Hubschrauber-Landung ohne Motor?

Hallo zusammen,

ich habe gerade in einem Interview gehört, daß zur Erlangung des Hubschrauberpilotenscheins (wohl in den USA oder in GB) folgende Übung bewältigt werden muß: Landung des Gefährtes mit abgeschaltetem Motor.

Einerseits habe ich keinen Grund, dem Interviewten (übrigens John Carpenter) zu mißtrauen und andererseits sah er zum Zeitpunkt des Interviews noch recht lebendig aus, obwohl er den Pilotenschein erfolgreich erworben hat.

Nur: Ich dachte bisher, daß ein Hubschrauber ohne Motor und damit ohne Rotorbewegung die aerodynamischen Qualitäten eines Ziegelsteines hätte.

Wer weiß mehr dazu?

Gruß und Danke
Christian

Hallo Christian,

naja, genauso wie ein „normales“ Flugzeug ja auch nicht gleich vom Himmel fällt, nur weil der (die) Motor ausfällt, passiert nem Hubschrauber da zunächst auch nix. Das Zauberwort heißt Autorotation, hier ein paar Links dazu:

Autorotation, ziemlich Aerodramatisch erklärt:
http://www.hubschrauber.li/aerodynamik/mai_aer_aut.htm

Auch ein Thema für Modell-Hubschrauber-Piloten:
http://www.muc.de/~winklt/german/lessons/autorotatio…

Und da ist ein Hubschrauber putt gegangen:
http://www.bfu-web.de/berichte/99_3X132DUB.pdf

Ausbildungsrichtlinien nach JAR (da wird die Autorotation als Ausbildungsinhalt erwähnt)
http://www.lba.de/deutsch/betrieb/luftpersonal/jarfc…

Auch noch ganz interessant (vor allem der Vergleich von Autorotation mit nem Ahornsamen)
http://home.t-online.de/home/h-j-vinken/technik.htm

Das heißt, wenn „nur“ der Antrieb ausfällt, hört weder Flugzeug noch Hubschrauber sofort auf zu fliegen. Aber: es geht dann schon auch orgentlich abwärts, so daß je nach Ausgangshöhe und Beschaffenheit vom Gelände dann die Landung mehr oder weniger spannend wird :wink: Wieviel das „ordentlich“ abwärts bei den „großen“ ist und wie das bei Hubschraubern ist, weiß ich nicht, mein Flieger hat sowas wie 1:6 (1 m runter für 6 m vorwärts).

Und zumindest bei meiner PPL-Prüfung hat der Prüfer auch irgendwann den Quirl abgeschaltet und ich mußte trotzdem da landen wo er wollte :wink:

Liebe Grüße

Petzi

PS: Uralt-Witz: Dieser Quirl da vorne dient eh nur zur Kühlung vom Piloten: Hast schonmal gesehen, wie der anfängt zu schwitzen, kaum daß der Propeller sich nimmer dreht?

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Das heißt, wenn „nur“ der Antrieb ausfällt, hört weder
Flugzeug noch Hubschrauber sofort auf zu fliegen. Aber: es
geht dann schon auch orgentlich abwärts, so daß je nach
Ausgangshöhe und Beschaffenheit vom Gelände dann die Landung
mehr oder weniger spannend wird :wink: Wieviel das „ordentlich“
abwärts bei den „großen“ ist und wie das bei Hubschraubern
ist, weiß ich nicht, mein Flieger hat sowas wie 1:6 (1 m
runter für 6 m vorwärts).

Hallo Petzi,

bei „großen“ kannst Du schon etwas besseres als bei den Blechfliegern ansetzen - vielleicht so 15-18, noch ohne Fahrwerk.

Bei Hubschraubern würde ich statt „ordentlich“ eher zum „sehr ordentlich“ tendieren, so 1:1 in etwa, viel Zeit zum optimalen Landeplatz suchen und auswählen ist da nicht. Aber Du fliegst ja auch nicht arg schnell vorwärts und brauchst keine lange Piste zum landen.

Oliver

bei „großen“ kannst Du schon etwas besseres als bei den
Blechfliegern ansetzen - vielleicht so 15-18, noch ohne
Fahrwerk.

Ich hab mal was gelesen, daß etwas in der Grössenordnung A300 eine Gleitzahl von ca 30 haben soll.
Das dann allerdings bei einer ziemlich hohen Geschwidigkeit.
Bei Kleinflugzeugen ist 1:6-1:10 schon realistisch.
Schau Dir doch mal die verhunzte Oberfläche von so einem Blechkahn an, nur Nieten, Dellen, Beulen und sonst auch noch sehr viel Widerstand. Von Laminarprofil und einer Oberflächengüte wie im Segelflugzeugbau keine Spur!
Unsere Remo soll etwa 1:7 haben.
Unsere RF5 (echter Motorsegler) hat 1:17.

Gruss, Christof
*der heute leider nicht fliegen kann sondern was fürs Studium tun muss*

Nur: Ich dachte bisher, daß ein Hubschrauber ohne Motor und
damit ohne Rotorbewegung die aerodynamischen Qualitäten eines
Ziegelsteines hätte.

Da ist ein kleiner Fehler , der Rotor hat eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Windkraftanlage , so das er sich schnell drehen kann , wenn es denn genügen Gelegenheit gibt , Drehzahl aufzubauen .
Der Hubschrauberpilot muß nur die Sinkrate richtig einschätzen , wenn er sich entscheiden sollte , eine zu niedrige Sinkrate zu wählen , bleibt der Rotor stehen , er hat dann natürlich zu wenig Energie . Außerdem ist es ganz gut , wenn er etwas seitwärts oder vorwärts „segelt“ .
Der Pilot muß für ein solches Manöver den Rotor auskuppeln , oder der Rotor muß eine Freilaufkupplung besitzen .
Dann muß der Pilot den Anstellungswinkel der Rotorblätter so einstellen (können!) , das sie eine Art Segelflug ausführen , und genügend Energie , also Drehzahl bekommen .
MfG

Hallo zusammen,

hier die Antwort von Thomas J., seines Zeichens Hubschrauber-Fluglehrer, die mir per Mail zugeflattert ist:

ich habe gerade in einem Interview gehört, daß zur Erlangung des Hubschrauberpilotenscheins (wohl in den USA oder in GB) folgende Übung bewältigt werden muß Landung des Gefährtes mit abgeschaltetem Motor.

NEGATIV: Der Motor wird während eines Prüfungsfluges NIE abgeschaltet, ausser am Ende des Fluges oder wegen Motorschaden. Es wird aber der Motor auf Leerlauf gedrosselt, was heisst, dass der Motor keine Kraft and den Rotor abgibt - Analog mit Auto: Wenn das Auto mit 100 km/h fährt und man auf die Kupplung steigt - das Auto bleibt auch nicht gleich stehen, sondern rollt weiter. Falls die Strasse eben ist, wird man aber ständig langsamer. Im Hubschrauber geht das allerdings fürchterlich schnell! Falls die Strasse abwärts geht rollt das Auto mit gleicher, weniger oder mehr Geschwindigkeit weiter bergab - man verwandelt Potentielle Energie in Kinetische. Beim Hubschrauber funktioniert das genauso: Man verliert zwar an Höhe, aber der Hubschrauber bleibt voll maneuverierfähig und unter Kontrolle. Allerdings muss das geübt und geübt und geübt werden, da der Rotor Für die Autorotation eingestellt werden muss - er arbeitet dann wie eine Windmühle…
Das Problem ist, dass man nur EINE Chance hat die Autorotation erfolgreich zu beenden (und der Hubschrauber vielleicht wieder einmal fliegt…)
Falls man im alle eines Motorschadens FALSCH reagiert, DANN nimmt der Hubschrauber die aerodynamischen Qualitäten eines Klaviers an!!

Einerseits habe ich keinen Grund, dem Interviewten (übrigens John Carpenter) zu mißtrauen und andererseits sah er zum Zeitpunkt des Interviews noch recht lebendig aus, obwohl er den Pilotenschein erfolgreich erworben hat. Nur: Ich dachte bisher, daß ein Hubschrauber ohne Motor und damit ohne Rotorbewegung die

aerodynamischen Qualitäten eines Ziegelsteines hätte.
Falsch gedacht!

Wer weiß mehr dazu?

Die unten angeführte Website ist für Leihen gedacht und in diesem Zusammenhang sehr gut. Die Aerodynamik der Autorotation ist sehr gut erklärt! Was hier Vortex genannt wird ist nicht so gut erklärt, da am Rotor in diesem Zustand noch ein zusätzlicher Wirbel erzeugt wird, der zwischen dem Mast und den Rotorblattspitzen liegt. „Vortex“ auf englisch heisst Wirbel und das Wort wird nicht nur für diesen (unerwünschten) Flugzustand verwendet, sondern auch für jeden anderen Wirbelzustand, von denen es am Helikopter jede Menge gibt!
Was oben VORTEX genannt wird heist in Englisch: Vortex-ring-state (Wirbel-Ring-Zustand)

Aber im grossen und ganzen ist der Helikopter ganz gut erklärt.

Zur Vortex-Ring-State: Im Flugschulbetrieb macht es eigentlich Spass diesen Flugzustand zu demonstrieren, allerdings wird das in grosser Höhe (ca. 3000 Fuss) über dem Boden angefangen. Wenn einem das aber im normalen Flugbetrieb passiert, dann meistens in einer Höhe von weniger als 50 m (160 Fuss) und dann ist der Spass vorbei, um aus dieser Fluglage herauszukommen braucht man mindestens HÖHE !! und 50 m oder weniger ist nicht genug! Also es ist wichtig die Symtome zu kennen und den Flugzustand zu korrigieren, BEVOR sich die Vortex-Ring-State vollständig entwickeln kann!! Mir ist das vor ca. 5 Tagen im Darien (mit dem Peregrine Fund) passiert, konnte aber die Situation mit viel Glück in Ordnung bringen!! Ich weiss also aus eigener Erfahrung, das mit diesem Flugzustand nicht zu spassen ist!

Grüße im Auftrag :wink:

Petzi