Hund makiert nach gassi

Habe seit 5 Wochen eine 2 Jahre alte West Highland Terrier Mischling vom Tierheim ( sie stammt direkt aus Spanien) und seit Mittwoch vom selbem Tierheim noch einen 7 Jahre alten Malteser- Pudel Mischling ( kam im August auch aus Spanien und war jedoch in den letzten 3 Monate in einem anderen zu Hause). Er wurde da so mit Leckerle, Schokolade etc. voll gestopft, dass er für seine kleine Größe 2 kg zuviel wiegt. Sie sind beide sehr lieb und mögen auch unser 6 Jahre alten Main Coon Kater ( seit 4 Monaten bei uns und auch aus einer schlechten Haltung). Die Hunde sind extrem unterwürfig. Seit Freitag markiert er die Wohnung, obwohl wir gerade vom Gassi kommen. Heute morgen, in einem unbeachtetem Moment sogar in meinem Bett, obwohl sie nicht in dieses dürfen. Wie unterbinde ich bei ihm den Markierdrang und nehme ihnen beiden die extreme Unterwürfigkeit. Des weiteren möchte ich fragen ob mir jemand erklären kann, warum beide gurren und bellen wenn wir beim Gassi gehen jemanden begegnen ( egal ob Hund oder Mensch) obwohl sie sich riesig freuen?

Hallo,

welches deiner Tiere pinkelt denn nun in die Wohnung? Der Terrier-Mix, der Malteser-Mix oder der Kater? Männlich, weiblich, kastriert (vermutlich)?

Insgesamt kann man wohl davon ausgehen, dass deine Hunde unter großem Stress stehen. Besitzerwechsel, dazu auch noch neue Tiere, mit denen sie zurechtkommen müssen - da erscheint es erst mal nicht verwundertlich, dass die Hunde durch den Wind sind.

Extreme Unterwürfigkeit ist normal für Hunde aus dem Süden. Für die, die auf der Straße gelebt haben, war Beschwichtigen die Überlebensstrategie, und bei den Meisten, die einen Besitzer hatten, kann man davon ausgehen, dass die Hunde einiges einstecken mussten. Hundehätscheln, so wie in Deutschland, gibt es nur in sehr wenigen anderen Ländern.

In jedem Fall fehlt den Hunden mit hoher Wahrscheinlichkeit eine positive Prägung auf den Menschen. Heißt auch: Sie akzeptieren menschliche Führung nicht ohne weiteres, weil ihnen das Vertrauen fehlt. Das extrem unterwürfige und oft ausgeprägte Schmuse-Verhalten täuscht häufig darüber hinweg, dass Menschen eigentlich keine Rolle in ihrem Leben spielen, wenn man vom Füttern mal absieht.

Aus diesem fehlenden Menschenbezug resultiert letzten Endes auch das Knurren und Bellen beim Anblick fremder Menschen. Die Hunde „freuen“ sich mit hoher Wahrscheinlichkeit keineswegs, diese zu sehen. Das aufgeregte Wedeln ist lediglich ein Zeichen von Aufregung: „Mensch ist gleich Futter“ oder aber „Mensch ist gleich ein Tritt in den Hintern“ sind die Erfahrungen, die die Hunde in der Regel gleichermaßen mit Menschen gemacht haben. Entsprechend aufgeregt und unsicher verhalten sie sich.

Für dich als Besitzerin bedeutet das, dass du einen Haufen Arbeit vor dir hast. Was die Hunde brauchen, ist Führung und absolute Konsequenz. Eines deiner Probleme wird das extrem unterwürfige Verhalten sein. Es wird häufig eingesetzt, um die Befolgung von Kommandos zu unterlaufen. Man spricht in diesem Zusammenhang von „submissiver Dominanz“ - was bedeutet, dass die Hunde mit Hilfe von Beschwichtigungsgesten letzten Endes ihren Willen durchsetzen.

Dieses Verhalten ist meist recht erfolgreich, denn die wenigsten Hundebesitzer bestehen auf ein „Sitz“, wenn der Hund sich stattdessen auf den Rücken schmeißt und mit einem „bitte-tu-mir-nichts“-Blick nach oben schielt. Im Gegenteil: Anstatt den Hund wieder auf die Beine zu stellen und das „Sitz“ erneut zu verlangen, wird das „arme Hündchen“ ermutigend getätschelt und kriegt den Bauch gekrault. Und - BINGO! - hat der Wauwau wieder eine Kerbe mehr in seinem Colt :smile:.

Heißt für dich: Lass das nicht durchgehen. Nur wenn du Führungskompetenz beweist, hast du eine Chance, noch eine gewisse Beziehung zwischen deinen Hunden und dir aufzubauen. Andernfalls bleibst du nur diejenige, die ein paar Bedürfnisse befriedigt.

Im gleichen Maße wie deine Hunde dich als konsequenten Menschen erleben, bauen sie auch Vertrauen in dich auf. Gerade für unsichere Hunde ist es unendlich wichtig, dass es klare Regeln gibt und alles, was heute gilt, morgen und übermorgen noch genauso richtig oder falsch ist. Mit flexibler Handhabung von Regeln kommen gerade diese Hunde nicht zurecht.

Unterwürfiges Verhalten solltest du nie belohnen, sonst wirst du es nie los. Je klarer du auf die Ausführung von Kommandos bestehst, desto weniger unterwürfig werden sich deine Hunde zeigen, weil sie lernen, dass dieses Verhalten nicht mehr nützt. Diese Konsequenz - die immer ruhig, aber bestimmt sein sollte und nichts mit Rumbrüllen zu tun hat - fällt umso schwerer, als die Hunde dir vermutlich am Anfang ständig das Gefühl vermitteln werden, du würdest sie schwer misshandeln, wenn du ein simples Kommando wie „Platz“ von ihnen verlangst. Fall nicht drauf rein :smile:.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo Jule
Erst einmal herzlichen Dank für deine ausführliche Erklärung. Danke, denn die wird mir sehr helfen.
Kastriert sind der Malteser und der Kater. Die Hündin Lilly ist im Februar soweit, da sie jetzt erst läufig war.
Markiert hat der Malteser ( 7 J.) muss jedoch dazu sagen das es weder gestern abend noch heute passiert ist.
Mit der konsequent fehlt es weder die erwachsenen Kinder noch mir, dass halten wir ohne weiteres durch.
Den Kater haben wir deutlich und mit immer wieder sofortigen Eingreifen über die Hunde gestellt. Was dem Kater recht egal sein mag, da er wesentlich größer als die Hunde ist. Nach seinen anfänglichen Ängste, ist er jetzt entspannt und die Gemütlichkeit pur. Die meiste Zeit verbringt er mit schlafen und trotz Hunde ist der Kater total ausgeglichen. Er mag nur keine stürmische Begrüßung, da macht er einen Buckel und knallt mit seiner großen Pfote auf den Boden und … grinse… die Zwei haben jedoch schnell begriffen, dass wen sie sich ruhig verhalten er sogar zwischen ihnen sitzt, doch sobald sie es zu lieb meinen und ihn putzen wollen oder durch bellen auffordern zu spielen verzieht er sich auf seine Ebenen, Sofa, Ablage oder niedrige Fensterbank, auf die sie von Anfang an nicht dürfen.
Ich muss sagen beide Hunde sind sehr lerneifrig. Liegt das vielleicht an ihrem vorleben? Sie lernen schneller als alle anderen Hunde die ich in meinem Leben hatte!
Ich denke das durch die wahnsinnige Angst beim Sylvesterknallen und das Gefühl des beschützt sein doch etwas Vertrauen aufkam.
Gestern haben die zwei Hunde ihre Rangordnung selber festgelegt, dass wirkt sich sicherlich auch hilfreich aus.
Habe gestern unter www.hundeseite.info fiel gelesen und ich habe auch gleich damit begonnen mein Verhalten zu verbessern. Das Anbellen und Gnurren auf andere ist schon nicht mehr so lange und zweimal war gar ruhe pur.
Da ihr verhalten so ziemlich auf deine Beschreibung passt, wird es wirklich ein langer Weg. Na ja Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden.
Darf ich dich wieder kontaktieren, wenn wir wieder Probleme haben?
Ich sage noch einmal herzlichen Dank
Franziska

Hallo Franziska,

Markiert hat der Malteser ( 7 J.) muss jedoch dazu sagen das es weder gestern abend noch heute passiert ist.

Wenn du Glück hast, war das Ganze nur eine Stressreaktion, die mit dem Umzug und dem Einfügen in eine neue Gemeinschaft zu tun hatte. Wenn das nicht die Ursache war, halte ich zwei andere Gründe für möglich:

  1. Der Knabe hat deutliche Dominanzansprüche, die er auf diese Weise anzumelden versucht. Gerade, wenn er in der vorherigen Pflegestelle keine Grenzen erfahren hat, liegt es nahe, dass er ausprobiert, was bei euch geht.
  2. Der Hund war bisher noch nie stubenrein. Wenn er ein Stra0enhund war, liegt das in der Natur der Sache, es ist aber auch durchaus denkbar, dass er als Kleinhund in einer spanischen Familie wenig Gassi, dafür aber die Benutzung des Katzenklos gelernt hat. Es würde sich möglicherweise lohnen, mal bei den direkten Vorbesitzern nachzufragen, ob er dort zuverlässig stubenrein war.

In jedem Fall wird auch hier ruhige Konsequenz mit klaren Regeln und Grenzen helfen. Zusätzlich macht es sicher Sinn, mit ihm öfter nach draußen zu gehen und ihn dort zu loben, wenn er sein Geschäft draußen verrichtet.

Den Kater haben wir deutlich und mit immer wieder sofortigen Eingreifen über die Hunde gestellt.

Das klappt nicht. Die Tiere regeln das immer unter sich. Spätestens bei Abwesenheit der Menschen passiert das, was sie für richtig halten. Es ist aber angesichts der Größe der Katze und ihres Verhaltens durchaus möglich, dass diese sich selbst ausreichend Respekt verschafft hat.

Ich muss sagen beide Hunde sind sehr lerneifrig. Liegt das vielleicht an ihrem vorleben?

Das mag durchaus eine Rolle spielen. Hunde, die auf sich gestellt überleben mussten, sind darauf angewiesen, blitzschnell zu lernen. Dummerweise tun sie das nicht nur bei den Dingen, die man gut findet - du wirst also höllisch aufpassen müssen, dass du ihnen nichts durchgehen lässt, was du auf Dauer nicht haben willst.

Ich denke das durch die wahnsinnige Angst beim Sylvesterknallen und das Gefühl des beschützt sein doch etwas Vertrauen aufkam.

Das würde ich nicht überbewerten. Dieses „Beschützfühlen“ ist nicht unbedingt eine hundliche Sichtweise. Sie hatten Angst und haben die Erfahrung gemacht, dass sie trotzdem unverletzt überlebt haben. Mit euch hat das - sorry - wenig zu tun.

Gestern haben die zwei Hunde ihre Rangordnung selber festgelegt

Das geschieht nicht an einem Tag, sondern ist ein Prozess, der Wochen, manchmal auch Monate dauern wird.

Darf ich dich wieder kontaktieren, wenn wir wieder Probleme haben?

Klar.

Schöne Grüße,
Jule

Vielen Dank Jule

Danke für das schnelle Info, sie ist sehr hilfreich. Auch wir ältere Menschen können immer wieder dazu lernen.
Ist es zu Privat wenn ich dich mal frage woher du dieses ganze Wissen, über Hunde aus dem Süden, bekommen hast?
Danke und fühle dich gedrückt Franzi