Historischer Zusammenhang /Kontext

Guten Abend zusammen,

folgende Aufgabe muss ich bearbeiten:

„Stellen Sie die Rede Luthers in ihren historischen Zusammenhang.“

Es geht hier um die Rede, die Luther am 18. April 1521 in Worms gehalten hat. Ich habe sowas noch nie gemacht und deswegen poste ich hier. Ich habe da schon mal was vorbereitet, bin mir aber nicht sicher ob ich auf dem richtigen Weg bin.

„1483 wird Martin Luther als Sohn eines Bergbauer – Ehepaars in Eisleben geboren. Im Jahre 1505 tritt Luther ins Erfurter Kloster der Augustiner-Eremiten ein wo er zwei Jahre später zum Priester geweiht wird. Später (ca. 5 Jahre danach) promoviert er in Wittenberg zum Doktor der Theologie und wird danach auch Prediger in der Stadtkirche. Martin Luther wurde in eine Zeit voller theologischer, kirchlicher sowie gesellschaftlicher Probleme hineingeboren. Die Kirche war geprägt von Dekadenz, Macht- und Geldgier. Wer die Missstände (wie z.B. Ablasswesen) der Kirche offen anklagte oder Reformen vorschlug, wurde exkommuniziert oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Um diesen Missständen entgegenzuwirken, entwickelte Luther 95 Thesen gegen den Ablass. Die Thesen wurden entgegen der ursprünglichen Absicht Luthers ins Deutsche übersetzt und verbreiteten sich sehr schnell. Auch Albrecht von Brandenburg erhielt die 95 Thesen und leitete sofort ein Verfahren gegen Luther ein.“

Ich bin zwar noch nicht fertig aber stellt man so eine Rede in historischen Kontext / Zusammenhang? Bin ich auf dem richtigen Weg?

LG

Hallo Alejandro,

naja es fehlt wohl, dass der Kaiser (dem Luther die Rede hielt) katholisch war. Die Rede ist deswegen so brisant, weil gewissermassen der Erzketzer mit dem Gralshüter hochoffiziell zusammentraf. Der Kaiser griff in der Folge nicht sehr heftig gegen Luther durch. Traurigster Nachklang des Ganzen ist wohl 1527 der Einmarsch kaiserlicher Truppen inkl. vieler Lutheraner in Rom und das Sacco di Roma, eines der schwersten Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Gruss,
Mike

Hi Mike,

vielen Dank für deine Antwort und die Informationen.

Richtig, mir fehlt noch einiges. Es ging mir nur darum, dass ich mir unsicher bin wie man so eine Rede in historischen Kontext stellt.

Sicherlich meinst du mit

Der Kaiser griff in der Folge nicht sehr heftig
gegen Luther durch

, dass normalerweise Luther als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden wäre. Oder?

Hallo Alejandro,

es geht um seine Bewegung, nicht so sehr um seine Person. Die Bewegung war in den Jahren zuvor schärfer verfolgt worden als danach.
Der Person drohten von zwei Seiten Gefahr: von der Kirche und vom Kaiser. Beide Seiten hatten Interessen ihm gegenüber und verhandelten. Die folgende Gefangenschaft Luthers war da eine eher logische Folge, die zwar in der Praxis auch eher milde blieb, jedoch wohl aufgrund von Entscheidungen vor Ort. Die Etablierung protestantischer Fürsten und Soldaten zwang jedoch den Kaiser zu relativ grosser Zurückhaltung gegenüber der lutherischen Bewegung, und hiezu mag eben auch die Rede eine Rolle gespielt haben.

Gruss,
Mike

Hallo Mike,

Die folgende Gefangenschaft Luthers war da eine
eher logische Folge, die zwar in der Praxis auch eher milde
blieb, jedoch wohl aufgrund von Entscheidungen vor Ort.

da drängt sich mir der Eindruck auf, dass Dir der historische Kontext nicht wirklich bekannt ist. Wann bitteschön soll denn Luther in „Gefangenschaft“ gewesen sein?

„Logische Folge“ seiner Kritik an der Kirche in den 95 Thesen war die Bulle ‚Exsurge Domine‘ vom 15.06.1520 mit Androhung des Banns sowie die Bulle ‚Decet Romanum Pontificem‘ vom 03.01.1521, mit der der Bann verhängt wurde. Logische Folge des Kirchenbanns war wiederum die Verhängung der Reichsacht, vor der aber nach der Wahlkapitulation Karls V. von 1519 zunächst eine Anhörung vor dem Reichstag stattzufinden hatte. Diese Anhörung am 17. und 18.04.1521 war der Anlass von Luthers Rede, nach der hier gefragt wurde. Auf die Anhörung folgte die Verhängung der Reichsacht mit dem Wormser Edikt vom 08.05.1521, das allerdings erst am 26.05. von einem Teil der Reichsstände bestätigt wurde, nachdem die Mehrheit bereits abgereist war. Das Edikt verpflichtete die Reichsstände u.a. zur Festnahme Luthers und seiner Auslieferung an die kaiserliche Justiz. Folge wäre nach dem Rechtsbrauch der Zeit seine Verbrennung als Ketzer gewesen.

Die geheime Verbringung Luthers auf die Wartburg (vorgetäuschte Entführung am 04.05.1521) geschah auf Veranlassung Friedrichs III. von Sachsen, um Luther vor einer tatsächlichen Gefangennahme bzw. Vollstreckung der Reichsacht zu schützen, nachdem die Verabschiedung des Ediktes absehbar war - Karl V. hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er Luther und seine Anhänger als Ketzer bekämpfen wollte. Der Zusicherung freien Geleits war nur bedingt zu trauen - bei Hus in Konstanz hatte man diese Zusage gebrochen und Hus noch in Konstanz verbrannt.

Von einer Haft oder „Gefangenschaft“ kann im Zusammenhang mit dem Wartburgaufenthalt (bis 01.03.1522, also knapp 10 Monate) jedenfalls nicht die Rede sein.

Freundliche Grüße,
Ralf

1 Like

Wartburg
Hallo Ralf,

Wartburg

war sehr wohl gemeint.
Man kennt mich ja sonst nicht als Wiki-Zitierer : )
aber für etliche kann dieses doch typisch sein.
Es schreibt wörtlich,
Luther sei von Friedrich „in Schutzhaft“ genommen worden.
Soviel zu Gefangenschaft

nicht die Rede sein

Gruss,
Mike

Servus, Mike

Die geheime Verbringung Luthers auf die Wartburg (vorgetäuschte Entführung am 04.05.1521) geschah auf Veranlassung Friedrichs III. von Sachsen, um Luther vor einer tatsächlichen Gefangennahme bzw. Vollstreckung der Reichsacht zu schützen,

Genau das nannte man seinerzeit Schutzhaft - ganz ohne Gänsefüßchen.

Luther sei von Friedrich „in Schutzhaft“ genommen worden.

Das Wort „Schutzhaft“ - diesmal bewusst mit Gänsefüßchen - war allerdings unter dem NS-Regime ein beliebtes Terrormittel, um unliebsame Gegner ins Gefängnis und ins KZ zu bringen.

Das Wort ist - mit Recht - so in Verruf geraten, dass man sich seiner ursprünglichen Bedeutung kaum mehr erinnert.

Lieben Gruß, Maresa

1 Like

Hallo zusammen,

ich danke euch allen für die Antworten.

Ich habe zwischenzeitlich mit meinem Tutor gesprochen. Er meinte, dass ich auf jeden Fall auf dem richtigen Weg bin. Sprich so wie ich angefangen habe ist es richtig. Ich werde jetzt dann mal mein Werk vollenden.

Nochmals vielen Dank für die Hilfe.

LG