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Adel
[ahd. adal »Geschlecht«, »Abstammung«], ein ehem. sozial, rechtlich und politisch privilegierter Stand, gegründet auf Geburt, Besitz oder (meist krieger.) Leistung, gekennzeichnet durch besondere Lebensformen und ein ausgeprägtes Standesethos.
Geschichte: Mit der Entstehung der Hochkulturen bildete sich eine aristokrat., bevorrechtete Schicht der Gesellschaft heraus; im antiken Griechenland hatte der krieger. Adel eine beherrschende Stellung, im Röm. Reich die Patrizier und die Nobilität (Amtsadel), die zus. mit dem Adel der unterworfenen Prov. den Bestand des Reiches sicherten.
Deutschland: In Deutschland trat neben den altgerman. Geburtsadel der Edelinge oder Edelfreien in fränk. Zeit ein Dienstadel, der den Königsdienst leistete und mit Lehen ausgestattet wurde. Aus ihm bildete sich der mittelalterl. Ritterstand (Rittertum). Die einfachen Ritter, auch die urspr. unfreien Ministerialen (Dienstmannen), wurden zum niederen Adel, der teils als reichsunmittelbarer Adel die Reichsritterschaft bildete, teils landsässiger Adel der fürstl. Landesherren war. Aus den edelfreien Geschlechtern entstand der mit staatl. Hoheitsrechten ausgestattete hohe Adel: weltl. und geistl. Fürsten, Grafen und freie Herren. Sein wesentl. Merkmal wurde seit dem 16.Jh. die Reichsstandschaft, d.h. Sitz und Stimme auf dem Reichstag. Im 14.Jh. begann die Verleihung des i.d.R. erbl. Adels durch Adelsbrief des Kaisers; diesen seit 1806 auch von den Monarchen der dt. Rheinbundstaaten und nach 1815 durch alle dt. Landesfürsten erteilten jüngeren Briefadel unterscheidet man vom alten Adel, zu dem man alle vor 1350 als ritterbürtig nachweisbaren Geschlechter rechnet. Die alten Adelsvorrechte (Steuerfreiheit, gutsherrl. Gerichtsbarkeit, Recht auf die bäuerl. Frondienste, Bevorzugung im Staats- und Heeresdienst) wurden seit 1789 und 1848/49 fast sämtlich abgeschafft. Ferner wurden 1803 und 1806 die meisten kleineren Geschlechter des hohen Adels und die Reichsritterschaft mediatisiert (Standesherren). Dennoch konnte sich der Adel im kaiserl. Dtl. bis zum Ende des 1.Weltkriegs als Führungsschicht behaupten. Die Weimarer Reichsverf. von 1919 (Art. 109) hat die letzten Sonderrechte des Adels beseitigt und festgesetzt, dass Adelsbezeichnungen fortan nur als Teil des Namens gelten und nicht mehr verliehen werden dürfen. Die Stufen sind: Herzog, Fürst, Graf, Freiherr (Baron), Ritter (nur in Bayern und im alten Österreich), Edler (nur im alten Österreich) und das bloße »von«.
Tschechoslowakei und Österreich: Die Tschechoslowakei und Österreich haben 1918/19 den Adel aufgehoben.
Schweiz: In der Schweiz wird der Adel schon seit Anfang des 19.Jh. amtlich nicht anerkannt.
Großbritannien: In Großbritannien entwickelten sich aus den Baronen (Kronvasallen) und den einfachen Rittern des MA. ein hoher und ein niederer Adel Der hohe Adel, die Nobility, mit dem allg. Titel Lord, gliedert sich in die Rangstufen: Herzog (Duke), Marquess, Graf (Earl), Viscount, Baron. Mit ihm ist die Peerswürde (Peer) verknüpft, die mit dem Grundbesitz nur auf den Erstgeborenen vererbt wird. Die jüngeren Söhne führen den Höflichkeitstitel Lord vor ihrem Vor- und Familiennamen, der meist von dem Peerstitel verschieden ist; ihre Nachkommen sind stets einfache Bürgerliche. Aus dem niederen Landadel ist durch frühzeitige Verschmelzung mit dem Großbürgertum die Gentry entstanden; ihre Rangstufen sind Baronet (erblich) und Knight (nur persönlich), die ihrem Vornamen den Titel Sir voransetzen.
Frankreich: Im alten Frankreich unterschied man die Noblesse de race (»Geburtsadel«), die Noblesse de lettres (»Briefadel«) und die Noblesse de robe (»Amtsadel«). Nach Verzicht des Adels auf Vorrechte und Titel 1789 und seine Dezimierung durch die Revolution formierte NapoleonI. ab 1804 aus den Großwürdenträgern und Marschällen seines Empires einen kaiserl. Neuadel (erneutes Verbot der Titelführung 184852). Die Rangstufen sind: Fürst (Prince), Herzog (Duc), Marquis, Graf (Comte), Vicomte, Baron, einfacher Adel Entsprechend sind die Rangstufen in den anderen roman. Ländern.
Italien: In Italien hat die Verfassung von 1948 den Adel abgeschafft, doch können Adelsbezeichnungen aus der Zeit vor der Herrschaft des Faschismus weiter geführt werden.
Spanien: In Spanien bilden die Granden und die Titulados (»Betitelten«, bis zum Baron) den hohen, die Hidalgos den niederen Adel
Ungarn: In Ungarn wurden die Adelsvorrechte 1848 abgeschafft, doch wahrte der Adel z.T. bis 1945 seine Machtstellung.
Polen: Über den polnischen Adel Schlachta.
Russland: Der russische Adel (Bojaren) bildete sich aus der bewaffneten Gefolgschaft der Fürsten (Druschina). Peter d.Gr., der durch die Rangtafel von 1722 alle Beamten und Offiziere in 14 adlige Rangklassen (Tschin) einteilte, begründete den Dienstadel. 1917 wurde der Adel durch die bolschewist. Regierung abgeschafft.
Japan: In Japan kam neben dem alten kaiserl. Hofadel (Kuge) im 12.Jh. ein ritterl. Kriegerstand auf (Buke), aus dem die obere Schicht der Daimyos und die untere Schicht der Samurai hervorgingen. 1869 wurde aus den Kuge- und Daimyofamilien ein neuer Adel (Kazoku) gebildet. Die Verf. von 1946 erkannte den Adel nicht mehr an.
Literatur:
Schulze, Hans K.: A.sherrschaft u. Landesherrschaft. Köln 1963.
Rogalla von Bieberstein,J.: A.sherrschaft u. A.skultur in Deutschland. Frankfurt am Main u.a. 21991.
A. u. Bürgertum in Deutschland 17701848, hg. v. E.Fehrenbach u.a. München 1994.
Lieven,D.: Abschied von Macht u. Würden. Der europ.A. 18151914. A.d.Engl. Frankfurt am Main 1995.
Gruß Max