Ich habe so etwas gehört, was mich irritiert

hallo
zumindest die begründung.
also ich will ruckzuck folgenden fall schildern.

nehmen wir an, ein alg2 bezieher soll am 10ten eines monats zum sachbearbeiter und ihm seine bemühungen nachweisen. aus sicht des sb kommt dieser der aufforderung nicht nach und droht mit einer kürzung von 10%.
er bittet gleichzeitig den kunden, am 1sten des folgemonats bei ihm zu erscheinen und sein fehlen zu begründen, damit geprüft werden kann, ob sein fehlen entschuldbar oder nicht war.

unter welchen umständen hat der sb trotzdem das recht, die zahlungen der bezüge zum 1sten völlig einzustellen?. die zahlung wird doch so gegen den 26ten angewiesen.

zu diesem zeitpunkt kann aber der sb gar nicht wissen, ob das fernbleiben vertretbar war. und wenn, warum alles aber nicht nur 10%?

bin mal gespannt auf eure antworten

danke, justin

Hallo,

nehmen wir an, ein alg2 bezieher soll am 10ten eines monats zum sachbearbeiter und ihm seine bemühungen nachweisen. aus sicht des sb kommt dieser der aufforderung nicht nach und droht mit einer kürzung von 10%.
er bittet gleichzeitig den kunden, am 1sten des folgemonats bei ihm zu erscheinen und sein fehlen zu begründen, damit geprüft werden kann, ob sein fehlen entschuldbar oder nichtwar.
unter welchen umständen hat der sb trotzdem das recht, die zahlungen der bezüge zum 1sten völlig einzustellen?. die
zahlung wird doch so gegen den 26ten angewiesen.

Das ist eine Vermutung. Ich behaupte mal, dass dies in jedem Jobcenter anders läuft/organisiert ist.

zu diesem zeitpunkt kann aber der sb gar nicht wissen, ob das fernbleiben vertretbar war. und wenn, warum alles aber nicht nur 10%?

Der könnte einfach irgendwo einen falschen Haken gesetzt haben. oder er hat vergessen, den wieder rauszunehmen. Oder der Bewilligungszeitraum ist abgelaufen. Oder irgendein anderer Bearbeitungsfehler irgendwo bei irgendeinem Bearbeiter.

Grüße

Hier gibt es zwei Vorschriften, eine „Soll“-Vorschrift und eine „Ist“-Vorschrift. Zuerst die letztere:

SGB I § 41 Fälligkeit
„Soweit die besonderen Teile dieses Gesetzbuchs keine Regelung enthalten, werden Ansprüche auf Sozialleistungen mit ihrem Entstehen fällig.“

SGB II § 41 Berechnung der Leistungen
„(1) […] Die Leistungen sollen jeweils für sechs Monate bewilligt und monatlich im Voraus erbracht werden.“

Da der monatliche Bedarf an ALG II zum Ersten des Monats entsteht, ist ALG II auch erst am Monatsanfang fällig. Sagt das SGB I. Aus Komfort-Gründen „soll“ es aber schon im Vormonat erbracht werden (siehe Daueraufträge für Miete usw.). „Soll“ heißt aber nicht „muss“, „soll“ heißt „im Normalfall ist es so zu handhaben“ - im begründeten Ausnahmefall kann davon abgewichen werden.

In einem solchen Fall genügt es auch, wenn das Geld am Ersten des Monats ausgezahlt wird, z. B. im bar auf dem Amt - was ja auf der Hand liegt, wenn an diesem Tage ohnehin ein Amtsbesuch auf der Tagesordnung steht.

Wird dieser Besuch nämlich nicht abgestattet, kann sofort ein Grund für eine Einstellung der Sozialleistung vorliegen, sagt wiederum das SGB I:

§ 61 Persönliches Erscheinen
„Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, soll auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers zur mündlichen Erörterung des Antrags oder zur Vornahme anderer für die Entscheidung über die Leistung notwendiger Maßnahmen persönlich erscheinen.“

§ 66 Folgen fehlender Mitwirkung
„(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.“

Falls ein Grund wie § 62 vorlag, kann die Einstellung des ALG II dennoch schnell erledigt werden mit Hilfe des folgenden

§ 67 Nachholung der Mitwirkung
„Wird die Mitwirkung nachgeholt und liegen die Leistungsvoraussetzungen vor, kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen.“

Zudem sollte man bedenken, dass bei Leuten, die zwei aufeinanderfolgende Termine nicht wahrnehmen, zweierlei Verdacht bestehen kann, der jeweils eine sofortige Einstellung des ALG II gerechtfertigt bzw. nötig macht:

1.) Knast oder fehlende Ortsanwesenheit nach Absatz 4 bzw. 4a § 7 SGB II.

2.) Fehlende örtliche Zuständigkeit des JobCenters nach einem Umzug, einer Auswanderung, einem Versterben.

Denn treffen 1.) und 2.) nicht zu, kann wohl erwartet werden, dass nach dem Versäumen des ersten Termins am 10. des Vormonats angerufen oder geschrieben wird, und zwar noch vor dem üblichen Buchungstermin des Geldes um den 20. des Vormonats herum.

Geschieht in diesen zehn Tage gar nichts, wäre dies das typische Verhalten der Personen zu 1.) und 2.). Und dann wäre es ja unschädlich, das ALG II einzustellen.

Dennoch hört sich diese Vorgehenweise (zweite Ladung zum ersten des Monats - mit Bargeld in der Hand statt auf dem Konto :wink:) wie ein Trick an, um eben zu prüfen, ob eine Person nicht doch im Knast ist oder in der Türkei am ersten des Monats.

Dass dieser Trick gesetzeswidrig ist, glaube ich aber nicht. Dass ein zweites Fernbleiben eine Einstellung der Leistung nach §§ 61, 66 SGB I gerechtfertigt, glaube ich aber auch nicht. Denn, na, selber lesen.

Aber wäre eine Bereithaltung der Leistung in bar eine Einstellung der Leistung?

Und läge die Schuld daran dann beim Amt durch ein geheucheltes „Wir dachten, Sie kämen ohnehin bei uns vorbei“ - oder vielmehr beim Nichterscheinenden?

Und könnte dies nicht ohnehin schnell geheilt werden durch ein Nachholen der Pflicht zum Erscheinen? Laut § 67 SGB I? Wodurch dann auch Leistungen „nachträglich ganz oder teilweise“ erbracht werden können?

Gruß aus Berlin, Gerd