Hilfe bei nicht-religiöser Erziehung

Hallo zusammen,

mein Mann und ich sind, na, sagen wir mal „atheistische Agnostiker“, ich möchte meiner Tochter (3) eine humanistische Einstellung vermitteln und vorleben.

Und dabei würde ich mich über Hilfe freuen. Religion hat die kinderfreundlicheren Theorien, so scheint mir… Wie vermeide ich die übliche Erklärung, dass das alte Pony in den Himmel galoppiert ist und wodurch kann ich die altersgerecht ersetzen?

Ich kenne dieses Buch hier, das mir leider zu „anti-religiös“ ist. Gibt es Erziehungsratgeber, die sich mit religionsfreier Erziehung in christlicher Umgebung befassen? Ich brauche keinen Leitfaden, mich würden nur die Ideen und Überlegungen anderer interessieren - Eure natürlich ebenso wie die von publizierten Autoren.

Vielen Dank für Eure Hilfe!

Gruß
Ramona

Moin,

ich möchte meiner Tochter (3) eine humanistische
Einstellung vermitteln und vorleben.

Dafür brauchst du doch kein Buch. Vermittel und lebe doch einfach die Werte und Vorstellungen, die dir wichtig sind oder an die du glaubst.

Und wenn du glaubst, dass das alte Pony zu Katzenfutter verarbeitet wird und das wars, nix mit Himmel, dann kannst du das auch so vermitteln. Wird deinem Kind auf jeden Fall leichter fallen, wenn es sich mal fragen sollte, woher die Wurst auf dem Tisch kommt.

Wichtig dabei ist nur, dass du deine Werte und Vorstellung für dich selbst gut begründet und verinnerlicht hast. Denn du kannst sicher sein, die Frage „warum“ wird nicht lange auf sich warten lassen :smile:

Auch sollte man glaubhaft bleiben. Kinder lernen durch Vorbild. Wenn du also selbst dein Kind belügst oder über die Nachbarn oder andere Menschen herziehst oder es mit Eigentum nicht so genau nimmst (auch Eigentum deines Kindes) oder den ganzen Abend vor der Glotze sitzt oder körperliche Gewalt bei deinem Kind anwendest oder rumschreist, dann wirst du deinem Kind schwerlich was anderes vermitteln können.

Gruß
M.

Hallo Marion,

Dafür brauchst du doch kein Buch. Vermittel und lebe doch
einfach die Werte und Vorstellungen, die dir wichtig sind oder
an die du glaubst.

das tue ich natürlich. Wie gesagt, ich suche keine Handlungsanweisung, nur die Erfahrungen und Meinungen anderer zum Thema.

Und wenn du glaubst, dass das alte Pony zu Katzenfutter
verarbeitet wird und das wars, nix mit Himmel, dann kannst du
das auch so vermitteln. Wird deinem Kind auf jeden Fall
leichter fallen, wenn es sich mal fragen sollte, woher die
Wurst auf dem Tisch kommt.

Das werde ich mittelfristig natürlich so machen (ich bin übrigens seit 30 Jahren Vegetarier, Wurst gibt es hier kaum…). Die Frage ist, ob das ein 3jähriges Kind schon in drastischer Darstellung verträgt?

Wichtig dabei ist nur, dass du deine Werte und Vorstellung für
dich selbst gut begründet und verinnerlicht hast. Denn du
kannst sicher sein, die Frage „warum“ wird nicht lange auf
sich warten lassen :smile:

Auch hier wieder: ja, habe ich. Könnte ich Dir auch jederzeit gerne erklären. Aber ich finde es schwierig, das altersgerecht zu verpacken.

Auch sollte man glaubhaft bleiben. Kinder lernen durch
Vorbild. Wenn du also selbst dein Kind belügst oder über die
Nachbarn oder andere Menschen herziehst oder es mit Eigentum
nicht so genau nimmst (auch Eigentum deines Kindes) oder den
ganzen Abend vor der Glotze sitzt oder körperliche Gewalt bei
deinem Kind anwendest oder rumschreist, dann wirst du deinem
Kind schwerlich was anderes vermitteln können.

Ohne mich jetzt als Gutmensch abstempeln zu lassen - da bin ich schon sehr glaubhaft. Und das funktioniert bisher auch hervorragend im Zusammenleben. Das Allermeiste von dem, was man unter „Erziehung“ zusammenfasst, funktioniert bei uns schlicht durch Nach-, ausgesprochen selten nur durch _Er_mahmung. Aber das System finde ich auf Relegion nicht so einfach anzuwenden.

Gruß
Ramona

Moin,

Das werde ich mittelfristig natürlich so machen (ich bin
übrigens seit 30 Jahren Vegetarier, Wurst gibt es hier
kaum…). Die Frage ist, ob das ein 3jähriges Kind schon in
drastischer Darstellung verträgt?

Wenn Kinder auf dem Lande aufwachsen, dann ist es für sie selbstverständlich, dass Tiere getötet werden, um gegessen zu werden. Dass mag aus anderer Sicht „drastisch“ anmuten, aber ich denke nicht, dass die Kinder das so empfinden.

Aber nehmen wir mal den Fall, dass ein geliebtes Pony stirbt. Da bist du dann gefragt, was deiner Meinung nach Tod überhaupt ist, bzw. woraus ein Lebewesen überhaupt besteht. Besteht es für dich aus Körper und Geist, die auch getrennt voneinander existieren könnten? Dann kannst du deinem Kind erklären, dass der Körper begraben wird (muss ja nicht gleich die Katzenfutternummer sein) und was passiert mit dem Geist? Hier bist du gefragt, was du glaubst. Wenn dir nichts einfällt, dann kannst du auch ruhig sagen, dass du es nicht weißt, dass aber manche Menschen glauben, der Geist kommt an einen anderen Ort, oder manche Menschen glauben, er wird auf der Erde mit einem anderen Körper wiedergeboren usw, dass es aber keiner so genau weiß, (Dies bietet sich auch als Erklärung an, da dein Kind früher oder später auch mit anderen, z.B. christlichen Auffassungen vom Tod konfrontiert werden wird, und das dann gleich einordnen kann), aber dass du persönlich dieses oder jenes glaubst. Auch solltest du gegebenenfalls erklären können, ob es deiner Meinung nach da Unterschiede zwischen Mensch und Tier gibt. Wenn du jedoch der Meinung bist, dass der körperliche Tod auch das Ende für den Geist bedeutet, dann kannst du das auch genau so rüberbringen. Dann gibt es das Lebewesen eben nach dem Tod nicht mehr und der Körper zerfällt in seine Bestandteile. Das Pony wird dann zum Teil der eigenen Erinnerungen. Auch kann es hilfreich sein, dann mit dem Kind ein Erinnerungsalbum oder eine Erinnerungsbox anzulegen, mit Photos vom Pony, vielleicht einer Haarsträhne, einem Hufeisen, einer Leine oder was auch immer.

Auch hier wieder: ja, habe ich. Könnte ich Dir auch jederzeit
gerne erklären. Aber ich finde es schwierig, das altersgerecht
zu verpacken.

Die Frage ist ja immer, was altersgerecht eigentlich ist. Ein Kind, das weiß, dass „Himmel“ das da über uns mit den Wolken, der Sonne und den Sternen ist, das wird vermutlich eher verwirrt bei der Vorstellung sein, dass da auch tote Ponys rumfliegen sollen.

Gruß
M.

Hallo,

Wie vermeide ich die übliche Erklärung, dass das alte Pony in den Himmel galoppiert ist und wodurch kann ich die altersgerecht ersetzen?

Die Frage eines Kindes hin und wieder damit beantworten, dass man selbst die Antwort auch nicht kennt, eröffnet oft ganz neue Wege der Auseinandersetzung mit bestimmten Themen und kann eine ganz besondere Nähe zwischen Erwachsenem und Kind schaffen.

Wenn der - in Kinderaugen oft nahezu allmächtige und allwissende - Erwachsene sich auch immer wieder als Fragender begreift und zeigt, vermittelt er dem Kind, dass es in Ordnung ist, manches nicht zu wissen und dass es gleichzeitig unglaublich spannend sein kann, sich auf die (gemeinsame) Suche nach einer Antwort zu machen.

Wenn es dir gelingt, gleichzeitig genügend Vertrauen in dein Kind zu haben, dass es seine Antworten auf gewisse Fragen selbst finden kann, wenn du ihm nur zeigst, wie man Fragen stellt, hast du mit hoher Wahrscheinlichkeit ein mindestens gleichwertiges Pendant zum religiösen Himmel geschaffen.

Mag sein, dass dein Kind irgendwann die „Himmelsidee“ als tröstlich empfindet und für sich aufgreift, wenn es im Kontakt mit religiös geprägten Kindern und Erziehern/ Lehrern darüber ins Gespräch kommt. Dann wird dir die Fähigkeit, die Gedanken deines Kindes nicht als „richtig“ oder „falsch“ zu bewerten, sondern in der Offenheit des nicht Wissens zu bleiben, vermutlich helfen, es nicht in Konflikte zu bringen.

Empfehlen kann ich dir dieses Buch
http://www.amazon.de/Siehst-Welt-auch-Philosophieren…

Wenn du unter dem Thema „Philosphieren mit Kindern“ googelst, wirst du sicher noch eine Menge mehr Interessantes und Undogmatisches finden, das dir hilft, Werte zu schaffen, ohne zu Entscheidungen zu drängen.

Ich unterrichte an einer Schule, die Erzieherinnen ausbildet, und wir vermitteln unseren Schülerinnen den Weg des Philosophierens mit Kindern auch als Methode, in Kindertagesstätten mit Kindern ohne Religion und solchen aus unterschiedlichen Religionen über Werte zu kommunizieren. Die Offenheit, die sowohl daraus entsteht, dass jedes Kind „behalten“ darf, was es mitbringt und gleichzeitig die Freiheit hat, über wichtige Fragen des Lebens nachzudenken und zu sprechen, erweist sich immer wieder als sehr hilfreich.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo,

Das werde ich mittelfristig natürlich so machen (ich bin
übrigens seit 30 Jahren Vegetarier, Wurst gibt es hier
kaum…). Die Frage ist, ob das ein 3jähriges Kind schon in
drastischer Darstellung verträgt?

Das ist ja der Trick dabei :smile:
Jeder Mensch, egal ob Kind oder Erwachsener stellen sich Erzählungen nur so vor, wie ihre Fantasie bzw. Geist es schon zulässt.
Dein Kind hat bei der Ponny- Sache, ganz andere Bilder im Kopf, wie ich :smile: Hoffe ich zumindest.
Wenn du es ihm ganz einfach, sachlich erzählst wird dein Kind auch so eine Gesichte interessant finden.

Wichtig dabei ist nur, dass du deine Werte und Vorstellung für
dich selbst gut begründet und verinnerlicht hast. Denn du
kannst sicher sein, die Frage „warum“ wird nicht lange auf
sich warten lassen :smile:

Auch hier wieder: ja, habe ich. Könnte ich Dir auch jederzeit
gerne erklären. Aber ich finde es schwierig, das altersgerecht
zu verpacken.

Hier finde ich es wichtig, dem Kind nichts zu erzählen wonach es nicht gefragt hat. Ich bin gerade Schwanger und habe mehrere Kinder in meinem Umfeld. Es war sehr interessant, wie die Kinder darauf reagiert haben. Die kleinen wollten eher wissen wann das Baby denn kommt und ob es mit ihnen spielt.
Die Größeren waren dann schon sehr daran interssiert wie das Baby in den Bauch gekommen ist. Und meine kleine Cousine wollte dann gleich ein Buch mit Bildern etc. haben.
Ich denke auch es hätte die kleinen Kinder überfordert, wenn ich ihnen schon den kompletten Geburtsvogang erzählt hätte. Auch wenn sie es sich natürlich nicht so „brutal“ vorstellen.

Ich persönlich erzähle meinem Kind nichts über Gott. Wir sind auch alle nicht getauft. Allerdings finde ich es unglaublich schwer das Kind religionfrei zu erziehen. :smile: Zumal ich auch zwischen Körper und Geist unterscheide…

Dir viel Erfolg.

Gruß Jenny

Gruß
Ramona

Danke!
Vielen Dank Euch Dreien für die Anregungen, sie haben mir sehr geholfen!

Verstehe das Problem nicht ganz
Hallo!
Da wir beide nicht religiös sind, haben wir natürlich unserem Kind das auch entsprechend mitgegeben.
Wir sind ziemlich verwurzelt in den Naturwissenschaften und eigentlich immer gut damit gefahren, die Dinge beim Namen zu nennen.

Und dabei würde ich mich über Hilfe freuen. Religion hat die
kinderfreundlicheren Theorien, so scheint mir… Wie vermeide
ich die übliche Erklärung, dass das alte Pony in den Himmel
galoppiert ist und wodurch kann ich die altersgerecht
ersetzen?

Ich bin mir nicht sicher, ob das kinderfreundlich ist. Das Pony ist tot und kommt nicht wieder. Fertig aus. Das ist traurig, aber nicht zu ändern. Den Rest erfragen sich die Kinder normalerweise Schritt für Schritt.

Wir machen da aber auch kein Dogma draus. Unser Sohn nahm z. B. teilweise am evangelischen Schulunterricht teil (nicht durch Pastoren unterrichte, das hätte ich auch nicht gut gefunden). Ich finde schon, dass die christliche Religion (wie auch andere) Teil unserer Kultur ist und deswegen ein Grundwissen darüber durchaus angebracht ist.

Einige christliche Rituale sind ja auch sehr sinnvoll: Das Morgengebet in der Schule sehe ich als Ritual zum gemeinsamen Anfang und zum Start in eine konzentrierte Arbeitsatmosphäre, Weihnachten in der dunklen Jahreszeit als Ruhepol und Gelegenheit zum Treffen mit Freunden und und Familie… Solche Dinge benutzen wir und leben und deuten sie so, wie es in unsere Welt passt. Es gibt da ja keine Vorschriften.

Und auch die Vorgabe, dass man sich als unreligiöser Mensch nicht über gläubige Leute lustig macht, steht bei uns im Mittelpunkt.

Da Buch hier sieht für mich noch interessant aus, ich werde es bestellen: http://www.amazon.de/Gut-sein-ohne-Gott-Weltanschauu…
Für ältere Kinder gedacht.

Wir haben uns da ehrlich gesagt, nie so grundlegend Gedanken drum gemacht. Es ist für uns selbstverständlich, dass wir dem Kind die Welt so erklären, wie wir sie auch verstehen, ohne Zuhilfenahme von Religion.

Und so Grundwerte wie: Respekt voreinander, Fähigkeit zum Mitleid, Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und solche Dinge leben wir (so gut es uns eben möglich ist, keiner ist perfekt) täglich vor.

Und bei kleinen Kindern geht es doch sowieso mehr um die Praxis als um die philosophische Theorie.

Grüße
kernig

Hi,
ich stehe auch überhaupt nicht auf reliöse Erziehung, aber dadurch, das man damit überall, spätestens im Kindergarten und dann auch in der Schule (Weihnachtsgottesdienst, Einschulungsgottesdienst…) damit umgeben wird, kommt man nicht drumherum seinen eigenen Weg dazwischen zu finden. Ob wir bei solchen Anlässen in die Kirche gehen oder nicht, habe ich immer die Kinder entscheiden lassen.

Man wird duch den äußeren Einfluß immer wieder mit den Kindern diskutieren müssen, wobei ich denke, die beste Art damit umzugehen ist, in - pädagogisch korrekten :smile:) - Ich-Botschaften die eigene Meinung kund zu tun und daneben alle (momentanen) anderen Meinungen respektvoll und ohne Zwang zu akzeptieren („Wenn du glauben möchtest, dann tue es“). Respekt lebe ich in diesem Zusammenhang z.Bsp. so vor, indem ich in der Kirche aufsteht, wenn es alle tun, aber bewußt nicht mitsinge oder bete, weil ich eben nicht an den glaube, dem dieses Tun gewittmet ist. So vermittelt man Respekt vor den Menschen und ihren Bräuchen ohne sich selbst zu verbiegen.

Allerdings erwarte ich Respekt auch von der anderen Seite. Ich lasse mich da auch nicht auf Diskussionen ein, denn über Geschmack läßt sich ja bekanntlich nicht streiten und beim Glaube ist das nun mal ebenso, denn wenn es mehr wäre als „Glauben“, wäre es ja „Wissen“.

Alles in Allem gehe ich aber (und damit auch meine Kinder) so vielen religiösen Aktivitäten wie möglich aus dem Weg: Hier auf dem Land ist ständig und bei allen möglichen Festen und Aktionen Gottesdienste inklusive, dann komme ich halt später hin oder halte mich abseits. Ich lege halt mehr Wert auf nette persönliche Kontakte, ohne einen Hehl aus meiner atheistischen Einstellung zu machen, aber auch ohne groß Diskussionen anzuzetteln. Damit bin ich bis jetzt gut gefahren.

Zum Thema Tot habe ich meinen Kindern folgendes erzählt: Für mich ist der „Himmel“ (hier benutze ich einfach die christliche Vokabel) in meinem Herzen (und nicht irgenwo weit weg oben), das soll heißen, solange ich an einen verstorbenen lieben Menschen (oder tierischen Freund) denke, solange ist alles o.k. und es ist auch alles erlaubt - Freude das man ihn gehabt hat und Trauer das er weg ist. Dazu brauche ich kein Ritual und keinen Gott. Und die Frage nach dem Warum jemand gestorben ist handeln ich einfach so ab, dass ich erkläre, dass das Leben nun mal einen Anfang und ein Ende hat - Schluß-Punkt-aus. Ich reiße da stoisch mein „Ist halt so“ runter. O.k., man sagt halt auch „Der war alt oder krank…“ aber das ändert letztendlich nichts an der Tatsache, das es ist wie es ist. Wenn die Kinder größer sind kann man auch (wie schon angeregt philosophisch) diskutieren, was z.Bsp. wäre, wenn es keinen Tot gäbe, Gäbe es dann auch keine Geburt?. Wenn sie aber ihre eigenen Vostellungen kundtun („die Oma ist jetzt ein Stern“ oder „die Oma ist jetzt im Himmel“) dann lasse ich das einfach so stehen und akzeptiere ohne großen Kommentar die momentane Glaubenslage der Kinder.