Hochzeit

Moin moin,

ich bin gerade beim Lesen eines Zeitungsartikels über das Wort „Hochzeit“ gestolpert, das ich natürlich zuerst mit kurzem „o“ gelesen habe. Anhand des Folgetext’ „des Kalten Krieges“ merkte ich schnell, dass es mit langem „o“ gelesen werden muss.

Um eine vermutlich irgendwann kommende Frage meiner Kinder zu diesem „merkwürdigen“ Wort beantworten zu können, bitte ich hiermit die Wissenden, mir zu erklären, warum Hochzeit (Eheschließung) anders ausgesprochen wird als Hochzeit (Blütezeit).

Merci an Euch und schönes WE.

Gruß
R.

Nun, da gehen wir doch, lieber Rainer, als gute Deutsche und Nachkommen der Germanen zurück zu unserem Nationalepos, dem Nibelungenlied.

Dies beginnt ja bekanntlich mit den markigen Versen:

Uns ist in alten maeren wunders vil geseit
von heleden lobebaeren von grôzer arebeit,
von fröuden, hôchgezîten , von weinen und von klagen,
von küener recken strîten, muget ir nu wunder hoeren sagen.

Da hast du die Vorform beider heutigen Hochzeiten.

„Diu hôhe zît“ war ganz einfach die Zeit, in der es „hoch herging“, was ja sowohl eine allgemeine Hochstimmung einer Epoche - also die Blütezeit - als auch die persönliche Hochstimmung - also die Feststimmung - bei der vorteilhaften Eheschließung (Die Braut hat einen reichen Onkel. Und der Schwabe sagt: Besser einen reichen Onkel als eine Tante, die Klavier spielen kann.) meinen kann.

Dazu musst du noch den „hôhen muot“ stellen, der das Wort für die gehobene, feierliche, bis an die Überhelblichkeit grenzende Grundstimmung der hochmittelalterlichen Ritterschaft ist, die sich alle und jeder Einzelne für wahre Heilsbringer a la Parzival und Lohengrin, für Retter und Erlöser und Beschützer der Witwen und Waisen und Jungfrauen hielten, jeder ein Drachentöter und Eroberer weiter Ländereien samt den dazugehörigen Königinnen.

Die „hôhe minne“ und die „hôhe vrouwe“ passen ebenso hierher.

Während die Wendung: Es war höchste Zeit, dass die beiden heirateten! eher weniger gut passt.

Gruß Fritz

Während die Wendung: Es war höchste Zeit, dass die beiden
heirateten! eher weniger gut passt.

Allerdings machten die Menschen in der ‚Vor Pillenzeit‘ oft scherzhaft
sprachlich den Unterschied ‚Hat das Paar Hochzeit oder Hoochzeit?‘ :smile:

Gruß
Karen

Hallo lieber Fritz,

Dies beginnt ja bekanntlich mit den markigen Versen:

Ich gestehe, mir war es bisher nicht bekannt.

Ansonsten hat es mir wieder viel Spaß bereitet, Deine Ausritte in die Vergangenheit zu lesen.
Aber leider habe ich trotzdem noch nicht verstanden, woher die unterschiedliche Aussprache (kurzes / langes „o“) kommt.

Ich wäre Dir also sehr dankbar, wenn Du mir ein weiteres Mal Deine Hilfe angedeihen lassen könntest. Dafür schon jetzt vielen Dank.

Während die Wendung: Es war höchste Zeit, dass die beiden
heirateten! eher weniger gut passt.

Dies wurde schon kommentiert, daher von mir nur noch ein :smile:))

Gruß
R.

Darf man hier auch ‚nur vermuten‘?
Dann würde ich vermuten, dass durch die häufige Verwendung
des Wortes Hochzeit im Sinne von Heiraten eine Verkürzung
der langen Silbe „ooo“ zum dunklen „o“ wurde, einmal aus
Mundfaulheit, zum anderen wegen einiger ähnlich- und ebenfalls
kurz betonter Worte: Aus dem allerletzten Loch kroch noch der Koch und
nahm sie doch!Och!

Naja, ist nicht gerade Hochkultur :wink:)

LG, Karin

Tja, Rainer,

Ich gestehe, mir war es bisher nicht bekannt.

dann wurde es aber Zeit!

Aber leider habe ich trotzdem noch nicht verstanden, woher die
unterschiedliche Aussprache (kurzes / langes „o“) kommt.

Ich führe die unterschiedliche Aussprache auf regionale oder dialektale Unterschiede zurück.

So wird im Schwäbischen in manchen Gegenden die „Hâûzich“ durchaus heute noch mit langen „au“ = ô gesprochen.

In der Hoooochsprache hat sich dann vermutlich zuerst die kurze Aussprache für beide Bedeutungen eingebürgert. Um die Bedeutungsunterschiede deutlich zu machen, hat man dann vermutlich die „bedeutendere“ Bedeutung gelängt.

Das lässt sich schlecht belegen, da die Tonaufnahmen des 19. Jhdts eher selten und mangelhaft sind. :wink:

Solche unterschiedlichen, sekundären Längungen und Kürzungen kommen öfter vor.

Erst kürzlich haben wir hier „das/ dass“ traktiert, die beide im Mittelhochdeutschen „daz“ geschrieben wurden. Erst im 19. Jhdt kam die Differenzierung der Bedeutung und der Aussprache.

Die Differenzierung von Hóchzeit und Hôchzeit könnte sogar eine Erscheinung erst des 20. Jhdts sein, da Siebs (Deutsche Bühnensprache Hochsprache) in seiner Ausgabe von 1930 nur die kurze Aussprache vermerkt.

Gruß Fritz

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Tja, Rainer,

Ich gestehe, mir war es bisher nicht bekannt.

dann wurde es aber Zeit!

Ja, ja, gib’s mir :wink:)

… und für alles andere vielen Dank.

Gruß und schönes wochenende
R.

Grüß euch, ihr 2!

Aber leider habe ich trotzdem noch nicht verstanden, woher die
unterschiedliche Aussprache (kurzes / langes „o“) kommt.

Ich führe die unterschiedliche Aussprache auf regionale oder
dialektale Unterschiede zurück.

Bestätigung aus den Bergen:
Die Hochzeit ist bei uns „a Håzat“, während hoch „håch“ ausgesprochen wird, mit kehligem ‚ch‘, z.B. im „Håchwetter“ (=Gewitter);
„Zeit“, losgelöst von der Hochzeit, bleibt „Zeit“.

Und a guate Zeit winsch i enk!
Helene

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