Hund beisst spielerisch

Hallo alle zusammen!

Wir haben einen Bangkaew Rueden, kastriert, 9 Monate alt.

Wir haben es bisher nicht geschafft ihm das Beissen und Schnappen abzugewoehnen - er beisst nicht wirklich zu, setzt aber beim Spielen gerne die Zaehne ein und knabbert auch an fast allem, was er zwischen die Kiefer bekommt.

Das Spiel-beissen versuchen wir mit dem Abbruch des Spiels und weggehen abzustellen, wobei er dann oft an unseren Waden knabbert oder springt.

Das Alles-anknabbern ist ein allgegenwaertiges Problem, er kaut an der Couch-ecke wenn wir daraufsitzen, an Schuhen wenn es keiner sieht etc…

Die eigentlichen Fragen sind jetzt:

  1. Habt ihr noch ein paar ideen wie es klappen kann, dass beissen im allgemeinen abzustellen?

  2. Was bezweckt der Hund mit dem kauen an allem moeglichem, wenn er doch Spielzeug zum kauen hat - welches er auch benutzt?

Dankeschoen schonmal!!

Noch ein paar Grundinfos zur Rasse, da sie in Deutschland kaum verbreitet ist:

Die Rasse kommt aus Thailand und ist bei den Thais beruehmt-beruechtigt - es handelt sich um herrausragende Schutzhunde, die sehr stark auf ihr Rudel und Revier fixiert sind.
Sie werden ca 50cm gross, sind kompakt und kraeftig gebaut.
Die Rasse bringt mit sicherheit ein gewisses „Aggressionspotential“ mit, dass kontrolliert/ abtrainiert werden muss.

Die Thais haben teilweise richtig Angst vor explizit dieser Rasse - das liegt meiner Meinung nach an der Thai art und weise, wie Hunde im allgemeinen gehalten werden (ausnahmen gibt es natuerlich) - Hunde leben hier mehr oder weniger unabhaengig von der Familie, sie werden gefuettert und versorgt, aber kaum erzogen. Es geht auch niemand mit den Hunden spazieren, da die Hunde eben um ihr Revier (Hof/Garten/Haus) herumstreunen und sich selbst beschaeftigen. Wenn ein Bangkaew so lebt, und nicht zurueckgepfiffen wird, dann wird er mit sicherheit sein Revier gegen jeden Eindringling beschuetzen, egal was derjenige vor hat.

Hallo,

was auch immer euch geritten haben mag, euch einen Hund dieser Rasse ins Haus zu holen: Eine gute Idee war das wohl nicht. Aber okay, die Dinge sind, wie sie sind.

Wir haben es bisher nicht geschafft ihm das Beissen und Schnappen abzugewoehnen

Das Problem ist, dass man Hunden nicht beibringen kann, was verboten ist, ohne ihnen das zu zeigen. HeiĂźt: Man muss strafen. Ignorieren hilft hier nicht weiter, auch wenn die moderne Hundeliteratur das gerne empfiehlt.

Hunde untereinander ignorieren eklatantes Fehlverhalten niemals. Sie sind lediglich großzügig bei Dingen, die sie nicht für wichtig halten. Heißt: Zeigt dem Knaben, dass in eure Hände beißen verboten ist. Am einfachsten klappt das, indem ihr ihm kurz und kräftig seitlich eine aufs Maul gebt - und zwar exakt in dem Moment, wo der Hund seine Zähne zu fest einsetzt. Das Ganze verbindet ihr mit einem lauten „NEIN!“.

Das Problem bei eurem Hund ist, dass er die Phase des Einübens der Beißhemmung zum großen Teil bereits hinter sich hat. Er hätte das bereits als Welpe mit 3-5 Monaten lernen müssen. Er kann das zwar nachholen, aber ihr geht ein gewisses Risiko ein, dass er sich als pubertierender Schnösel wehrt, weil er sich derartige „Übergriffe“ von eurer Seite verbittet. In diesem Fall dürft ihr nicht nachgeben, sonst habt ihr verloren. Jedenfalls ist es allerhöchste Eisenbahn, dem Hund das beizubringen.

wobei er dann oft an unseren Waden knabbert oder springt.

Das allein ist ein Zeichen dafĂĽr, dass der Hund in keinster Weise verstanden hat, was dieser Abbruch bedeuten soll. Er setzt einfach nach, indem er euch munter weiterhin zum Spielen auffordert.

Das Alles-anknabbern ist ein allgegenwaertiges Problem

Für Hunde nach dem Zahnwechsel ist das in diesem Ausmaß nicht mehr normal. Die möglichen Ursachen:

  1. Er will eure Aufmerksamkeit (dass diese negativ ist, ist dabei zweitrangig)
  2. Er ist nicht ausgelastet (körperliche Bewegung allein reicht ihm vermutlich nicht)
  3. Er hat Stress und baut diesen ĂĽber das Kauen ab.

Ich persönlich halte Punkt eins für am Wahrscheinlichsten, weil es meisten funktioniert. In der Regel reagieren Besitzer damit, dass sie den Hund schimpfen und ihm dann ein neues Angebot machen (ein Spielzeug, was zum Knabbern, ein Spiel…). So lernt der Hund, dass an Gegenständen kauen für action sorgt.

Dass er sein eigenes Spielzeug nicht vorrangig benutzt, liegt daran, dass er das ja immer zur Verfügung hat. Außerdem passiert nichts Spannendes, wenn er damit spielt. Anders, wenn er euren Sachen nagt. Hier hilft, dem Hund das Spielzeug abzunehmen. Ab sofort liegt nichts mehr rum. Ihr müsst euren Hund gut beobachten, in der Regel erkennt man, wenn er sich langweilt und auf der Suche nach Beschäftigung ist.

Dann holt ihr eins der Spielzeuge raus und bespielt den Hund kurz damit, bevor ihr es ihm für ein Weilchen überlasst. Wichtig ist, es ihm wieder wegzunehmen, bevor er es von selbst liegenlässt.

Alle Versuche, an Möbeln zu knabbern, werden mit einem strengen „NEIN!“ (oder pfui oder wasauchimmer) und einem Wegdrängen/ Wegziehen des Hundes vom Objekt der Begierde unetrbunden. Danach wird der Hund ignoriert, es gibt KEIN Ablenkungsprogramm. Macht er den nächsten Versuch, wiederholt ihr das Ganze. Hier liegt das Geheimnis (wie bei vielem in der Hundeerziehung) darin, hartnäckiger als der Hund zu sein.

Die Rasse bringt mit sicherheit ein gewisses „Aggressionspotential“ mit, dass kontrolliert/ abtrainiert werden muss.

Aggression kann man nicht abtrainieren und nur in sehr begrenztem Maße kontrollieren. Das Verhalten dieser Hunde resultiert im Wesentlichen aus der Selektion auf selbstständiges Verhalten. Die Hunde ähneln damit in ihrem Verhalten den Herdenschutzhunden. Bindung an den Menschen haben sie kaum, sie erwecken aber bei Laien durch ihr oft ausgeprägtes Kontrollverhalten gerne mal den Eindruck, als würden sie sehr an ihren Besitzern hängen. Ihre Unterordnungsbereitschaft ist nicht sehr hoch.

Schöne Grüße,
Jule

was auch immer euch geritten haben mag, euch einen Hund dieser
Rasse ins Haus zu holen: Eine gute Idee war das wohl nicht.

Hmm, eigentlich hat uns nichts geritten… Keine Frage, die Rasse ist eine der anspruchsvolleren - aber ich denke trotzdem, dass es eine sehr gute Idee war! Kennst du die Rasse?

  1. Er will eure Aufmerksamkeit (dass diese negativ ist, ist
    dabei zweitrangig)
    […] In der Regel reagieren Besitzer
    damit, dass sie den Hund schimpfen und ihm dann ein neues
    Angebot machen (ein Spielzeug, was zum Knabbern, ein
    Spiel…). So lernt der Hund, dass an Gegenständen kauen für
    action sorgt.

Ok, verstanden.

Dass er sein eigenes Spielzeug nicht vorrangig benutzt, liegt
daran, dass er das ja immer zur VerfĂĽgung hat. AuĂźerdem
passiert nichts Spannendes, wenn er damit spielt.

Er spielt sehr viel mit dem Spielzeug, schnappt sich aber ab und zu auch einen herumliegenden Schuh - eigentlich nur wenn er allein ist, ich denke daher nicht, dass es dabei auch um aufmerksamkeit geht.

Das Verhalten dieser Hunde
resultiert im Wesentlichen aus der Selektion auf
selbstständiges Verhalten. Die Hunde ähneln damit in ihrem
Verhalten den Herdenschutzhunden. Bindung an den Menschen
haben sie kaum,[…]

Dem Stimme ich in Bezug auf die „Traditionelle Thai Style Haltung“ zu, allerdings nicht in unserem Fall, da der Hund westlich aufwaechst und erzogen wird, also im Haus schlaeft und in jeder hinsicht auf uns angewiesen ist. Er kann z.B. nicht alleine rumstreunen wie hier sonst ueblich.

Diese art der Haltung ist im uebrigen fuer alle Rassen gleich, die wenigsten Hunde leben mit der Familie.

Schöne Grüße,
Jule

Danke fuer deine Antwort!

Hallo,

Kennst du die Rasse?

Nicht so gut wie andere, aber grundsätzlich schon. Ich habe in Thailand etliche Exemplare erlebt (auch unser Vermieter hatte einen, der nachts das Grundstück bewachte) und kenne sieben Exemplare über den deutschen Tierschutz.

Er spielt sehr viel mit dem Spielzeug, schnappt sich aber ab und zu auch einen herumliegenden Schuh

In diesem Fall hat er nicht verstanden, dass der Schuh nicht zu seinem Spielzeug gehört. Hier hilft es, Schuhe einfach konsequent wegzuräumen und dem Hund den Zugang dazu unmöglich zu machen.

allerdings nicht in unserem Fall, da der Hund westlich aufwaechst und erzogen wird, also im Haus schlaeft

Das ist der Genetik des Hundes ziemlich wurscht. Er wird sich dennoch nur sehr begrenzt anders verhalten als seine Vorfahren aus Thailand.

und in jeder hinsicht auf uns angewiesen ist.

Auch das ist ihm egal. Hunde begreifen nicht, dass sie „auf den Menschen angewiesen“ sind, auch wenn manche Hundeliteratur, behauptet, es wäre so.

Schöne Grüße,
Jule

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Kennst du die Rasse?

Nicht so gut wie andere, aber grundsätzlich schon. Ich habe in
Thailand etliche Exemplare erlebt (auch unser Vermieter hatte
einen, der nachts das GrundstĂĽck bewachte) und kenne sieben
Exemplare ĂĽber den deutschen Tierschutz.

Ok, dann bin ich zumindest einigermassen beruhigt, dass du nicht ins blaue schiesst :smile:
Allerdings scheinen die Thai-exemplare die du kennst ja genau so zu leben, wie unserer eben nicht lebt. Zu den Tieren vom Tierschutz kann ich natuerlich nicht viel sagen - wie kam es, dass sie beim Tierschutz landeten? (OffTopic, vielleicht schreibst du mir das per Nachricht?)

[…] Hier hilft es, Schuhe einfach
konsequent wegzuräumen und dem Hund den Zugang dazu unmöglich
zu machen.

Das ist genau das, was wir zur zeit machen.

Das ist der Genetik des Hundes ziemlich wurscht. Er wird sich
dennoch nur sehr begrenzt anders verhalten als seine Vorfahren
aus Thailand.

Ok, sehe ich grundsaetzlich auch so, denke aber, dass die art und weise wie er aufwaechst schon einen unterschied macht. Zumal der Hund aus einer Zucht stammt, zumindest seine naechsten Vorfahren haben nie nach Thai art gelebt.

Vielen Dank!

Hallo,

wie kam es, dass sie beim Tierschutz landeten?

allesamt abgegeben, weil die Besitzer nicht mehr mit ihnen zurecht kamen.

Ok, sehe ich grundsaetzlich auch so, denke aber, dass die art und weise wie er aufwaechst schon einen unterschied macht.

Das tut es nur minimal. Eine einzige Generation in Relation zu vielen anderen, die auf bestimmte Zwecke hin selektiert wurden, fällt da kaum ins Gewicht. Deswegen gibt es ja die Zucht von Rassehunden, weil man über jahrzehnte- manchmal jahrhundertelange Selektion einen Hundetyp bekommt, dessen Verhalten und Aussehen zuverlässig die gleichen Ausprägungen zeigt. Dieser Typ verändert sich nicht innerhalb weniger Jahre.

Ich selber habe einen Südrussischen Owtscharka, einen Herdenschutzhund, der seit der 6. Lebenswoche bei mir lebt und positiv auf Menschen geprägt wurde. Er lebte in seinem ersten Lebensjahr wie meine anderen Hunde bei mir im Haus, wobei er dort mit zunehmendem Alter immer weniger sein wollte.

Er befolgt Kommandos, die ich ihm gebe zuverlässig, lässt sich auch ab und zu ganz gerne kraulen oder geht eine Runde mit mir und den anderen Hunden spazieren, zieht es aber ansonsten vor, 22 von 24 Stunden des Tages bei meiner (eher „seiner“) Ponyherde zu verbringen. Bin ich nicht in der Nähe, greift er jeden Menschen (auch Bekannte) an, die sich in seinem Revier aufhalten, wobei er „sein Revier“ sehr großzügig definiert. Ein Weg, den er öfter als einmal gegangen ist, zählt bereits dazu :smile:. Das führt dazu, dass ich den Hund außerhalb meines Geländes nur mit Maulkorb laufen lasse, und das Gelände selbst entsprechend gesichert ist.

Das alles war mir bewusst, als ich den Welpen (ebenfalls aus dem Tierschutz) zu mir genommen habe. Wollte ich sein Erbe leugnen, hätte das ziemlich unangenehme Konsequenzen.

Schöne Grüße,
Jule

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Vielen Dank fuer deine Hilfe und Hinweise,
die werde ich auf jeden Fall im Hinterkopf behalten!