Husserl

Hallo Thomas,

du dürftest dich ja angesprochen fühlen :smile:
Hab gerade folgenden Beitrag gefunden:
"Zeit ist ein Produkt unseres Bewusstseins. In Wirklichkeit gibt es immer nur die Gegenwart, auch in unserer Wahrnehmung. Bloß dann abstrahieren wir ein bisschen, und konstruieren Vergangenheit und Zukunft. Läuft aber quasi von selbst ab, wegen der eingebauten Erinnerungsfunktion unseres Gehirns.

Eine gute Abhandlung über diese Idee ist von Husserl: Phänomenologie der inneren Zeitwahrnehmung, oder so. (Ich hab’s zwar mal gelesen, aber weil ich die Bücher danach immer wegwerfe, kann der Titel auch ein wenig anders sein.) "

War der Husserl wirklich so ein schlauer und hat genau dasselbe erzählt wie ich? Gibts dazu was im net?

fragt:
Frank

Hallo Frank,

ich bin zwar kein Husserlexperte, aber der Zufall will es, dass ich gerade dieses Werk vor ein paar Wochen habe erneut zur Hand nehmen müssen. Es ist also durchaus möglich und auch nicht unwahrscheinlich, dass noch andere User als ich etwas dazu sagen können und wollen.

"Zeit ist ein Produkt unseres Bewusstseins. In Wirklichkeit
gibt es immer nur die Gegenwart, auch in unserer Wahrnehmung.
Bloß dann abstrahieren wir ein bisschen, und konstruieren
Vergangenheit und Zukunft. Läuft aber quasi von selbst ab,
wegen der eingebauten Erinnerungsfunktion unseres Gehirns.

Soweit kann man sagen, dass die „Zeit“ bei Husserl reduziert wird auf das Zeitbewusstsein. Husserl radikalisiert hier also den Ansatz Kants (wie ich meine, in der Nachfolge Fichtes, also nicht Kant selbst, aber das wäre noch zu diskutieren), weshalb es mich wundert, dass du meinst, dasselbe gesagt zu haben. Diese phänomenologische Reduktion ist die Methode, mit der Husserl versucht, sichere Ergebnisse (also nicht bloß hypothetische Aussagen) zu erlangen. Genaueres hier:
http://www-user.tu-chemnitz.de/~koring/quellen/phil0… , wo der Text Husserls ein wenig erläutert ist. Gute einführende Literatur außerhalb des Netzes: http://www.bsz-bw.de/rekla/show.php?mode=source&eid=…

Eine gute Abhandlung über diese Idee ist von Husserl:
Phänomenologie der inneren Zeitwahrnehmung, oder so. (Ich
hab’s zwar mal gelesen, aber weil ich die Bücher danach immer
wegwerfe, kann der Titel auch ein wenig anders sein.) "

Was der Schreiber hier behauptet, ist allerdings ziemlich unglaubwürdig, denn die Ausgaben, die es von diesem Buch gibt, sind dermaßen teuer, dass es sich eigentlich von selbst verbietet, sie wegzuwerfen. Es sei denn, er hätte folgende Ausgabe
„Texte zur Phänomenologie des inneren Zeitbewußtseins (1893-1917). Text nach „Husserliana“, Bd. X“ Philosophische Bibliothek Meiner-Verlag, Hamburg 1985 für 24,80 EUR in der Hand gehabt, was aber wegen der darin enthaltenen Textauswahl auch unwahrscheinlich ist (und teuer finde ich das auch immer noch). -> http://www.meiner.de/PhB/Husserl.htm
Es sind inzwischen übrigens noch weitere ergänzende Nachlasssplitter zum Thena erschienen, die ebenfalls nicht in Betracht kommen dürften, die sog. „Bernauer Manuskripte“, die die Sache noch vertiefen. In eurer Bibliothek sind die „Husserliana“, also die Gesamtausgabe der Werke Husserls, ganz sicher greifbar.

War der Husserl wirklich so ein schlauer und hat genau
dasselbe erzählt wie ich? Gibts dazu was im net?

http://www.hausarbeiten.de/rd/faecher/vorschau/5757… (Der Anfang einer Hausarbeit dazu, für 7 EUR vollständig zu bekommen.)
www.friedrich-kuemmel.de/doc/Zeitbewusstsein.pdf (die Lektüre dürfte aber leider zu schwierig sein, weil Kant vorausgesetzt wird).

Ich denke, dass du keineswegs dasselbe erzählst wie Husserl, denn dessen phänomenologische Reduktion reduziert eben die Wirklichkeit der Zeit auf den subjektiven Teil, also macht ganz genau das Gegenteil von dem, was du bezweckst. Das du hier Ähnlichkeit vermutest, liegt meines Erachtens daran, dass du dir zuvor Rechenschaft ablegen müsstest, was du unter dem Ausdruck „die Zeit ist…“ überhaupt verstehst. Das aber setzt du voraus, weil du es für selbstverständlich hältst.
(Hier z. B. http://www.philolex.de/aufsatz2.htm wird Husserl auch gegen den Materialismus gestellt.)

Das Problem ist also - ich fasse zusammen -, dass du die Aussage des Zitats ohne ihren Kontext, also ohne die Einbettung in die umfassende Theorie Husserls übernehmen möchtest, weil dir die Formulierung gefällt. Damit ist aber eigentlich nichts gewonnen, denn Husserl meint etwas ganz anderes. Er beschäftigt sich gar nicht mit der eigentlichen Zeit, sondern eben mit dem Zeitbewusstsein, er reduziert die Zeit auf das Bewusstsein von ihr. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das deiner Interpretation entspricht.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Thomas,

ich bin zwar kein Husserlexperte, aber der Zufall will es,
dass ich gerade dieses Werk vor ein paar Wochen habe erneut
zur Hand nehmen müssen. Es ist also durchaus möglich und auch
nicht unwahrscheinlich, dass noch andere User als ich etwas
dazu sagen können und wollen.

"Zeit ist ein Produkt unseres Bewusstseins. In Wirklichkeit
gibt es immer nur die Gegenwart, auch in unserer Wahrnehmung.
Bloß dann abstrahieren wir ein bisschen, und konstruieren
Vergangenheit und Zukunft. Läuft aber quasi von selbst ab,
wegen der eingebauten Erinnerungsfunktion unseres Gehirns.

Soweit kann man sagen, dass die „Zeit“ bei Husserl reduziert
wird auf das Zeitbewusstsein. Husserl radikalisiert hier also
den Ansatz Kants (wie ich meine, in der Nachfolge Fichtes,
also nicht Kant selbst, aber das wäre noch zu diskutieren),
weshalb es mich wundert, dass du meinst, dasselbe gesagt zu
haben. Diese phänomenologische Reduktion ist die Methode, mit
der Husserl versucht, sichere Ergebnisse (also nicht bloß
hypothetische Aussagen) zu erlangen. Genaueres hier:
http://www-user.tu-chemnitz.de/~koring/quellen/phil0…

Ja, der Text dürfte es gewesen sein, auf den man sich bezog.
Nachdem ich den gelesen habe, kann ich dir getrost mal recht geben. Hat mix mit mir zu tun und wurde völlig falsch interpretiert vom zitierten. Entscheidend ggf mit diese Aussage:
"Objektiver Raum, objektive Zeit und mit ihnen die objektive Welt der wirklichen Dinge und Vorgänge - das alles sind Transzendenzen. "

Husserl klärt nicht zwischen den verschiedenen Zeitbegriffen. Also Kants Uhrzeit und den für Hegels Geschichtsphilosophie infrage kommenden der historischen Zeit, welche nicht Deckungsgleich sind.
Ich komme zu meinen Schlüssen analytisch (wird auch noch besser dargestellt)

Gruß
Frank

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Hallo Thomas
Ich hab gerade ein bissel in dem Peter-Möller-Text geesen, den Du angeheftet hattest. Hat mich auf den ersten Blick nicht sehr überzeugt. So Gedanken wie „Wie können Menschen, die an schwarze Löcher usw. glauben, noch länger pholosophische Materialisten sein?“ (verkürzt von mir) haben mich sogar befremdet. Gerade diese astrophysikalischen Erkenntnisse vertragen sich doch mit einem philosophischen Meterialismus ausgezeichnet.
Es grüßt Dich
Branden

Hallo Thorsten,

(mit oder ohne „h“?)

Ich hab gerade ein bissel in dem Peter-Möller-Text geesen, den
Du angeheftet hattest. Hat mich auf den ersten Blick nicht
sehr überzeugt. So Gedanken wie „Wie können Menschen, die an
schwarze Löcher usw. glauben, noch länger pholosophische
Materialisten sein?“ (verkürzt von mir) haben mich sogar
befremdet. Gerade diese astrophysikalischen Erkenntnisse
vertragen sich doch mit einem philosophischen Meterialismus
ausgezeichnet.

Möller hat in seinen Onlinewerken einige Schräge Darstellungen. Mit Philosophie hat das imho nicht viel zu tun, man wird höchstens auf den groben Rahmen aufmerksam.
Das geht schon da los, dass er Dinge als falsch darstellt, die er offensichtlich selbst nicht begriffen hat.

Gruß
Frank

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Hallo Branden,

Ich hab gerade ein bissel in dem Peter-Möller-Text geesen, den
Du angeheftet hattest. Hat mich auf den ersten Blick nicht
sehr überzeugt.

da hast du Recht, mich auch nicht, ich habe ihn nur mangels eines besseren wegen der einen Stelle über Husserl angeführt, um den Gegensatz deutlich(er) zu machen.

So Gedanken wie „Wie können Menschen, die an
schwarze Löcher usw. glauben, noch länger pholosophische
Materialisten sein?“ (verkürzt von mir) haben mich sogar
befremdet.

Richtig, eine ziemlich schlimme Stelle, das finde ich auch.

Gerade diese astrophysikalischen Erkenntnisse vertragen sich doch mit
einem philosophischen Meterialismus ausgezeichnet.

Ich denke, dass der Begriff „philosophischer“ Materialismus zu grob ist, um das behaupten zu können, weil die Schattierungen innerhalb dessen, was unter „Materialismus“ verstanden werden kann, zu zahlreich sind (von Vogt über Engels über Marx über Popper über den späten Schopenhauer bis hin zu Heisenberg). Franks „dialektischer Materialismus“ (bzw. das, was er dafür hält, also so nennt) verträgt sich jedenfalls mit Husserl gar nicht. Darauf wollte ich nur aufmerksam machen. Eine neue Diskussion über die Theorien Franks beabsichtige ich eigentlich nicht.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Nochmal kurz Hallo,

Ich denke, dass der Begriff „philosophischer“ Materialismus zu
grob ist, um das behaupten zu können, weil die Schattierungen
innerhalb dessen, was unter „Materialismus“ verstanden werden
kann, zu zahlreich sind (von Vogt über Engels über Marx über
Popper über den späten Schopenhauer bis hin zu Heisenberg).

Popper, Schopenhauer und gerade Heissenberg als Materialisten zu deuten, finde ich sehr tapfer.
Wenn, dann machte wohl Feuerbach den einzig vernünftigen Beginn damit, nur nicht in der Gesellschaft.
Auch wenn Popper mal „Marxist“ war, sehe ich ihn beileibe nicht als Materialisten. Selbst bei Horkheimer und Adorno krieg ich da Bauchschmerzen.

Gruß
Frank
PS: die von mir verwendete Dialektik ist 1:1 das Gegenteil Hegels Dialektik, dessen einfache logische Negierung.

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Materialismus und Marxismus
Hallo Frank,

gerade dein Einwand zeigt, dass du hier Dinge miteinander vermischst, die unmittelbar nichts miteinander zu tun haben - und das dann auch noch dogmatisierst. Einen kleinen Überblick darüber, wie man die Dinge sehen kann , bietet der folgende Link:
http://rote-ruhr-uni.org/texte/elbe_lesarten.pdf .

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Frank,

gerade dein Einwand zeigt, dass du hier Dinge miteinander
vermischst, die unmittelbar nichts miteinander zu tun haben -
und das dann auch noch dogmatisierst. Einen kleinen Überblick
darüber, wie man die Dinge sehen kann , bietet der
folgende Link:
http://rote-ruhr-uni.org/texte/elbe_lesarten.pdf .

Danke. Ich will den Text nicht auseinandernehmen, aber er ist definitiv Unfug. Beleg:
„Eine falsche Analogisierung historisch-gesellschaftlicher Prozesse mit Naturphänomenen wird allein schon dadurch vorgenommen, dass in der Engelsschen Erläuterung der Grundzüge der Dialektik gerade die zwischen Subjekt und Objekt fehlt.“

Das stimmt nicht. Man möge dazu „der Anteil der Arbeit an der Entwicklung vom Affen zum Menschen“ lesen. Der ganze Artikel beschätigt sich mit diesem Bezug. Der Titel verrät es schon.
Fazit: --> nicht vollständig erfasst, Halbwissen.

Gruß
Frank

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Ist schon klar
Hallo Frank,

Fazit: --> nicht vollständig erfasst, Halbwissen.

ich hätte auch nicht vermutet, dass du einmal einsichtig bist und vielleicht dein eigenes Wissen einmal überprüfst, sondern wollte dir nur zeigen, dass inzwischen auch in der Marxforschung einiges geschehen ist. Es ist selbstverständlich, dass man nur Fehler findet, wenn man immer nur von seinem eigenen Schlagwortverständnis ausgeht.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Frank,

Fazit: --> nicht vollständig erfasst, Halbwissen.

ich hätte auch nicht vermutet, dass du einmal einsichtig bist
und vielleicht dein eigenes Wissen einmal überprüfst, sondern
wollte dir nur zeigen, dass inzwischen auch in der
Marxforschung einiges geschehen ist. Es ist
selbstverständlich, dass man nur Fehler findet, wenn man immer
nur von seinem eigenen Schlagwortverständnis ausgeht.

Das sind keine Schlagwörter! Die betrachten Marx unter ontologischen und epistomlogischen Gesichtspunkten. Was soll denn dieser Unsinn? Das ist die Analyse eines Menschen, der selbst philophischer Idealist ist. Er müßte sich erstmal selbst widerlegen um dann Marx kritisieren zu können.
Dasselbe, was ich dir vorhalte: Anachronismus.
Dann lass uns liber bei Hegel weitermachen, damit ich dir zeigen kann, dass Engels das exakte Gegenteil in seiner Dialektik der Natur dem von Hegel entgegenstellt. Nicht Fragmente zerpflücken.

Gruß
Frank

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Hallo Frank!

Husserls Zeitanalyse steht – wie Thomas schon erwähnt hat – in der “transzendentalen” Tradition Kants, geht aber im Prinzip auf das Zeitdenken Augustins zurück.

Augustin geht im 11. Buch seiner Confessiones von der Zeit als einem hypostasierten, objektiven Phänomen aus, diese Annahme bringt ihn aber im Zuge der Erörterung in Verlegenheit – so daß er sich gezwungen sieht, die Zeit zu subjektivieren bzw. in den Animus zu verlegen (modern gesprochen in das Bewußtseins/Subjektivität). Der Grund dieser Verlegenheit ist – kurz gesagt – folgende Problematik:

  • Das erste Problem ist das „Sein“ der Zeit. Zunächst scheint es Augustin, daß die einzig „reale“ Zeit die Gegenwart ist. Die Vergangenheit ist nicht mehr und die Zukunft ist noch nicht. Das Problematische ist jedoch, daß die Gegenwart wesenhaft mit der Vergangenheit verbunden ist – würde sie nicht ständig in die Vergangenheit übergehen, gäbe es keine Gegenwart, sondern es wäre Ewigkeit. Das Sein der Gegenwart scheint also im Übergang zum Nicht-Sein zu bestehen.
  • Das zweite Problem ist die Länge der Zeit. Man kann die Länge weder der Gegenwart, noch der Vergangenheit/Zukunft zuschreiben. Der Gegenwart fehlt ja die Ausdehnung (sie entzieht sich unaufhörlich in die Vergangenheit bzw. in die Zukunft!), der Vergangenheit und der Zukunft fehlt aber das Sein. Dennoch nimmt der Mensch Zeiträume wahr und vergleicht/ berechnet sie. Wieso?
  • Mit dem Fehlen der Länge entsteht das Problem der Zeitmessung. Wenn die Gegenwart keine Ausdehnung hat und der Vergangenheit/Zukunft das Sein fehlt, wie ist es dann zu erklären, daß wir die Zeit messen? Messen läßt sich ja nur die Dauer, die Ausdehnung – die Gegenwart ist aber nicht-dauernd.

Augustins Lösung dieses Problems besteht in der Einbeziehung des Bewußtseins. Die Dauer, die wir messen können, entsteht dank der Erinnerung des Bewußtseins. Dank der Erinnerung erhält z.B. der klingende Ton Ausdehnung, die meßbar ist. Diese Argumentation kehrt bei Husserl wieder. Sein zentraler Begriff der Retention bedeutet, daß die Zeit dadurch entsteht, daß die synthetische Leistung des Bewußtseins das Vergangene zurückhält. Nur unterscheidet Augustin nicht wie Husserl zwischen primärer Erinnerung (Retention) und sekundärer Erinnerung (Reproduktion). Es ist aber m.E. sinnvoll, die Zeitanalyse Husserls als eine Vertiefung der augustinischen „Retention“ zu betrachten.

Durch die Analyse der Zeitmessung kommt Augustin zur Ansicht, daß die Zeit eine Ausdehnung des Bewußtseins (des Animus) sein muß. Die Vergangenheit, die Zukunft und die Gegenwart „gibt es“ also doch, aber nur in unserem Bewußtsein. Auf derselben Linie liegt auch die Zeitanalyse Husserls. Die Zeit ist die synthetische Leistung des Bewußtseins. Ob es eine „objektive“ Zeit gibt, ist für die Bewußtseinsphänomenologie Husserls so kein Thema (die natürlich bzw. naiv angenommene Realität wird in einer methodischen Reduktion „in Klammern gesetzt“).
Ein neupositivistischer Denker geht davon aus, daß die Zeit unabhängig vom Menschen und vor ihm da ist und erklärt so das Zeitgepräge verschiedener Phänomene (z.B. die Bewegungen der Himmelskörper). Husserl verfährt strategisch anders: Daß gewisse Phänomene Zeit „repräsentieren“ können, verdankt sich dem Sachverhalt, daß die Zeit der transzendentale Horizont des Bewußtseins ist (vgl. Kant!). Ähnlich – transzendental – denkt die Zeit im Anschluß an Husserl auch Heidegger: Die Zeit als transzendentaler Horizont hat ihren Ursprung im menschlichen Dasein als Möglichkeit (bes. aufschlußreich das Kant-Buch (1929)von H.!).
Man befindet sich hier meines Erachtens in einem Dilemma: Daß es die Zeit unabhängig von uns nicht gibt – daß sie nur eine „Leistung“ oder „Faktizität“ des Bewußtseins oder des Daseins ist, scheint mir nicht richtig zu sein. Andererseits können wir über die Zeit nicht anders denken als in ihren drei Phasen (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) – die aber mit unserem Bewußtsein/Dasein gegeben sind. Ohne die synthetische Leistung unseres Bewußtseins würden die drei Phasen zerfallen. – Will man die Zeit unabhängig vom Menschen betrachten, steht man in Gefahr sie zu hypostasieren (und wird mit Problemen Augustins konfrontiert), mit der Zurückführung der Zeit auf das Bewußtsein bzw. Dasein vermeidet man die Hypostasierung – ist man aber zufrieden?

Eine mögliche Richtung aus diesem Dilemma heraus wäre vielleicht diese: Die Zeit hat ihren Ursprung in etwas, was unabhängig von unserem Bewußtsein ist – in der Vernichtung bzw. Irreversibilität. Unsere Zeit entsteht aus der Auflehnung gegen diese „ursprüngliche“ Zeit. Die Strukturierung der Zeit (in drei Phasen) verdankt sich jedoch unserem Bewußtsein/Dasein. Erfahren können wir nur „unsere“ Zeit – so wie sie uns in ihren von Bewußtsein generierten Phasen gegeben ist: Es wäre naiv zu denken, daß wir einen unmittelbaren Zugang – quasi „außerhalb der Erkenntnis“ – zu einer „objektiven“ Zeit hätten. Daß es aber eine „ursprünglichere Zeit“ gibt – dies bleibt gewiß eine „spekulative“ Annahme, insofern wir sie nie erfahren können – aber diese Spekulation braucht nicht unbedingt willkürlich zu sein (wenn man annimmt, daß die Retention in der Irreversibilität gründet, die Irreversibilität aber in der Vernichtung – und daß die Vernichtung nicht auf das Bewußtsein/Dasein zurückzuführen ist).

Mit Gruß!
JC

und out
Hallo Frank,

Unsinn
selbst philophischer Idealist
müßte sich erstmal selbst widerlegen
Anachronismus
das exakte Gegenteil
Fragmente zerpflücken
Das sind keine Schlagwörter!

soso.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hi,

danke erstmal.

Eine mögliche Richtung aus diesem Dilemma heraus wäre
vielleicht diese: Die Zeit hat ihren Ursprung in etwas, was
unabhängig von unserem Bewußtsein ist – in der Vernichtung
bzw. Irreversibilität.

Dann redest du von Abläufen, sich bewegender Materie.
„Die Bewegung ist die Daseinsweise der Materie“ (Marx)
Das unterscchreibe ich und füge hinzu, dass Zukunft und Vergangenheit die beiden antagonistischen Entwicklungsrichtungen der Gegenwart sind. (Uhr-)Zeit gibts so nicht als eigenständige Naturgröße. Sie ist nur Wirkung, die Spanne zwischen zwei Ereignissen. Nie Ursache, a priori schon garnicht.
Hab mich hier drüber ausgelassen: http://physik-live.de.vu/physik/zeitbegriff.htm
Muß noch verbessert werden :smile:

Gruß
Frank

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Verstehe. Ich zieh mich jetzt aber wieder mal vorsichtig zurück, damit ich in Eurem Schlagabtausch nichts abbekomme :wink:
Gruss, Branden

Hallo Branden,

Verstehe. Ich zieh mich jetzt aber wieder mal vorsichtig
zurück, damit ich in Eurem Schlagabtausch nichts abbekomme :wink:

ich denke, das ist nicht nötig. Es ist wie immer: Frank stellt eine Frage, ich beantworte sie, woraufhin er mich als „Idealisten“ beschimpft. Damit muss ich leider leben.

Gegen einen (deinen?) gemäßigten und begründeten Materialismus ist gar nichts zu sagen, der ist richtig. Nur wenn man die falschen Gegensätze von vornherein postuliert, hat man ein Problem.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Frank!

Dann redest du von Abläufen, sich bewegender Materie.
„Die Bewegung ist die Daseinsweise der Materie“ (Marx)

Zunächst will ich sagen, daß ich dieser These von Marx nicht einfach so unterschreiben würde. Wenn es dabei um ein unmittelbares ontologisches „Wissen“ geht, halte ich diese These für erkenntnistheoretisch naiv und unreflektiert – und sogar gefährlich/ideologieanfällig, wenn man sich darüber hinaus vorstellt, die genaue Weise bzw. die Struktur dieser Bewegungen zu kennen (als eine dialektische Bewegung o.ä.). Wir haben keinen unmittelbaren Zugang – quasi durch die Hintertür an unserem Bewußtsein vorbei – zu einer „Materie“, um dann ihre „wesenhaften“, „an sich“ vollziehenden (z.B. angeblich kausalen) Bewegungen zu erforschen. Hier ist man hinter Kant zurückgefallen und treibt eine naive Ontologie – mein Vorwurf sowohl an Marx als auch an Engels.
Versteht man diese These als eine spekulative Annahme, würde ich ihr zustimmen. Man sollte jedoch die philosophische Konsistenz und die Erklärungspotential dieser Annahme mit Bezug auf unsere Erfahrungskonstitution plausibilisieren. Die „Daseinsweise“ der Materie und die „objektive“ Zeit können hier argumentativ als die unerfahrbaren Voraussetzungen der Erfahrung figurieren. – Man darf jedoch weder unsere zeitliche Erfahrung der Naturbewegung noch die wissenschaftliche Konzeptualisierung bzw. Konstruktion der Natur naiv ontologisch mit der „wirklichen“ Natur bzw. mit der „objektiven“ Zeit gleichsetzen.

Das unterscchreibe ich und füge hinzu, dass Zukunft und Vergangenheit die beiden :antagonistischen Entwicklungsrichtungen der Gegenwart sind.

Hier geschieht ja gerade, was ich die unzulässige Hypostasierung der Zeit nenne. Die drei Phasen der Zeit sind die synthetische Leistung unseres Bewußtseins/Daseins und können nicht auf diese Weise „objektiv“ erörtert und bestimmt werden. Ohne unser Zeitbewußtsein gibt es weder die Gegenwart, noch die Vergangenheit oder die Zukunft – wir haben keinen unmittelbaren Zugang zu einer „objektiven Zeit“, um sie – quasi in Absehung von unserem Zeitbewußtsein – zu charakterisieren. Die Aussage, daß „Zukunft und Vergangenheit die beiden antagonistischen Entwicklungsrichtungen der Gegenwart sind“, ist eine naive vorkantische Ontologie.

(Uhr-)Zeit gibts so nicht als eigenständige Naturgröße. Sie ist nur Wirkung, die Spanne :zwischen zwei Ereignissen.

Gut, aber um die unzulässige Hypostasierung der Zeit zu vermeiden, reicht es nicht aus, wenn man ihre „Eigenständigkeit“ bestreitet. „Sie ist nur Wirkung, die Spanne zwischen zwei Ereignissen“ – woher weißt du es? Die spekulativ angenommene objektive Zeit, die mit einer – spekulativ angenommenen – Änderung oder Bewegung gegeben ist, können wir uns nicht vorstellen. Unser Zeitverständnis ist durch die Erfahrung der drei Zeitphasen bestimmt und es gibt keinen Weg zu einer „objektiven“ Bestimmung, was die Zeit „an sich“ ist. Die Ursache/Wirkung Terminologie in deiner Bestimmung der Zeit indiziert, daß du die erkenntnistheoretische Grundlage deiner Zeittheorie zu sparsam reflektierst und deshalb unproblematisch – naiv ontologisch – von der „objektiven“ Zeit sprichst. Deine Referenz auf Marx läßt mich vermuten, daß dies etwas mit deiner Vorliebe zu den etwas naiven und im Prinzip vorkantischen und deshalb dogmatischen Denkversuchen von Marx und Engels zu tun hat. Aber ich kann mich ja irren.

Mit Gruß!
JC

Hallo Frank!

Dann redest du von Abläufen, sich bewegender Materie.
„Die Bewegung ist die Daseinsweise der Materie“ (Marx)

Zunächst will ich sagen, daß ich dieser These von Marx nicht
einfach so unterschreiben würde. Wenn es dabei um ein
unmittelbares ontologisches „Wissen“ geht, halte ich diese
These für erkenntnistheoretisch naiv und unreflektiert – und
sogar gefährlich/ideologieanfällig, wenn man sich darüber
hinaus vorstellt, die genaue Weise bzw. die Struktur dieser
Bewegungen zu kennen (als eine dialektische Bewegung o.ä.).
Wir haben keinen unmittelbaren Zugang – quasi durch die
Hintertür an unserem Bewußtsein vorbei – zu einer „Materie“,
um dann ihre „wesenhaften“, „an sich“ vollziehenden (z.B.
angeblich kausalen) Bewegungen zu erforschen. Hier ist man
hinter Kant zurückgefallen und treibt eine naive Ontologie –
mein Vorwurf sowohl an Marx als auch an Engels.

Du machst lediglich Aussagen. Kannst du es logisch begründen? Ich finde das reichlich unsinig.
Engels hats im Antoidühring hinreichen mehrfach begründet. Die Unschärferelation belegt es noch, die Physik sowieso. Es ist abstrakt nachvollziehbat. Was soll daran ideologisch sein???
Die Annahme einer Zeit ist nur ein Apriorismus, = Unsinn, nix wissenschaftlichers. Bleibt nur die Bewegung. Kurz: c ist konstant.

Versteht man diese These als eine spekulative Annahme, würde
ich ihr zustimmen. Man sollte jedoch die philosophische
Konsistenz und die Erklärungspotential dieser Annahme mit
Bezug auf unsere Erfahrungskonstitution plausibilisieren.

Archiv meine Auslassung zu „Kant und Erkantnis“ Erfahrung ohne Bewegung ist nicht möglich. Bewegung = Ursache, Erfahrung resultierend daraus.

Die
„Daseinsweise“ der Materie und die „objektive“ Zeit können
hier argumentativ als die unerfahrbaren Voraussetzungen der
Erfahrung figurieren.

Was, bitte, ist objektive Zeit???
Kants transzendenter Zeitbegriff? Zeit a priori? Die ist rein subjektiv.

– Man darf jedoch weder unsere zeitliche
Erfahrung der Naturbewegung noch die wissenschaftliche
Konzeptualisierung bzw. Konstruktion der Natur naiv
ontologisch mit der „wirklichen“ Natur bzw. mit der
„objektiven“ Zeit gleichsetzen.

Ontologisch kriegst du das garnicht hin. Lies dazu ggf. bei mir zu den verschiedenen Formen der Logik.
Ontologie ist ein Teilgebiet der Metaphysik, die ist rein klassische Logik, keine dialektische. Ergo --> Betrachtung von bewegten Prozessen ist damit von vorhinein ausgeschlossen. Dazu brauchst du zwingend Dialektik.

Das unterscchreibe ich und füge hinzu, dass Zukunft und Vergangenheit die beiden :antagonistischen Entwicklungsrichtungen der Gegenwart sind.

Hier geschieht ja gerade, was ich die unzulässige
Hypostasierung der Zeit nenne. Die drei Phasen der Zeit sind
die synthetische Leistung unseres Bewußtseins/Daseins und
können nicht auf diese Weise „objektiv“ erörtert und bestimmt
werden. Ohne unser Zeitbewußtsein gibt es weder die Gegenwart,
noch die Vergangenheit oder die Zukunft – wir haben keinen
unmittelbaren Zugang zu einer „objektiven Zeit“, um sie –
quasi in Absehung von unserem Zeitbewußtsein – zu
charakterisieren. Die Aussage, daß „Zukunft und Vergangenheit
die beiden antagonistischen Entwicklungsrichtungen der
Gegenwart sind“, ist eine naive vorkantische Ontologie.

Da hab ich en andres Verständnis dafür. Du benutzt offensichtlich immernoch Kants transzendenten Zeitbegriff.

(Uhr-)Zeit gibts so nicht als eigenständige Naturgröße. Sie ist nur Wirkung, die Spanne :zwischen zwei Ereignissen.

Gut, aber um die unzulässige Hypostasierung der Zeit zu
vermeiden, reicht es nicht aus, wenn man ihre
„Eigenständigkeit“ bestreitet. „Sie ist nur Wirkung, die
Spanne zwischen zwei Ereignissen“ – woher weißt du es? Die
spekulativ angenommene objektive Zeit, die mit einer –
spekulativ angenommenen – Änderung oder Bewegung gegeben ist,
können wir uns nicht vorstellen.

Mommeln auch nicht. Gibts die deshalb? Ich beschränke mich auf erkennbares. Das schliesst „Spinnerein“ im Vorfeld aus.

Unser Zeitverständnis ist
durch die Erfahrung der drei Zeitphasen bestimmt und es gibt
keinen Weg zu einer „objektiven“ Bestimmung, was die Zeit „an
sich“ ist.

Welche Phasen? Ich lebe ständig nur in der Gegenwart.

Die Ursache/Wirkung Terminologie in deiner
Bestimmung der Zeit indiziert, daß du die
erkenntnistheoretische Grundlage deiner Zeittheorie zu sparsam
reflektierst und deshalb unproblematisch – naiv ontologisch –
von der „objektiven“ Zeit sprichst.

Nein, lediglich von Gleichzeitigkeit. Einen Stern in 1 Mrd ly Entfernung, erkennen wir so, wie er derzeit aussieht. Nicht, wie er vor 1 Mrd Jahren aussah.
Merkst du, das da was anders ist? Ichj hab mir das gut überlegt. Du musst dazu vermutlich noch deinen ganzen Kopf umgraben.
Oder: lies über den Apriorismus im Antidühring.

Deine Referenz auf Marx
läßt mich vermuten, daß dies etwas mit deiner Vorliebe zu den
etwas naiven und im Prinzip vorkantischen und deshalb
dogmatischen Denkversuchen von Marx und Engels zu tun hat.
Aber ich kann mich ja irren.

Naiv schätze ich nur ein, wer noch nichtmal Hegel und Feuerbach verstanden hat und über Marx was sagen will. Vieles geht auf die beiden zurück.
Für Idealisten steht die Logik Kopf. Siehe dialektischer Determinismus. Sie betrachten alles verkehrt herum. Das geht tatsächlich.

Frage: weisst du, was ein dialektischer (qualitativer) Sprung ist?
Kann man den mathematisch darstellen?

auf Antwort hoffend:
Frank

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Hallo Frank!

Deine Antwort ist philosophisch zu unreflektiert und uninformiert, um darauf ernsthaft einzugehen - sei denn man hat ein sehr stark ausgeprägtes pädagogisches Bedürfnis oder sehr viel Freizeit.

Nimm’ bitte die Aussage zum Leitfaden: Wie vermeide ich
eine naive Ontologie - und versuche die Sache nochmals erkenntniskritisch durchzugehen (wenn „erkenntniskritisch“ für dich
überhaupt ein Begriff ist).

PS. Wenn du Engels für einen ernsthaften Philosophen hälst, hast du leider schon im Ansatz grosse Probleme.

Mit Gruss,
JC

2 Like

Hallo Frank!

Deine Antwort ist philosophisch zu unreflektiert und
uninformiert, um darauf ernsthaft einzugehen - sei denn man
hat ein sehr stark ausgeprägtes pädagogisches Bedürfnis oder
sehr viel Freizeit.

Daher bat ich dich um eine Antwort auf meine Frage. Sie kam nicht. Fazit: wieder einer, der von Dialektik nicht die Spur einer Ahnung hat und mit Ontologie kommt.
Richtig?
Letztere ist als ausschliessliche mehrfach überholt.

Nimm’ bitte die Aussage zum Leitfaden: Wie vermeide ich
eine naive Ontologie - und versuche die Sache nochmals
erkenntniskritisch durchzugehen (wenn „erkenntniskritisch“ für
dich
überhaupt ein Begriff ist).

Selbstredend. Deshalb nochmal: ich verwende keine Ontologie!!! Das geht nicht!

PS. Wenn du Engels für einen ernsthaften Philosophen hälst,
hast du leider schon im Ansatz grosse Probleme.

Muß er nicht. Er hat viel nur zusammengefasst. Allerdings nicht dumm begründet.

Gruß
Frank
PS: kommt die Antwort?

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