Hume und Freiheit?

Hallo,

für Kant ist ja die Freiheit als postulierter Ansatzpunkt für Moralphilosophie entscheidend (Freiheit als der Realgrund, ratio essendi, der Moral). Ist es so, dass für Hume, der ja Empirist ist, die Menschen nicht frei sind? Zumal die Menschen ihre Affekte bzw. Gefühle, die gerade für seine Moralphilosophie zentral sind, nicht selbst herbeiführen. Dann sind wir für Hume im Prinzip ja determiniert, oder?

Herzlichen Gruss!

Hallo,

Hume bezieht am Ende des Anhang 4 (vorletzter Absatz) in der „Untersuchung über die Prinzipien der Moral“ wenn auch etwas verklausuliert, so doch schon ausdrücklich Stellung gegen die Verwendung der Begriffe „Freiwilligkeit“ und „Unfreiwilligkeit“.

Es heißt dort: „Philosophen, oder vielmehr Theologen unter der Maske von Philosophen, haben die gesamte Moral auf dieselbe Art wie das bürgerliche Recht behandelt, das durch die Zwangsmittel von Belohnung und Bestrafung geschützt wird, und wurden daher notwendigerweise dazu veranlasst, diesen Umstand des Freiwilligen und des Unfreiwilligen zur Grundlage ihrer gesamten Theorie zu machen. Jeder möge die Ausdrücke gebrauchen, in welchem Sinn es ihm gefällt; aber das eine muss vorläufig zugegeen werden, dass jeden Tag Gefühle des Tadels und des Lobes empfunden werden, deren Objekte außerhalb des Bereichs des Willens oder der Wahl liegen, und für die es uns obliegt, wenn nicht als Moralisten, so doch zumindest als spekulative Philosophen, eine befriedigende Theorie und Erklärung zu geben.“

Es geht dann noch etwas weiter, aber dies Zitat müsste deine Frage ausreichend beantworten, denke ich.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Ja, das ist recht ausdrücklich,danke!
Im Moment habe ich ein Problem, das sich sicher ganz doof anhört: Um zu zeigen, dass Hume nicht so überzeugend hinsichtlich des moralischen Bewertungs-
Kontextes ist, wollte ich nachvollziehen, wie moralische Bewerten bei ihm funktioniert. Es sind dabei ja Vernunft und Gefühl beteiligt. Aber wie? Es gibt einen Affekt, ein Gefühl beurteilt den Affekt und die Vernunft korrigiert (woher kommen die Maßstäbe, nach denen die Vernunft korrigiert?)? Ich bin jetzt ziemlich durcheinander und checke das einfach nicht, habe schon richtig Panik, dass ich mein ganzes Papier umwerfen muss und das bis Dienstag nicht mehr schaffe. Kann man dieses moralische Urteilen, wie Hume es sieht, ganz einfach, kurz und knapp irgendwie darstellen? Der Wald vor lauter Bäumen hindert gerade jeden meine Blicke. Bei Kant leuchtet es mir ein: Ich unterziehe meine Maximen (von denen er nicht weiter ausführt, woher sie stammen) einer Prüfung. Ich prüfe sie dem abstrakten Vernunftprodukt des kategorischen Imperativs. Aber bei Hume i. Gegensatz dazu kapiere ich es nicht. Kannst du mir in dieser Sache helfen?

Hallo,

nachvollziehen, wie moralische Bewerten bei ihm funktioniert

Hume geht es überhaupt nicht um richtig oder falsch, sondern nur darum, wie die Menschen miteinander umgehen. Er bewertet gar nicht die Handlung, sondern stellt nur dar, wie sie gewöhnlich ablaufen. Einziger Bewertungsmaßstab ist die funktionierende Gesellschaft. Alle Tugenden und Werte beziehen sich darauf. Zeitweilig können sie ihre Bedeutung verlieren, so z. B. die Tugend der Freigiebigkeit in Überfluss-Zeiten, wo sie unnötig (nutzlos) ist, und also können alle Tugenden und Werte nach Hume nicht universell gültig sein.

Es bleibt die Frage, warum die Aufrechterhaltung einer funktionierenden Gesellschaft für uns nützlich sein soll. Im 5. Buch der gen. Schrift entwirft Hume eine Theorie der menschlichen Sympathie („fellow-feeling“), die er auch als Humantität bezeichnet. Das begründet Hume nicht ausführlich, grenzt sich aber vom Egoismus ab, indem er den Nutzen schlicht auf das Gefühl der Sympathie zurückführt, die nach ihm eine ursprüngliche anthropologische Konstante ist. Die Institution des Staates schützt die Bürger vor zuviel Egoismus.

Genauer erklärt Hume seine Theorie nicht. Ihm ist eben nur wichtig, dass es so funktioniert.

Ich bin jetzt ziemlich durcheinander und checke das einfach nicht,
habe schon richtig Panik, dass ich mein ganzes Papier umwerfen
muss und das bis Dienstag nicht mehr schaffe.

Panik ist jetzt nicht gerade hilfreich und auch unnötig, andererseits aber völlig normal. :smile:

Keep cool! (Leicht gesagt bei dieser Hitze, ich weiß!)

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo!

Hume wird ja, wie du richtig ausführst, das Prädikat des Empirikers zugeordnet, das allein würde ihm allerdings nicht gerecht, er gilt auch als Aufklärer, Antirationalist und Skeptiker. Aus der Sicht des Empirikers aber halte ich natürlich seine Biografie, analog zu seinen Aussagen für enorm wichtig:
Er wurde streng calvinistisch erzogen, seine Mutter war eine tiefreligiöse Frau und sein Heimatort Ninewells, im Pfarrbezirk von Chirnside, galt als bedeutendes Zentrum des strengcalvinistischen Schottland, anfangs des 18. Jhd. Erst als er ans College kam, eröffnete sich ihm eine andere geistige Welt, die von Locke, Grotius und Newton. Seine 20 jährig getane Aussage: „Ob calvinistische oder antike Moralphilosophie, jeder nahm nur seine eigenen Phantasien im Errichten von Lehrgebäuden über Tugend und Glück ernst, ohne die menschliche Natur zu beachten, von der jede moralische Schlußfolgerung abhängen muß“, wurde ihm zum Programm.
Als er nach seinem ersten Abschluß das Studium der Rechte abbrach und gegen den Willen seiner Familie zur Philosophie überwechselte, kam es wenige Zeit später zu einer schweren psychosomatischen Erkankung und einer Krise. Offensichtlich bedeutete seine „FREIE“ Entscheidung für die Philosophie auch eine Abkehr von den ihm anerzogenen calvinistischen Regeln, die ihn in einen tiefen Konflikt stürzte. Und genau dies halte ich für einen enorm wichtigen Punkt, vor allem aus seiner Empirik heraus, für seine Einschätzung der Freiheit. Und genau auch dieses, gegen heftige innere und äußere Widerstände und Anfeindungen durchgesetzte Engagement, in Sachen Moralphilosophie etc., machte ihn schlussendlich aus.

Viele Grüße
und noch mehr Erfolg bei deiner Prüfung

U.