Hi Horst
Ich denke, wir können unseren Zwist bezüglch Lacans Vorstellungen vom ICH ein Stück weit beilegen oder, noch besser: dialektisch auflösen.
Freud hat ja auch nicht nur das ICH hoffiert („Wo Es war, soll Ich werden.“), sondern auch gesagt, dass sich das ICH wie der dumme August im Zirkus benimmt - da steckt ja schon etwas von dem, was Lacan später ausgebaut hat, drin, nämlich die Kritik an einer allzu blauäugigen ICH-Psychologie, wie sie z.B. die US-amerikanische Psychoanalyse betrieben hat.
Was die praktische Seite de Psychoanalyse betrifft, so hat Lacan ja auch erkannt, dass das ICH die Quelle des Widerstandes (gegen die psychoanal. Beh.) sein kann und die Stärkung des ICH also auch eine Stärkung des Widerstandes bedeuten kann.
Nun hat Lacan offenbar ja auch (aufgrund seiner noch weniger bürgerlichen Enwicklung vielleicht?) weniger als Freud die Anpassung des ICHs an die Realität im Auge gehabt - das ist sicherlich auch ein interessanter Nebenaspekt, oder?
Wie auch immer - was ich sagen wollte, ist: Lacan hat das ICH wohl kritischer gesehen als Freud (es war auch eine andere Zeit, Umbruch, Studentenunruhen etc.), so dass es da in der Tat etwas unterschiedliche Sichtweisen und Ziele gab.
Gruß,
Branden