Hund: Was bedeutet das Verhalten?

Hallo,

meine Hündin, höchstwahrscheinlich eine Podenca-Mischung, hat mit anderen Hunden nicht so viel am Hut. Es gibt ein paar Hunde in der Gegend, mit denen sie freundschaftliche Pinkelverhältnisse unterhält, mit einigen werden auch mal nahkörperliche Schnupperorgien an prägnanten Körperstellen ausgetauscht, darüber hinaus sind Hunde eher doof.

Einem Hund, mit dem sie keine Nahkontakte eingehen will, begegnet sie wie folgt:

Kopf hoch erhoben, die großen Tütenohren nach oben gereckt, Schwanz hoch erhoben.Blick auf den anderen Hund, dann aber ganz schnell zur Seite geblickt. Beine durchgestreckt, Gang (wenn sie denn läuft, meist bleibt sie stehen) stacksig. Wenn der andere Hund näher kommt, schlüpft sie schnell an ihm vorbei und geht dann ganz ungerührt entspannt weiter. Wenn der Hund doch irgendwie wichtig ist, wird eventuell noch eine Duftannonce abgesetzt, aber nicht zwingend.

Ungefähr 90% der Leute glaubt bei dem Anblick, mein Hund hat fürchterliche Angst. Ich bin überzeugt, sie signalisiert: Ich sehe dich, ich bin friedlich und nicht auf Zoff aus, aber ich bin auch keine Kuschmaus, denn ich habe keine (!) Angst vor dir. Wenn du brav bist, bleibe ich es auch. Für mich ist es die gelungene Mischung aus Angabe und Deeskalation. Dass sie im Ernstfall verdammt schnell wegrennt (Windhund!), da sie jeder Konfrontation konsequent ausweicht, weiß der andere Hund ja nicht.

Hab ich recht?

LG Barbara

Hallo,

irgendwie erinnert mich das Geschehen an den Artikel den wir vor ein paar Tagen hier hatten,:."…Kopf hoch und Kreuz durchbiegen,und ja nicht stolpern." Man wird ja beobachtet und stellt sich dar.
Kluges Hundchen das Du da hast.
LG aria

Hallo,

um das Verhalten konkret deuten zu können müsste man es live anschauen. Aber ich glaube du liegt mit deiner Vermutung nicht ganz falsch.

Auch in der Hundewelt gibt es Blender und Selbstdarsteller.

Vielleicht ist sie sich selbst nicht sicher ob sie Selbstbewusst oder Ängstlich sein will und zeigt ein etwas Verwirrendes Verhalten -Vorherr und nachher wird Imponiert aber wenn es tatsächlich zum Kontakt kommt entzieht sie sich der Situation.

… Für mich ist es
die gelungene Mischung aus Angabe und Deeskalation…
Hab ich recht?

Hallo Barbara,

wie immer sie dazu gekommen ist (intellektuelle Überlegungen sind da eher unwahrscheinlich), entscheidend ist, ob ihr Verhalten erfolgreich ist - dann bleibt sie auch dabei.

Gruss Reinhard

Hi,

Vielleicht ist sie sich selbst nicht sicher ob sie
Selbstbewusst oder Ängstlich sein will und zeigt ein etwas
Verwirrendes Verhalten -Vorherr und nachher wird Imponiert
aber wenn es tatsächlich zum Kontakt kommt entzieht sie sich
der Situation.

Ich glaub auch, das ist es. Ich habe oft das Gefühl, bei ihr kollidiert einerseits ein sehr souveräner und überlegener Hund mit einem Hund, der bitte einfach nur seine Ruhe haben will und das möglichst ohne große Anstrengung. Angeben, stark sein, auch mal eine dicke Lippe riskieren, um die Überlegenheit zu beweisen, ist absolut nicht ihr Ding.

Also stolpert sie mit durchgedrücktem Rücken durch’s Leben und hofft mit Erfolg, dass ihr jeder ihre Masche abnimmt :wink:.

LG Barbara

Hallo Barbara,

das ist genau dieses Verhalten, was bei Windhunden gerne als „vornehme Zurückhaltung“ beschrieben wird. Viele Windhunde legen dieses Reserviertheit an den Tag. Sie wirken bei diesem Verhalten als Eingebildet (um es mit menschlichen Eigenschaften zu beschreiben).

Würde deinen Hund nicht als ängstlich einschätzen. Habe grade bei Windhunden die Erfahrung gemacht, dass Angst/Unsicherheit durch Aggressionen gezeigt werden.

Dein Hund sucht sich genau aus, wer zum eigenen elitären Kreis gehört :smile:.

LG

Hallo Barbara,

in meinen Augen das klassische Verhalten für einen Hund, der primär mit Artgenossen sozialisiert wurde. Sie probiert zunächst ein wenig Imponiergehabe und gibt sofort klein bei, wenn das Gegenüber die „Anfrage“ entsprechend beantwortet. Auf der Straße sichert dieses Verhalten das Überleben.

Die Diagnose „Schisser“ ist insofern nicht ganz falsch. Sie hat unterwürfiges Verhalten als erfolgreich gelernt und behält es bei. Wenn das derselbe Hund ist, der auch Menschen anspringt, würde das ebenfalls ins Bild passen. Es würde auch passen, wenn sie Leute verbellen würde.

Dass sie sich kurz aufbaut und ein wenig die Muskeln spielen lässt, ist nicht ernst zu nehmen. Sie wird sofort zwei Schritte rückwärts machen, wenn ihr Gegenüber sich nicht beeindrucken lässt. Das Pinkeln ist in diesem Fall auch klar dem Beschwichtigungsverhalten und nicht etwa dem Dominieren zuzuordnen. Sie signalisiert durch ihre Duftmarke, dass sie keine Bedrohung darstellt.

Zu einem Teil ist das Verhalten aber auch recht typisch für Windhunde. Sie sind Sichtjäger und das kurze Erstarren und die Situation abchecken, bevor sie losrennen oder nicht gehört zu ihrem Verhaltensrepertoire. So wie viele Hütehundrassen dazu neigen, sich hinzulegen und aus dieser Position die Situation abzuschätzen, sind viele Windhunde erst mal „groß“, um sich einen Überblick zu verschaffen. In diesem Fall hat das Verhalten oft weniger mit Imponieren als mit „Einschätzen der Lage“ zu tun. In der Regel vermischen sich die Verhaltensweisen aber mit zunehmender Lebenserfahrung.

Schöne Grüße,
Jule

Die Diagnose „Schisser“ ist insofern nicht ganz falsch. Sie
hat unterwürfiges Verhalten als erfolgreich gelernt und behält
es bei. Wenn das derselbe Hund ist, der auch Menschen
anspringt,

Ja.

würde das ebenfalls ins Bild passen. Es würde auch
passen, wenn sie Leute verbellen würde.

Nein, Sie bellt nur, wenn es klingelt oder der Briefkasten klappert. Sonst ist sehr ruhig. Menschen werden überhaupt nicht angebellt. Hunde nur, wenn sie nerven, aber auch da nur die „unterlegenen“, also Jungtiere und während der Läufigkeit aufdringliche Rüden, solange sie noch nicht bereit ist.

Schisser, ja, aber souveräner Schisser, meine ich. Kein Angstbeisser, inzwischen auch kein Angstflüchter mehr, überläßt gerne den anderen die Führung (und dreht ihr eigenes Ding). Freundlich, friedlich, still, zeigt keine Ecken und Kanten, wird deshalb von 95% der anderen Hunde gemocht bis toleriert, von einigen ignoriert und von nur ganz ganz wenigen agressiv angegangen (von Weibern). Aber trotzdem sehr verträglich mit Hündinnen. Sollte hier mal jemand einbrechen, wird sie zwar Laut geben, aber dann wird sie den Eindringling freudig begrüßen und interessiert auf seiner Tour durch’s Haus begleiten. Der könnt’ ja ein Leckerli fallen lassen…

Danke!

Hallo,

Würde deinen Hund nicht als ängstlich einschätzen. Habe grade
bei Windhunden die Erfahrung gemacht, dass Angst/Unsicherheit
durch Aggressionen gezeigt werden.

Jain. Eine gewisse Ängstlichkeit hat sie schon, aber die äußert sich bei ihr nicht durch Aggression, sondern durch „Blenden“, Verschwinden oder Beschwichtigen. Sie war noch nie in keiner Situation aggressiv. Ich möchte nicht wissen, was man mit dem Hund anstellen muss, damit er mal zubeißt. Es hat schon einige Situationen gegeben, da hätte ich es verstanden, wenn sie Zähne zeigt oder sogar einsetzt. Und dann zeigt sie eben auch die von dir geschilderte windhündische Reserviertheit. Von beidem ein bischen. Wie ich auf Jule schon geantwortet habe: souveräner Schisser.

Dein Hund sucht sich genau aus, wer zum eigenen elitären Kreis
gehört :smile:.

DAS stimmt allerdings. Auch wenn das total vermenschlicht ist. Mit Windhunden kommt sie eigentlich am besten aus, weil die alle sehr ähnliche, ruhige und klare Verhaltensabläufe haben, mit denen andere Hunde oft nicht so richtig zurecht kommen (hab ich wenigstens das Gefühl).

:wink: