Liebe Dorian,
zunächst: An Rabenmutter denke ich nicht. Ich bin selbst täglich mit Menschen konfrontiert, die ihre Mitmenschen vor Herausforderungen stellen, kann also durchaus Verständnis aufbringen.
Dennoch wäre die Lösung, die ich Ihnen ans Herz lege, eine etwas andere, als die von Ihnen ins Feld geführte.
Generell ist es nach dem Deutschen Familienrecht nicht möglich, das Sorgerecht sozusagen „zurückzugeben“. Bei Ihnen handelt es sich, wie Sie sagen, um ein gemeinsames Sorgerecht; nach dem Willen des Gesetzgebers - der damit übrigens auch die Bedürfnisse und Interessen Ihres Sohnes zu schützen versucht - haben Sie die Pflicht, sich mit Ihrem Exfreund über die Grundzüge der Erziehung zu einigen. Dazu gehört natürlich auch der Personenaufenthalt. Es handelt sich also nicht nur um ein recht, sondern auch um eine Verpflichtung im Rahmen der gegenseitigen Fürsorge.
Deshalb will ich Ihnen wärmstens ans Herz legen, noch einmal darüber nachzudenken, ob nicht doch eine Regelung zu finden ist, die alle Bedürfnisse und Herausforderungen berücksichtigt - es wäre sicherlich nicht zum Wohl Ihres Sohnes, swenn dieser den Eindruck hätte, dass er zum Vater „abgeschoben“ wird, der ihn eigentlich gar nicht haben will.
Beim Finden von Lösungen kann Ihnen das zuständige Jugendamt Hilfestellung geben. Kann nicht nur: Muss. Die Jugendämter sind gemäß 8. Sozialgesetzbuch verpflichtet, die notwendige Hilfe und Unterstützung bei der Erziehung innerhalb und außerhalb der Familie zu geben. Vielleicht könnte Ihnen zum Beispiel eine Familienhilfe oder eine Erziehungsbeistandschaft etwas Luft verschaffen, um die Beziehung zu Ihrem Sohn wieder zu verbessern.
Aufsässiges und ablehnendes Verhalten kann ein Ausdruck von „Flegeljahren“ sein, kann aber auch das Ergebnis schwerwiegenderer und tiefgreifender Entwicklungsstörungen sein. Wenn es der verzweifelte Versuch ist, die eigene Ohnmacht zu demonstrieren, dann sollten Sie als Mutter für Ihn sorgen, indem Sie ihm die notwendige Hilfe - eventuell auch von einem Dritten - zukommen lassen. Auch hierbei kann das Jugendamt Sie beraten.
Um zum Schluss uach noch Ihre eigentliche Frage zu beantworten: Es wird Ihnen schwer möglich sein, Ihren Exfreund zur Aufnahme des Jungen zu zwingen. Selbst, wenn Sie das gerichtlich versuchen wollten, wird der Familienrichter bei vernünftiger Abwägung wohl eher dazu kommen, dass der junge in seiner gewohnten direkten Umgebung bleiben soll.
Wenn Sie noch weitere Fragen haben, melden Sie sich gerne wieder. Bis dahin wünsche ich Ihnen und Ihrem Sohn Zeiten, die eine Annäherung wieder erlauben und die Entdeckung der gegenseitigen Zuneigung.
Herzliche GRüße,
Matthias