Guten Tag,
ich habe gehört , dass die o.g. Störung überwiegend bei Frauen diagnostiziert wird. Wenn das zutrifft woran liegt das ?
Gruss Anna
Hallo,
bei Mann und Frau mit der selben Symptomatik wird wohl häufig beim Mann auf narzisstische, bei der Frau auf histrionische Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Beides ist aber verwandt, also ist die Abgrenzung ohnehin fliessend.
Woran liegt das? Gesellschaftliche Normen, Werte, Rollenverständnis, Vorurteile spielen sicher eine Rolle, aber vielleicht ist die histrionische Persönlichkeitsstörung ja auch tatsächlich bei Frauen häufiger? Vielleicht weiß jemand anderes hierzu mehr.
Gruß
Tahere
Guten Tag,
ich habe gehört , dass die o.g. Störung überwiegend bei Frauen
diagnostiziert wird. Wenn das zutrifft woran liegt das ?
Gruss Anna
vielleicht ist die histrionische Persönlichkeitsstörung ja
auch tatsächlich bei Frauen häufiger? Vielleicht weiß jemand
anderes hierzu mehr.
Hi There
Soweit ich mich erinnere, ist rein statistisch bei Frauen die hysterisch akzentuierte Persönlichkeitsstruktur etwas häufiger als bei Männern, bei Männern wiederum die zwanghafte etwas häufiger als bei Frauen.
Wie wir ja weiter unen schon diskutierten, ist das Histrionische mit dem Hysterischen nicht ganz gleich zu setzen. Ebenso ist das Narzisstische eine andere Qualität. Eine narzisstische Störung bildet sich ja schon im ersten halben Jahr des Säuglings, gehört also definitiv zu den „frühen Störungen“. Das „Histrionische“ würde ich persönlich eher später ansetzen, aber wiederum früher als das „Hysterische“, wobei es da ja nicht nur zeitlich um die Entsstehung geht, sondern der „Verarbeitungs-Typus“ ist jeweils ein anderer. Der „hysterische“ Typus ist so gesehen, der differenzierteste, reifste und hat die beste Prognose unter analytisch fundierten Behandlungs-Bedingungen.
Gruß,
Branden
Hallo,
ich habe ja keine Erfahrung mit eigener Diagnose und Behandlung, denn ich studiere noch. Aber ist es nicht so, dass die Symptomatik sehr ähnlich ist? Beides ist ja doch Cluster B mit dem Kernsymptom Impulsivität als Leitsymptom, ausgeprägte und andauernde Identitätsstörung, Beziehungsstörung, affektive Instabilität und Selbst- und Fremdschädigung. Ich stell mir das insbedondere bei nicht langfristigen Therapien, sondern bei stationärer Krisenintervention schon schwierig vor, beides auseinander zu halten.
Gruß
Tahere (nicht There!)
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Hallo,
histrionische
kannst du das Wort umschreiben? Was bedeutet es?
fragt:
Frank
Hallo,
histrionisch bedeutet das, was man umgangssprachlich hysterisch nennt (ganz grob übersetzt).
Gruß
Tahere
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Hallo,
histrionisch bedeutet das, was man umgangssprachlich
hysterisch nennt (ganz grob übersetzt).
was ist denn dann der Unterschied zwischen beiden Worten? Wäre nett, wenn das einer mal langsam für Steinmetze wie mich zum mitmeisseln mal auseinanderklamüsern könnte :o)
Gruß
Frank
Hallo Tahere (das There war ein Druckfehler)
Beides ist ja doch Cluster B
mit dem Kernsymptom Impulsivität als Leitsymptom, ausgeprägte
und andauernde Identitätsstörung, Beziehungsstörung, affektive
Instabilität und Selbst- und Fremdschädigung.
Nun ja; der „hysterische“ Typus baut sich ja klassischer Weise in der sogenannten ödipalen Phase erst richtig auf.
Zumindest findet man die „ödipale Problematik“ häufig beim hysterisch akzentuierten Persönlichkeits-Typus. Das ist gleichsam ein guter Wegweiser. Die vielen Frauen, die ich in Einzeltherapie hatte und die eine hysterisch akzentuierte Struktur und meinetwegen eine Phobie, Herzneurose oder was immer als symptomatischen Überbau hatten, die hatten fast alle eine ausgeprägte Problematikmit ihrem Vater laufen. Die „ungelöste ödipale Situation“ ist natürlich auch bei den hysteriformen Mannsbildern meist das Thema.
Gruß,
Branden
was ist denn dann der Unterschied zwischen beiden Worten? Wäre
nett, wenn das einer mal langsam für Steinmetze wie mich zum
mitmeisseln mal auseinanderklamüsern könnte :o)
Ich hab weiter unten ausführlich dazu tellung genommen, Frank. Schau mal in den Thread, wo es anfänglich noch um hebephrene Schizophrenie und den ICD 10 geht.
Gruß,
Branden
hysterisch kommt von dem griechischen wort für gebärmutter und geht auf die vorstellung zurück, daß sich die gebärmutter im körper auf die wanderschaft begibt und dadurch ein bestimmtes verhalten bei der erkrankten frau ausgelöst wird.
da diese vorstellung natürlich jedlicher grundlage entbehrt und das verhalten, durch das sich die bestimmte persönlichkeitsstörung manifestiert, nicht nur bei frauen, sondern auch bei männern vorkommen kann, wurde die bezeichnung hysterisch fallengelassen zugunsten der bezeichnung histrionisch, die auf das griechische wort für schauspieler zurückgeht.
dank der neuen bezeichnung kann man sich auch ohne größere ausbildung vorstellen, wie sich eine histrionische persönlichkeit verhält: wie ein schauspieler eben, d.h., dramatisch, mit überzogenem affekt/ gefühlsäußerungen (damit man auch in der letzten reihe mitkriegt, was auf der bühne passiert); eine primadonna, die es braucht, im mittelpunkt zu stehen, und schmollt, wenn sie es nicht tut.
Hallo,
Deine Begriffsgeschichte kann man so leider nicht ganz stehen lassen, weil sie die Sachverhalte völlig verdreht.
Sehr verkürzt:
Tatsächlich ging man in der antiken und mittelalterlichen Medizin (zurückgehend auf Aristoteles und Galen) von der „Wanderschaft der Gebärmutter“ aus; die Neuzeit aber hielt am Begriff der Hysterie bereits nur noch metaphorisch fest; spätestens ab Charcot, Janet und eben auch Freud, welche zeigten, dass die Hysterie keine exklusiv weibliche Erkrankung ist, war der Begriff engültig von den alten Vorstellungen gelöst; weshalb er nun aus den Diagnostiksystemen entfernt wurde, hat rein gar nichts mit dem Begriff selbst zu tun, sondern eher mit einer Zurückdrängung der Psychoanalyse.
Diese, und die Tatsache, dass Hysterie nicht einfach zu „histrionisch“ wurde, zeigt Branden im vorletzten Thread sehr richtig:
(weil die Verlinkung nicht klappt gebe ich seinen Text nochmal wieder:smile:
Viele Grüße
franz
Brandens Text:
Wie Du schion an anderen Beiträgen sehen kannst, hat jeder, der mit dem ICD 10 beruflich mugehen muss, so seine speziellen Ärgernisse in demselben.
Bei den Psychosen ist es noch recht übersichtlich und klar (was möglicherweise nicht zuletzt daran liegt, dass die klassischen Psychiater, die noch in der Fächerkombination Psychiatrie/Neurologie arbeiteten, daran maßgeblich mitarbeiteten, jedenfalls, was den F-Bereich, also den Psycho.-Bereich des ICD 1o betrifft), bei den Persönlichkeitsstörungen und den Neurosen wird es dann schon etwas heikler, weil spätestens da die Schere zwischen den psychoanalytisch orientierten und den „anderen“ sich zu öffnen beginnt.
Uns analytisch fundierte Fachärzte hat es eh schon immer verärgert, dass unser (nicht zuletzt durch Stavros Mentzos so wundervoll tiefgründig und zugleich glasklar beschriebenes) Feld des „Hysterischen“ mal so eben aus dem ICD 10 herausgenommen und schnöde durch einerseits „Dissoziatives“, andererseits durch „Histrionisches“ ersetzt wurde.
Dieser Ersatz ist natürlich kein wirklicher, denn wie z.B. Otto Kernberg schön beschreiben hat, können wir sehr wohl zwischen einer histrionischen und einer hysterischen Persönlichkeitsstruktur unterscheiden (WENN wir es denn können! *g*), denn die hysterische liegt z.B. auf einem „höheren Struktur-Niveau“ als die histrionische.
Du siehst, lieber Thomas, dies ist ein weites (und spannendes, aber auch tzuweilen frustranes) Feld. Ich weiß ja, dass Du Dich sehr für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychoanalyse und Psychosomatik interessiert, und deshalb habe ich das auch so an einem Detail beschrieben.
Es grüßt Dich
Branden
histrionisch: kleine Korrektur offtopic
bezeichnung histrionisch, die auf das griechische wort für schauspieler zurückgeht.
nicht auf ein griechisches Wort (ιστωρ = der Wissende, Sachverständige), sondern auf das lat. histrio = Schauspieler, welches selbst wieder ein Lehnwort aus dem etruskischen hister ist.
Gruß
Metapher
@Franz: Richtiug. Und danke fürs Zitiert-werden
@Schokolinda: Wenn es nur darum ginge, etymologisch begründete klare Worte für Diagnosen zu schaffen, müsste wohl die Das fängt nicht bei hilflos zusammengesetzten Worten wie „Neurodermitis“ (Hautentzündung durch nervliche Belastung?!) an und hört nicht auf bei der chamäleonhaften Angina (Angina pectoris? Angina tonsillaris? Wird mir eng im Hals, in der ust? Hab ich vielleicht einen Globus hystericus? Ah! Da haben wir ihn wieder! *g*)
Gruß,
Branden
Deine Begriffsgeschichte kann man so leider nicht ganz stehen
lassen, weil sie die Sachverhalte völlig verdreht.
diese sog. sachverhalte finde nun ich ziemlich verdreht, aber ich bin auch kein psychoanalytiker.
Korrektur, da ein Satz computertechnisch wegkippte
@Schokolinda: Wenn es nur darum ginge, etymologisch begründete
klare Worte für Diagnosen zu schaffen, müsste wohl die Hälfte der gesamten medizinischen Nomenklatur umgeschreben werden.
Gruß,
Branden
Hallo,
Deine Begriffsgeschichte kann man so leider nicht ganz stehen
lassen, weil sie die Sachverhalte völlig verdreht.diese sog. sachverhalte finde nun ich ziemlich verdreht, aber
ich bin auch kein psychoanalytiker.
hättest Du mir nicht sagen müssen;
dann ent-drehe doch mal und behaupte nicht einfach etwas ohne die Richtigstellung anzutreten
Viele Grüße
franz
hättest Du mir nicht sagen müssen;
wie du mir, so ich dir :o)
dann ent-drehe doch mal und behaupte nicht einfach etwas ohne
die Richtigstellung anzutreten
die kritik bezog sich nicht auf das, was von dir oder anderen konkret geschrieben wurde (ich bezweifle keineswegs, daß eure darstellung den lehrbüchern entsprechen), sondern auf einer grundsätzlichen haltung gegenüber einer fachlichen ausrichtung, die mir persönlich zu spekulativ und interpretativ ist.
@Schokolinda: Wenn es nur darum ginge, etymologisch begründete
klare Worte für Diagnosen zu schaffen, müsste wohl die Hälfte
der gesamten medizinischen Nomenklatur umgeschreben werden.
meines wissens spielten überlegungen, ob der begriff hysterisch diskriminierend oder negativ wertend verwendet wird, durchaus eine rolle bei der „tilgung“ des begriffs.
allerdings habe ich nicht gesagt, daß man die gesamte medizinische nomenklatur in dieser weise ändern sollte oder daß es bei der änderung von hysterisch nach histrionisch nur um etymologie gegangen wäre.
,-)