Hinrichtung einer zaubernden Kuh

Hallo,

in einem Kalender bin ich auf folgende kuriose Information gestoßen:
„1740 wurde in Frankreich eine Kuh der Zauberei für schuldig befunden und gehängt“.

Kaum habe ich bei Google „1740“ eingegeben, wurde auch schon „Frankreich Kuh Zauberei“ als Ergänzung vorgeschlagen :smile:

Leider folgen dann aber nur Dutzende von Seiten, die genau diesen einen Satz wiedergeben und sonst nichts.

Weiss jemand vielleicht mehr?
Hat dieses Ereignis wirklich statt gefunden oder ist das nur eine Erfindung?
Falls es wahr sein sollte: was genau hat man der armen Kuh denn vorgeworfen? Wie darf man sich so einen Prozess vorstellen?

Liebe Grüße,
Goldammerle

Hallo Goldammerle,

Schau mal unter dem Link http://de.wikipedia.org/wiki/Tierprozess und unter der dort aufgeführten weitergehenden Literatur. Besonders ergiebig ist wohl „The criminal prosecution and capital punishment of animals“ http://www.archive.org/stream/criminalprosecut00evan….

Gruß
Hardey

Hallo,

da würde ich mal ein großes Fragezeichen hinter machen…hinter das Erhängen der Kuh nämlich.

Denn je nach Rasse wiegt so ein Rindvieh bis zu 900 Kg und da wäre ein Seil dann eigentlich schon zu dick,um das klassische Erhängen durchzuführen,ganz abgesehen von der Sonderkonstruktion eines Galgens dafür.

Viel wahrscheinlicher ist das normale Abschlachten durch Durchschneiden der Kehle.(Denn so konnte man das Fleisch hinterher noch gebrauchen).

Man sollte schließlich nicht vergessen,das im Mittelalter Milchkühe ein wertvoller Besitz waren.
Denn eine Milchkuh produzierte damals pro Jahr etwa die 10-fache Menge an MIlch ihres Eigengewichtes (also 500 Kg Gewicht = 5.000 Kg MIlch oder 5.000 Liter).

MIt enem Vorwurf wie Zauberei konnte man also sehr gut unliebsame Konkurrenten ausschalten.

Hallo,
die Geschichte ist aus mehreren Gründen äußerst unplausibel. Tierprozesse wurden bereits im 16. Jahrhundert stark kritiisert, ein Tierprozess um die Mitte des 18. Jahrhunderts ist mehr als unwahrscheinlich. „Zauberei“ war auch kein Delikt, wegen dem Tiere angeklagt wurden: Eine Verbindung zum Teufel sah man hingegen bei Schädlingen; so gab es z.B. Maikäferprozesse was nun allerdings nicht heisst, man hätte diesen Zauberei unterstellt. Möglich, dass eine Kuh verurteilt wurde, weil sie den Tod eines Menschen verursacht hatte oder als Objekt sodomistischer Handlungen missbraucht worden war (wenn auch wohl kaum noch im 18. Jahrhundert); wegen Zauberei ist hingegen abwegig.

Dass es ziemlich absurd ist, eine Kuh durch Erhängen zu töten, wurde schon geschrieben (btw: 1740 ist nicht mehr Mittelalter). Erhängen wurde zwar bei Schweinen oder Wölfen angewandt, aber das ist eine andere Größenordnung. Rinder hätte man wohl eher ertränkt.

Schließlich sollte man erwarten können, dass sich zu der Geschichte, die ja in Frankreich vorgefallen sein soll, im Internet auch französische Quellen finden lassen. Fehlanzeige. Auch die deutschsprachigen Fundstellen scheinen alle denselben Ursprung zu haben. Ich vermute hier ‚Das Handbuch des nutzlosen Wissens‘ von Hanswilhelm Haefs (dtv München 1989). Dort selbstverständlich auch ohne Quellenangabe oder nähere Angabe weiterer Umstände. M.E. ein typischer Fall von Informationsverschmutzung.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Hardey,

vielen Dank für deine Antwort und die Links!
Ich wusste bisher gar nicht, dass es so etwas wie Tierprozesse wirklich gab.

Liebe Grüße

Hallo,

erstmal vielen Dank für deine Antwort!

da würde ich mal ein großes Fragezeichen hinter
machen…hinter das Erhängen der Kuh nämlich.

Denn je nach Rasse wiegt so ein Rindvieh bis zu 900 Kg und da
wäre ein Seil dann eigentlich schon zu dick,um das klassische
Erhängen durchzuführen,ganz abgesehen von der
Sonderkonstruktion eines Galgens dafür.

Ja, darüber habe ich mich auch gewundert :smile:

Man sollte schließlich nicht vergessen,das im Mittelalter
Milchkühe ein wertvoller Besitz waren.

MIt enem Vorwurf wie Zauberei konnte man also sehr gut
unliebsame Konkurrenten ausschalten.

Der Vorfall hat sich angeblich 1740 ereignet; da war das Mittelalter schon vorbei :wink:
Aber den Gedanken kann man vermutlich auch auf das 18. Jahrhundert übertragen.

Liebe Grüße

Hallo,

vielen Dank für deine sehr interessante und informative Antwort! :smile:
Ich wusste bisher gar nicht, dass es so etwas wie Tierprozesse überhaupt gegeben hat.
Allerdings habe ich schon vermutet, dass die Behauptung, 1740 wäre eine Kuh erhängt worden, wohl falsch sein muss.
Ich finde es auch immer recht schade und nervig, dass „Wissen“, insbesondere Kuriositäten, nie überprüft oder belegt werden, sondern einfach 1:1 kopiert und weitergegeben werden.

Liebe Grüße,
Goldammerle

Französische Quelle
Moin,

in Frankreich kursiert dieses Gerücht ebenfalls. Ich habe eine französische Seite gefunden, auf der das Ereignis etwas detaillierter dargestellt wird, aber halt ebenfalls ohne Quellenangabe:

L’avènement de la Renaissance ne changea guère les mentalités et l’on continua à considérer les animaux comme des justiciables ordinaires. Il a fallu attendre 1740 pour voir le dernier procès d’un animal en France: une vache fut pendue après avoir été reconnue coupable de sorcellerie.
http://pourunevraiegauche.over-blog.com/article-le-s…

Sinngemäß: Trotz Renaissance hielt man Tiere weiterhin für justiziabel. Erst 1740 machte man in F zum letzten Mal einem Tier den Prozess: eine Kuh wurde erhängt, weil sie der Hexerei für schuldig befunden wurde

Muuuuh!
Pit

Hallo,

ja ich halte die Geschichte in der Form für „Erfunden“…eine Kuh war ein wertvoller Besitz und das bis in das 20.Jahrhundert hinein auch hier in D und den anderen Nachbarn in EU.

Früher sagte man nicht umsonst zur Ziege die „Kuh des kleinen Mannes“…

ot Milchleistung
Hallo!

Man sollte schließlich nicht vergessen,das im Mittelalter
Milchkühe ein wertvoller Besitz waren.
Denn eine Milchkuh produzierte damals pro Jahr etwa die
10-fache Menge an MIlch ihres Eigengewichtes (also 500 Kg
Gewicht = 5.000 Kg MIlch oder 5.000 Liter).

5.000 kg jährliche Milcheistung im Mittelalter?
Woher hast denn diese Angabe?
Mit Sicherheit nicht.
Ich würde da fast eine Null wegstreichen oder die Angabe als Lebensleistung nehmen.

Schmälert freilich nichts an deiner Grundaussage zum Wert einer Kuh, daher gänzlich off topic.

Gruß
Tyll

Hallo,

gerade die hohe Milchleistung dürfte der eigentliche Grund für solche Aberwitzigen Vorwürfe wie Zauberei gewesen sein…auch hier wieder Neid und wirtschaftliche Interessen.

Denn wenn man (sofern es sie noch gibt) wilde Kühe als Vergleichsmaßstab nimmt,produzieren sie 8 Kilo (8 LIter) Milch am Tag…

Und die Milchproduktion hing neben der Rasse und den klimatischen Verhältnissen damals natürlich auch sehr vom Einfühlungsvermögen des Bauern ab.

Heutzutage bekommt man es ja kaum noch zu sehen…aber in den 1950-Jahren,als die Kühe noch täglich von den Weiden zum Melken auf den Hof geholt wurden,konnte man
genau so,welcher Bauer es mit „ihnen“ konnte…

Hallo!

Denn wenn man (sofern es sie noch gibt) wilde Kühe als
Vergleichsmaßstab nimmt,produzieren sie 8 Kilo (8 LIter) Milch
am Tag…

Sorry, auch das glaub ich dir nicht.
Um selbst was vorzulegen:
Hier ein Link, der für ca. 1910 einen (plausiblen) Durchschnittswert von 2.500 kg angibt (das entspricht exakt deinen 8kg täglich).
http://www.aelf-an.bayern.de/tierhaltung/15090/index…

Hier ein Link, der für „das Mittelalter“ eine Milchleistung von 3kg pro Tag angibt: 300*3kg= 900 kg im Jahr.
http://www.brandenburg1260.de/wiederkaeuer.html

Beides unbefriedigende Links, weil nicht nach Rasse, Region usw differenziert, aber immerhin ganz andere Hausmarken als deine 5.000 (welche in Deutschland als Durchschnittswert m.E. erstmals in den 1960er bis 1990er Jahren erreicht wurde; je nach Definition des Durchschnitts).

Gruß
Tyll

Hallo,

passt nur bedingt hierher.

In China gibt es eine Minderheit, die Dong
Bei denen wird einmal im Jahr eine Kuh durch das Dorf gehetzt, sie soll alles Schlechte im Dorf aufnehmen, dann wird sie gefesselt und an einem Baum aufgehängt, bis zum Tode.

Gruß aria

Hallo,

soso…wo Bäume denen Heilig sind??..recht unglaubwürdig…vor allem bei einem stark
Landwirtschaftlich orienterten Volke…

Nicht das solche keine „Tieropfer“ kennen…aber die Glaubensvertreter
(ob sie sich jetzt Priester,Schamane oder wer weiss wie nennen…)
waren und sind in allen Religionen immer sehr praktisch
veranlagte Menschen gewesen…*g*…

Und Erhängen war (bei den Menschen) eine Leidensstrafe
man starb nicht sofort daran…sondern die Todesqualen zogen sich über Stunden oder Tage hinweg (so wie es noch heute im Asiatischen Raume mit Hunden praktiziert wird).
Im Gegensatz zu den Hunden,bei denen diese Folter nach wenigen Stunden zum Tode führt,ist bei einer Kuh mit Tagen zu rechnen…und damit ein Verzehr des Fleisches nicht mehr möglich (Stichwort Nekrophiles Gewebe).

Glaubst du wirklich,jemand bringt sich freiwillig um den Festschmaus einer Kuh,wenn es sonst nur Reis gibt ???..:smile:)

Hallo,

die 8 Kilogramm Milch sind die natürliche Milchleistung einer Kuh,die ein Kalb hat.

Das ist genetisch programmiert…und hat nichts mit den Menschen zu tun…

Der Mensch hat sich aber schon immer sehr gut darauf verstanden,Tiere zu domestizieren und nicht nur das…

Von daher wäre ich auch vorsichtig mit Statistiken…vor allem aus Zeiten,wo der Bauer nach der Milchleistung besteuert wurde…und nicht nur die.

Hallo,

Hallo,

Und Erhängen war (bei den Menschen) eine Leidensstrafe
man starb nicht sofort daran…

wo hast du das her? Es kommt darauf an, wo der Knoten sitzt…

Gruß
rolli

Hallo Frank Mueller,

nicht was ich glaube ist wichtig, sondern die Bilder Anfang der Woche in der BZ.-
Berliner Zeitung.

Gruß aria

Hallo Rolli,
wie lange das Tier dort baumelte bis der Tod eintrat stand nicht dabei, man sah nur das arme Tier, gefesselt und baumelnd, umringt von den Dorfbewohnern.
Nach dem es ja die Schlechtigkeiten des Dorfes „aufgenommen“ hatte, kann ich mir nicht vorstellen, dass es noch gegessen wurde.
Aber was können wir uns schon vorstellen?

LG aria

Hallo,

die 8 Kilogramm Milch sind die natürliche Milchleistung einer
Kuh,die ein Kalb hat.

Ja, das gilt aber nur für eine begrenzte Zeit.
http://de.wikipedia.org/wiki/Laktationsperiode
Und mag auch im Mittelalter eine Spitzenkuh schon 15…20 Liter /Tag für kurze Zeit nach dem Kalben abgegeben haben, so schaffte sie das nimmer länger als ein paar Wochen.
Dann geht die Milchleistung wieder steil bergab, so daß die 5000kg/Jahr sehr utopisch für frühere Zeiten sind.
Solche Milchleistungen galten auch noch Mitte des 20JH als sehr gut.
Und auch heute schaffen nur weniger Rassen die 5000kG/Jahr zu überbieten.

Das ist genetisch programmiert…und hat nichts mit
den Menschen zu tun…

Blödsinn.
Du rechnest offenbar die Milchleistung kurz nach dem Kalben komplett auf Jahr hoch,
ohne Berücksichtigung der natürlichen Laktationskurve.
Aber selbst dann wären 5000kg/Jahr durchschnittlich 13,7 Liter, also weit über den 8 Litern/Tag für eine Kuh, die frisch gekalb hat.

Gruß Uwi

Servus,

es geht bei einer Jahresleistung von 5.000 kg um durchschnittlich 16,4 kg/Tag, weil die Laktationsperiode einer Milchkuh etwas mehr als 300 Tage ausmacht. Die übrigen gut zwei Monate steht sie trocken.

Eine Kuh mit dieser Leistung gibt frischmelkend etwa 24 Liter am Tag, d.h. das Dreifache der angegebenen 8 Liter.

Eine durchschnittliche Milchleistung von 5.000 kg p.a. wurde in der BRD etwa 1980 erreicht. Am Anfang der Erfassungen, die brauchbare Daten liefern, in den 1870er Jahren, betrug sie etwa die Hälfte.

Für frühere Zeitpunkte kann man nur mehr oder weniger grob schätzen. Im achtzehnten Jahrhundert sind wohl etwa 1.500 kg realistisch.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

1 Like