Hundeerziehung

Hallo!
Aus Beobachtung eines Herrchens mit jungem Hund meine Frage: Ist es ein probates Mittel der Erziehung zum Gehorsam, wenn man den jungen Hund an der Kehle am Fell packt (also nicht würgen, das „lose“ Fell) und gründlich durchschüttelt? Ich glaube mich zu erinnern, dass der Chefrüde das bei Welpen in einem bestimmten Alter oder bei rangniederen Tieren tun würde, wenn sie sich zum Zeichen der Unterwerfung auf den Rücken legen und die Kehle darbieten (oder ist das auch ein Mythos, dem ich aufgesessen bin?), aber sollte das auch der Mensch tun?

Der junge Hund - acht Monate? - den ich beobachtet habe, wich danach ein Stück zurück und klappte mehrfach das Maul auf und zu, ob er am liebsten gebissen hätte oder sich nur entspannen wollte, kann ich nicht beurteilen.

Mir kam das alles etwas suspekt vor. Auch wenn man Hunde erziehen muss und ihnen beibringen, wer das Sagen hat - geht das nicht mit Ruhe und Konsequenz auch? Ohne Reißen an der Leine und andere "Gewalt"maßnahmen?

Gruß,
Eva

Hallo Eva,

Ist es ein probates Mittel der Erziehung zum Gehorsam, wenn man den jungen Hund an der Kehle am Fell packt (also nicht würgen, das „lose“ Fell) und gründlich durchschüttelt?

Nein. Das Packen und Abschütteln entstammt dem Beutetrieb und wird ausschließlich dazu eingesetzt, die Beute (oder den Gegner) festzuhalten und zu töten. Durch das Abschütteln von oben erleiden Beutetiere in der Regel einen Genickbruch. Schütteln und Beißen in der Kehle reißt diese auf und führt zum Verbluten.

Ein Altrüde, der das bei einem Welpen tun würde, hätte definitiv andere Absichten, als ihn zu erziehen. Was Hunde als Erziehungsmaßnahme anwenden ist, den Welpen von oben im Genick zu packen und einfach nach unten zu drücken. Das Ganze ähnelt (auch von der Bedeutung her) eher einem Ringkampf, bei dem der Schwächere zu Boden gedrückt und unten gehalten wird. Ein Abschütteln findet dabei nicht statt und die Zähne dienen nur dem Festhalten und Bedrohen. Der Griff wird fester, wenn der Hund sich nicht ergibt.

Diese Geste des Hinunterdrückens lässt sich auch durch Menschen anwenden und wird vom Hund verstanden (anders als z.B. der Schnauzengriff, den Menschen einfach nicht imitieren können). Benutzen könnte man diese Maßnahme z.B. im Falle eines groben Verstoßes des Welpen gegen die Spielregeln (z.B. Schnappen nach der Hand beim Wegnehmen von Beute).

Entscheidend ist dabei, dass der Hund so lange unten gehalten wird, bis er sich ergibt, was bedeutet, dass er jegliche Gegenwehr aufgibt. Er darf nicht mehr versuchen, sich aus diesem Griff zu befreien, darf nicht bellen oder jaulen. Schreien darf er, das ist eine typische Reaktion von jungen Welpen auf Maßregelungen, die aggressionshemmend wirkt. Beginnt der Welpe zu schreien, muss man langsam loslassen.

Dieses Untenhalten braucht Kraft von Seiten des Menschen, zumal er keine Zähne hat, die die Drohung verstärken können. Das bedeutet, dass diese Maßnahme nur bei Welpen oder kleinrassigen Junghunden Sinn macht, wenn man selbst nicht Arnold Schwarzenegger ist. Gelingt es dem Hund nämlich, sich aus diesem Griff zu befreien, bevor der Mensch ihn (nach dem Signalisieren des Unterwerfens) freigibt, hat diesen Ringkampf der Hund gewonnen. Ihn eben mal zu packen und kurz nach unten zu drücken hat den selben Effekt.

wenn sie sich zum Zeichen der Unterwerfung auf den Rücken legen und die Kehle darbieten

Diese Geste ist eine aktive Unterwerfungsgeste, was bedeutet, dass der rangniedere Hund sie von sich aus zeigt, ohne dass der andere Hund ihn dazu zwingt. Es ist also nicht so, dass der Chef einen anderen auf den Rücken dreht, damit dieser ihm die Kehle zeigt. Oft wird diese Demutsgeste schon eingenommen, wenn sich ein ranghohes Tier nur nähert. Man sieht sie häufiger in Abwandlungen, so dass der Hund sich klein macht, die Rute zwischen die Beine klemmt und den Kopf mit angelegten Ohren zur Seite dreht, so dass der andere Hund die offene Halsseite sieht.

Der junge Hund - acht Monate? - den ich beobachtet habe, wich danach ein Stück zurück und klappte mehrfach das Maul auf und zu

Im Zusammenhang mit dem Zurückweichen würde ich dieses Verhalten als Übersprungshandlung deuten, das dazu dient, die Spannung loszuwerden. Eine Drohung würde anders aussehen.

Mir kam das alles etwas suspekt vor.

Mit Recht. Das Verhalten war nicht angemessen und musste vom Hund als Angriff auf sein Leben verstanden werden. Erlebt er solche Übergriffe öfter, wird er sich vermutlich früher oder später wehren.

Auch wenn man Hunde erziehen muss und ihnen beibringen, wer das Sagen hat - geht das nicht mit Ruhe und Konsequenz auch?

Ich würde sagen, es geht ausschließlich auf diesem Weg. Auch wenn man straft, was man gelegentlich tun muss, um dem Hund zu zeigen, was verboten ist, muss das immer ruhig und mit Bedacht und vor allem mit dem richtigen Timing geschehen. Andernfalls riskiert man, das Vertrauen des Hundes zu verlieren.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo, Jule!
Deiner Antwort würde ich zwei Sternchen geben, wenn’s ginge :smile:

Dann hatte ich mit meinem Bauchgefühl wohl recht. Armer Hund. Ist ein nettes und schönes Tier, Mix aus Berner Senn und Schäferhund. Kann man nix machen, als Katzendepp kann ich einem Hundebesitzer nichts raten, aber immer wenn ich Leute sehe, wie sie ihren Hund anbrüllen, an der Leine zurückreißen und statt ihm ein Kommando zu geben, irgendwelche Romane erzählen, mit den der Hund nun gar nichts anfangen kann oder wenn das Tier schon zur Seite schaut und sich quasi „entschuldigt“, immer noch weiter labern und schimpfen - AAAAAARGH!

Gruß,
Eva

Hallöchen,

Einspruch! :smile: Anscheinend kannst Du „Katzendepp“ *g* sehr wohl etwas raten. Du scheinst doch intuitiv das richtige zu denken in diesem Fall. Ich würde an Deiner Stelle auf jeden Fall den Mund aufmachen und den Menschen ansprechen, daß er anders mit seinem Hund umgehen soll.

Herzlichen Gruß

Schnärchen

Dein Bauchgefühl war richtig. Kein ranghohes Rudeltier würde nach der klaren Unterwerfungsgeste des jungen Hundes, der sich auf den Rücken legt, zupacken und schütteln. Allein die Unterwerfung signalisiert ja, dass er sich ergibt!
Der Rudelchef würde das als „Entschuldigung“ annehmen.
Dieser Mensch scheint da irgendwie nicht die richtigen Benimmregeln zu kennen.
Wenn man sich einmischt, riskiert man zwar unangenehme Diskussionen, aber wenn man darauf nicht zu sensibel reagiert, kann man das wohl tun, ohne selber Hundebesitzer zu sein. Lg
Jeadama

Hallo,

Kein ranghohes Rudeltier würde nach der klaren Unterwerfungsgeste des jungen Hundes, der sich auf den Rücken legt, zupacken und schütteln.

Es sei denn, er will ihn töten. Und das kann auch ein gut sozialisierter Hund wollen, wenn bestimmte Gründe dafür sprechen.

Schöne Grüße,
Jule

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Katzendepp :wink: dankt -

  • euch allen für euren Input.

Problem ist, manche Hundebesitzer fühlen sich Leuten mit Katzen überlegen, weil sie das gefährlichere „Raubtier“ an der Leine führen. Wenn man solchen auch noch so taktvoll klar machen will, dass man sich etwas wundert über diese oder jene Methode, einen jungen Hund zu erziehen - na, man kann sich die Antwort vermutlich vorstellen. „Bleib Du man bei Deinen komischen Katzen, die tun ja auch nicht, was Du ihnen sagst.“

Trotzdem, wenn ich noch mal Gelegenheit habe, werde ich mal behutsam nachhaken.

Schöne Woche zu haben wünscht
Eva