Lieber Rolf,
zwei kurze Einwände nur:
- Ich denke, dass die Annahme bei Hume, durch die durch
fehlende Erfahrung fehlende Farbe Blau entstünde eine
Farblücke, nicht haltbar ist.
- Hat man im Kortex, in der Hirnrinde des Menschen irgendwo
einen Stapel mit blauen Gegenständen gefunden?
ganz herzlich
Friedhelm
Lieber Rolf,
- Ich denke, dass die Annahme bei Hume, durch die durch fehlende Erfahrung fehlende Farbe Blau entstünde eine Farblücke, nicht haltbar ist.
Ich meinte Humes Behauptung, die durch die fehlende Farbe Blau entstandene Farblücke könne man aus der reinen Vorstellung ausfüllen, ohne die Farbe Blau vorher gesehen zu haben, sei unhaltbar.
Offensichtlich hat Hume einen Farbenkreis vor Augen, vielleicht den von Goethe, wenn er von gegenüberliegenden Farben spricht. Meistens liegt Gelb gegenüber von Blau. Aber der ganze Text ist undeutlich. Er vertauscht seine eigenen Begriffe „Vorstellung“ und „Erfahrung oder Eindruck“.
Hume:
Es gibt indes eine dem entgegenstehende Erscheinung, welche die Möglichkeit beweisen könnte, dass Vorstellungen auch unabhängig von den ihnen entsprechenden Eindrücken entstehen können. Man wird sofort zugeben, dass die verschiedenen Vorstellungen Eindrücke der Farben (Vorstellungen treten nicht durch die Augen in uns auf.) , welche durch das Auge eintreten, oder die der Töne, welche das Ohr zuführt, von einander wirklich unterschieden und zu gleicher Zeit einander ähnlich sind. Ist dies von verschiedenen Farben richtig, so muss es auch von verschiedenen Schattierungen derselben Farbe gelten. Jede Schattierung erzeugt eine bestimmte Vorstellung, welche von den übrigen unabhängig ist. Wollte man dies leugnen, so könnte man durch eine allmähliche Abstufung, die Schattierung, einer Farbe unmerklich in die ihr geradezu entgegengesetzte umwandeln (Also von Gelb zu Blau). Will man keinen Unterschied für die Mittelfarben anerkennen, so muss man dasselbe auch für die Extreme gelten lassen (Also von Gelb und Blau), wenn man sich nicht widersprechen soll. Man nehme nun einen Menschen, der dreißig Jahre lang sein Gesicht gehabt und mit allen Arten von Farben bekannt geworden ist, eine einzige Schattierung z.B. von Blau ausgenommen, welche er zufällig niemals gesehen hat. Wenn man diesem nun alle Schattierungen dieser Farbe (Also von Blau), mit Ausnahme dieser einen(Schattierung, also einer Übergangsmischung von Blau nach Gelb), vorlegt, die allmählich von der dunkelsten zur hellsten ansteigen, so wird er offenbar eine Lücke bei dieser fehlenden Schattierung bemerken, und er wird empfinden, dass hier die nächsten Farben mehr von einander abstehen, als sonst wo. Ich frage nun, ob es ihm möglich sein wird, aus seiner Einbildungskraft Vorstellung diese fehlende zu ergänzen und sich die Vorstellung von dieser besonderen Schattierung zu bilden, obgleich seine Sinne sie ihm niemals zugeführt haben? Ich glaube, nur Wenige werden sagen, dass er es nicht könne.
Dies kann als ein Beweis gelten, dass die bloßen Vorstellungen nicht immer und überall von ihren entsprechenden Empfindungen sich ableiten. Indes ist dieser Fall so vereinzelt, dass er kaum Beachtung verdient, und ich brauche seinetwegen den allgemeinen Grundsatz nicht zu ändern.
Ende Hume.
Friedhelm: Wenn man ihm den halben Farbkreis von Blau nach Gelb vorlegt auf einer Leinwand ausgeführt mit allen 10000 möglichen Zwischentönen, dann wird er alle Zwischentöne auch dann sehen, wenn er einen davon noch nie vorher gesehen hat, und er braucht ihn nicht aus seiner Vorstellung heraus aufzufüllen oder zu konstruieren, denn er sieht ihn ja jetzt.
Will er sich den Farbenkreis allerdings nur im Geiste vorstellen, wird sich niemand diesen als 10000 Einzelfarben bzw. Einzelschattierungen zusammengesetzt vorstellen.
Übrigens empfinde ich solche Undeutlichkeit bei Hume nicht unbedingt als Schwäche, sondern als Folge von Aufrichtigkeit und genau deswegen als ein Fenster für den besten Einblick in sein Thema.
Du sagst: Rolf: Es ist auch ohne weiteren Belang, da
man sich einig darüber sein kann, daß die Sinnesorgane von
Außen nach Innen arbeiten und die Eindrücke im Innern im
Gedächtnis gelagert werden. Selbst die Empfindungen obwohl sie
im Innern entstehen, kann man als etwas Objektiviertes sehen,
darin liegt ja die Eigentümlickeit des Mentals.
Hume ist sich - bei diesem Farbenspiel jedenfalls – nicht bewusst, dass er alles nur durch das „Nachtsichtgerät“ also nur virtuell sieht. Die Außenwelt, die Augen und auch der Vorgang, dass das Bild der Außenwelt durch die Augen in unserer „Inneres“ gelangt, alles ist Innenwelt. Aber gerade dadurch, dass Hume Außenwelt und Innenwelt bezüglich der Eindrücke nicht in Deinem Sinne streng unterscheidet, genau dadurch thematisiert sich das Geschehen, wie sich ein Eindruck in eine Vorstellung verwandelt. Gelangt nun der Eindruck ins Gedächtnis, während dann das Erinnern nur noch Vorstellung ist?
Ganz herzlich
Friedhelm