Hund löst bei anderen Hunden Beutereiz aus

Hallo,
meine 1-jährige Hündin spielt mit anderen Hunden gerne fangen. Dabei wird sie am liebsten gejagt, d.h., sie rennt weg, der andere Hund hinterher. Sie ist sehr schnell und rennt schrecklich gerne. Leider löst ihr Verhalten bei anderen Hunden oft einen Beutereiz aus. Speziell ein Jagdhund-Mix fängt beim Hinterherrennen irgendwann an, das Spiel nicht mehr als solches anzusehen, sondern jagt sie regelrecht. Bisher hat er sie noch nicht ernsthaft verletzt, aber darauf möchte ich es auch nicht ankommen lassen. Ich habe schon versucht, meine Hündin, wenn sie wieder wegrennt, abzurufen, aber leider klappt das nicht. Eigentlich ist sie gut sozialisiert und verträgt sich mit anderen Hunden. Ich möchte ihr auch weiterhin Kontakt zu anderen Hunden ermöglichen. Hat jemand eine Idee, wie ich sie vom „Fang-mich-doch“-Spiel abbringen kann?

Hallo,

bestimmte Hunderassen bevorzugen diese Art von Sozialspiel. Windhunde gehören dazu, einige Schlittenhundrassen und einige Jagdhunde.

Meist sind sie so schnell, dass andere Hunde sie nicht erwischen, was bei diesen nach einer Weile für Frustration sorgt. Der Beutetrieb ist bei solchen Spielen immer aktiv, denn es geht bei diesem Spiel primär darum, Jagdverhalten zu trainieren.

Wenn ein ausreichend frustrierter Hund den anderen dann doch noch kriegt, fällt der Kontakt meist ein wenig derber aus. Damit, dass dieser den Gejagten nun plötzlich als zu tötende Beute betrachtet, muss man bei normal sozialisierten Hunden aber nicht rechnen. Im Normalfall wird das „Opfer“ lautstark niedergebügelt und möglicherweise ein wenig gerupft, aber nicht ernsthaft verletzt.

Ein mögliches Problem kann werden, dass deine Hündin es gleichzeitig an der nötigen Unterordnungsbereitschaft fehlen lässt. Normalerweise sind Rennspiele so ausgelegt, dass der der wegrennt beim Erwischtwerden beschwichtigt. Das mindert die durch das Jagen aufgestaute Aggression des anderen und oft geht das Spiel danach einfach weiter oder Jäger und Gejagter wechseln die Rollen.

Wenn deine Hündin das nicht ausreichend tut, wäre das eine weitere Erklärung für das möglicherweise aggressivere Verhalten des anderen Hundes. Das kann ihr durchaus mal Prügel bescheren - wenn diese in ersthafter Form aber eher von einer Hündin als einem Rüden zu erwarten sind.

Das größere Problem sehe ich darin, dass deine Hündin aus einer solchen Situation nicht abrufbar ist. Das kann gefährlich werden, und ich würde dringend dazu raten, dass du daran arbeitest. Eine Schleppleine tut hier sicher gute Dienste.

Allerdings sollte dir klar sein, dass dann auch der andere Hund zuverlässig abrufbar sein muss. In dem Augenblick, wo nämlich deine Hündin das Rennen abbricht und zu dir kommt, wird der andere sofort seine Chance nutzen und sich draufstürzen. Das wäre absolut fatal in Bezug auf den Lerneffekt bei deiner Hündin. Sie würde lernen, dass zu dir kommen bedeutet, vom anderen niedergemacht zu werden.

Woran machst du denn fest, dass deine Hündin in Gefahr sein könnte?

Schöne Grüße,
Jule

Hallo Jule,

vielen Dank für deine Antwort. Sie hat mir in vielerlei Hinsicht geholfen.

Meist sind sie so schnell, dass andere Hunde sie nicht
erwischen, was bei diesen nach einer Weile für Frustration
sorgt.

  • Stimmt!!!

Wenn ein ausreichend frustrierter Hund den anderen dann doch
noch kriegt, fällt der Kontakt meist ein wenig derber aus.
Damit, dass dieser den Gejagten nun plötzlich als zu tötende
Beute betrachtet, muss man bei normal sozialisierten Hunden
aber nicht rechnen. Im Normalfall wird das „Opfer“ lautstark
niedergebügelt und möglicherweise ein wenig gerupft, aber
nicht ernsthaft verletzt.

  • Das war bisher auch immer so! Soffi quiekt und schmeißt sich auf den Rücken und der andere Hund macht sich über sie her, aber ohne sie ernsthaft zu verletzen.

Allerdings sollte dir klar sein, dass dann auch der andere
Hund zuverlässig abrufbar sein muss. In dem Augenblick, wo
nämlich deine Hündin das Rennen abbricht und zu dir kommt,
wird der andere sofort seine Chance nutzen und sich
draufstürzen. Das wäre absolut fatal in Bezug auf den
Lerneffekt bei deiner Hündin. Sie würde lernen, dass zu dir
kommen bedeutet, vom anderen niedergemacht zu werden.

  • Und genau das wird der Grund sein, warum sie nicht kommt, wenn ich sie rufe!!! Der andere Hund lässt sich bei seiner Jagd auch nicht aufhalten und hat sie auch schon mal „erwischt“, wenn sie zu mir gekommen ist. Im nachhinein ganz logisch!

Woran machst du denn fest, dass deine Hündin in Gefahr sein
könnte?

  • Wenn der andere Hund sie nicht kriegt, fängt er irgendwann an mit dem typischen Jagdgebell, also dieses heisere, hohe Bellen.

Vielleicht hast du noch einen anderen Tip, als den mit der Schleppleine. Wir haben auf unserem Weg ziemlich viele Büsche und Bäume stehen und da ist mir die Schleppleine - gerade wenn wir mit einem anderen Hund gehen - etwas zu gefährlich. Ich habe mir vorgenommen, sie besser zu beobachten und schon bevor sie anfängt wegzurennen, von ihrem Vorhaben abzubringen.

LG
Verena

Hallo Verena,

  • Das war bisher auch immer so! Soffi quiekt und schmeißt sich auf den Rücken und der andere Hund macht sich über sie her, aber ohne sie ernsthaft zu verletzen.

Soweit ist also erst mal alles in Ordnung. Dieses Verhalten gehört mit zum Spiel und hat seinen Sinn: Die Aggression, die durch das Jagen aufgebaut wird, muss gehemmt werden, damit keine Übergriffe passieren. Bei der echten Jagd würde dem Erwischen das Packen und Töten folgen. Im Jagdspiel wird beschwichtigt und damit bleibt die Endhaltung konsequenzgemindert. Hier ist alles im grünen Bereich.

  • Wenn der andere Hund sie nicht kriegt, fängt er irgendwann an mit dem typischen Jagdgebell, also dieses heisere, hohe Bellen.

Auch das ist normal. Es zeigt einen hohen Erregungsgrad an, bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass der Hund außer Kontrolle gerät. Eine Faustregel bei Hunden lautet, dass es umso leiser wird, je ernsthafter eine Kampfsituation sich entwickelt. Über das Bellen baut der jagende Hund ebenfalls bereits Spannung ab.

Um zuverlässiges Herkommen zu erreichen, führt nach meiner Erfahrung ab einem gewissen Alter des Hundes kaum noch ein Weg an der Schleppleine vorbei. In dem Moment, wo der Hund die Option hat, nicht zu kommen, wenn du ihn rufst, hast du verloren, weil er natürlich genau weiß, dass du keine Einflussmöglichkeit hast.

Du kannst aber versuchen, zweigleisig zu fahren. Heißt: Du machst die Schleppe bei normalen Spaziergängen dran und trainierst das Abrufen aus zunächst ablenkungsarmen Situationen. Wenn andere Hunde ins Spiel kommen, machst du die Schleppe ab, rufst aber deinen Hund nicht, wenn du nicht zu hundert Prozent sicher bist, dass er kommt.

So festigst du nach und nach den Grundgehorsam und kannst dann irgendwann den Hund auch aus dem Spiel abrufen. Wichtig ist, dass das Herkommen IMMER belohnt wird, auch dann, wenn der Hund zu dir kommt, ohne dass du ihn gerufen hast.

Den Hund vor dem Spiel abzurufen könnte auch klappen, aber grundsätzlich würde ich keine Notwendigkeit sehen, das Spiel als solches zu unterbinden.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo Jule,
vielen Dank, jetzt bin ich erst einmal beruhigt. Ich habe die Situation wohl überbewertet. Ich weiß jetzt, das Verhalten der Hunde einzuschätzen und das gibt mir doch eine gehörige Portion Sicherheit. Du hast recht: ein Hund muss immer abrufbar sein und wenn man weiß, dass er nicht kommt, sollte man ihn besser nicht rufen. Aber das ist bei Soffi auch kein Problem. Wenn ich mit ihr alleine bin, hört sie 1a. Das kommt auch daher, weil sie so gerne rennt. Sie hat Spaß daran, in einem Affenzahn zu mir gerannt zu kommen, wenn ich sie rufe. Insofern brauche ich dann auch keine Schleppleine. Sie ist ja noch jung und ich bleibe einfach dran, sie noch besser zu erziehen und vielleicht lache ich dann in einem Jahr über meine Probleme jetzt. Dir nochmal herzlichen Dank und liebe Grüße
Verena