Hier steht: unter 1086€ Einkommen im Monat als Single ohne Kind, ist man "arm"

Sicher.

Was die Verteilung des Reichtums in Deutschland angeht, sind sich meiner Meinung nach aber alle Politiker einig. Die Wirtschaft regiert, und von einer Solidargemeinschaft will da niemand etwas wissen.

Gruß, Diva

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Da stimme ich Dir zu 100% zu, @DropDeadDiva. Und ich habe das Gefühl, dass mit jeder Generation von Politikern die Verquickung und der Gehorsam zwischen Kapital, Medien und Politik stärker wird.

Grüße
Pierre

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Das Konzept der relativen Armut war immer schon Schrott - ganz gleich, wie sie die Quote entwickelt bzw. entwickelt hat.

Schon tausendmal erklärt: wenn ein Großverdiener das Land verläßt (Boris Becker und Michael Schumacher taugen als Beispiel nicht mehr, waren aber ansonsten immer gute Beispiele), nimmt die Zahl der armen Menschen ab. Konzeptionell vollkommen schwachsinnig. Bei der relativen Armut wird ausschließlich berücksichtigt, welches Einkommen andere Menschen haben. Nichts könnte bei der Frage, ob jemand arm ist, irrelevanter sein. Weder werden die lokalen Lebenshaltungskosten berücksichtigt noch das Alter noch die Lebenssituation noch die Ausbildung usw. usf.

Ein Student in Chemnitz bei 1050 Euro monatlichem Einkommen genauso arm wie ein arbeitsloser Fünfzigjähriger Bankangestellter in Düsseldorf usw. Subjektive Armut, wahrgenommene und tatsächliche Zukunftsaussichten usw. sind völlig verschieden. Während der Student eher objektiv und im Vergleich zu seinen Kommilitonen eher gutsituiert ist, ist der Bankangestellte in Bezug auf sein Alter und seinen bisherigen sozialen Status eher doof dran und die Aussichten, daß sich die Lage verbessert, ist bei beiden völlig unterschiedlich.

Ich habe es gerade mal nachgeschaut: in meinem früheren Nachbarhaus ist eine Wohnung frei, die nur unwesentlich kleiner ist als die, die ich in den Jahren 2-6 meiner beruflichen Tätigkeit bewohnte. Der Zustand der derzeit freien Wohnung ist deutlich besser als der meiner alten. Will sagen: die Bude ist auch für einen Arbeitnehmer bewohnbar). Kostenpunkt damals: 495 Euro, Kostenpunkt heute: 440 (wie gesagt: die Wohnung ist etwas kleiner). Bleiben halt im Idealzustand für einen Armen 640 Euro zum Leben. Das reicht, ehrlich, und damit ist man auch in Düsseldorf nicht arm - außer natürlich nach der Statistik.

Wie kommt man also darauf, daß man als Einzelperson mit einem Einkommen von 1086 Euro arm ist? Und wie kommt man darauf, daß man am nächsten Tag noch ärmer ist, obwohl das eigene Einkommen konstant geblieben ist und nur eine Erhöhung in irgendeinem Tarifvertrag in Kraft getreten ist.

Armut ist nicht relativ, sie ist absolut und sie ist individuell.

Und wie viele Menschen, die mit der Operation nichts zu tun haben, würden dadurch arm? Schließlich würde das zu einer zumindest meßbaren Erhöhung des Durchschnittseinkommens führen.

Ach, Excel ist da relativ unbestechlich und relativ gefühllos.

Die ALQ bezieht sich auf die Erwerbspersonen, die Quote der relativen Armut auf die Gesamtbevölkerung. Erstens. Zweitens ist es doch nur logisch, daß sich die Zahl der relativ Nichtarmen vermindert, wenn sich die Zahl der relativ Armen erhöht.

Um es noch einmal klar zu sagen: Korrelation zwischen Arbeitslosenquote und relative Armutsquote ist negativ, d.h. je niedriger die Arbeitslosenquote, desto höher der Anteil der relativ Armen an der Bevölkerung. Das ist der beste (und eigentlich auch schon abschließende) Beleg dafür, daß diese Kennzahl unsinnig und vor allem für die Interpretation der gesellschaftlichen Verhältnisse unbrauchbar ist.

Ach, und noch eins: die Korrelation von Durchschnittseinkommen und relativer Armutsquote liegt bei 0,94. Wie ich sagte: je mehr die Leute verdienen, desto höher ist die Armutsquote.

Du hast den Unterschied zwischen mittlerem Einkommen und durchschnittlichem Einkommen offenbar nicht verstanden. Für die Ermittlung der relativen Armut wird aber das mittlere Einkommen heran gezogen. Es könnten also Warren Buffet, Bill Gates, Tim Cook und Jeff Bezos ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegen - das mittlere Einkommen würde sich durch diese 4 Personen nicht eklatant verändern.

Jetzt wirst Du unsachlich und fängst mit Whataboutism an. Deine Feststellung zur realen Lebenssituation ist nicht von der Hand zu weisen. Hat aber mit der reinen Statistik nichts zu tun.

Ich werde sehr geradeaus schreiben, nimm mir meine offenen Worte bitte nicht böse, aber Du scheinst ein sehr egoistischer Mensch zu sein. Leben bedeutet nicht nur „nicht zu sterben“. Es bedeutet auch, an der Gesellschaft um einen herum teilzuhaben. Ein solcher Mensch mit 640 € in Düsseldorf wird ein Monatsticket für den ÖPNV haben (auf dem platten Land wird er ohne Auto kaum klar kommen), er wird einige Versicherungen haben (mindestens Haftpflicht, und Sterbegeldversichrung), er muss sich Essen kaufen, wobei mindestens 1 Mahlzeit am Tag warm sein sollte, er muss Strom und evtl. Gas oder Öl bezahlen. Er muss den Fernsehbeitrag löhnen und in den modernen Zeiten sollte man ihm auch einen Zugang zu Telefon und Internet zu Hause als Grundversorgung zugestehen. Wieviel Geld bleibt dann noch übrig, für das, was gut situierte Menschen als „Leben“ bezeichnen? Wie viel „Leben“ über das reine „Überleben“ hinaus gestattest Du Deinen Mitmenschen? Wie viel „Leben“ darf ein Rentner noch haben, der aus Unwissenheit über die Zukunft den falschen Job wählte, zum Beispiel Verkäuferin, Köchin in einem Krankenhaus, Lkw-Fahrer oder selbständiger Elektriker, der „vergaß“ freiwillig in die Rentenkasse einzuzahlen (alles Personen aus meinem privaten Umfeld)?

Diese Menschen sind arm. Arm an gesellschaftlichem Leben, arm an Vielfältigkeit in ihrem Leben. Oder würdest Du, ganz persönlich Du, es als erfüllten Ruhestand bezeichnen, wenn Du nach der Bezahlung aller Rechnungen noch 100 € in der Woche „zum Leben“ übrig hättest, wovon Du Essen, Kleidung und Ersatz für ausfallende technische Geräte bezahlen müsstest. Würde es Dich erfüllen, zu Hause vor dem Fernseher zu sitzen, einmal am Tag spazieren zu gehen und auf das Ende zu warten?

Oder stell Dir vor, Du müsstest zum Mindestlohn arbeiten, weil Du als Banker in Düsseldorf keine Stelle mehr findest, und der einzige freie Arbeitsplatz für Deine Randgruppenqualifikation das Call-Center ist. Du hättest viel Streß, bist 42 Stunden jede Woche auf Arbeit, bekämst 24 Tage Urlaub im Jahr für gut 25 € mehr pro Woche netto. würdest Du Dich selbst als Wohlhabend empfinden?

Und schon wieder oder immer noch verwechselst Du mittleres Einkommen und durchschnittliches Einkommen. Zwei völlig unterschiedliche volkswirtschaftliche Messgrößen. Einfache Mathematik: selbst wenn Du allen Menschen mindestens 60% plus 1ct des mittleren Einkommens zur Verfügung stellst, ändert sich das mittlere Einkommen um keinen einzigen Cent. Die Armutsquote wäre damit aber schlagartig auf 0% gesunken.

Die Frage, die also übrig bleibt: wie viel „Leben“ gestehst Du Deinen Mitmenschen zu? Mir scheint es nicht sehr viel zu sein.

Wenn Du nicht mehr antworten willst, nicht schlimm. Die Diskussion mit Dir über dieses Thema ist aus meiner auch dieses Jahr fruchtlos. Vielleicht solltest Du mal 24 Monate lang alle Deinen Einnahmen, die über 640 € liegen, spenden. Dann unterhalten wir uns wieder.

Grüße
Pierre

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Es ändert sich und darauf wollte ich hinaus. Ich wollte verdeutlichen, daß die Existenz oder Nichtexistenz völlig außenstehender und unbeteiligter Dritter einen Einfluß darauf hat, ob eine Person arm ist oder nicht.

Oder noch deutlicher: auch wenn sich das Einkommen von Person X nicht ändert und auch wenn alle Preise völlig konstant bleiben, kann diese Person nach dem Konzept der relativen Armut auf einmal arm sein oder reich sein, nur weil sich die Einkommen anderer Personen geändert haben. Das ist völlig unsinnig.

Es hat sehr wohl mit der Statistik zu tun; das belegt nämlich, daß diese Statistik keinerlei Aussagekraft hinsichtlich des Umstandes hat, ob diese Leute subjektiv oder objektiv arm sind.

Bei meinen Aussagen denke ich in der Tat nur an mich, nämlich an meine Lebenssituationen. Ich habe mich nie als arm gefühlt, auch wenn ich - preisbereinigt - über viele Jahre mit weniger als 1086 Euro ausgekommen bin. Ich habe lange in einer weitaus schäbigeren Wohnung gewohnt, obwohl ich berufstätig war. Die Liste ließe sich fortsetzen, bringt aber eh nix.

Der entscheidende Punkt ist nicht, daß ich den Leuten nicht mehr gönne, sondern daß ich die pauschale Bewertung eines Einkommens im Verhältnis zum mittleren Einkommen eines ganzen Landes für schwachsinnig halte. Man ist in der Düsseldorfer Innenstadt als Student in einer kleinen Wohnung mit 1086 Euro nicht arm und man ist das nicht als Student mit 1086 Euro in einem Viertel am Rande der Innenstadt nicht und man ist das erst recht nicht als Student in Chemnitz.

Man ist mit 1086 Euro hingegen arm, wenn man zuvor 30 Jahre lang in Vollzeit gearbeitet und sich so einen gewissen Wohlstand erarbeitet hat, aber wegen Arbeitslosigkeit und Krankheit aus der alten Wohnung rausmußte, nachdem kurz zuvor die mitverdienende Ehefrau verstorben ist. Und dann ist man auch noch mit 1087 Euro netto arm und man ist auch noch arm, wenn auf einmal das Lohnniveau bundeweit um 10% absinkt und man auf einmal unter die 60%-Grenze rutscht.

Das ist es, was ich eingangs meinte, daß man mit der Argumentation auf Basis dieser schwachsinnigen Zahl den Leuten, die wirklich von Armut betroffen sind, durchaus auch einen Bärendienst erweist. Das ist es, was ich oben mit den fetten Worten „Armut ist nicht relativ, sie ist absolut und sie ist individuell“ meinte.

Insofern kannst Du Dir Deine Spekulation über meine Einstellung zum Leben und zu anderen Menschen schlichtweg klemmen und Du solltest Dir mehr über das Gedanken machen, was ich schreibe, anstatt zwischen den Zeilen herum zu spekulieren.

Vielleicht, vielleicht auch nicht. Sie sind aber um kein bißchen ärmer oder weniger arm, wenn Verdi eine Gehaltserhöhung von 5% durchsetzt. Das ist genau das Problem, von dem ich die ganze Zeit spreche.

ÜBER

Ja was würde passieren wenn man allen Rentnern 1.200€ im Monat zahlt und allen Kranken auch?

Zuerst würde es keinen Sinn mehr machen in die RV einzuzahlen. Stimmst du dem zu? Eine BU bräuchte such kein Mensch mehr… ebenso wäre es auch ein relativ nettes Einkommen für jemand aus Osteuropa der Körperbehindert ist…