Horror vacui

Hallo,
Was bedeutet der Ausdruck ‚Horror vacui‘ und in welchem
Zusammenhang wird er verwendet?

Der Horror Vacui(lateinisch: der Schrecken vor dem Leeren, dem Vacuum) ist eine alte Vorstellung, daß die Natur keine Leere duldet, daß jeglicher leere Raum (im Sinn des Vacuums) also danach strebt, sich zu füllen.

Die Angst der Natur vor dem Nichts beschäftigte seit der Antike die Köpfe der Gelehrten, der Philosophen , der Kleriker.
Konkret gefragt: Wird der Weltraum von einem Stoffäther ausgefüllt ? Oder gibt es zwischen den Sternen einen absoluten leeren Raum ?
Hinter dieser Frage verbarg sich Dynamit. Wäre nämlich der Raum zwischen den Planeten mit dem gasähnlichen Stoff (Äther), erfüllt, dann könnten sich die Himmelskörper nicht auf ihren Umlaufbahnen um die Sonne halten.
Wenn aber der Weltraum völlig leer ist, wenn dort ein Nichts, ein Vakuum herrscht, wo sollte dann Gott wohnen ?
Die Angst dem Vakuum war mehr als eine rein wissenschaftliche Frage, sie berührte das Fundament der Religion.
Der Mann, der auf diese Frage die erste wissenschaftliche Antwort fand, heißt Blaise Pascal.

Der Begriff wird fast immer im Zusammenhang mit Religion benutzt. So im Sinne von: Angst vor der Leere schafft Religion.

Außerdem taucht der Begriff in der Psychologie auf. Dort wird für Süchte aller Art oft der Horror Vacui als Grund zitiert: Die Angst vor Leere treibt Menschen in Rauschzustände (egal ob Drogen wie Alk o. Ä., oder Endorphine)

Bravheit und Langeweile erzeugen Leere, Leere ruft Sucht nach Gefülltwerden hervor: Psycholofisch wie religiös.

Die Vorstellung aller Religionen, durch Meditation und Sehnsucht nach Gott zu rauschähnlichen Erlebnissen zu gelangen, schließt diesen Kreis wieder.

Außerdem gibt es einen Film zum Thema: „Horror Vacui“ von Rosa von Praunheim, 1984.

Wenn Du „horror vacui“ bei Google (http://www.google.de/) eingibst, kriegst Du ca. 450 deutsche Seiten zum Thema.

Sooo, das war’s für’s erste. Hoffe, das hilft Fir weiter.

Liebe Grüße, Nike
*schreibkrampfhab*

Hallo,
Was bedeutet der Ausdruck ‚Horror vacui‘ und in welchem
Zusammenhang wird er verwendet?

Hallo
Das ist lateinsch, Horror = Abscheu, Schrecken, Vacuum = Leere, horror vacui ist also der Abscheu vor der Leere.
Das kommt aus der antiken Wissenschaft, man glaubte früher, es gäbe keine (luft-)leeren Räume, das hat erst Toricelli im 17. ahrhundert nachgewiesen.
Bis dahin galt das Vakuum, das Nichts, die Leere in der Welt als widernatürlich.
Lückenlos war die Natur angefüllt mit einer Grundessenz.
Oder einem Gemisch aus den vier Elementen, unter dem sich später die Stoiker einen Stoff namens Pneuma vorstellten und aus dem in frühmoderner Zeit die Idee des Äthers hervorgehen sollte.

In einem Brief erläutert der Naturwissenschaftler und Erfinder des Barometers Evangelista Torricelli 1644 seinem Gönner und seinerzeit berühmten Mathematiker und späteren Kardinal Michelangelo Ricci den Luftdruck. Torricelli beschreibt in seinem Brief u. a. auch das Quecksilberbarometer.

Die mechanische Ursache des Horror vacui
Mein hochwohlgeborener Herr und Gönner,

vor einigen Wochen sandte ich einige Beweisführungen zum Thema der Zykloide an Herrn Antonio Nardi und bat ihn, nachdem er in sie Einblick genommen habe, sie direkt an Eure Exzellenz oder an Herrn Magiotti senden zu wollen.

Ich deutete Ihnen bereits an, daß verschiedene physikalische Experimente über das Vakuum gemacht worden sind: nicht bloß, um ein Vakuum herzustellen, sondern in Hinblick auf die Entwicklung eines Gerätes, das die Veränderungen in der Luft, welche zeitweise schwer und dick, zeitweise leicht und dünn ist, zeigen sollte. Viele Leute haben gesagt, es sei unmöglich, ein Vakuum herzustellen, andere meinten, es sei wohl zu machen, aber nur unter Schwierigkeiten und unter Überwindung eines natürlichen Widerstandes; ich weiß nicht, in der Tat, ob jemand gesagt hat, es sei ohne Schwierigkeit zu machen und ohne einen natürlichen Widerstand zu überwinden. Mein Argument war das folgende: wenn es jemanden gäbe, der einen offensichtlichen Grund finden würde, weshalb beim Herstellen eines Vakuums ein Widerstand auftritt, wäre es sinnlos, diese Effekte, die eindeutig von andern Umständen abhängen, dem Vakuum selbst zuzuschreiben. Ferner fand ich, als ich einige einfache Berechnungen anstellte, daß die von mir erwähnte Ursache (nämlich das Gewicht der Luft) wahrscheinlich allein schon mehr Widerstand leisten dürfte, als wir wirklich feststellen, wenn wir ein Vakuum zu erzeugen versuchen. Ich sage dies, damit einige Philosophen, die sich zur Zustimmung verpflichtet fühlen, daß das Gewicht der Luft den Widerstand bewirkt, den wir beim Herstellen eines Vakuums spüren, eher die Bedeutung des Anteils des Luftgewichts zugeben als weiterhin behaupten, daß die Natur selbst zum Widerstand beim Herstellen eines Vakuums beiträgt.

Wir leben untergetaucht auf dem Grund eines Meeres von elementarer Luft, deren Gewicht ohne jeden Zweifel nachgewiesen worden ist: wir wissen tatsächlich, daß die schwerste Luft an der Erdoberfläche etwa einen Vierhundertstel des Wassergewichts wiegt. Die Verfasser der „Crepusculi" haben auch bestätigt, daß die sichtbare und dampfförmige Luft emporsteigt bis in eine Höhe von etwa fünfzig oder vierundfünfzig Meilen. Ich bin davon nicht völlig überzeugt, denn ich konnte zeigen, daß - wenn dies der Fall wäre - die Herstellung eines Vakuums viel mehr Widerstand mit sich bringen würde als es in Tat und Wahrheit der Fall ist. Aber sie könnten sich auf das Argument beziehen, wonach das von Galileo festgestellte Gewicht sich auf die unterste, von Menschen und Tieren bewohnte Luftschicht bezieht und nicht auf die Luft über den Berggipfeln, wo sie äußerst rein ist und viel leichter als der vierhundertste Teil des Wassergewichts.

Wir haben eine Anzahl Glasgefäße hergestellt (…) mit Hälsen in der Länge von vier Fuß. Diese haben wir mit Quecksilber gefüllt, ihre Öffnungen mit dem Finger zugehalten und sie umgekehrt in ein mit Quecksilber gefülltes Becken © gestellt. Wie wir das taten, sahen wir, wie das Quecksilber das Gefäß verließ, ohne daß sich dabei etwas besonderes innerhalb des Gefäßes abspielte; und zudem blieb der Hals AD des Gefäßes in jedem Fall voll Quecksilber bis zu einer Höhe von zwei Fuß und sechs Zoll. Um zu zeigen, daß das Gefäß vollständig leer war, füllten wir das Becken darunter bis zu D mit Wasser und hoben es dann sehr behutsam hoch, bis seine Öffnung die Höhe des Wasserspiegels erreichte: wie dies geschah, sahen wir das Quecksilber dem Gefäßhals entlang abwärts rinnen und dann das Wasser mit gewaltiger Kraft emporsteigen und es füllen, bis zum Punkt E.

Unsere Diskussion fand statt, als das Gefäß AE leer blieb und das Quecksilber trotz seines großen Gewichts sich im Hals des Gefäßes AC halten konnte. Bis jetzt hatte man geglaubt, daß die Kraft, welche das Quecksilber gegen seine natürliche Schwerkraft empordrückte, im Gefäß AE enthalten sei und daß sie zum Vakuum oder zur stark verdünnten darin eingeschlossenen Substanz gehöre. Aber ich behaupte, daß diese Kraft äußerlich ist und von außerhalb des Gefäßes kommt. Die Luft, welche auf das Quecksilber im Becken drückt, erhebt sich in eine Höhe von fünfzig Meilen über die Erdoberfläche. Was Wunder, wenn im Glas CE, wo das Quecksilber weder Anziehung noch Widerstand erfährt - da nichts im Gefäß enthalten ist -, dieses Quecksilber eine Höhe erreicht, in der es das Gewicht der Luft, das von außen auf es drückt, ausbalanciert. Darüber hinaus wird Wasser, in einem ähnlichen aber höheren Gefäß, in eine Höhe von nahezu sechsunddreißig Fuß emporsteigen, d. h. viel höher als Quecksilber (da Quecksilber schwerer ist als Wasser), um ein Gleichgewicht mit dem in beiden Fällen gleichen Druck zu erreichen.

Mein Argument wurde gestützt durch ein anderes Experiment, bei dem ich das Gefäß A und das Rohr B gleichzeitig benutzte. Die Tatsache, daß das Quecksilber in beiden Gefäßen beim Punkt AB stillestand, zeigt fast ohne jeden Zweifel, daß die Kraft, die es emportrieb, nicht in den Gefäßen selbst enthalten war. Denn das Gefäß AE hätte, im letzteren Fall, mehr Kraft haben müssen als das Rohr B aufgrund des größeren Quantums an verdünnter in ihm enthaltener Materie, welche ihm eine größere Anziehungskraft hätte geben müssen als die vom kleinen Raum in B ermöglichte. Ich habe zudem dieses Prinzip erprobt bei der Erklärung von allen Arten von Widerstand bei den verschiedenen dem Vakuum zugeschriebenen Effekten. Bis jetzt habe ich noch keine Schwierigkeiten darin gefunden. Ich weiß, daß Ihnen viele Einwände gegen diesen Beweis begegnen werden, aber ich hoffe, daß Sie, je mehr Sie darüber nachdenken, um so weniger Einwände dagegen haben werden.

Der Weg der Physik. 2500 Jahre physikalischen Denkens. Texte von Anaximander bis Pauli. Ausgewählt und eingeleitet von Shmuel Sambursky. München 1978, S. 336-339.

Gruß
Rainer

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war ja auch viel zu schreiben :wink: (oT)