Hallo Christopher,
Die
Sprachbenutzer, die allerdings, wie erwähnt, wohl größtenteils
der Ansicht anhängen, dass es eben doch richtige und falsche
Wörter oder jedenfalls gute und weniger gute gibt.
Ich weiß nicht, ob ich Dir hier zustimmen möchte. Wir alle sind SprachbenutzerInnen. Einige nutzen sie nur, andere machen sich aber auch Gedanken darüber und beteiligen sich an Diskussionen wie z.B. dieser hier. Aber nur diese werden wahrgenommen. Das bedeutet, dass Du beim Betrachten der Diskussionen logischerweise nur die wahrnimmst, die sich beteiligen - und die haben eine Motivation, sich zu beteiligen. Das wird meist die Wahrnehmung sein, dass nach den eigenen Kriterien etwas falsch läuft. Und das könnte die der Gebrauch „falscher“ Wörter sein. Blickt man also nur auf die Diskussionen, selektiert man die Leute, die Ansichten und Kriterien haben. Die reinen Nutzer werden ausgeblendet, auch wenn sie den Sprachgebrauch (siehe unten) beeinflussen.
Ob sich ein
Wort durchsetzt oder nicht, wird somit zumindest in Sprachen,
die so stark standardisiert und kodifiziert sind wie das
Deutsche und in denen es einen breiten linguistischen Diskurs
gibt, auch durch sprachkonservative Einzelpersonen und Medien
bestimmt.
Dieser Satz wird durch den Gebrauch von „auch“ so allgemein, dass er nicht falsch sein kann. Ich bin nicht vom Fach, vermute aber, dass Sprache durch Gebrauch gelernt wird, also vornehmlich durch Hören und Lesen. Wenn ich nicht weiß, wie ein Wort geschrieben wird, schließe ich die Augen und stelle mir die verschiedenen Wortbilder vor und wähle dann das, das nicht „seltsam“ aussieht. Da heute jedeR die Möglichkeit hat, sich durch die Verwendung elektronischer Medien schriftlich zu äußern und diese Äußerungen auch eine große Reichweite erlangen können, sollte dieser Aspekt bei der Sprachentwicklung nicht außer Acht gelassen werden. Ich kenne Leute, die Wörter in unterschiedlichen Schreibweisen eingeben und für den eigenen Gebrauch die auswählen, die mehr Treffer hat. Ich weiß nicht, ob dieses Vorgehen „richtig“ oder „falsch“ ist, es könnte aber sinnvoll sein. Und es setzt eine Dynamik in Gang.
Ein Wort noch zur Motivation derjenigen, die Wörter nach logischen Kriterien gebildet sehen wollen: Wenn wir davon ausgehen, dass die Realität von kausalen Zusammenhängen bestimmt wird, dann sollte auch Sprache in ihrer Grundstruktur logisch sein (cum grano salis). Eine konkrete Sprache wird natürlich in bestimmten Teilen willkürlich sein, in anderen nicht. Auf jeden Fall treten durch die Entwicklung einer Sprache viele Inkonsistenzen auf, die das Erlernen einer Sprache zumindest nicht erleichtern. Ich bin der letzte, der den „Gesichtserker“ oder den „Viertopfzerknalltreibling“ einführen will, aber ich bin oft genug im Rahmen eines „Meetings“ (sic!) knietief in leeren Worthülsen gewatet, um Sympathie mit den Leuten zu entwickeln, die logische Kriterien einfordern. Ich habe nämlich das Gefühl, dass heutzutage sehr oft geistige Leere durch die Verwendung pompöser Wörter übertüncht werden soll. Ich habe nichts gegen die Übernahme englischer Wörter dort, wo sie sich eingebürgert haben oder Sachverhalte kürzer und prägnanter beschreiben, als das im Deutschen möglich wäre. Wenn die eigentliche Botschaft bei der Verwendung englischer Wörter aber lautet: „Sehr her, ich bin hip, smart und clever (habe aber weder Ahnung noch ein Konzept)!“, dann brauche ich das nicht. JedeR, der oder die bereits einmal aufgefordert wurde, eine „vorstandstaugliche“ Folie zu produzieren, weiß, was ich meine.
Wenn es nicht darum geht, Inhalte zu vermitteln, sondern zu verdecken, wenn die eigentliche Botschaft in der Konnotation steckt, dann handelt es sich entweder um Kunst oder um Sprachmissbrauch - und ich glaube, dass das auch die eigentliche Motivation vieler Leute ist, sich gegen Teile des aktuellen Sprachgebrauchs zu stellen.
Grüße, Thomas