Hypotaxen und Parataxen

Liebe Deutsch-Experten :smile:

nach langem Belesen ist mir nun klar, was der Unterschied zwischen Hypo- und Parataxen sind. Leider fällt es mir schwer, sie in der Praxis zu identifizieren.

Beispiel:

„Ingo, 180 groß, schlank, sportlich, geschieden, kinderlieb, mag Garten und Kochen, sucht eine treue Partnerin für immer und ewig.“

oder

„Sympathische Stierfrau, mit weibl. Rundungen, radelt gern durch die Natur, liebt Urlaub am Wasser, kuscheln bei Kerzenschein, sucht zuverlässigen Partner mit Schulter zum Anlehnen“

-> Hier dominieren Aufzählungen, und Ellipsen, ABER handelt es sich um einen hypo- oder parataktischen Stil??? Ich tendiere zu Hypotaxen, weil die Konjunktionen durch die elliptische Vertextung weggefallen sind.

Was sagt Ihr - die Experten?

Vielen Dank für Eure Antworten! LG Jeanne

Hi,

nenn mir mal die Konjunktionen…

die Franzi

Hallo,

danke für dein Feedback.
Also ich meinte damit die folgenden [Weglassungen]:

„Ingo, [der] 180 groß, schlank, sportlich, geschieden, kinderlieb [ist], mag Garten und Kochen, sucht eine treue Partnerin für immer und ewig.“

OK, aber ich merke es gerade selbst: es ist wohl doch ein parataktischer Stil.

Viele Grüße
Jeanne

Natürlich ist dasa parataktisch, denn „para“ ist griechisch und bedeutet „neben“. „Hypo“ ist auch griechisch, bedeutet aber „unter“, und ein hypotaktischer Stil ist einer, der Nebensätze unter einen Hauptsatz ordnet.

Gruß - Rolf

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Hi,
Rolf kann griechisch, aber keine deutsche Grammatik :smile:
Und jeanne, du hast zwar die weggelassenen Satzglieder richtig ergänzt, aber das sind keine Konjunktionen. „der“ ist ein Relativpronomen, und „ist“ ist das Hauptverb in diesem Teilsatz.
Ein RElativpronomen leitet immer einen Nebensatz ein. Außerdem steht in diesem Teilsatz das gebeugte Verb am Ende, auch ein Hinweis darauf, dass es ein Nebensatz ist. Weiterer Test für den Nebensatz: ein Nebensatz erfüllt immer die Funktion eines Satzgliedes aus. Hier hat der Nebensatz adjektivische Funktion(„Der große, schlanke, sportliche, … Ingo sucht eine treue Partnerin.“)
Und wenn mindewtens ein Nebensatz vorhanden ist, hat man ein hypotaktisches Satzgefüge.

die Franzi

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Hallo Franzi,

vielen Dank für deine Mühe. Ich muss hier nochmal nachhaken. Da die beiden Beispiele

„Ingo, 180 groß, schlank, sportlich, geschieden, kinderlieb,
mag Garten und Kochen, sucht eine treue Partnerin für immer
und ewig.“

„Sympathische Stierfrau, mit weibl. Rundungen, radelt gern
durch die Natur, liebt Urlaub am Wasser, kuscheln bei
Kerzenschein, sucht zuverlässigen Partner mit Schulter zum
Anlehnen“

sich durch eine elliptische Vertextung kennzeichnen, bin ich nun der Meinung, dass man gar nicht sicher sagen kann, ob es sich um einen hypo- oder parakatischen Stil handelt, da ich die elliptischen Auslassungen sowohl durch hypo- also auch parataktische Merkmale ergänzen könnte.

Beispiel für parataktischen Stil:

„Ingo [ist] 180 groß, schlank, sportlich, geschieden, kinderlieb[.] [Er] mag Garten und Kochen [und er] sucht eine treue Partnerin für immer und ewig.“

„Sympathische Stierfrau mit weibl. Rundungen radelt gern durch die Natur[.][Sie] liebt Urlaub am Wasser, kuscheln bei Kerzenschein [und sie] sucht zuverlässigen Partner mit Schulter zum Anlehnen“

Um ehrlich zu sein, bin ich nicht wirklich schlauer. Grammtik ist nicht mein Steckenpferd und das nervt mich gerade :frowning:

P.S. ich analysiere deutsche Kontaktanzeigen, daher die Beispiele :wink:

Herzliche Grüße
Jeanne

leicht OT (?)
Ich würde ja Hypo- und Parataxen nur bei echten Texten unterscheiden, nicht bei solchen fast willkürlichen Wortanreihungen. Das kommt mir vor, als würde man fragen, ob „utfltdsriguohifcx“ Deutsch oder Englisch ist.

"Sympathische Stierfrau

Ich hoffe, sie meint das Sternzeichen…

sucht zuverlässigen Partner mit Schulter zum
Anlehnen"

Wäre ja auch etwas gewöhnungsbedürftig, wenn jemand keine Schultern hat.

mfg,
Ché Netzer

Hallo,

hier liegen Parataxen vor, denn die Einschübe lassen sich zwar als Relativstrukturen paraphrasieren, sind aber im Rahmen vollständiger, also nicht-elliptischer Strukturen zulässig.

Oder anders ausgedrückt. Die DUDEN-Grammatik und die mit ihr verwandten Dependenzsysteme (Verb bzw. Prädikat als Mittelpunkt des Satzes) sind Grammatiken, die Oberflächenstrukturen untersuchen - also den Satzbau, wie wir ihn lesen.

In einem solchen Rahmen sind Sätze wie die in den Annoncen zu findenden vollständig, solange ein Verb und abhängige Satzglieder vorliegen. Es genügt sogar das Verb allein. („Komm!“)

In einer Tiefenstruktur, nach der die klassischen Computersprachen und die GTG von Chomsky arbeiten, müsste man Einschübe beispielsweise als Relativsätze erklären. Hier finden aber Begriffe wie „parataktisch“ oder „hypotaktisch“ meines Erachtens keine Anwendung.

Erst eine verblose Konstruktion wie „Feuer“ ist kein vollständiger Satz, sondern eine Ellipse. Dann wiederum kann man nicht mehr zwischen „parataktisch“ und „hypotaktisch“ sinnvoll unterscheiden.

Gruß, Wolfgang Zimmermann

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Hallo Herr Zimmermann,

sie haben Licht ins Dunkeln gebracht und meinen Abend gerettet. Ich danke Ihnen für die ausführliche und wissenschaftliche Antwort. Eigentlich bin ich hiervon auch von Anfang an ausgegangen, jedoch bezeichnete eine Linguistin in einer kontrastiven Analyse genau diese Beispiele als Hypotaxen. Das warf mich aus der Bahn. Man darf eben doch nicht jedem „Experten“ blind vertrauen :wink:

Danke!!!

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Hi,

und wenn der Unigrammatikkontext von vornherein bekannt gewesen wäre, dann hätte ich mich mit Schulgrammatikantworten zurückgehalten.

die Franzi