Hilfe bei Depression

Hallo alle miteinander (:
Ich will gleich zur Sache kommen, um das Thema nicht unnötig lange breitzutreten.
Mein Bruder (23) leidet seit einiger Zeit an schwerer Depression und einer sogenannten ‚‚Anpassungsstörung‘‘. Wir (die Familie) hatten immer schon ein sehr gutes Verhältniss zueinander und haben in schweren Zeiten stets zusammengehalten und uns gegenseitig unterstützt.

Mein Vater hatte 12 Jahre lang selbst mit Depressionen zu kämpfen, weshalb ich einiges über das Thema weiß und mich gut informiert habe. Mir ist natürlich Bewusst, dass diese Erkrankung bei zwei verschiendenen Menschen auch unterschiedliche Auswirkungen und Symptome hervorrufen kann, jedoch bin ich was meinen Bruder angeht völlig rat- und hilflos. Ich erkenne ihn kaum wieder. Er hat Anfangs noch mit uns über seine Probleme gesprochen und Rat gesucht, aber vor kurzer Zeit hat er sich komplett abgekapselt. Jeglichen Kontakt zu seiner Familie, seiner 6 jährigen Tochter und seinen Freunden hat er abgebrochen und lebt jetzt mit seiner neuen Freundin in einer kleinen Wohnung, die er fast nie verlässt. Er ist, genau wie seine Freundin, arbeitslos und meldet sich nur wenn er Geld braucht. Jeglichen Versuch Kontakt aufzunehmen ignoriert er. Wir alle machen uns große Sorgen und wollen ihn weder zu etwas zwingen, noch ihm Vorwürfe machen, sondern nur für ihn da sein und ihn Unterstützen.
Ich fürchte außerdem, dass seine Freundin die Situation nur verschlechtert, da sie selbst große psychische Probleme hat und die beiden sich gegenseitig nur weiter in diesen Sumpf hineinziehen.

Ich bitte dringend um Rat
Danke (:

Hallo Laneey,

sich Gedanken über den Bruder zu machen, wie du, finde ich einfach toll!.
Du bist offensichtlich kein absoluter „Laie“, was das Thema Depression angeht.
Ich persönlich würde den Bruder animieren, einen Psychologen zu einem Gespräch aufzusuchen. Eventuell bliebe noch die Möglichkeit, ein „zufälliges“ Zusammentreffen deines Bruders mit einem Fachmann bei dir zu arrangieren, bei dem dein Bruder einfach ohne Druck erzählen und loslassen kann.
Ein einfühlsamer Psychologe, der das Fachwissen gar nicht hervorhebt, sondern nur Zuhörer sein möchte, könnte, so meine ich, zumindest einigen Druck von ihm nehmen, der von seiner neuen Freundin verursacht sein könnte.

Wenn er Geld braucht, muss er es von euch holen - eine Gelegenheit, den Fachmann dazuzubitten. Selbstverständlich macht ihr euch einen Termin aus, an der er kommen kann/will. Er möchte ja etwas.

Ich wünsche dir viel Kraft und deinem Bruder alles Gute!

Gruß

dafy

PS: Ergänzend wäre auch für dich ein Gespräch mit einem Fachmann gut, denn er kann dir aufgrund deiner Beschreibung den Umgang mit dem Thema erklären und dich stärken. Ferndiagnosen stellen, deinen Bruder betreffend, wird er als seriöser Fachmann nicht.

Hallo Laneey,

aus eigener, leidvoller Erfahrung kann ich Dafy nur beipflichten. Die Unterstützung der Familie ist ein ganz wichtiger Faktor. Allerdings sind die Erfolgsaussichten ohne Fachmann eher mager. Bei einer echten Depression muss zuerst die Blockade zu positivem Denken unterbrochen werden. Ohne medikamentelle Unterstützung sehe selbst ich als „Hilfsdruide und Naturverfechter“ keine Möglichkeit. Diese Behandlung sollte unter Aufsicht eines guten „Facharzt für Psychiatrie“ erfolgen. Wichtig ist, den Schritt zum Psychiater (siehe https://www.therapie.de/psyche/info/fragen/wichtigste-fragen/unterschied-psychotherapeut-psychologe-psychiater/#c2613) zu wagen. Daran ist nichts verwerfliches und die „Klapse“ liegt in weiter Ferne.
Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass es Medikamente ohne abhängig machende Nebenwirkungen gibt, welche man einige Zeit nehmen muss. Diese darf allerdings nur der Facharzt verordnen. Einen guten Arzt wird man daran erkennen, dass er neben der medikamentösen Behandlung auch eine Psychotherapie (z.B. autogenes Training, PME/PMR) verordnet.

Klingt nach Suchtfaktor? (Alkohol ist schlimm genug.) Einen Auslöser muss die Depression ja haben.

… ist gut gemeint, aber ein Facharzt für Psychiatrie macht allgemein keine Hausbesuche „in’s Blaue“. Ein wenig weh tun muss die Sache. Kennt Ihr einen guten FA in der Nähe? Dann macht doch einfach vorerst selbst einen Gesprächstermin. Engagierte Angehörige benötigen meist die gleiche Hilfe, die Kasse sollte also zahlen.
Dann kann der Arzt auf den ersten Schritt des Patienten warten. Hier kann dann der Geldhahn als Druckmittel dienen.

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Das möchte ich bezweifeln. Vor allem, wenn der Vater auch lange an Depressionen litt, ist ein Auslöser nicht unbedingt erforderlich.
http://www.deutsche-depressionshilfe.de/stiftung/wie-entsteht-eine-depression.php

Bufo

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Zunächst einmal finde ich es gut, das Du Hilfe suchst. Ob allerdings das Internet der richtige Weg ist, wage ich zu bezweifeln. Du solltest Dir professionelle Unterstützung holen. Habe ich damals auch gemacht, als ich durch Stress im Job kurz vor einem depressiven Burnout gestanden habe. Kannst Dir ja mal anschauen, was angeboten wird. Danach ging es mir besser

Link entfernt - www Team

Als entsprechender Fachmann kann ich dir berichten, dass das zwar ein sehr schöner Gedanke, aber ein reiner Wunschgedanke ist.
Das funktioniert schlichtweg nicht, da kann der „Psychologe“ noch so einfühlsam sein.

@Laneey:
Interessanter wäre es z.B. auf Besuche einer geeigneten offenen Tagesstätte hinzuwirken oder ähnliches. Da kann in der Tat das Geld ein sinnvolles Druck-/Lockmittel, um den Bruder in diese „sich-Hilfe-suchen-Schiene“ zu bringen.
Beispiel, um zu veranschaulichen, was für ein Art niederschwelliges Angebot ich damit meine:
https://www.caritas-erlangen.de/index.php/de/angebote-fuer-menschen-mit-psychischer-erkrankung/tagesstaette-treff/unsere-angebote/241-offenes-cafe-treffpunkt

Gruß
F.

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… so meinte ich es auch. „Auslöser“ kann auch neurobiologisch sein. Daher -> Arzt. Eine echte Depression ist keine „Modekrankheit“ sondern gefährlich.

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Da hast du grundsätzlich völlig recht, in Anbetracht dessen, dass der UP aber eine „Anpassungsstörung“ nennt (die quasi per definitionem an eine Auslösesituation gebunden ist), war der Gedanke an einen „Auslöser“ schon naheliegend.

Gruß
F.

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Hi!
Da gibt es wenig, was du tun kannst.
Ihm Unterstützung anbieten, ihm aber nicht aufdrängen.
Ihm nicht ungefragt die Freundin „madig“ machen.

Ihr müsst ihn aber auch nicht finanziell unterstützen - was gleichzeitig der einzige Ansatzpunkt wäre, was aber auch nach hinten losgehen kann. Aber wenn das die einzige Möglichkeit ist, Kontakt aufzunehmen, dann kann man ihm klar machen, dass die finanzielle Unterstützung nicht mehr „einfach so“ zu haben ist. Über „Bedingungen“ kann man dann verhandeln. Meine Zielsetzung wäre es in dieser Lage, dass der Bruder sich kompetente Hilfe holt. Dazu würde ich ihn massiv drängen. In dem Wissen, dass man ihn nicht zwingen kann und dass es auch nicht hilft, wenn er sich „pro forma“ Hilfe holt, nur um es euch recht zu machen…

Zur Freundin: die beiden können sich natürlich gegenseitig runterziehen. Genauso wäre es aber auch möglich, dass sie es gemeinsam schaffen (ja, ich halte das auch für recht unwahrscheinlich und die Konstellation für ziemlich typisch). Aber wenn Du seine Freundin angreifst, wird er das als 'Angriff auf sich verstehen und sich weiter zurückziehen.

Er muss schon auch selber das Problem anerkennen und es lösen wollen. Sonst kannst Du da gar nichts erreichen.

Viele Grüße
Bufo

Hallo,

ich stimme Dir zu, nur in diesem eine Ergänzung:

Hausärzte können die meines Wissens prinzipiell auch verschreiben. Ich halte die Behandlung durch den Facharzt auch für wesentlich sinnvoller, aber u.U. ist die Hemmschwelle zum Hausarzt geringer.
Wenn der gut ist, wird er ebenfalls zu weiteren Schritten (Psychotherapie, ggf. Klinik) raten. Und Medikamente könnten es erleichtern, weitere Schritte in Angriff zu nehmen.

Viele Grüße,

Jule

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Hallo Jule,
Deine Anmerkung ist natürlich vollkommen richtig. Die entsprechenden Medikamente kann der Hausarzt natürlich auch verschreiben.

stellt hier den Knackpunkt dar, der aus der Ferne nicht zu beraten ist. In meinem Fall war der Hausarzt eher fehl am Platze, hingegen der von mir selbst gewählte Facharzt ein echter Glückstreffer.
Hauptsache ist, überhaupt professionelle Hilfe zu suchen. Die Hemmschwelle ist dabei wohl das größte Hindernis, ggf. Klinik sollte man dem Betroffenen gegenüber nicht einmal andeutungsweise erwähnen.
Den besten Weg hat FBH im Link schon aufgezeigt. Schade, dass es diese Möglichkeit nicht an jedem Ort gibt.

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Hallo Ferrix,

wir sind da völlig einig. Normalerweise rate ich auch eher davon ab, sich Antidepressiva vom Hausarzt verschreiben zu lassen, schon allein wegen Diagnostik, Auswahl des passendsten Medikaments und auch Abschätzung, ob ein Medikament nötig ist oder nicht. Und der fachärztlichen Beratung, welche Therapieform sinnvoll ist usw.

Den Bruder der (oder des) UP zum Psychiater zu bewegen, halte ich nur der Schilderung nach für aussichtslos.

Ja, und mit FBH haben wir glücklicherweise jemand Fachkundigen hier, was ja schon eine Seltenheit geworden ist.

Viele Grüße,

Jule

Hallo Laneey,

kannst du deinen Bruder animieren, diesen Link anzusehen und dort anonym seine Sorgen loszuwerden?
http://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/krisenotfall/links/ und hier die http://www.telefonseelsorge.de/

Kann dir hier http://www.psychiatrie.de/bapk/rat/ etwas an Informationen hilfreich sein? Wobei ich eher vermute, dass dir wohl sehr viel schon bekannt ist.

Ich wünsche dir nochmals viel Kraft und alles Gute! :high_brightness:

Gruß

dafy

Wie meint Du das? Beispiele…

Hallo Laneey,

gute Links hat Dir @Dafy durchgegeben.

Überdenke aber auch einmal Deine Werte. Deine Sorge sollte um so mehr dem Kind Deines Bruders gelten als Deinem Bruder selbst.

Bestimmte Umstände können es erfordern, das Du Dein Familienbild und die geschwisterliche Beziehung, mit der Du zu Deinem Bruder in Verbindung stehst, überdenkst. Er könnte es letztlich gar nicht wert sein, dass Du nach ihm schaust.

Vielleicht geht es aber einfach nur um Dich, dass Du von Deinem Bruder nicht loskommst. Geschwister sind lediglich eine zusätzliche Chance zur Festigung der eigenen Stabilität. Sofern er bloß ein wirklicher Nichtsnutz ist, wäre es für Dich nur ein Gewinn, wenn Du Dich um ihn nicht mehr kümmern würdest.

Grüße mki

Hallo @mki
Erstmal vielen Dank für deine Antwort (:
Deiner Nachricht lässt sich entnehmen, dass du offenbar keine Geschiwster hast, oder falls doch, ihnen zumindest nicht sehr nahe stehst.
Eine Person die unter Depressionen leidet verändert sich, das ist nunmal ein Symptom dieser Krankheit. Ich denke kein Kranker ist ein Nichtsnutz, nur weil er manches nicht mehr kann, oder bestimmte Dinge nicht mehr rational überdenkt. Kein Mensch sollte jemals aufgegeben werden und gerade in einer Familie sollte es selbstverständlich sein alles zu tun, um einander wieder auf die Beine zu helfen.
Was das Kind angeht sei unbesorgt, ihr geht es hervorragend.

LG Laneey

Hallo Laneey,

vielen Dank für Deine Antwort. Ich habe einen Bruder. Er hat sich entschieden, mit mir zu konkurieren statt mich zu respektieren. Ausdrücklich: Ich werfe ihm dennoch nichts vor. Kein Mensch kann verlangen, respektiert zu werden. Aber man kann es unter Umständen (!) erwarten. Das tat ich. Jetzt nicht mehr.

Das sprichst Du Recht. Ausnahmen jedoch bestätigen wiederum die Regel.

Grüße mki