf der Pahr stehen blieben, dann hernacher den andern Tag mit den hierbeygeschriebenen verbrannt worden“). Unter den genannten 160 Personen waren übrigens 23 Kinder, die jüngsten „Ein klein Mägdlein von neun oder zehn Jahren. Ein geringeres, ihr Schwesterlein.“ Die Mutter der beiden war erst bei der nächsten Veranstaltung an der Reihe …

Quelle ist Wilhelm Gottlieb Soldan, Geschichte der Hexenprozese, Stuttgart/Tübingen 1843, zitiert in J.R. Grigulevic, Ketzer-Hexen-Inquisitoren, deb, Berlin 1987.

Freundliche Grüße,
Ralf

Langsamer und schneller Tod am T-Balken
Hallo

Vor und während der ‚Kreuzigung‘ wurden bewusst Massnahmen getroffen, welche die
Qual verlängern bzw. verkürzen sollten:

Das ledigliche Anbinden an einem Baum, Pfosten oder T-Balken – ohne Nägel – war
keine ‚Gnade‘, sondern führte zu einem der langsamsten Sterben (Verdursten oder
Erfrieren).

Die vorherige Geisselung war eine ‚Gnade‘, weil der Schock dann am Kreuz zu einem
schnelleren Herzstillstand führen sollte.

Das Brett zum Abstützen der Füsse hingegen sah nur wie eine Erleichterung aus; es
verlängerte die Qual jedoch wesentlich.

Das Zerschlagen der Unterschenkel führte zu einem sehr schnellen Tod; diese ‚Gnade‘
wurde jedoch nicht allen gewährt oder nicht sofort gewährt.

Die Verbrennung am T-Balken (als lebendige Pechfackel) mag zu einem relativ
schnellen Tod geführt haben.

Gruss
Adam

Hallo Ralf,

wenn ich richtig informiert bin, ging es bei der Verbrennung bei lebendigem Leibe ja wohl auch darum, dass „die Seele keine Zeit mehr hat, dem Körper zu entfleuchen“, sie ist ja noch im Körper, solange er lebt. Man ging davon aus, dass sie dann wohl kein weiteres Unheil mehr anrichten kann.
Korrigiere mich bitte, falls nicht (ganz) richtig.

Von allen Vorrednern hier wird das ja als besonders grausame Art der Hinrichtung beschrieben - ohne Zweifel, ich wage mir das nicht in den wildesten Träumen vorzustellen! Aber sind wir heute viel besser? Nun ja, zumindest in Nicht-Kriegszeiten. Was da aber in Algerien, Vietnam, Afghanistan, Irak - ich beziehe mich mal nur auf die „zivilisierten Staaten“, die dort wirken - geschieht … wenn ich die einschlägigen Bücher lese, muss ich sie an solchen Stellen immer schnell weglegen und erstmal rumlaufen.

Was mir noch einfällt, ist ein Interview mit dem damals noch Kardinal Ratzinger. Reporter: „Wie ist denn das Verbrennen bei lebendigem Leibe mit dem Evangelium vereinbar?“ Ratzinger lächelt etwas gequält oder unsicher: „Die haben das wohl nicht genau genug gelesen.“

Gruss
Laika

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Hallo,

über die Haut erfolgt die für die Funktion der Organe
unerlässliche Wärmeregulierung. Wenn also durch gewaltsame
Einwirkung von außen nämliche Haut zu Schaden kommt, also in
deinem Beispiel mittels Brand, kommt es unweigerlich zu einem
multiplen Kollaps der Körperfunktionen, vulgo Tod.

Aber - in diesem Fall „leider“ - erst nach einer gewissen Weile. Ein Multiorgansversagen entwickelt sich erst im Laufe längerer Zeit, es tötet eine bis dahin gesunde Person auf dem Scheiterhaufen nicht in Sekundenschnelle.

Dies ist spätestens bei 30% der zerstörten Hautoberfläche der
Fall (bei Brandopfern, denen sofort maximale Intensivtherapie
zuteil wird, auch erst bei wesentlich großflächigen
Verbrennungen, aber danach hattest du nicht gefragt).

Faustregel auf Verbrennungsstationen: bei Menschen ohne Vorschädigungen ergibt die Formel „100 minus Lebensalter“ die % Hautoberfläche, die noch mit Überlebenschancen verbrannt sein können. Gilt für Personen zwischen ca. 20 und 80 Jahren.

Beispiel: 51jähriger Patient, 100 minus 51 ergibt dass er Überlebenschancen hat wenn nicht mehr als 49% seiner Hautüberfläche verbrannt sind.

Wann der Verlust der Hautoberfläche sein zum Tod führendes
Stadium erreicht hat, hängt im Wesentlichen von der Intensität
der Hitzeeinwirkung ab. Je mehr Brandbeschleuniger, desto
stärker die Hitze, desto schneller tritt der Tod ein. Kann
u.U. sehr lange dauern.

Man unterscheidet bei Verbrennungen ja 1., 2., 3. und 4. Grad. Erstgradige Vebrennungen (z. B. Rötung und Schwellung) zählen aber nicht mit weil der Körper diese Verletzung regenerieren kann. Entscheidend sind die schwereren Verbrennungen.

Wie du richtig schreibst spielt die Intensität der Hitzeeinwirkung eine Rolle - aber auch die Dauer. Jeder kennt ja diese Spielerei mit dem Finger durch eine Kerzenflamme zu fahren, und es passiert einem nichts weil die Hitze nur Sekundenbruchteile einwirkt.

Die auf diese entsetzliche Weise Hingerichteten verloren
zuweilen durch Rauchvergiftung vorher das Bewußtsein, aber
nicht immer.

Wahrscheinlich sogar eher selten denn die ganze Szene spielte sich ja im Freien ab. Bei einem Wohnungbrand heutzutage, bei dem die Leute oft in geschlossenen Räumen sind und deswegen sehr stark einer Kontamination ausgesetzt sind - dazu angereichert mit bis zu 4000 Giften, die bei einem stinknormalen Wohnungsbrand freigesetzt werden - kommt es sehr schnell zu einem toxischen Lungenödem und einer Rauchgasintoxikation. Auf einem Scheiterhaufen aus Holz dürften sehr wenige wirkliche Gifte freigesetzt werden, keine Nitrosegase etc., und der Wind verwehte den Rauch unter Umständen.

Da die Flammen den Körper vermutlich auch nicht sofort komplett umhüllen kommt es auch nicht SOFORT zu komplett verbrannter Hautoberfläche. wobei auch das nicht den unmittelbaren Tod vervorruft.

Ich denke dass diese armen Menschen zuerst einen Verbrennungsschock bekamen und dann im Bereich der Brandwunden Veränderungen in der Eiweißregulation stattfanden. Daraus erwuchs eine Vergiftung über den Blutkreislauf mit anschliessendem Nierenversagen, Einatmen heißen Rauchs schädigte die Lunge und somit die Atmung, Verstärkung des Schocks, und Zusammenbruch des Kreislaufs bis zum Tod. Ich denke allerdings dass das sehr lange gedauert hat - und „lange“ nicht nur aus der Sicht des Betroffenen, der unendlich lange ungeheuren Qualen ausgesetzt war, sondern auch objektiv aus Beobachtersicht lange. Ein schneller Tod wird hier vermutlich nicht eingetreten sein.

Ein hartes Thema…

Gruß

MecFleih

Huhu!

Eine Frage hierzu:

Faustregel auf Verbrennungsstationen: bei Menschen ohne
Vorschädigungen ergibt die Formel „100 minus Lebensalter“ die
% Hautoberfläche, die noch mit Überlebenschancen verbrannt
sein können. Gilt für Personen zwischen ca. 20 und 80 Jahren.

Wieso ist das so?

Neugierige Grüsse und danke für eine Antwort :smile:

Bine

Hallo Bine,

das ist eine seeeeeeehr gute Frage, die aber nur der Schöpfer der Kreatur Mensch beantworten kann. :smile:

Es ist einfach ein grober Erfahrungswert. Junge Menschen sind im Allgemeinen „belastbarer“ und verkraften mehr als ältere Menschen, das dürfte wohl der einfache Grund sein dass sie die Folgen einer Verbrennung tendentiell länger überleben als ältere Menschen.

Dass es nun ausgerechnet mit dieser Formel hinkommt, einigermaßen, dürfte schlicht daran liegen dass der Mensch mit zunehmendem Alter weniger belastbar wird und diese Formel das im umgekehrten Verhältnis repräsentiert.

Die 9er-Regel zum groben Abschätzen der verbrannten Hautoberfläche kennst Du? Es kommt bei Erwachsenen (Kinder haben einen im Verhältnis größeren Kopf, da paßt es nicht) ungefähr hin wenn man

Kopf
Arm
Bein Oberschenkel
Bein Unterschenkel und Fuß (alternativ: Bein Vorder- und Rückseite)
Brustbereich
Bauchbereich
Rücken Brüstbereich
Rücken unten

mit jeweils 9% Körperoberfläche ansetzt. Der Genitalbereich wird mit 1% gerechnet und eine Handinnenfläche entspricht auch ungefähr 1%. Zur groben Abschätzung reicht diese Faustformel. In der Klinik wird es sehr viel genauer ausgemessen, was dann teilweise eine halbe Stunde in Anspruch nimmt weil es sehr genau genommen wird.

Gruß,

MecFleih

Zu dem Teil mit schmerzhaftesten Schmerzen. Ein Sanitäter den ich mal gefragt habe was wohl der schlimmste Schmerz wäre, meinte er das der schlimmste Schmerz dass ausreißen vom Arm wäre… wtf ich will mir das garnicht vorstellen D: